Blitzlicht. Handlungsrahmen deutscher Hochschulpolitik - Stand und Umsetzung des Deutschen Qualifikationsrahmens
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- Hedwig Knopp
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1 Blitzlicht Handlungsrahmen deutscher Hochschulpolitik - Stand und Umsetzung des Deutschen Qualifikationsrahmens S. 1
2 Vor dem Hintergrund akuten Fachkräftemangels sowie der allgemeinen demografischen Entwicklung zielt die Bildungspolitik auf höhere Transparenz und Mobilität sowie insbesondere stärkere Durchlässigkeit im Bildungssystem. Der Übergang von beruflicher Fort- und Weiterbildung in die Studiengänge der Hochschulen soll erleichtert werden bzw. adäquate Berufsbildung als solche mit entsprechend wissenschaftlicher Bildung gleichwertig anerkannt werden. Dass sich diese Verzahnung beruflicher und wissenschaftlicher Ausbildung bereits am Bildungsmarkt manifestiert, zeigt sich deutlich an der stark gestiegenen Zahl dualer Studiengänge. So nahm nach Angabe des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) im vergangenen Jahr die Zahl der dualen Studiengänge um 12,5% zu, und 9% mehr Unternehmen ermöglichen ihren Auszubildenden ein Hochschulstudium, während die Zahl der dual Studierenden um 6% stieg. 1 Diese stärkere Vernetzung betrieblicher und wissenschaftlicher Ausbildung erfordert einen Bezugsrahmen, der die unterschiedlichen Abschlüsse und Qualifikationen zueinander in Beziehung setzt und damit vergleichbar macht. Dabei geht es um die Gleichwertigkeit, nicht die Gleichartigkeit von Qualifikationen. Ein solcher Bezug ist im Verlauf des Bologna Prozesses mit dem sog. Qualifikationsrahmen zunächst auf europäischer Ebene - Europäischer Qualifikationsrahmen (EQR) und dann auf nationaler Ebene in Deutschland in Form des Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR) geschaffen worden. 2 In diesen Qualifikationsrahmen sind grundsätzlich acht Qualifikationsstufen abzugrenzen; es gilt, dass die Qualifikationsniveaus 1 bis 6 sowohl mit wissenschaftlicher als auch beruflicher Bildung erreicht werden können; die Qualifikationsniveaus 7 und 8 werden absehbar dagegen nicht für die berufliche Bildung freigegeben, sondern sind an die wissenschaftlichen Abschlüsse Master und Promotion gebunden. Zur Beurteilung der Gleichwertigkeit beruflicher und wissenschaftlicher Bildung werden Kriterien die sog. Deskriptoren im Europäischen Qualifikationsrahmen (EQR) - herangezogen, die das Niveau von Bildungsabschlüssen vergleichbar machen. 3 Der Deutsche Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen (DQR) greift nun die Struktur des EQR auf. Er fasst alle nationalen Bildungsabschlüsse in einem Referenzrahmen zusammen und stellt ein Ranking gemäß der acht definierten Qualifikationsniveaus her. Im aktuellen Diskussionsstand werden unter Vorbehalt die Schulabschlüsse bis zum Vollabitur sowie vergleichbare berufliche Bildung den Stufen 1-4 bzw. 5 (Deutschland ordnet bislang das Vollabitur auf Stufe 5 ein) zugewiesen. 4 Die Stufe 6 entspricht dem Bachelor und den IHK- 1) Pressemitteilung FOM vom unter 2 ) Arbeitskreis Deutscher Qualifikationsrahmen (Hrsg.): Vorschlag für einen Deutschen Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen, (abgerufen am unter qualifikationsrahmen.de/siteforum?i= &t=/default/gateway&xref=) 3 ) Vgl. hier exemplarisch die Deskriptoren für das Qualifikationsniveau Bachelor und Master im Anhang. 4) ipo Institut für Personal- und Organisationsforschung an der FOM: Dritte Wissenschaftliche Fachtagung Hochschulpolitik und Hochschulmanagement zum Thema Der Deutsche Qualifikationsrahmen - Stand und Umsetzung, weitere Schritte am in Hamburg. Veröffentlichung in Vorbereitung. S. 2
