Stereochemie. spezielle Sicht auf die Chemie, keine eigentliche Teildisziplin. abgeleitet von stereo = griech. für körperliche, räumlich
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- Rudolf Boer
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1 Stereochemie Die Stereochemie befasst sich mit der Untersuchung von Eigenschaften und Reaktionen chemischer Verbindungen auf Grundlage und unter besonderer Berücksichtigung der räumlichen Struktur. spezielle Sicht auf die hemie, keine eigentliche Teildisziplin abgeleitet von stereo = griech. für körperliche, räumlich Unterteilung : - statische Stereochemie - dynamische Stereochemie
2 Stereochemie und die Sinne Der Geruchsinn Limonen arvon Zitrone range (Gummi) Kümmel Minze Der Geschmacksinn Asparagin N 2 N 2 N 2 N 2 bitter süß
3 Stereochemie und Arzneimittel Der ontergan-skandal: Es gab einmal den Wunschtraum von der harmlosen und völlig ungefährlichen Schlaftablette: ontergan wurde rezeptfrei an Millionen von Frauen - darunter auch viele Schwangere - in der Bundesrepublik Deutschland abgegeben. Aus dem Wunschtraum entwickelte sich ein Albtraum Kinder wurden mit schwersten Missbildungen geboren, nur die älfte überlebte. Weltweit sind ontergan-pfer registriert. Erst 1961 wurde die orror-pille von ihrem rheinländischen ersteller, der "Grünenthal hemie", vom deutschen Markt genommen. (aus einer Programmankündigung für eine Dokumentation der ARD 2003)
4 Thalidomid Das grausame Spiegelbild schlafinduzierend teratogen
5 Stereochemie und pharmakologische Wirkung Thalidomid: Methylphenylbarbitursäure: Propranolol: Penicillamin: riginal: schlafinduzierend Spiegelbild: teratogen riginal: narkotisch Spiegelbild: krampferregend riginal: ß-Blocker Spiegelbild: ontraceptivum riginal: Antiarthriticum Spiegelbild: extrem toxisch
6 Stereochemie = nobelpreiswürdig hemie-nobelpreis 2001 K. Barry Sharpless Ryoji Noyori William S. Knowles für seine Arbeiten über katalytische asymmetrische xidationen für ihre Arbeiten über asymmetrische ydrierungsreaktionen
7 Stereochemie Das andwerkszeug Konstitution Konfiguration Konformation Definiert die Art und Reihenfolge der in einem Molekül vorhandenen Bindungen und Atome Definiert die räumliche Anordnung der Atome ohne Berücksichtigung der verschiedenen Anordnungen, die durch Rotation um Einfachbindungen erhalten werden. Bezeichnet die genaue, durch Drehung um Einfachbindungen einstellbare räumliche Anordnung der Atome eines Moleküls.
8 Konstitution Wieviele Atome welcher Art sind wie miteinander verknüpft? Die Darstellung der Konstitution wird mit ilfe von Strukturformeln realisiert. Summenformel reichen zur Darstellung der Strukturformel nicht aus. Es sind Isomere möglich!
