FALL 1 LÖSUNG DER GEBRAUCHTE PORSCHE
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- Benedict Siegel
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1 PROPÄDEUTISCHE ÜBUNGEN ZUM GRUNDKURS ZIVILRECHT II SOMMERSEMESTER 2016 JURISTISCHE FAKULTÄT LEHRSTUHL FÜR BÜRGERLICHES RECHT, INTERNATIONALES PRIVATRECHT UND RECHTSVERGLEICHUNG PROF. DR. STEPHAN LORENZ DER GEBRAUCHTE PORSCHE A. Anspruch der V gegen F auf Zahlung von , und Abnahme des Porsche aus 433 Abs. 2 BGB... 2 I. Anspruch entstanden... 2 II. Anspruch erloschen... 2 SUSANNE ZWIRLEIN Entfallen der Gegenleistungspflicht nach 326 Abs. 1 S. 1 BGB... 2 a) Geschuldete Leistung... 2 b) Absolutes Fixgeschäft... 2 c) Zwischenergebnis... 3 Erlöschen des Anspruchs aufgrund ausgeübten Rücktritts, 346 Abs. 1, 323 Abs. 1 BGB... 4 a) Rücktrittserklärung, 349 BGB... 4 b) Rücktrittsgrund: Nicht rechtzeitige Erbringung der Leistung... 4 aa) Nicht-Erbringen der Leistung trotz Fälligkeit... 4 bb) Entbehrlichkeit der Fristsetzung (relatives Fixgeschäft), 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB... 5 cc) Erfolgloses Verstreichen der Frist... 6 dd) Zwischenergebnis... 7 c) Zwischenergebnis... 7 III. Anspruch durchsetzbar... 7 Anspruch auf Kaufpreiszahlung... 7 Anspruch auf Abnahme der Kaufsache... 7 IV. Ergebnis... 8 B. Ansprüche des F gegen V auf Schadensersatz i.h.v ,... 8 I. Anspruch des F gegen V auf 1.000, aus, 280 Abs. 1, 3, 281 ff. BGB (Schadensersatz statt der Leistung)... 8 II. Anspruch des F gegen V auf 1.000, aus 280 Abs. 1, 2, 286 Abs. 1 BGB... 8 Pflichtverletzung, 280 Abs. 1 S. 1 BGB... 8 Verzug als zusätzliche Voraussetzung, 280 Abs. 2, 286 BGB... 8 Vertretenmüssen, 280 Abs. 2 S. 2, 286 Abs. 4 BGB... 9 Keine Beendigung des Verzugs... 9 Schaden... 9 III. Ergebnis... 9
2 AG ZUM GRUNDKURS ZIVILRECHT II (PROF. DR. STEPHAN LORENZ) SOMMERSEMESTER 2016 SEITE 2 VON 10 A. Anspruch der V gegen F auf Zahlung von , und Abnahme des Porsche aus 433 Abs. 2 BGB V könnte gegen F einen Anspruch auf Bezahlung der , für den Porsche und auf Abnahme des Wagens aus 433 Abs. 2 BGB haben. I. Anspruch entstanden V und F haben Anfang 2016 durch Einigung einen wirksamen Kaufvertrag abgeschlossen, 145, 147 BGB. Der Anspruch der V auf Kaufpreiszahlung und Abnahme aus 433 Abs. 2 BGB ist daher entstanden. II. Anspruch erloschen Zunächst ist stets an das Erlöschen des Anspruchs durch Erfüllung gem. 362 Abs. 1 BGB zu denken. Da der Sachverhalt keinerlei Hinweise auf einen Erfüllungstatbestand enthält, sind Ausführungen im Gutachten hierzu nicht veranlasst. Entfallen der Gegenleistungspflicht nach 326 Abs. 1 S. 1 BGB Die Pflicht des F zur Zahlung der , und zur Abnahme des Porsche könnte gemäß 326 Abs. 1 S. 1 BGB erloschen sein. Voraussetzung für das Entfallen der Gegenleistungspflicht nach 326 Abs. 1 S. 1 BGB ist, dass die Erbringung der Hauptleistung, also die Übereignung des Porsche, gemäß 275 BGB unmöglich geworden ist. Diese Vorschrift ist auf den Kaufvertrag als gegenseitigen Vertrag anwendbar. Im Rahmen von 326 Abs. 1 S. 1, 275 BGB ist immer die eventuell unmöglich gewordene Leistung die Hauptleistung und die mit dieser Leistung im Synallagma stehende Leistung die Gegenleistung. Bei Kaufverträgen wird daher regelmäßig die Pflicht zur Übereignung der Kaufsache Hauptleistungspflicht sein (wegen Geld muss man haben kann die Leistungspflicht zur