Arbeitspapier. Leseprobe. Kritische Betrachtung von Fragebögen zur Lehrevaluation. Projekt OPEN OPen Education in Nursing
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- Arnim Fried
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1 Arbeitspapier Kritische Betrachtung von Fragebögen zur Lehrevaluation Projekt OPEN OPen Education in Nursing
2 1. Ausgangslage Der Bologna-Prozess, welcher 1999 gestartet ist und bis heute durch weitere Aktivitäten bis weit hinein in die Hochschullandschaft Europas wirkt, hat auch im Kleinen seine Auswirkungen. Für den neu konzipierten Studiengang Angewandte Pflegewissenschaften (APW), der im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekt OPEN- OPen Education in Nursing konzipiert wurde, erfolgte die Suche nach einem geeigneten Evaluationsinstrument, das den Ansprüchen und Inhalten des Studiengangs APW gerecht wird. Anhand von Auswahlkriterien und einer differenzierten Recherche wird die Vorarbeit für eine anschließende begründete Auswahl eines Evaluationsinstruments vorgenommen. Bedingt durch eine steigende Anzahl an Pflegestudiengängen darf vermutet werden, dass die Frage nach dem richtigen Evaluationsinstrument von großem Interesse ist. Für die Aussage über Qualität an Hochschulen sind Evaluationsinstrumente inzwischen als die zentralen Indikatoren zu bezeichnen. Kromrey betont in einem Vortrag für die Hochschulrektorenkonferenz, dass eine Klärung dessen, was als Evaluation verstanden wird ebenso sehr wie die Frage, was, wie und mit welcher Zielsetzung evaluiert wird, am Beginn allen Beteiligten klar sein sollte. Er verweist auf die Bedeutung von Evaluation im Hochschulkontext als: [ ] methodisch kontrolliertes Verfahren zur Begründung und Bewertung, die intersubjektive Geltung beanspruchen. (Kromrey 2005, S. 59). Kritisiert wird vielerorts die Evaluitis, welche zeigt, dass eine Unklarheit der Zielsetzung häufig vorliegt und zum Misserfolg für die Evaluation werden kann. Evaluation soll zur Veränderung beitragen und nicht zum Selbstzweck oder konzeptlos stattfinden (vgl. Soellner et al. 2005, S ). Definitionen darüber, was als Evaluation bezeichnet wird, finden sich im Bereich der Hochschul- und Bildungsforschung beispielsweise bei Rindermann, der sich sehr intensiv und langjährig mit dem Thema befasst hat: Unter Evaluation wird die systematische Analyse und empirische Untersuchung von Konzepten, Bedingungen, Prozessen und Wirkungen zielgerichteter Aktivitäten zum Zwecke ihrer Bewertung und Modifikation verstanden. (Rindermann 2003, S. 233). Durch die Bologna- Reform und ihre Forderungen ist der Einsatz von Evaluationsinstrumenten zur 4
3 Messung der Lehrqualität inzwischen Alltag an Hochschulen. Eine häufig synonyme Verwendung findet sich bei den beiden Begriffen Lehrveranstaltungsevaluation und Lehrevaluation. Jedoch ist die Unterscheidung wichtig, da sie sich in ihrem Umfang deutlich unterscheiden und bei Nichtbeachtung zu Missverständnissen in der Zielsetzung führen kann. Lehrevaluation ist veranstaltungs- und dozentenübergreifend und bezieht sich auf die Lehre insgesamt [...] Lehrveranstaltungsevaluation ausschließlich auf die Evaluation von Vorlesungen und Seminar. (Rindermann 2009, S. 25) Die Konzeption und Definition von guter Lehre ist bis heute ein kritisches Objekt und ist häufig Gegenstand der Diskussion (vgl. Braun, Gusy 2006, S. 156). Die Anforderungen von Bologna beeinflussten und veränderten die Evaluationsinstrumente in ihrer inhaltlichen Konstruktion. Zwischenzeitlich findet sich in der Literatur eine Unterscheidung in prozessorientierte und ergebnisorientierte Fragebögen vor. Nowakowski et al. ordnen den prozessorientierten Instrumenten, welche den Verlauf einer Veranstaltung ins Zentrum stellen, die vielfach eingesetzten Instrumente HILVE von Rindermann sowie den Fragebogen zur Beurteilung einer Lehrveranstaltung durch Studierende von Westermann et al. zu (vgl. Nowakowski et al. 2012, S. 256). Durch die Bologna-Reform wurde die Entwicklung eines Europäischen Qualifikationsrahmens (EQR) angeregt, welcher ein Bezugssystem darstellt, das die Vergleichbarkeit von Kompetenzen und Qualifikationen ermöglicht. In Deutschland erfolgte der Beschluss eines nationalen Qualifikationsrahmens, der laut Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) schrittweise ab Mai 2013 umgesetzt wird (vgl. BMBF 2013, S. 1). Für die Evaluation der Lehre gewinnen die ergebnisorientierten Evaluationsinstrumente an Bedeutung, da sie ihren Fokus auf das Learning Outcome setzen und Kompetenzen erfassen (vgl. Braun, Vervecken 2009, S. 47). Seit den 1990er Jahren, damals vor allem bedingt durch die ersten Hochschulrankings, werden Evaluationsinstrumente an deutschen Hochschulen eingesetzt. Die Betrachtung für den Studiengang APW erfolgt mittels Auswahlkriterien damit im Anschluss eine begründete Auswahl möglich ist. 5