9 Isomerie Isomere sind Verbindungen gleicher Summenformel, die sich jedoch bezüglich Konstitution, Konfiguration oder Konformation unterscheiden. Konstitutionsisomere sind isomere Verbindungen, die sich in ihrer Konstitution unterscheiden. Sie werden unterteilt in: - funktionelle Isomere - Positionsisomere - Gerüstisomere - Tautomere - Valenzisomere
10 Funktionelle Isomerie Funktionelle Isomere enthalten bei gleicher Summenformel unterschiedliche funktionelle Gruppen. Diethylether n-butanol Diisopropylketon yclohexylmethanol Phenylessigsäure Anisaldehyd aprolacton exensäure N N 2 N 2 2 N N N 2-(p-Aminophenyl)-ethanol 3-Acetyl-2,5-dimethyl- Phenylhydrazin Pyridylmethylamin pyrrol
11 Positionsisomerie Positionsisomere enthalten bei gleicher Summenformel ein identisches Grundgerüst, an dem die Substituenten an verschiedenen Positionen angeknüpft sind. Isobutanol n-butanol 2-(2-ydroxyphenyl)- 2-(4-ydroxyphenyl)- aprolacton xepan-4-on essigsäure essigsäure N 2 N 2 N2 2 N 2-(p-Aminophenyl)-ethanol 2-Amino-2-phenyl 1-Naphtylamin 2-Naphtylamin ethanol
12 Gerüstisomerie Gerüstisomere sind Positionsisomere deren unterschiedlich angeordnete Substituenten keine funktionellen Gruppen bzw. eteroatome sind. Methylbutan n-pentan Decalin Tetramethylcyclohexan Anthracen Phenantren exatrien 3-Methylenpenta-1,4-dien
13 Tautomerie Tautomere sind im Gleichgewicht stehende Isomere, die durch Verschieben von σ- und π-bindungen ineinander überführt werden können. Meist unterscheiden sich tautomere Formen in der Stellung eines Protons und der Lage einer Doppelbindung (prototrope Tautomerie). X Y X Y
14 Keto-Enol-Tautomerie Keto-Form Enol-Form Aceton > 99% Acetessigsäureester Et Et ~ 50% 1,3-yclohexadion 5%
15 Weitere Tautomerie-Arten Imin-Enamin- Tautomerie N N Imin-Form Enamin-Form Lactim-Lactam- Tautomerie N N Lactim-Form Lactam-Form Valenztautomerie (Valenzisomerie)
16 Übersicht zur Isomerie Isomere Konstitutionsisomere Stereoisomere Funktionelle Isomerie Positionsisomerie Gerüstisomerie Tautomerie Valenzisomerie Konfigurationsisomere Enantiomere Diastereomere Konformationsisomere Sessel/Wanne coplanar eclipsed staggered
17 Konfigurationsisomere Konfigurationsisomere zeigen bei gleicher Konstitution unterschiedliche räumliche Anordnungen ihrer Atome, wobei Rotationen um Einfachbindungen unberücksichtigt bleiben. Beachte: Konfigurationsisomere sind immer auch Stereoisomere. Stereoisomere sind aber nicht zwangsläufig Konfigurationsisomere!
18 Konfigurations- versus Konformationsisomere Konfigurationsisomere l l Konformationsisomere Konformationsisomere geringe Energiebarriere l Konfigurationsisomere l hohe Energiebarriere
19 Stereoisomere: Eine Einteilung Einteilung nach Stabilität: Dynamische Stereoisomere sind in der Lage sich ineinander umzuwandeln. Meist handelt es sich hierbei um Konformationsisomere. Statische Stereoisomere existieren als greifbare Verbindungen nebeneinander. Dies ist meist bei Konfigurationsisomeren der Fall. Einteilung nach Spiegelbildlichkeit: Verhalten sich zwei Stereoisomere wie Bild und Spiegelbild, werden sie Enantiomere genannt. Zwei nicht spiegelbildliche Stereoisomere werden Diastereomere genannt.
20 Statische und dynamische Stereoisomere Konformere als Enantiomere l l l 3 3 Meist besteht eine Gleichgewicht zwischen den unterschiedlichen Konformeren und damit auch zwischen den Enantiomeren. Konfigurationsisomere als Enantiomere l 3 l l 3 Enatiomere Konformationsisomere stehen in der Regel nicht miteinander im Gleichgewicht. Unter dem Einfluss von chem. Reagenzien ist u.u. Racemisierung möglich.
21 Enantiomere verhalten sich wie Bild und Spiegelbild. sind in keiner Weise miteinander zur Deckung zu bringen. sind chiral. hiralität ist die notwendige und hinreichende Bedingung für das Auftreten von Enantiomeren. zeigen in achiraler Umgebung identisches chemisches Verhalten. zeigen gleiche physikalische Eigenschaften (Schmelzpunkt, Siedepunkt, Brechungsindex, Dichte usw.); Ausnahme: Richtung, in der sie die Schwingungsebene von linear polarisiertem Licht drehen (optische Aktivität). können Konfigurations- oder Konformationsisomere darstellen.
