Kurzarbeitergeld. Voraussetzungen und Verfahren

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1 Kurzarbeitergeld Voraussetzungen und Verfahren

2 Ziele Erhalt der eingearbeiteten Arbeitskräfte Beibehaltung der betrieblichen Beschäftigungsstruktur Kostenersparnis bei Fortbestand der Arbeitsverhältnisse im Vergleich zu Entlassungen und Einstellungen für Einstellungsverfahren, Einarbeitung und Qualifizierung von neuen Mitarbeitern Anpassung an kurzfristige Produktionsschwankungen Zügige Umstellung auf Vollarbeit Arbeitgeber bleibt im Wettbewerb konkurrenzfähig Existenzsicherung Vermeidung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten 2

3 Arbeitsrechtliche Voraussetzungen Einführung von Kurzarbeit Kurzarbeit ist ein Eingriff in das bestehende Arbeitsverhältnis. Sie muss daher arbeitsrechtlich zulässig eingeführt werden. durch einzelvertragliche Vereinbarung mit den Arbeitnehmern, Betriebsvereinbarung, Kurzarbeitsklausel im Arbeitsvertrag Änderungskündigung Wurden bestehende Vorschriften bei der Einführung von Kurzarbeit nicht beachtet, so besteht gemäß 615 BGB (Vergütung bei Annahmeverzug) ein Anspruch auf Arbeitsentgelt. 3

4 Anspruch ( 169 SGB III) Arbeitnehmer haben Anspruch auf Kurzarbeitergeld (Kug), wenn 1. ein erheblichem Arbeitsausfall ( 170 SGB III) mit Entgeltausfall vorliegt, 2. die betrieblichen Voraussetzungen ( 171 SGB III) erfüllt sind, 3. die persönlichen Voraussetzungen ( 172 SGB III) erfüllt sind und 4. Der Arbeitsausfall der Agentur für Arbeit angezeigt ( 173 SGB III) worden ist. 4

5 Erheblicher Arbeitsausfall ( 170 SGB III) Ein Arbeitsausfall ist erheblich, wenn 1. er auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht, 2. er vorübergehend ist, 3. er nicht vermeidbar ist und 4. im jeweiligen Kalendermonat mindestens ein Drittel der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer von einem Entgeltausfall von jeweils mehr als 10 % ihres Bruttoentgelts betroffen ist; dabei sind Auszubildende nicht mitzuzählen. 5

6 wirtschaftliche Gründe ( 170 Abs. 1 Nr. 1 SGB III) Der Begriff schließt alle Arbeitsausfälle ein, die auf der wirtschaftlichen Tätigkeit eines Betriebes beruhen. Auswirkungen von Konjunkturschwankungen Auftragsmangel Absatzschwierigkeiten Mangel an Betriebs- oder Werkstoffen unabwendbares Ereignis ( 170 Abs. 1 Nr. 1 SGB III) Fabrikbrand durch Blitzschlag > ja Fabrikbrand durch Nichtbeachtung v. Sicherheitsvorschriften > nein 6

7 vorübergehender Arbeitsausfall ( 170 Abs. 1 Nr. 2 SGB III) Der Arbeitsausfall ist vorübergehend, wenn: mit gewisser Wahrscheinlichkeit, in absehbarer Zeit der Übergang zur Vollarbeit möglich ist. 7

8 vermeidbarer Arbeitsausfall ( 170 Abs. 1 Nr. 3 SGB III) Als vermeidbar gilt ein Arbeitsausfall, der überwiegend branchen-, betriebsüblich oder saisonbedingt ist (z.b. Freizeitpark, Eisdiele) ausschließlich betriebsorganisatorische Gründe hat (z.b. Fehlplanung bei Materialbeschaffung) Wirtschaftlich zumutbare Gegenmaßnahmen können u.a. sein: - Abbau von Arbeitszeitguthaben - Urlaubsgewährung - Nutzung vereinbarter Arbeitszeitschwankungen - Umsetzung von Arbeitnehmern - Aufräum-, Instandsetzungsarbeiten - Arbeit auf Lager 8

9 Mindesterfordernis ( 170 Abs. 1 Nr. 4 SGB III) Mindestvoraussetzung ist, dass im Anspruchszeitraum (Kalendermonat) 1/3 der Beschäftigten einen Entgeltausfall von jeweils mehr als 10 % haben. Änderung durch Konjunkturpaket 2 zum : Aussetzung der Mindesterfordernisse (1/3 d. beschäftigten AN) für 2 Jahre; es genügt ein Entgeltausfall von mehr als 10 % Arbeitnehmerbezogene Betrachtung, d. h. nur Entgeltausfälle von mehr als 10 % können mit Kurzarbeitergeld ausgeglichen werden Wahlmöglichkeit zwischen der Variante 1/3 mit einem Entgeltausfall von 10 % oder der Variante arbeitnehmerbezogener Entgeltausfall von mehr als 10 % 9