4 7. Resümee Im Rahmen der Betrachtung kann abschließend festgestellt werden, dass für den deutschsprachigen Raum eine beachtliche Zahl an Evaluationsinstrumenten vorhanden ist. Auf die allgemeinen Kritikpunkte, welche bei Evaluationsinstrumente in der Literatur genannt werden, wird vor der abschließenden Auswahl eines Evaluationsinstrumentes eingegangen. Generell wird die Konstruktion der Items in den Fragebögen kritisiert, explizit wird eine mangelnde theoretische Fundierung beanstandet. Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Zielsetzung, gute Lehre durch Evaluationsinstrumente abzubilden, wobei jedoch in der Konstruktion des Fragebogens einen Mangel eben dieses Konstrukts bzw. häufig eine fehlende Operationalisierung vorliegt(vgl. Rindermann 2003, S. 235). Das BEvaKomp hat die Auswahlkriterien in hohem Ausmaß erfüllt. Als Kritikpunkt ist die mangelnde Erfassung der Überwindung sozialer Ungleichheit aufzuführen. Dieser Aspekt wird seit 2003 erstmals im Berliner Communiqué gefordert und schließt die Beachtung von Genderperspektiven mit ein, die im GEKo abgefragt werden, jedoch nicht bei BEvaKomp. Dieser Aspekt wird ohne damit jedoch soziale Ungleichheiten abzuwerten in diesem Fall vernachlässigt (vgl. Hilgemann 2012, S. 203). Des Weiteren besteht eine tendenzielle Unsicherheit inwieweit die Strukturen und Prozesse besser in HILVE I und HILVE II abgebildet werden, da sie explizit darauf ausgerichtet sind. Außerdem ist festzustellen, dass in keinem der Evaluationsinstrumente bislang die Entwicklung des E-learning bzw. das Konzept des Blended Learning, dass inzwischen an Hochschulen als übliche Lernform bezeichnet werden darf, erfasst wird. Im Studiengang APW, der ein berufsbegleitender Studiengang ist und mit dem Blended Learning Konzept in der Lehre arbeitet, ist dieses Defizit bedeutsam. Ausgangspunkt für die Auswahl eines Fragebogens ist letztlich, neben der Beachtung der Auswahlkriterien und der Kritikpunkte, die aktuelle Entwicklung und insbesondere der Einfluss der Bologna-Reform. Zwei Bereiche sind dabei elementar, zum einen die Qualitätssicherung an Hochschulen und zum anderen die Kompetenzorientierung bei Studierenden. Vervecken et al. verweisen auf die 6
5 Aussagen der European Associaton for Quality Assurance in Higher Education (ENQA) und die entwickelten Standards, welche eine interne Qualitätssicherung verbunden mit kompetenzorientierten Messinstrumenten auf Hochschulebene fordern. Sie konstatieren: Mit der verstärkten Konzentration auf Kompetenzen, also dem Ergebnis einer Lehrveranstaltung, muss auch der Inhalt der Evaluation von Lehrveranstaltungen angepasst werden, um als adäquates Mittel in der Qualitätssicherung an Hochschulen dienen zu können. (Vervecken et al. 2011, S. 263). Für eine abschließende Auswahl ist Entscheidungsrelevant, dass die Kompetenzbereiche, die erfasst werden in ihrem Konstrukt den Qualifikationsrahmen abbilden und für Studierende des Studiengangs Angewandte Pflegewissenschaften von hoher Relevanz sind. 7
6 Literaturverzeichnis Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) (2013): Der Deutsche Qualifikationsrahmen für Lebenslanges Lernen. aufgerufen am Braun, E.; Vervecken, D. (2009): Vor- und Nachteile einer kompetenzorientierten Lehrveranstaltungsevaluation. In: die hochschule (2009), Heft 2, S Braun E. (2008): Das Berliner Evaluationsinstrument für selbsteingeschätzte studentische Kompetenzen (BEvaKomp). Göttingen: vr- unipress Braun, E.; Gusy, B.; Leidner, B.; Hannover, B. (2008): Kompetenzorientierte Lehrevaluation. In: Diagnostica (2008), Jg. 54, Heft 1, S Braun, E.; Gusy, B. (2006): Perspektiven der Lehrevaluation In: Krampen, G.; Zayer, H. (Hrsg): Didaktik und Evaluation in der Psychologie (2006). Göttingen: Hofgrefe Verlag, 2006,S Dorfer, A.; Salmhofer, G.; Schröttner, B.(2010): Leitfaden zur Interpretation der Ergebnisse der Lehrveranstaltungsevaluierung. In: aufgerufen am: Hilgemann, M. (2012): Qualitätsorientierte Hochschulentwicklung und steuerung im Bologna-Prozess. In: Der pädagogische Blick (2012), Jg. 20, Heft 4, S Kromrey H. (2005): Studierendenbefragungen in Lehrveranstaltungen: Instrumente der Evaluation oder nur der Qualitätsentwicklung? In: Hochschule entwickeln, Qualität managen: Studierende als (Mittel)punkt: Die Rolle der Studierenden im Prozess der Qualitätssicherung und entwicklung. Projekt Qualitätssicherung, Beiträge zur Hochschulpolitik. Bonn: Hochschulrektorenkonferenz HRK mit Fördermitteln des BMBF 8
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