22 Die optische Drehung
23 hiralität Jedes bjekt, das mit seinem Spiegelbild nicht zu Deckung gebracht werden kann, besitzt hiralität. Achirale bjekte sind mit ihrem Spiegelbild identisch. hirale bjekte: Gesicht Schraube Schallplatte Schrift Milchsäure-Moleküle
24 Zentrale hiraliät Tritt bei Molekülen auf, die ein hiralitätszentrum besitzen. Das hiralitätszentrum ist meist ein asymmetrisches -Atom (genauer: asymmetrisch substituiert). Seltener findet man asymmetrisch substituierte N-, S- oder P- Atome. Das Asymmetriezentrum ist tetraedrisch von vier unterschiedlichen Liganden umgeben. a a a d c b d c b b c d
25 Beispiele zentraler hiralität Br Br Bromchlorfluormethan l F F l 1-Phenylethanol yclohexenol
26 Beispiele zentraler hiralität an eteroatomen N-Ethyl-N-methyldihydro- 1,4-oxazin 3 N N Methylphenylsulfoxid S S l l l l yclophosphamid P N N P N N
27 Symmetrie Symmetrieelemente: Symmetrieelemente dienen zur harakterisierung und Einteilung der verschiedenen Formen der Symmetrie. Man unterscheidet: Symmetrieachsen n peration: Drehung Symmetrieebenen σ peration: Spiegelung Symmetriezentren i peration: Inversion Drehspiegelachsen S n peration: Drehspiegelung
28 Achsensymmetrie I n : n= 360 /α α ist der Winkel, um den das Molekül um die Symmetrieachse gedreht werden muss, sodass wieder die Ausgangssituation erreicht wird. 1 -Symmetrie = Identität = trivial
29 Achsensymmetrie II Ein achsensymmetrisches Molekül ist nicht zwangsläufig achiral!! Me Et Et Et Me Me Me Et
30 Spiegelsymmetrie Eine Symmetrieebene s ist eine Spiegelebene, die das Molekül so in zwei älften teilt, dass jede älfe das Spiegelbild der jeweils anderen darstellt. 3 3 l l Strukturen mit Spiegelsymmetrie sind achiral aber nicht asymmetrisch!
31 Punktsymmetrie Eine Symmetriezentrum i überführt jeden Punkt in einem Molekül durch Spiegelung in einen identischen Punkt. Strukturen mit Punktsymmetrie sind achiral aber nicht asymmetrisch!
32 Drehspiegelachsen S n Drehspiegelung: Das Molekül wird an einer Achse um 360/n Grad gedreht und anschließend an einer zu dieser Achse senkrechten Ebenen gespiegelt. Drehspiegelachse S 1 : Drehung um 360 und anschließende Spiegelung entspricht der Spiegelebene. Drehspiegelachse S 2 : Drehung um 180 und anschließende Spiegelung entspricht einem Symmetriezentrum.
33 Konfigurationsbestimmung an stereogenen Zentren Die Bezeichnung der absoluten Konfiguration an stereogenen Zentren erfolgt i. A. nach der Konvention, die von R. S. ahn,. Ingold und V. Prelog 1951 eingeführt wurde. Durch diese ahn-ingold-prelog- (IP-) Konvention wurde eine universell anwendbare Nomenklatur stereogener Zentren durch Benennung der vorliegenden Konfiguration mit R (lat. rectus = rechts) oder S (lat. sinister = links) geschaffen. Neben der IP-Konvention ist v.a. für Zucker, Aminosäuren sowie einige andere Naturstoffe die von Emil Fischer definierte traditionelle Einteilung (Fischer-Konvention) nach D- und L-Konfiguration gebräuchlich.
34 IP-Konvention Grundidee: Die Bezeichnung der Konfiguration mit R oder S erfolgt auf der Basis der Prioritätsreihenfolge der Substituenten am hiralitätszentrum. Diese muss mit ilfe genau definierter Regeln festgelegt werden. Anwendbarkeit: Die IP-Konvention ist auch bei Molekülen mit mehreren hiralitätszentren anwendbar. Darüberhinaus ist sie die Grundlage der Konfigurationsbestimmung nach E und Z (cis und trans), z.b. an --Doppelbindungen.