10 Betriebliche Voraussetzungen ( 171 SGB III) Beschäftigung mindestens eines Arbeitnehmers im Betrieb Betrieb kann auch eine Betriebsabteilung sein Betriebsabteilung Merkmale Betriebsabteilung: eigene Leitung eigener arbeitstechnischer Zweck / Hilfszweck geschlossene Arbeitsgruppe eigene Arbeitsmittel räumliche Trennung vom übrigen Betrieb Durch Aussetzen der Mindesterfordernisse (ab ) hat Bildung von Betriebsabteilungen keine praktische Relevanz mehr 10

11 Persönliche Voraussetzungen ( 172 SGB III) Arbeitnehmer muss nach Beginn des Arbeitsausfalls eine versicherungspflichtige Beschäftigung a) fortsetzen, b) aus zwingenden Gründen aufnehmen oder c) im Anschluss an eine Ausbildung aufnehmen das Arbeitsverhältnis darf nicht gekündigt bzw. durch Aufhebungsvertrag aufgelöst sein Der Arbeitnehmer darf nicht vom Kug-Bezug ausgeschlossen (z. B. Krankengeldbezieher/fehlende Mitwirkung bei der Arbeitsvermittlung) 11

12 Anzeige ( 173 SGB III) Anzeige über Arbeitsausfall Schriftform zuständig: Agentur für Arbeit am Betriebssitz Eingang spätestens am letzten des Monats, in dem die Kurzarbeit beginnt Glaubhaftmachung des erheblichen Arbeitsausfalls und der betrieblichen Voraussetzungen auch durch die Betriebsvertretung möglich 12

13 Dauer ( 177 SGB III) Gesetz längstens für 6 Monate Verlängerung durch Rechtsverordnung bei außergewöhnlichen Verhältnissen auf dem Arbeitsmarkt möglich Rechtsverordnung seit längstens für 18 Monate, wenn der Anspruch auf Kug bis entsteht, gilt also auch für AG, die vor dem mit Kurzarbeit beginnen mussten 13

14 Höhe ( 178 SGB III) Das Kurzarbeitergeld beträgt 67 % für Arbeitnehmer mit mindestens einem Kind und 60 % für die übrigen Arbeitnehmer der Nettoentgeltdifferenz im Anspruchszeitraum (Kalendermonat) 14

15 Nettoentgeltdifferenz ( 179 SGB III) Unterschiedsbetrag zwischen dem pauschaliertes Netto-Sollentgelt und dem pauschaliertes Netto-Istentgelt Die pauschalierten Nettoentgelte werden durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales jeweils für ein Kalenderjahr festgelegt. Sollentgelt beitragspflichtiges Bruttoarbeitsentgelt, das der Arbeitnehmer ohne den Arbeitsausfall erzielt hätte Istentgelt tatsächlich erzieltes Arbeitsentgelt im Kalendermonat 15

16 Sozialversicherung Beitragsentrichtung allein durch Arbeitgeber Bemessungsgrundlage 80 % der Differenz zwischen ungerundetem Soll- und ungerundetem Istentgelt Rechtsgrundlagen Krankenversicherung 232a Abs. 2, 249 Abs. 2 SGB V Rentenversicherung 163 Abs. 6, 168 Abs. 1 Nr. 1a SGB VI Pflegeversicherung 58, 61 SGB XI Änderung durch 2. Konjunkturpaket ab : dem AG werden auf Antrag 50 % der von ihm zu tragenden SV-Beiträge in pauschalierter Form erstattet Bei Qualifizierung während Kug, auf Antrag Erstattung der SV-Beiträge in voller Höhe in pauschalierter Form für Kurzarbeiter in Qualifizierung 16

17 Leistungsantrag Zuständigkeit: Agentur für Arbeit am Sitz der Lohnabrechungsstelle Ausschlussfrist Kurzarbeitergeld kann für den jeweiligen Kalendermonat nur innerhalb einer Ausschlussfrist von 3 Kalendermonaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit Ablauf des Monats, in dem die Tage liegen, für die Kurzarbeitergeld beantragt wird. 17