Kaufpreiszahlung nicht unmöglich werden). Bei Tauschverträgen kann jede der beiden Leistungen Hauptleistung sein, wenn sie eventuell unmöglich geworden ist. a) Geschuldete Leistung Nach der Vereinbarung von V und F ist der zuvor besichtigten Porsche 911 zu übergeben und zu übereignen. Dies ist weiterhin möglich. b) Absolutes Fixgeschäft Die Erfüllung des Anspruchs auf Übergabe und Übereignung des Porsche könnte allenfalls deswegen gem. 275 Abs. 1 BGB objektiv unmöglich geworden sein, weil F den Porsche nicht rechtzeitig vor seinem Urlaub erhalten hat und die Vertragserfüllung schon durch den Zeitablauf ausgeschlossen ist. Dies wäre der Fall, wenn die Vereinbarung der Parteien ein absolutes Fixgeschäft darstellen würde. Ein absolutes Fixgeschäft liegt vor, wenn die Erbringung der Leistung nur während eines bestimmten Zeitraumes möglich ist und danach objektiv sinnlos ist und daher aus Sicht des Gläubigers eine verspätete Leistung keine Erfüllung mehr darstellt. Standardbeispiel hierfür: Die Lieferung einer Hochzeitstorte kann nur zur Hochzeitsfeier erfolgen und ist danach für beide Parteien erkennbar sinnlos.
3 AG ZUM GRUNDKURS ZIVILRECHT II (PROF. DR. STEPHAN LORENZ) SOMMERSEMESTER 2016 SEITE 3 VON 10 Maßgebend für die Frage, ob ein absolutes Fixgeschäft vorliegt, sind der zugrundeliegende Vertragszweck und die konkrete Interessenlage. Ob die Parteien der vereinbarten Leistungszeit eine so weitgehende Bedeutung beimessen wollen, ist unter Berücksichtigung aller Umstände durch Auslegung zu ermitteln. Hier ist die Lieferung des Porsche nach dem vereinbarten Zeitpunkt nicht objektiv sinnlos geworden und stellt aus Sicht des F weiterhin eine Erfüllung dar: F hätte den Porsche zwar im Urlaub benötigt, dies ist bei realistischer Betrachtungsweise aber nicht der einzige Grund für den Abschluss des Kaufvertrags gewesen, da F den Wagen auch nach seinem Urlaub weiterbenutzen kann. Es liegt deshalb kein absolutes Fixgeschäft und damit auch kein Fall der Unmöglichkeit vor. Beachte zur Klausurtaktik: Spielt im Fall die Leistungszeit eine besondere Rolle (wie hier: Verfügbarkeit des Kfz vor dem Nordseeurlaub) bietet das die Gelegenheit, in der dargestellten Reihenfolge Wissen zum absoluten und relativen Fixgeschäft, also zu 326 Abs. 1 BGB und zur Entbehrlichkeit der Fristsetzung gem. 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB anzubringen. Auch wenn im Ergebnis nur ein relatives Fixgeschäft zu bejahen ist oder wenn die Leistungszeit zwar wichtig ist, aber gar kein Fixgeschäft vorliegt, ist zunächst gutachterlich das absolute Fixgeschäft zu prüfen. So kann sauber zwischen Unmöglichkeit und bloßer Leistungsverzögerung abgegrenzt werden. Folgende Grafik verdeutlicht die Vorgehensweise bei der Prüfung ist von innen nach außen vorzugehen: Absolutes Fixgeschäft 1. Fixierung der Leistungszeit 2. Leistung nicht mehr nachholbar --> Unmöglichkeit Relatives Fixgeschäft, 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB 1. Fixierung der Leistungszeit 2. besonderes Gläubigerinteresse erkennbar --> Verzögerung und Entbehrlichkeit der Fristsetzung Bloße Leistungszeitbestimmung, 271 BGB 1. Fixierung der Leistungszeit 2. allgemeines Gläubigerinteresse --> Verzögerung c) Zwischenergebnis Die Pflicht des F zur Zahlung von , und zur Abnahme des Porsche ist daher nicht gemäß 326 Abs. 1 S. 1 BGB erloschen.