3 Ausbildungsberufen, wie z.b. Geprüfter Betriebswirt IHK und Meisterberufe, Stufe 7 dem Master und z.b. den Fachärzten. 5 Die Stufe 8 ist der Promotion bzw. dem PhD vorbehalten. Diesen Referenzniveaus werden wiederum in ihrem Anspruch einheitlich beschriebene fachliche und personale Kompetenzen zugeordnet, sodass auf diese Weise einer Qualifikation eine eng umrissene Aussage hinsichtlich ihres Inhalts sowie ihres relativen Niveaus im Bildungssystem zugewiesen werden kann (vgl. Tab. 1 und die detaillierten Referenzniveaus 6 und 7 im Anhang). Eine solche Zuordnung ist im Mai 2010 für eine einjährige Erprobungsphase in den Branchen Gesundheit, Handel, Metall/Elektro und IT abgeschlossen worden. Insgesamt haben sich dabei Struktur und Vorgaben des DQR bewährt: Sowohl Ausbildungsberufe als auch Studiengänge konnten begründet den Referenzniveaus zugewiesen werden. 6 Dabei ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass der DQR das bestehende System der Zugangsberechtigungen nicht ersetzt, so dass das Erreichen eines bestimmten Niveaus nicht automatisch zum Zugang zur nächsten Qualifikationsstufe berechtigt. 7 Bis 2012 soll jeder Qualifikationsbescheinigung ein Nachweis beifügbar sein, der einen klaren Verweis auf das Niveau im EQR enthält. 8 Damit werden höhere Transparenz und damit Mobilität im europäischen Wirtschaftsraum angestrebt. Niveauindikator (Referenzniveaus 1-8) Anforderungsstruktur Fachkompetenz Personale Kompetenz Wissen Fertigkeiten Sozialkompetenz Selbstständigkeit Tiefe und Breite Instrumentelle und systemische Fertigkeiten, Beurteilungsfähigkeit Team-/Führungsfähigkeit, Mitgestaltung und Kommunikation Tabelle 1: Einheitliche Struktur für die Beschreibung der acht Niveaustufen des DQR 9 Eigenständigkeit/Verantwortung, Reflexivität und Lernkompetenz Die Zuordnung jeder Bildungsqualifikation zu ihrer entsprechenden Qualifikationsstufe bis 2012 erfordert noch intensiven Verhandlungsbedarf zwischen den Partnern in Politik, Unternehmen und Wissenschaft. Denn Bildungsabschlüsse jeder Art von der non-formalen Bildung in Volkshochschulen 10 über Kammerausbildungen bis hin zu Studienabschlüssen in 5) Vgl. die Expertenvoten unter Stand ) Vgl. die Expertenvoten unter Stand ) Vgl. Arbeitskreis Deutscher Qualifikationsrahmen (Hrsg.): Vorschlag für einen Deutschen Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen, , S. 5 (abgerufen am unter 8 ) Vgl. ebenda, S. 3 9) Vgl. ebenda, S. 5; so auch in FOM (Hrsg.): Leitfaden einer kompetenzorientierten Lehre, Essen 2009, ab rufbar unter 10 ) Vgl. zur informellen und non-formalen Bildung Arbeitskreis Deutscher Qualifikationsrahmen (Hrsg.) wie FN 7, S. 5 S. 3
4 sämtlichen Branchen hinsichtlich ihrer Gleichwertigkeit gemäß fachlicher und personaler Kompetenzen miteinander zu vergleichen und in ein Ranking zueinander zu stellen, stellt eine große Herausforderung für alle Beteiligten dar. Und im Anschluss an diese nationale Bildungsaufgabe hat dann die Harmonisierung der jeweiligen nationalen Qualifikationsrahmen auf europäischer Ebene zu erfolgen. Aus Unternehmenssicht sind vor allem zwei Faktoren erfolgsentscheidend 11 : 1. Die in Deutschland sehr hochwertige berufliche Bildung muss entsprechend in den Einstufungen gewürdigt werden. Anerkennung von im beruflichen Bereich erworbenen Kompetenzen in Studiengängen führt zu einer Verkürzung der Studiendauer und damit zu höheren Anreizen zu weiterführenden Qualifikationen. Diese Anerkennung stellt jedoch umfassend qualifiziert durchgeführt ein äußerst zeit- und kostenintensives Verfahren dar, wie in dem Forschungsprojekt Offene Hochschulen Niedersachsen der Universität Oldenburg deutlich wurde. 