35 IP-Konvention: Die Vorgehensweise 1. Die Substituenten des stereogenen Zentrums werden mit Prioritäten belegt. ierbei gilt: Nichtbindende Elektronenpaare haben die niedrigste Priorität. Die Priorität der Substituenten steigt mit der rdnungszahl des direkt am hiralitätszentrum gebundenen Atoms. Ist die rdnungszahl gleich, steigt die Priorität mit zunehmender Atommasse (bei Isotopen z.b 13 > 12 ). 2. Sind zwei oder mehr Substituenten nach Anwendung von Schritt 1 noch gleichwertig, werden die Atome in der nächsten Sphäre (= zwei Bindungen vom stereogenen Zentrum entfernt) betrachtet und nach den unter Schritt 1 dargelegten Regeln eingeteilt.
36 IP-Konvention: Die Vorgehensweise Beispiel für Schritt 1 und 2: l 3 Nach rdnungszahlen der direkt gebundenen Atome einteilen a l d b b' 3 Zwischen und 3 ist in dieser 1. Sphäre keine Entscheidung möglich. Betrachtung der zweiten Sphäre a l c d b 3
37 IP-Konvention: Die Vorgehensweise 3. Sind alle Prioritäten zugeordnet, wird das Molekül so betrachtet, dass der Substituent mit niedrigsten Priorität vom Betrachter abgewendet ist. 4. Sinkt die Priorität der drei dem Betrachter zugewandten Substituenten im Uhrzeigersinn, so handelt es sich definitionsgemäß um die R-Konfiguration. Sinkt die Priorität entgegen dem Uhrzeigersinn, so handelt es sich um die S- Konfiguration.
38 IP-Konvention: Die Vorgehensweise Beispiel für Schritt 3 und 4: a l d b Drehung a l b Me Betrachtung der Sustituenten a-c a l b Me c 3 c c R-Konfiguration
39 Anwendung der IP-Konvention * 2 b c 3 a 3 2 d "Gas geben" "Gas geben" a d c b c 3 d a b c a a c a d 2 2 b b R S 2 b c
40 Spezialregeln I Beim Wechsel in die nächsthöhere Sphäre folgt man immer dem Weg des höherwertigen Atoms. l Br l Br I F Br Br * F l I F Br Br D F l
41 Spezialregeln II Mehrfachbindungen werden gemäß dem u.g. Schema aufgelöst. Die dabei auftretenden Phantomatome haben immer eine niedrigere Priorität als die entsprechenden realen Atome. Regel: Bei der Auflösung wird jedes Atom einer Doppelbindung (Dreifachbindung) mit einem (zwei) Phantom-atomen ergänzt, das der Atomspezies auf der anderen Seite der Mehrfachbindung entspricht.
42 Prioritätenliste
43 Übungen N 2 l Me 3 3 D N N 3 l 2 3 Me N + Et N
44 Rechte and-regel Zuordnung der IP-Prioritäten a, b, c, d für die Substituenten an einem asymmetrischen Kohlenstoff- Atom. Die rechte and wird so gehalten, dass der Daumen die *-d-bindungsachse darstellt und in Richtung des Substituenten d deutet. Die Finger werden in Richtung der absteigenden Priorität der Substituenten a, b und c gekrümmt. Ist dies (aus anatomischen Gründen) nicht möglich, so liegt die S-Konfiguration vor. Gelingt dies, so liegt die R-Konfiguration vor.
45 Axiale hiralität Ein hiralitätszentrum ist keine notwendige Voraussetzung für das Auftreten von hiralität. Anstelle des Asymmetriezentrums kann auch einen hiralitätsachse die hiralität induzieren. Axiale hiralität tritt auf bei: Allenen, Spiranen und Biphenyl-Verbindungen. Axiale hiralität bei Allenen und Spiranen:
46 Axiale hiralität Allene und Spirane sind chiral, wenn sie jeweils zwei ungleiche Liganden an den Achsenenden tragen. Die Substituenten an den beiden Molekülenden liegen (im Gegensatz zu lefinen) in paarweise zueinander senkrechten Ebenen. Verlängert man das umulen- bzw. Spiransystem, so tritt abwechselnd E/Z-Isomerie und Enantiomerie auf. A B A B E/Z-Isomere A B B A A B A B Enantiomere A B A B A A A B B B E/Z-Isomere B A
47 Axiale hiralität Axiale hiralität tritt auch bei ortho-substituierten Biarylen auf. Bei den Enatiomeren handelt es sich hierbei um Konformationsisomere, die sich aufgrund der sperrigen ortho-substituenten nicht ineinander umwandeln können. Die bei Biarylen auftretende Form von Isomerie wird auch Atropisomerie genannt. Br 2 N N 2 Br 3 l 3 l
48 Planare hiralität Verbindungen mit einer hiralitätsebene findet man v.a. bei den Ansaverbindungen (enkelverbindungen), bei Aryl- Metall-Komplexen und den trans-ycloalkenen. Ansaverbindung Aryl-hrom- Komplex trans-ycloocten
49 elicität Die elicität stellt einen Sonderfall der axialen hiralität dar. Sie tritt v.a. bei Proteinen (α-elix) und der DNA (Doppelhelix) auf.