4 AG ZUM GRUNDKURS ZIVILRECHT II (PROF. DR. STEPHAN LORENZ) SOMMERSEMESTER 2016 SEITE 4 VON 10 Erlöschen des Anspruchs aufgrund ausgeübten Rücktritts, 346 Abs. 1, 323 Abs. 1 BGB Der Kaufpreisanspruch der V könnte aber wegen Rücktritts des F vom Vertrag gem. 323 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB erloschen sein. Hier handelt es sich um einen gegenseitigen Vertrag (s.o.), sodass 323 BGB anwendbar ist. Durch einen wirksamen Rücktritt könnte der bestehende Vertrag aufgrund einseitiger Erklärung in ein Rückgewährschuldverhältnis umgestaltet worden sein. Die gegenseitigen Leistungspflichten könnten aufgrund dessen erloschen sein. Ein wirksamer Rücktritt setzt eine Rücktrittserklärung und das Vorliegen eines Rücktrittsgrunds voraus. Zudem darf der Rücktritt nicht ausgeschlossen sein, etwa durch 323 Abs. 5, 6 BGB. Verknüpfung: Die Prüfungspunkte (1) Erklärung, (2) Grund, (3) kein Ausschluss sind die Voraussetzungen aller drei Gestaltungsrechte Rücktritt, Widerruf und Anfechtung. a) Rücktrittserklärung, 349 BGB F hat der V am am Telefon erklärt, vom Vertrag zurücktreten zu wollen. Eine Rücktrittserklärung des F gem. 349 BGB liegt also vor. b) Rücktrittsgrund: Nicht rechtzeitige Erbringung der Leistung F muss zur wirksamen Ausübung seines Rücktritts einen Rücktrittsgrund haben. Dieser könnte sich hier aus 323 Abs. 1 BGB ergeben. aa) Nicht-Erbringen der Leistung trotz Fälligkeit V müsste eine Leistung nicht erbracht haben, obwohl diese fällig und durchsetzbar war. Die Durchsetzbarkeit des Anspruchs ist in 323 Abs. 1 BGB neben der Fälligkeit nicht genannt. Die h.l. ( Austauschtheorie ) ist sich aber einig, dass wie auch beim Verzug das Bestehen der Einrede des nicht erfüllten Vertrags ( 320 BGB), unabhängig von ihrer Erhebung, die Pflichtwidrigkeit ausschließt: Wer selbst nicht erfüllungsbereit ist, darf nicht wegen der Nichtleistung des anderen Teils zurücktreten. Wenn dem Schuldner die Einrede aus 320 BGB zusteht, ist seine Nichtleistung nur dann pflichtwidrig i.s.v 323 Abs. 1 BGB, wenn der Gläubiger dem Schuldner seine Gegenleistung bereits Zug-um-Zug angeboten hat. Der Anspruch des F auf Übergabe und Eigentumsverschaffung an dem Fahrzeug ( 433 Abs. 1 S. 1 BGB) war spätestens am fällig. Der Anspruch blieb auch fällig, da die Übereignung des Porsche nach dem nachholbar blieb. Unmöglichkeit in Gestalt eines absoluten Fixgeschäfts liegt nicht vor (s.o.). Der Anspruch war auch durchsetzbar, da V sich zur Vorleistung verpflichtet hatte und ihr daher kein Zurückbehaltungsrecht gem. 320 BGB zustand. Exkurs: Wenn die Zahlung durch F während des Ablaufs der Nachfrist vor Anzeige der Leistungsbereitschaft durch V (Zugang am ) fällig geworden wäre, änderte sich an dem Ergebnis nichts. Erwirbt der Schuldner nach Fristsetzung/Verzugseintritt die Einrede des nicht erfüllten Vertrags, so entfällt damit nicht automatisch die Pflichtwidrigkeit bzw. endet der Verzug nicht automatisch. Der Schuldner müsste dazu die ihm obliegende Leistung Zug-um-Zug gegen Erbringung der Gegenleistung anbieten.