2. Die Vorgabe von Lernergebnissen ein zentrales Merkmal des EQR/DQR stellt für Unternehmen eine wesentliche Orientierungshilfe bei der Einschätzung von Qualifikationen z.b. im Bewerbungsprozess dar, denn Kompetenzen können nur mess- und nachweisbar gemacht werden, wenn objektive Output-Größen herangezogen werden. Allerdings besteht hier nur besonderer Bedarf bei neuen bzw. unbekannten Qualifikationen z.b. bei internationaler Mobilität. Zur Vergleichbarkeit wird es notwendig sein, den Kompetenzbegriff eindeutig, d.h. eng gebunden an die berufliche Ebene zu definieren. Dagegen spricht jedoch die aktuelle Fassung des Kompetenzbegriffs im DQR, die eher einen weiten, umfassenden Begriff voraussetzt. 12 In der Umsetzung der Lernergebnisse besteht generell noch deutlicher Handlungsbedarf, wie empirische Untersuchungen zeigen. Nur 18% der Hochschulen in Deutschland haben Outcome-Orientierung im Unterricht umgesetzt (und das auch nur anhand von Umsetzungsempfehlungen an die Dozenten) 13, in Österreich sind Lernergebnisse im betrieblichen Ausbildungsbereich umfassend umgesetzt, in den Hochschulen dagegen kaum vorhanden ) ipo Institut für Personal- und Organisationsforschung an der FOM: Dritte Wissenschaftliche Fachtagung Hochschulpolitik und Hochschulmanagement zum Thema Der Deutsche Qualifikationsrahmen - Stand und Umsetzung, weitere Schritte am in Hamburg. Veröffentlichung in Vorbereitung. 12) Vgl. Arbeitskreis Deutscher Qualifikationsrahmen (Hrsg.): Vorschlag für einen Deutschen Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen, , S. 4 (abgerufen am unter 13) Unveröff. Manuskript zum FOM Forschungsprojekt Umsetzungsstand DQR und HQR an deutschen Hochschulen, S. 10; Vortrag von Prof. Dr. Burghard Hermeier, FOM, am in Hamburg (Publikation in Vorbereitung 14) ipo Institut für Personal- und Organisationsforschung an der FOM: Dritte Wissenschaftliche Fachtagung Hochschulpolitik und Hochschulmanagement zum Thema Der Deutsche Qualifikationsrahmen - Stand und Umsetzung, weitere Schritte am in Hamburg. Veröffentlichung in Vorbereitung. S. 4
5 Auch generell ist der Umsetzungstand des DQR in den Hochschulen noch nicht befriedigend. Das ist sowohl auf Bedenken der Hochschulvertreter gegenüber den bisherigen Anwendungen ausgewählter DQR-Vorgaben als auch auf eine insgesamt schleppende Umsetzung zurück zu führen. So ist der Bologna-Prozess zwar bei 65% der Hochschulvertreter durchaus positiv besetzt, aber nur 38% geben konkret eine Anpassung der Modulbeschreibungen und 15% die Einordnung der Studiengänge in die EQR-Stufen an. 15 Als Zwischenfazit kann konstatiert werden, dass der DQR bisher wesentliche Impulse zur Erneuerung des Bildungssystems in Deutschland gegeben hat, ein langer Umsetzungsprozess aber noch bevorsteht. Befürchtungen, der DQR führe zu Regulierung und Eingriff in Zulassungs- und Anerkennungsverfahren, haben sich bisher nicht bestätigt. Allerdings ist die Eigendynamik zukünftiger DQR-Regelungen in ihrer Folgeabschätzung noch unklar. 15) Unveröff. Manuskript zum FOM Forschungsprojekt Umsetzungsstand DQR und HQR an deutschen Hochschulen, S. 8 u.10; Vortrag von Prof. Dr. Burghard Hermeier, FOM, am in Hamburg (Publikation i.v.) S. 5