50 Verbindungen mit mehreren stereogenen Zentren Moleküle mit n verschiedenen Asymmetriezentren (z.b. asymmetrischen -Atomen), können maximal 2 n Stereoisomere und 2 n /2 Enantiomerenpaare bilden. n = 2 : Zwei stereogene Zentren führen zu 4 Stereoisomeren. Diese bilden 2 Enantiomerenpaare. Vertreter der beiden unterschiedlicher Enantiomerepaare sind zueinander diastereomer. N 2 Enatiomere Enatiomere N 2 Diastereomere Diaste- reomere Diastereomere N 2 N 2
51 Diastereomere: Diastereomere sind Stereoisomere, die sich zueinander nicht wie Bild und Spiegelbild verhalten. haben unterschiedliche physikalische Eigenschaften (Dichte, Schmelzpunkt, Dipolmoment, Löslichkeit usw.) zeigen aufgrund gleicher Funktionalitäten meist ähnliche chemische Eigenschaften (Säure/Base-Stärke, Redox-Verhalten usw.) sind nicht zwangsläufig chiral. Zentral-chirale Diastereomere zeigen an mindestens einem hiralitätszentrum die gleiche und an mindestens einem weiteren hiralitätszentrum die umgekehrte Konfiguation.
52 Mesoformen Von Molekülen mit zwei gleichartig substituierten Asymmetriezentren existieren drei Stereoisomere. Neben den Enantiomeren (R,R) und (S,S) ist die Mesoform (R,S) möglich. Da das (R,S)-konfigurierte Stereoisomer aufgrund der Molekülsymmetrie mit dem (S,R)-Isomer identisch ist, handelt es sich bei dieser Mesoform um eine achirale Verbindung. L-(-)-Weinsäure (2S, 3S) D-(+)-Weinsäure (2R, 3R) meso-weinsäure Enantiomere optisch inaktiv
53 Die Fischer-Konvention Von Emil Fischer eingeführte Konvention zur Konfigurationszuordnung von Enantiomeren zu den Symbolen D (dextro=rechts) und L (levo=links). Als Bezugssystem dient Glycerinaldehyd (für Zucker) oder Serin (für Aminosäuren). Grundlage für die Konfigurationszuordnung ist die Überführung eines dreidimensionalen Kohlenstoff-Tetraeders in eine zweidimensionale Ebenen (Fischer-Projektion). ierbei gilt: 1. Die längste Kohlenstoffkette wird vertikal angeordnet. 2. Das 1 -Atom bzw. das höheroxidierte Kettenende wird oben angeordnet. 3. Die horizontal stehenden Gruppen symbolisieren die nach vorne, d.h. dem Betrachter zugewandten Liganden. (Die Enden der senkrechten Kette zeigen demnach vom Betrachter weg.).