5 AG ZUM GRUNDKURS ZIVILRECHT II (PROF. DR. STEPHAN LORENZ) SOMMERSEMESTER 2016 SEITE 5 VON 10 Vgl. deutlich BGH NJW-RR 1995, 564, 565: Dies gab der Kl. kein Recht, ihre Leistung gem. 320 BGB zurückzuhalten, weil sie damit aus ihrer eigenen Vertragsuntreue einen Vorteil gezogen hätte. Sie kann ein Zurückbehaltungsrecht nach 320 BGB nicht aus Umständen herleiten, die eingetreten sind, nachdem sie selbst in Lieferverzug geraten ist. Dies würde der Rechtsregel widersprechen, dass bei einem gegenseitigen Vertrag der vertragsuntreue Teil aus einer später eingetretenen Vertragsuntreue des anderen Teils keine diesem ungünstige Rechtsfolge ableiten darf. Deshalb kann sich auf die Einrede des nicht erfüllten Vertrags nach 320 BGB nur berufen, wer sich selbst vertragstreu verhält. Der Schuldner, der sich in Leistungsverzug befindet, kann nicht zur Abwehr der Verzugsfolgen geltend machen, dass der Gläubiger seiner erst nach Eintritt des Leistungsverzugs entstehenden Zahlungspflicht nicht nachgekommen sei... Wer sich in Verzug befindet, muss stets zunächst die Folgen seiner eigenen Vertragsverletzung beseitigen, bevor er sich auf 320 BGB berufen kann. Hierzu ist erforderlich, dass er die von ihm geschuldete Leistung vollständig erbringt oder sie dem anderen Vertragsteil so anbietet, dass dieser seinerseits in Annahmeverzug gerät. Dieser Unterschied zum Vorliegen der Einrede des nicht erfüllten Vertrags bei Entstehung der Pflichtwidrigkeit/des Verzugs (bei dem eine Pflichtwidrigkeit/Verzug nach h.l nur angenommen wird, wenn der Gläubiger seine Gegenleistung Zug-um-Zug anbietet) ist dadurch gerechtfertigt, dass der Schuldner durch die Leistungsverzögerung die Situation, durch die die Einrede des 320 BGB entstanden ist, selbst herbeigeführt hat. 1 bb) Entbehrlichkeit der Fristsetzung (relatives Fixgeschäft), 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB F könnte ungeachtet der grundsätzlich erforderlichen Nachfristsetzung zurücktreten, wenn eine solche Fristsetzung entbehrlich war. In Betracht kommt hier lediglich 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Danach ist die Fristsetzung entbehrlich, wenn der Schuldner die Leistung innerhalb einer bestimmten Frist oder zu einem im Vertrag bestimmten Termin nicht bewirkt, obwohl die termin- oder fristgerechte Leistung nach einer Mitteilung des Gläubigers an den Schuldner vor Vertragsschluss oder auf Grund anderer den Vertragsabschluss begleitenden Umstände für den Gläubiger wesentlich ist. Dies betrifft relative Fixgeschäfte. Bei diesen Geschäften wird die Erbringung der Leistung durch Zeitablauf nicht objektiv sinnlos wie beim absoluten Fixgeschäft. Zwar ist die rechtzeitige Erfüllung für den Gläubiger von entscheidender Bedeutung; aber es erscheint nicht von vornherein ausgeschlossen, dass er die Leistung auf noch zu einem späteren Zeitpunkt in Anspruch nehmen will. Ein relatives Fixgeschäft wird etwa anzunehmen sein, wenn die Leistung nur aus einem bestimmten Anlass benötigt wird und die s der Gläubiger dem Schuldner einseitig mitgeteilt hat oder es fü r den Schuldner aus den den Vertragsschluss begleitenden Umständen erkennbar war. Ein relatives Fixgeschäft verlangt somit ein besonderes und im Vertrag verankertes Gläubigerinteresse an rechtzeitiger Leistung. 1 Vgl. zum Ganzen Staudinger-Löwisch/Feldmann, BGB, Neubearbeitung 2014, 286 Rn. 25 und 135.
