Vorlesung Psychiatrie WS 2011/2012 Schizophrenie I Symptomatik, Epidemiologie
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- Kirsten Auttenberg
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1 Vorlesung Psychiatrie WS 2011/2012 Schizophrenie I Symptomatik, Epidemiologie Michael Kluge
2 Symptomatik Michael Kluge Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie 2
3 Emil Kraepelin ( ) Dementia praecox Fasst verschiedene Erscheinungsformen in einer Diagnose zusammen Frühes Erkrankungsalter Progredienter, chronischer Verlauf Manisch-depressives Irresein Episodischer Verlauf Vollständige Remission Michael Kluge Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie 3
4 Eugen Bleuler ( ) Schizophrenie Querschnittsbefund Verlauf und Ergebnis variabel Grundsymptome Denkstörungen (Assoziation) Affektivitätsstörungen (Ambivalenz) Autismus Antriebsstörungen Akzessorische Symptome Wahn Halluzination Katatonie Michael Kluge Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie 4
5 Kurt Schneider ( ) Erstrangsymptome Wahnwahrnehmung Kommentierende, dialogisierende Stimmen (akustische Halluzination) Gedankenentzug, -eingabe, -ausbreitung Gedanken/Handlungen von außen gemacht Zweitrangsymptome Wahneinfall Sonstige Halluzinationen Affektstörungen Ratlosigkeit Michael Kluge Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie 5
6 Definitionen Wahn Unkorrigierbar falsche Beurteilung der Realität, die erfahrungsunabhängig auftritt und an der mit subjektiver Gewissheit festgehalten wird; die Überzeugung steht im Widerspruch zur Wirklichkeit und zur Überzeugung der Mitmenschen. Halluzination Sinneswahrnehmung ohne entsprechenden Sinnesreiz, die für real gehalten wird. Michael Kluge Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie 6
7 Aktuelle Definition (nach( ICD-10) 1. Gedankenausbreitung, - lautwerden, - eingebung,- entzug 2. Kontroll -, Beeinflussungswahn, Wahnwahrnehmung 3. Kommentierende, dialogisierende Stimmen 4. anhaltender, kulturell unangemessener Wahn 5. Anhaltende Halluzination jeder Sinnesmodalität 6. Gedankenabreißen, Zerfahrenheit, Neologismen 7. Katatone Symptome 8. Negative Symptome Mindestens ein eindeutiges Symptom (1.- 4.) oder zwei Symptome (5.- 8.) Zeitkriterium: 1 Monat Zeitkriterium DSM-IV: 6 Monate Michael Kluge Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie 7
8 Symptomcluster Positivsymptome Wahn, Halluzinationen, Ich-Störungen Negativsymptome Affektverflachung, Anhedonie, Alogie, Apathie, Abulie, Sozialer Rückzug Tandon R et al. Schizophrenia, "just the facts" 4. Clinical features and conceptualization. Schizophr Res. 2009;110:1-23. Michael Kluge Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie 8
9 Weitere Symptomcluster Formale Denkstörungen + Auflösung des logischen Zusammenhangs (Zerfahrenheit, Neologismen) gedankliche Verarmung Stimmung Depression / gelegentlich gehobene Stimmung Motorische Symptome Katatonie + Raptus Stupor Kognitionsstörungen Gedächtnis, Konzentration, Aufmerksamkeit Tandon R et al. Schizophrenia, "just the facts" 4. Clinical features and conceptualization. Schizophr Res. 2009;110:1-23. Michael Kluge Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie 9
10 Formale Denkstörungen Tandon R et al. Schizophrenia, "just the facts" 4. Clinical features and conceptualization. Schizophr Res. 2009;110:1-23. Michael Kluge Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie 10
11 Katatoner Stupor Emil Kraepelin (1896): Psychiatrie - Ein Lehrbuch für Studirende und Ärzte. Leipzig: Barth, Michael Kluge Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie 11
12 Klinische Einteilung Paranoid (F 20.0) Positivsymptome, häufigste Form Hebephren (F 20.1) Affektstörungen: flach, läppisch; Antriebsstörungen; Denkstörungen, früher Beginn ( Lj.) Kataton (F 20.2) Motorische Symptome (Stupor, Erregung, Stereotypien) Undifferenziert (F 20.3) Schiz., die nicht Kriterien der anderen Formen erfüllt, oder mehrerer Formen gleichzeitig Tandon R et al. Schizophrenia, "just the facts" 4. Clinical features and conceptualization. Schizophr Res. 2009;110:1-23. Michael Kluge Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie 12