54 Die Fischer-Konvention aus: Roth-Müller-Folkers: Stereochemie der Arzneistoffe
55 Die Fischer-Konvention L-Glycerinaldehyd D-Glycerinaldehyd 3
56 Ableitung der IP-Nomenklatur aus der Fischer-Projektion Fischer- Projektion Keilstrich- Projektion Milchsäure 3 = 3 = c b 3 a D-Konfiguration R-Konfiguration ystein 2 N 2 S = 2 N 2 S = c b S 2 2 N a L-Konfiguration R-Konfiguration
57 Ableitung der IP-Nomenklatur aus der Fischer-Projektion 90 a b 3 c L-Konfiguration Austausch S-Konfiguration
58 Stereochemie wichtiger Naturstoffe: 1. Monosaccharide Zucker sind Polyhydroxyketone oder -aldehyde. In der Regel handelt es sich um optisch aktive Moleküle. Die stereochemische Nomenklatur erfolgt meist nach der Fischer-Konvention. Natürliche Zucker gehören fast ausnahmslos der D-Reihe an. Je nach Anzahl der -Atome werden die Zucker in Triosen (3), Tetrosen (4), Pentosen (5) und exosen (6) unterteilt. Für die Zuordnung zur D- bzw- L-Reihe ist das höchstnumerierte (unterste) -Atom ausschlaggebend. tü ta ta ta R S R R S R S S 2 D-Glucose 2 L-Glucose
59 Stereochemie wichtiger Naturstoffe: 1. Monosaccharide
60 Stereochemie wichtiger Naturstoffe: 1. Monosccharide Stereoisomere Monosaccharide I : Die korrespondierenden Zucker der D- und L-Reihe sind Enantiomere, d.h. sie sind an allen symmetrischen -Atomen umgekehrt konfiguriert. Stereoisomere Zucker unterschiedlichen Namens (z.b. Glucose/Mannose/Galactose) sind Diastereomere. Diastereomere Zucker, die sich in ihrer Konfiguration an nur einem -Atom unterscheiden, werden EPIMERE genannt. EPIMERE sind Diastereomere, deren Konfiguration sich an einem von mehreren asymmetrischen -Atomen unterscheiden. EPIMERISIERUNG ist der Vorgang einer Konfigurationsumkehr an einem von mehreren hiralitätszentren.
61 Stereochemie wichtiger Naturstoffe: 1. Monosccharide Stereoisomere Monosaccharide II : Diastereomere Zucker, die sich nur in der Konfiguration am 1 -Atom unterscheiden werden ANMERE genannt. Anomere gehören demnach zur Gruppe der Epimere. Die Konfiguration am anomeren -Atom wird mit α bzw. β bezeichnet α-d-glucose β-d-glucose FISER-Projektion AWRT-Projektion
62 Stereochemie wichtiger Naturstoffe: 1. Monosccharide MUTARTATIN: Unter Mutarotation versteht man die Änderung der optischen Drehung aufgrund einer Epimerisierung. Für die Mutarotation von Monosacchariden ist die Gleichgewichtsreaktion zwischen Aldehyd- (bzw. Keto-) und albacetalform verantwortlich. 2 α-d-glucose [α] D = +112,2 2 2 β-d-glucose [α] D = +18,7 36 % 64 % [α] D = +52,6
63 L-erythro-Ephedrin D-threo-hloramphenicol Stereochemie wichtiger Naturstoffe: erythro und threo 2 2 D-(-)-Erythrose D-(+)-Threose N 2 3 N 3 Nl 2 2
64 Stereochemie wichtiger Naturstoffe: 2. Aminosäuren N 2 R 2 N R Alle 20 proteinogenen Aminosäuren sind L-konfiguriert. Die L- Konfiguration nach Fischer entspricht hier der S-Konfiguration nach IP (Ausnahme: ystein; R= 2 S). Es sind auch natürlich vorkommende Aminosäuren mit mehreren hiralitätszentren bekannt (Beispiel: 4- ydroxyprolin). Alle α-aminocarbonsäuren (mit Ausnahme von Gycin; R=) sind chiral.
65 Proteinogene Aminosäuren
66 Trennung von Racematen Verfahren: Kristallisation mit anschließender Kristalltrennung (andauslese) Bildung diastereomerer Salze mit ilfe chiraler Säuren (z.b. Weinsäure, Äpfelsäure, Mandel- säure) bzw. Basen (z.b hinin)
67 Trennung von Racematen Kovalente Derivatisierung mit chiralen Reagenzien (z.b. Mosher`s Säure, Phenylethylisocyanat). F 3 Me l N Moshers Säurechlorid (MTPA-l) Phenylethylisocyanat (PEI) Bildung diastereomerer Salze mit ilfe chiraler Säuren (z.b. Weinsäure, Äpfelsäure, Mandelsäure) bzw. Basen (z.b hinin) hromatographie an chiralen Phasen (z.b. ellulose- Derivate, Stärke, yclodextrine, Proteine, Metallkomplexe).