6 AG ZUM GRUNDKURS ZIVILRECHT II (PROF. DR. STEPHAN LORENZ) SOMMERSEMESTER 2016 SEITE 6 VON 10 Im Gegensatz zu der bis zum geltenden Vorgängerregelung muss dabei nur über den Leistungszeitpunkt oder zeitraum eine vertragliche Einigung getroffen werden. Hinsichtlich der Wesentlichkeit der Einhaltung des Termins ist eine einseitige Mitteilung des Gläubigers an den Schuldner oder die Erkennbarkeit aus den den Vertragsschluss begleitenden Umständen ausreichend. Für die Abgrenzung zwischen absolutem und relativem Fixgeschäft gilt also folgende Faustregel: Beim absoluten Fixgeschäft ist die Leistung schon nach dem objektiven Vertragszweck sinnlos, beim relativen Fixgeschäft ist die Leistung nur aufgrund der Vereinbarung im konkreten Fall sinnlos. Für ein besonderes Gläubigerinteresse an der Leistung zum vereinbarten Zeitpunkt könnte vorliegend sprechen, dass F den Wagen für seinen Urlaub benötigte. Dies genügt aber nicht für die Annahme eines relativen Fixgeschäfts. F hätte bei Vertragsschluss auch zum Ausdruck bringen müssen, dass er sich bei verspäteter Leistung die Möglichkeit des Rücktritts vorbehalten wollte. Ein Porsche ist als Kfz schließlich für einen dauerhaften Einsatz als Transportmittel tauglich. Da F der V erst eine Nachfrist setzte und dann den Rücktritt erklärte, ging er offenbar selbst nicht von einem vorher bestehenden Rücktrittsrecht aus. Im Übrigen ist das Interesse des F an dem Porsche nur deshalb entfallen, da er nun lieber einen VW Golf haben wollte. cc) Erfolgloses Verstreichen der Frist Da die Fristsetzung nicht entbehrlich war, kommt es somit auf das erfolglose Verstreichen einer angemessenen gesetzten Nachfrist an. Hier waren keine Schwierigkeiten bei der Vertragsdurchführung zu erwarten, sodass die Frist bis zum angemessen erscheint. Die Angemessenheit der Frist ist im Wesentlichen eine Frage des Einzelfalls. Maßgebend können der Umfang und die Schwierigkeit der Leistung oder der Bedarf des Gläubigers am Erhalt der Sache sein. Dabei muss die Frist nicht so bemessen sein, dass der Schuldner jetzt erst mit seiner Erfüllung beginnen kann; ausreichend ist es, dass eine begonnene Erfüllung vollendet werden kann. Fraglich ist jedoch, ob die Frist erfolglos abgelaufen ist. Entscheidend dafür ist, ob die V innerhalb der Frist die von ihr geschuldete Leistungshandlung erbracht hat. Der Leistungserfolg muss dagegen noch nicht eingetreten sein. Es wurde über den Leistungsort keine ausdrückliche Vereinbarung getroffen. Eine solche Vereinbarung ergibt sich auch nicht konkludent aus dem Verhalten der Parteien oder aus der Natur des Schuldverhältnisses. Damit greift die Vermutungsregel des 269 Abs. 1 BGB ein. Danach ist die Leistung an dem Ort zu erbringen, an welchem der Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz hatte. Es ist also eine Holschuld anzunehmen. Bei einer Holschuld genügte es für V, dem F ihre Leistungsbereitschaft anzuzeigen. V hat durch Schreiben vom ihre Leistung angeboten. Bedenken bestehen aber insoweit, als F erst nach Ablauf der Frist i.s.d. 323 Abs. 1 BGB von dem Leistungsangebot der V Kenntnis erhalten hat, nämlich als er aus Moskau zurückkehrte. Das wörtliche Angebot der V ist eine geschäftsähnliche Handlung, auf die die Regeln über Willenserklärungen grundsätzlich analog anzuwenden sind. Damit kam es allein auf den Zugang der Erklärung an. Dieser erfolgte analog 130 Abs. 1 S. 1 BGB trotz