13 Klinische Einteilung Postschizophrene Depression (F 20.4), die schizophrener Symptomatik folgt Schizophrenes Residuum (F 20.5) chronische Negativsymptome Schizophrenia simplex (F 20.6) Selten! Schleichend primäre Negativsymptomatik, keine Positivsymptome Tandon R et al. Schizophrenia, "just the facts" 4. Clinical features and conceptualization. Schizophr Res. 2009;110:1-23. Michael Kluge Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie 13
14 Differentialdiagnosen Schizotype Störung (F 21): Exzentrik, Anomalie des Denkens (> 2 Jahre) Anhaltende wahnhafte Störung (F 22): mindestens 3 Monate, fast nur Wahnsymptomatik Akute Vorübergehende psychotische Störung (F 23): Beginn innerhalb von 2 Wochen Induzierte wahnhafte Störung (F 24) Mindestens 2 Personen mit demselben Wahn Michael Kluge Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie 14
15 Differentialdiagnosen Schizoaffektive Störung (F 25) Gleichzeitiges Vorliegen eindeutig schizophrener und affektiver Symptome Körperlich begründbare Psychosen (F 06) Nachweis einer Erkrankung, zeitlicher Zusammenhang Psychotische Störung durch psychotrope Substanzen (F 1x.5) (z.b. Amphetamin, Kokain) Tandon R et al. Schizophrenia, "just the facts" 4. Clinical features and conceptualization. Schizophr Res. 2009;110:1-23. Michael Kluge Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie 15
16 Prodromi Michael Kluge Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie 16
17 Unspezifische Prodromi Energieverlust Schlafstörung Unruhe Konzentrationsstörungen Depressive Verstimmung Veränderungen im Tagesablauf Sozialer Rückzug Vernachlässigung der Person Gereiztheit Michael Kluge Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie 17
18 Klosterkötter J. (2008) Deutsches Ärzteblatt 105(30):532-9 Michael Kluge Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie 18
19 Klosterkötter J. (2008) Deutsches Ärzteblatt 105(30):532-9 Michael Kluge Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie 19
20 Ersterkrankungsalter 75 % zwischen Jahren Männer: Anfang/Mitte % bevor 30. Lj. Frauen: Ende % bevor 30. Lj. Erkrankungsgipfel: Männer Jahre Frauen Jahre, Jahre (Menopause) Abhängig vom Typ: Hebephrene S.: Jugendalter Michael Kluge Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie 20
21 Epidemiologie Prävalenz: weltweit ca. 0,5 1 % Inzidenz: 0,05 % (20/ x Jahr), d.h. 100/Jahr in Leipzig Frauen Männer Häufiger in höheren Breitengraden Saha S et al. Acta Psychiatr Scand. 2006;114:36-9. Michael Kluge Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie 21
22 Verlauf sehr variabel! Nicht jeder Verlauf ist ungünstig! Bleuler, M. Stuttgart: Georg Thieme, Michael Kluge Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie 22
23 Verlauf Ciompi L. Schizophr Bull. 1980;6: Michael Kluge Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie 23
24 Prognose Günstiger Ungünstiger Beginn Akut Schleichend Symptome Positiv Negativ Erkrankungsalter Älter Jünger Erkrankungsdauer Kurz Lang Geschlecht Weiblich Männlich Prämorbider Anpassung Gut Schlecht Familienstand Verheiratet Ledig Partnerschaft Ja Nein Familienanamnese Negativ Positiv Michael Kluge Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie 24
25 Mortalität Lebenszeit ist Jahre kürzer als bei Allgemeinbevölkerung Ursachen: Suizide (ca. 25%) Unfälle (ca. 10%) Krankheiten (v. a. kardiovaskulär) Tandon R et al. Schizophrenia, "just the facts" 4. Clinical features and conceptualization. Schizophr Res. 2009;110:1-23. Michael Kluge Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie 25
26 Mortalität Høye A et al. Schizophr Res. 2011;132: Michael Kluge Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie 26
27 Suizidalität 1/3 der Patienten begeht mindestens einen Suizidversuch 5 % der Patienten versterben an Suizid Suizidrisiko ist bei Erkrankungsbeginn am höchsten Tandon R et al. Schizophrenia, "just the facts" 4. Clinical features and conceptualization. Schizophr Res. 2009;110:1-23. Michael Kluge Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie 27
28 Vielen Dank für f r Ihre Aufmerksamkeit! Michael Kluge Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie 28
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