68 Trennung von Racematen Biochemische Trennung mit ilfe von Enzymen S Me Ibuprofen- Methylester Me 3 R 3 3 Pferdeleberesterase 3 3 S Me 3 R Pferdeleberesterase Ibuprofen- Methylester Ibuprofen Kinetische Racematspaltung aufgrund unterschiedlicher Reaktionsgeschwindigkeiten bei der Umsetzung mit chiralen Reagenzien oder Katalysatoren (asymmetrische Synthese).
69 Topizität Topizität befaßt sich mit den räumlichen (topischen) Beziehungen von Liganden (Atomen, Atomgruppen) gleicher Konstitution am selben intakten Molekül. ierbei differenziert man zwischen den beiden intramolekularen Beziehungen homotop und heterotop.
70 omotopie Sind zwei identische Substituenten x an einem tetraedrischen -Atom von zwei ebenfalls identischen, aber von x verschiedenen Substituenten y umgeben, so werden sie als homotop bezeichnet. Sie sind stereochemisch äquivalent und somit nicht unterscheidbar. Prüfung auf omotopie: Durch Ersetzen des einen bzw. des anderen Substituenten x im Molekül durch einen Platzhalter D erhält man zwei fiktive Moleküle. Sind diese Moleküle identisch, so sind die betrachteten Gruppen homotop. D l l identisch D l l l l
71 eterotopie Sind zwei identische Substituenten x an einem tetraedrischen -Atom von zwei nicht identischen, von x verschiedenen Substituenten y umgeben, so werden sie als heterotop bezeichnet. Sie sind stereochemisch nicht äquivalent und somit unterscheidbar. Prüfung auf eterotopie: Durch Ersetzen des einen bzw. des anderen Substituenten x im Molekül durch einen Platzhalter D erhält man zwei fiktive Moleküle. Sind diese Moleküle nicht identisch, so sind die betrachteten Gruppen heterotop. D l identisch D l l
72 Stereoheterotopie Alternative Substitution zweier Liganden Substitutionsprodukte sind identisch. Substitutionsprodukte sind nicht identisch. homotop Substitutionsprodukte konstitutionell identisch. heterotop Substitutionsprodukte konstitutionell nicht identisch. Substitutionsprodukte spiegelbildlich. stereoheterotop Substitutionsprodukte nicht spiegelbildlich. konstitutop enantiotop diasterotop
73 Stereoheterotopie Stereoheterotope Liganden werden in die Kategorien enantiotop und diastereotop unterteilt. Enantiotop sind zwei identische Liganden eines tetraedrischen -Atoms dann, wenn sie von zwei nicht identischen Liganden umgeben sind, die selbst kein Asymmetriezentrum tragen. Trägt mindestens eines der nicht identischen Liganden ein Asymmetriezentrum, spricht man von Diastereotopie. Wird einer von zwei enantiotopen Liganden gegen einen anderen Subtituenten ausgetauscht, so erhält man Enantiomere. (Enantiotopie = Prochiralität). Der Austausch von diastereotopen Liganden führt zu Diastereomeren.