7 AG ZUM GRUNDKURS ZIVILRECHT II (PROF. DR. STEPHAN LORENZ) SOMMERSEMESTER 2016 SEITE 7 VON 10 Urlaubsabwesenheit des F noch vor Ablauf der Nachfrist, da für den Zugang die Möglichkeit der Kenntnisnahme unter gewöhnlichen Umständen genügt. Eine solche Kenntnisnahmemöglichkeit bestand für F unter gewöhnlichen Umständen noch am Damit ist die Frist nicht erfolglos abgelaufen. dd) Zwischenergebnis Ein Rücktrittsgrund besteht nicht. c) Zwischenergebnis Der Kaufpreisanspruch der V ist nicht wegen Rücktritts des F gem. 323 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB erloschen. III. Anspruch durchsetzbar Der Anspruch der V gegen F müsste schließlich durchsetzbar sein. Das ist dann der Fall, wenn F keine rechtshemmende Einwendung (Einrede) geltend machen kann. Anspruch auf Kaufpreiszahlung Hier könnte F dazu berechtigt sein, seine Leistung nach 320 Abs. 1 S. 1 BGB zu verweigern. F hat gegen V aus 433 Abs. 1 S. 1 BGB einen Anspruch auf Übergabe und Übereignung des Porsche. Als Hauptleistungspflicht steht die Kaufpreiszahlung zur Übergabe und Übereignung im Gegenseitigkeitsverhältnis, sodass die Voraussetzungen des 320 Abs. 1 BGB erfüllt sind. Allerdings hat sich F nicht auf die Einrede des 320 Abs. 1 BGB berufen. F kann folglich noch die Einrede des nichterfüllten Vertrags gem. 320 Abs. 1 S. 1 BGB erheben. Diese hat dann jedoch nur die Wirkung, dass V nur ein Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises Zug-um-Zug gegen Übergabe und Übereignung des Porsche zusteht ( 322 Abs. 1 BGB). Anspruch auf Abnahme der Kaufsache Im Gegensatz zur Kaufpreiszahlung handelt es sich bei der Abnahme der Kaufsache um keine synallagmatische Pflicht, sondern um eine bloße Nebenpflicht. Dies ist nur dann anders zu beurteilen, wenn der Verkäufer im Einzelfall ein erkennbar gleich starkes oder gar noch stärkeres Interesse an der Abnahme als an der Zahlung hat. Dies hat nach h.m. zur Folge, dass eine solche bloße Nebenleistungspflicht kein Zurückbehaltungsrecht nach 320 BGB begründet. Somit kommt hier nur ein Zurückbehaltungsrecht nach 273 Abs. 1 BGB in Betracht. Dafür müssen sich Anspruch und Gegenanspruch aus demselben rechtlichen Verhältnis ergeben (Konnexität). Hier resultieren sowohl die Pflicht zur Übergabe und Übereignung als auch die Pflicht zur Abnahme aus demselben Kaufvertrag. Wiederum hat sich F hier nicht auf die Einrede des 273 Abs. 1 BGB berufen. Sofern F diese Einrede erhebt, steht ihm somit ein Zurückbehaltungsrecht nach 273 Abs.1 BGB zu.
8 AG ZUM GRUNDKURS ZIVILRECHT II (PROF. DR. STEPHAN LORENZ) SOMMERSEMESTER 2016 SEITE 8 VON 10 IV. Ergebnis V hat gegen F einen Anspruch aus 433 Abs. 2 BGB auf Zahlung von , und auf Abnahme des Wagens Zug-um-Zug gegen Übergabe und Übereignung des Porsche. B. Ansprüche des F gegen V auf Schadensersatz i.h.v , I. Anspruch des F gegen V auf 1.000, aus, 280 Abs. 1, 3, 281 ff. BGB (Schadensersatz statt der Leistung) F könnte gegen V einen Anspruch auf Ersatz der Mietwagenkosten aus 280 Abs. 1, 3 i.v.m. 281 Abs. 1 S. 1 BGB haben. Ein solcher Anspruch ist aber schon deshalb nicht gegeben, weil dieser Anspruch wie der Rücktritt das erfolglose Verstreichen einer Nachfrist voraussetzt, was wegen des Leistungsangebots der V nicht gegeben ist (s.o.). Außerdem ist der hier geltend gemachte Schaden nicht Gegenstand des Schadensersatzes statt der Leistung, da er nicht auf das endgültige Ausbleiben der Leistung zurückzuführen ist: Denn die Mietwagenkosten wären auch dann angefallen, wenn die Leistung im letztmöglichen Zeitpunkt (hier: Ablauf der Nachfrist) erfolgt wäre. II. Anspruch des F gegen V auf 1.000, aus 280 Abs. 1, 2, 286 Abs. 1 BGB F könnte aber gegen V einen Anspruch aus 280 Abs. 1, 2, 286 Abs. 1 BGB auf Ersatz der Mietwagenkosten haben. Bei den