6 Anhang Tabelle 1: Referenzniveau 6 (Bachelor) Niveau 6: Bachelor Die Studierenden sollen über Kompetenzen zur Planung, Bearbeitung und Auswertung von umfassenden fachlichen Aufgaben- und Problemstellungen sowie zur eigenverantwortlichen Steuerung von Prozessen in Teilbereichen eines wissenschaftlichen Faches in einem beruflichen Tätigkeitsfeld Die Anforderungsstruktur ist durch Komplexität und häufige Veränderungen gekennzeichnet. Fachkompetenz Personale Kompetenz Wissen Fertigkeiten Sozialkompetenz Selbstständigkeit Über breites und integriertes Wissen einschließlich der wissenschaftlichen Grundlagen, der praktischen Anwendung eines wissenschaftlichen Faches sowie eines kritischen Verständnisses der wichtigsten Theorien und Methoden über breites und integriertes berufliches Wissen einschließlich der aktuellen fachlichen Entwicklungen Kenntnisse zur Weiterentwicklung eines wissenschaftlichen Faches eines beruflichen Tätigkeitsfeldes besitzen. Über einschlägiges Wissen an Schnittstellen zu anderen Bereichen Über ein sehr breites Spektrum an Methoden zur Bearbeitung komplexer Probleme in einem wissenschaftlichen Fach, in weiteren Lernbereichen einem beruflichen Tätigkeitsfeld Neue Lösungen erarbeiten und unter Berücksichtigung unterschiedlicher Maßstäbe beurteilen, auch bei sich häufig ändernden Anforderungen. In Expertenteams verantwortlich arbeiten Gruppen Organisationen verantwortlich leiten. Die fachliche Entwicklung anderer anleiten und vorausschauend mit Problemen im Team umgehen. Komplexe fachbezogene Probleme und Lösungen gegenüber Fachleuten argumentativ vertreten und mit ihnen weiterentwickeln. Ziele für Lern- und Arbeitsprozesse definieren, reflektieren und bewerten und Lern- und Arbeitsprozesse eigenständig und nachhaltig gestalten. Methodenkompetenz wird als Querschnittskompetenz verstanden und findet deshalb in der DQR-Matrix nicht eigens Erwähnung. Vgl. Arbeitskreis Deutscher Qualifikationsrahmen (Hrsg.): Vorschlag für einen Deutschen Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen, , S. 12 (abgerufen am unter scherqualifikationsrahmen.de/siteforum?i= &t=/default/gateway&xref=) S. 6
7 Tabelle 2: Referenzniveau 7 (Master) Niveau 7: Master Die Studierenden sollen über Kompetenzen zur Bearbeitung von neuen komplexen Aufgaben- und Problemstellungen sowie zur eigenverantwortlichen Steuerung von Prozessen in einem wissenschaftlichen Fach in einem strategieorientierten beruflichen Tätigkeitsfeld Die Anforderungsstruktur ist durch häufige und unvorhersehbare Veränderungen gekennzeichnet. Fachkompetenz Personale Kompetenz Wissen Fertigkeiten Sozialkompetenz Selbstständigkeit Über umfassendes, detailliertes und spezialisiertes Wissen auf dem neuesten Erkenntnisstand in einem wissenschaftlichen Fach über umfassendes berufliches Wissen in einem strategieorientierten beruflichen Tätigkeitsfeld Über erweitertes Wissen in angrenzenden Bereichen Über spezialisierte fachliche konzeptionelle Fertigkeiten zur Lösung auch strategischer Probleme in einem wissenschaftlichen Fach in einem beruflichen Tätigkeitsfeld Auch bei unvollständiger Information Alternativen abwägen. Neue Ideen Verfahren entwickeln, anwenden und unter Berücksichtigung unterschiedlicher Beurteilungsmaßstäbe bewerten. Gruppen Organisationen im Rahmen komplexer Aufgabenstellungen verantwortlich leiten und ihre Arbeitsergebnisse vertreten. Die fachliche Entwicklung anderer gezielt fördern. Bereichsspezifische und -übergreifende Diskussionen führen. Für neue anwendungs forschungsorientierte Aufgaben Ziele unter Reflexion der möglichen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Auswirkungen definieren, geeignete Mittel einsetzen und hierfür Wissen selbstständig erschließen. Methodenkompetenz wird als Querschnittskompetenz verstanden und findet deshalb in der DQR-Matrix nicht eigens Erwähnung. Vgl. Arbeitskreis Deutscher Qualifikationsrahmen (Hrsg.): Vorschlag für einen Deutschen Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen, , S. 13 (abgerufen am unter S. 7
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