74 Enantiotopie (Prochiralität) 3 3 Enantiomere 3
75 Diastereotopie NRR' NRR' X NRR' X Diastereomere X NRR' X NRR' Diastereomere
76 Prochiralität am trigonalen -Atom Die beiden albräume oberhalb und unterhalb (bzw. links und rechts) eines trigonalen -Atoms von Aldehyden und unsymmetrischen Ketonen sind heterotop. Bei Anlagerungsreaktionen wird die arbonylfunktion in ein tetragonales, asymmetrisches -Atom umgewandelt, wobei zwei stereoisomere Moleküle enstehen können. Die beiden Seiten der arbonylebenen werden als enantiofacial bezeichnet. -R R enatiofaciale albräume Enantiomere R- R
77 Die ram`sche Regel Die Umsetzung von prochiralen Verbindungen mit enantiotoper Struktur in chirale Produkte führt in achiraler Umgebung stets zu Racematen. Bei Reaktionen an diastereotopen Gruppen kann das bereits im Molekül vorhandene Asymmetriezentrum die Umsetztung derart beeinflussen, dass bevorzugt eines der beiden möglichen Diastereomere gebildet wird. ram`sche Regel: Aufgrund der absoluten Konfiguration des stereogenen Zentrums eines chiralen Aldehyds oder Ketons kann bei nukleophilen Additionen an die arbonylfunktion die absolute Konfiguration des entstehenden (zweiten) stereogenen Zentrums vorhergesagt werden. Bürgi-Dunitz-Winkel
78 Die ram`sche Regel M G G M K R K R M M G G K R R K Nu Nu M M Nu K R G G R K Nu M G G M K Nu R K R Nu
79 Stereochemie und Konformation Konformationen acyclischer Moleküle Energie Diederwinkel
80 Konformationsbezeichnungen - Diederwinkel
81 Stereochemie und Konformation Konformationen von Butan:
82 Stereochemie und Konformation Konformationen ungesättigter acyclischer Moleküle Konformationen des Propen Ethen 3 Propen Blickrichtung 2 2 ekliptisch in der albierenden
83 Stereochemie und Konformation Konformationen mehrfach ungesättigter Kohlenwasserstoffe Butadien : s-trans transoid anti-periplanar s-cis cisoid syn-periplanar gauche
84 Stereochemie und Konformation s-cis/s-trans-isomerie Die Konformation zweier konjugierter Doppelbindungen wird bei synperiplanarer Anordnung als s-cis, bei antiperiplanarer Anordnung als s-trans bezeichnet. X X
85 Stereochemie und Konformation Isomerie bei arbonsäureamiden Bei der Isomerie von arbonsäureamiden handelt es sich um E/Z- Isomerie (nicht s-cis/s-trans-isomerie). R N R' R N + R' R'' R'' N-Methylformamid N-Methylacetamid N 3 N 3 3 N 3 3 N 3 Z E Z E 90% 10% 97% 3%
86 Stereochemie und Konformation Rotationsbarrieren
87 Stereochemie und Konformation Die konformative Spannung, die durch Wechselwirkungen von ekliptischen -Atomen bzw. anderen Substituenten entsteht und zur Destabilisierung v.a. kleiner Ringe führt, wird Pitzer- Spannung genannt.
88 Stereochemie und Konformation YLPENTAN: Planares yclopentan weist eine sehr hohe Pitzer-Ringspannung auf. Aufgrund der tatsächlich eingenommenen envelope-konformation ist die Spannung allerdings deutlich verringert.
89 Stereochemie und Konformation YLEXAN: Eine planare Konformation im yclohexan würde zu einem Innenwinkel von 120 führen, was wiederum eine beträchtlicher Baeyer-Spannung erzeugen würde. Experimentell weist aber dieses Molekül einen Winkel von und keine Ringspannung auf. Das Molekül bevorzugt eine sesselförmige Konformation, in der alle Bindungen gestaffelt vorliegen.
90 Stereochemie und Konformation Konformationen des yclohexans:
91 Stereochemie und Konformation Monosubstituierte yclohexane: axial äquatorial starke 1,3-diaxiale Wechselwirkungen schwächere WWs = energetisch günstiger
92 Stereochemie und Konformation Disubstituierte yclohexane: cis energetisch äquivalent trans diaxiale Konformation ist energetisch ungünstiger
93 Stereochemie und Konformation Überbrückte Ringsysteme: N Bicyclo[2.2.1] heptan Bicyclo[2.2.2] octan Adamantan Tropan kein endo/exo
94 Stereochemie und Konformation endo/exo-konfiguration: Bei substituierten verbrückten Ringsystemen gibt es zwei Möglichkeiten der räumlichen Stellung des Substituenten. endo-konfiguration liegt dann vor, wenn der Substituent näher bei der längeren der beiden unsubstituierten Brücken liegt. Falls die unsubstituierten Brücken gleich lang sind, bezeichnet man diejenigen Konfiguration als endo, bei der der Substituent näher bei der funktionellen Gruppe steht. Die jeweils entgegengesetzte Konfiguration wird als exo bezeichnet.
95 Stereochemie und Konformation endo/exo-konfiguration: 3 3 EX END N N l Epibatidin N N l
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