Mietwagenkosten müsste es sich um einen Verspätungsschaden im Sinne des 280 Abs. 2 BGB handeln. Die Mietwagenkosten beruhen (allein) auf der Verzögerung der Leistung, da sie bei rechtzeitiger Lieferung des Porsche nicht angefallen wären. Also liegt ein Verspätungsschaden im Sinne des 280 Abs. 2 BGB vor, der nur unter den Voraussetzungen des 280 Abs. 1, 2, 286 Abs. 1 BGB verlangt werden kann. Ein solcher Anspruch setzt neben dem zwischen den Parteien bestehenden Schuldverhältnis voraus, dass V eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt hat, sich in Verzug befand und dies zu vertreten hat. Pflichtverletzung, 280 Abs. 1 S. 1 BGB Die Pflichtverletzung i.s.d. 280 Abs. 1 S. 1 BGB liegt darin, dass V trotz Fälligkeit am nicht zu diesem Zeitpunkt leistete. Verzug als zusätzliche Voraussetzung, 280 Abs. 2, 286 BGB Der Anspruch setzt darüber hinaus Schuldnerverzug gemäß 286 BGB voraus. 286 Abs. 1 BGB fordert für den Eintritt des Verzugs grundsätzlich eine Mahnung des Gläubigers. Eine solche lag zum Zeitpunkt der Anmietung des Golfs nicht vor. Auch 286 Abs. 1 S. 2 BGB ist nicht erfüllt. Da zwischen F und V die Leistungszeit dem Kalender nach ("Erfüllung bis spätestens ") bestimmt war, war vorliegend eine Mahnung aber nach 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB entbehrlich. Somit befand sich V ab dem im Verzug.
9 AG ZUM GRUNDKURS ZIVILRECHT II (PROF. DR. STEPHAN LORENZ) SOMMERSEMESTER 2016 SEITE 9 VON 10 Vertretenmüssen, 280 Abs. 2 S. 2, 286 Abs. 4 BGB Die Leistung müsste aufgrund eines Umstandes unterblieben sein, den der Schuldner zu vertreten hat, 280 Abs. 1 S. 2, 286 Abs. 4 BGB. Die Beweislast dafür, dass dies nicht der Fall ist, liegt beim Schuldner, hier V. Die V hat aufgrund ihrer Vergesslichkeit den Eintritt des Verzuges gem. 276 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB zu vertreten. Der (einfache) Fahrlässigkeitsvorwurf des 276 Abs.2 BGB setzt Vorhersehbarkeit der Gefahr und Vermeidbarkeit des schädigenden Erfolgs voraus. Maßstab hierbei ist die Sorgfalt, die von einem durchschnittlichen Schuldner in der konkreten Situation erwartet werden kann. Keine Beendigung des Verzugs Der Verzug wurde erst durch die Anzeige der Leistungsbereitschaft am beendet. Damit befand sich V vom bis im Schuldnerverzug. Schaden F müsste zudem auch ein Schaden entstanden sein. Dieser lag in Form der Mietwagenkosten vor. Der Umfang des von V geschuldeten Schadensersatzes richtet sich nach d en 249 ff. BGB. Gemäß 249 Abs. 1 BGB ist F so zu stellen, wie er bei rechtzeitiger Leistung stünde. Dann hätte er die Mietwagenkosten nicht tragen müssen. Bei Mietwagenkosten sind jedoch im Wege der Vorteilsausgleichung die ersparten Aufwendungen des F für die Haltung des Porsche zu berücksichtigen. Ein Verstoß gegen die Schadensminderungsobliegenheit aus 254 Abs. 2 BGB liegt nicht vor: Vorliegend erscheint die Anmietung eines VW Golf angemessen. III. Ergebnis F hat einen Anspruch gegen V auf Zahlung von 1.000, (Mietwagenkosten) aus 280 Abs. 1, 2, 286 Abs. 1 BGB.
10 AG ZUM GRUNDKURS ZIVILRECHT II (PROF. DR. STEPHAN LORENZ) SOMMERSEMESTER 2016 SEITE 10 VON 10 Übungsfall zum absoluten Fixgeschäft: Arnold, Stefan / Gärtner, Franz Übungsklausur Zivilrecht: Leistungsstörungsrecht Ein Zelt zu viel, JuS 2009, S Aufsatz zur Neuregelung des 323 Abs. 2 BGB (ab ): Riehm, Thomas Irrungen und Wirrungen zur Fristsetzung und ihrer Entbehrlichkeit, NJW 2014, 2065 Rechtsprechung zur Abgrenzung von absolutem und relativem Fixgeschäft: BGH NJW 2009, 2743 (Flugbeförderungsvertrag)
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