Repetitorium ZGB. 16. Dezember 2010 Dr. Lucius Huber
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1 Repetitorium ZGB 16. Dezember 2010 Dr. Lucius Huber
2 Grundpfandrechte 2
3 Grundpfandrechte Wesen / Inhalt Beschränkte dingliche Rechte an einem Grundstück zur Absicherung einer Geldforderung. Dem Gläubiger haftet ein Grundstück, welches er bei Fälligkeit der Forderung und Zahlungsunfähigkeit des Schuldners zwangsweise verwerten lassen kann, um sich aus dem Erlös zu befriedigen. Immer zu Lasten eines Grundstücks (im Gegensatz zum Fahrnispfandrecht) 3
4 Grundpfandrechte belastbare Grundstücke Liegenschaften (Art. 667 ZGB) inkl. Zugehör (Art. 805 ZGB) Selbständige dauernde Rechte, die ins Grundbuch aufgenommen wurden (vgl. Art. 796 I ZGB) Bergwerke Miteigentumsanteile an Grundstücken (z.b. Stockwerkeigentum) 4
5 Grundpfandrechte Zweck Sicherung eines obligatorischen Anspruchs Der im Grundstück enthaltene Wert kann mobil gemacht werden, indem das Grundpfandrecht übertragbar ist. 5
6 Grundpfandrechte Anwendbare Prinzipien Spezialität: genaue Bezeichnung des haftenden Grundstücks und der Forderung Publizität: nur eingetragene Grundpfandrechte sind gültig Prinzip der festen Pfandstelle 6
7 Grundpfandrechte Arten Arten gemäss Art. 793 I ZGB: Grundpfandverschreibung Schuldbrief Gült (in Praxis fast keine Bedeutung) 7
8 Grundpfandrechte Grundpfandverschreibung Art ZGB Ist ein im Grundbuch eingetragenes Grundpfandrecht Sicherung von bestehenden und zukünftigen Forderungen, kann auch die Schuld eines anderen als des Grundeigentümers sichern (sog. Drittpfand) => Sicherung einer beliebigen Forderung Beweisurkunde, kein handelbares Wertpapier Kein besonderer öffentlicher Glaube Entstehungsgrund: Rechtsgeschäft oder Gesetz In Praxis eignet sich besonders zur Sicherung eines Bau- oder Hauskaufkredits, Kontokorrentkredits, Konventionalstrafe 8
9 Grundpfandrechte Schuldbrief Art , ZGB Inhaber- / Namenschuldbrief Sicherungs- und Verkehrsfunktion, da übertragbar Es wird eine neue Forderung geschaffen; ein allfällig bestehendes altes Schuldverhältnis wird durch Neuerung (Novation) getilgt Drittpfandverhältnisse möglich Ausstellung eines Pfandtitels mit Wertpapiercharakter Besonderer öffentlicher Glaube Entstehungsgrund: nur Rechtsgeschäft 9
10 Grundpfandrechte Entstehung Grundgeschäft + Eintrag ins Grundbuch (Art. 799 I ZGB; Ausnahmen bei Grundpfandrechten, die von Gesetzes wegen entstehen) Unterscheidung: Entstehung durch Rechtsgeschäft Entstehung von Gesetzes wegen Ausnahmsweise durch richterliches Urteil 10
11 Grundpfandrechte Entstehung durch Rechtsgeschäft (1/2) Art. 793, , 824 I ZGB Einräumung Grundpfandrecht zu Gunsten Dritter: Gültiges Grundverhältnis (z.b. Darlehensvertrag) Zusätzlich Pfandvertrag, Vermächtnis oder Erbteilungsvertrag Eintrag im Grundbuch auf Anmeldung des Grundeigentümers (Art des Grundpfandes, Bezeichnung des Gläubigers, Pfandsumme, Rang, Datum des Eintrages, Hinweis auf Belege) 11
12 Grundpfandrechte Entstehung durch Rechtsgeschäft (2/2) Eigentümer-/Inhaberpfandrechte (zu Gunsten Grundeigentümers selbst): Durch Erwerb des belasteten Grundstücks durch Pfandgläubiger oder durch Bezahlung der Schuld durch Grundeigentümer Grundeigentümer errichtet Eigentümerpfandrecht zu seinen eigenen Gunsten 12
13 Grundpfandrechte Entstehung von Gesetzes wegen ohne Eintrag im Grundbuch: sog. unmittelbares gesetzliches Grundpfandrecht mit Eintrag im Grundbuch: sog. mittelbares gesetzliches Grundpfandrecht 13
14 Grundpfandrechte Entstehung durch richterliches Urteil Ausnahmsweise muss Grundpfandrecht vom Richter bestimmt werden Urteil berechtigt den Pfandgläubiger, die Anmeldung beim Grundbuch selber vorzunehmen (Art. 963 II, 965 ZGB) 14
15 Grundpfandrechte Untergang (Art ZGB) Untergang im Rahmen der Zwangsvollstreckung (vgl. Art SchKG) Untergang der Forderung (durch Tilgung, Erlass oder Verrechnung) Untergang des belasteten Grundstücks (Art. 801 I ZGB) Untergang durch Enteignung des Grundstücks (Art. 801 II ZGB) Untergang bei Güterzusammenlegungen (Art. 702 f. ZGB) 15
16 BGE 123 III 97 Mit Vereinbarung vom 30. Mai 1988 erwarb die Bank X zur Sicherung ihrer Forderungen gegenüber W.L. einen Namensschuldbrief vom 15. Juni 1977 über 1 Mio. Franken, lastend im 1. Rang auf einer Liegenschaft. Es wurde abgemacht, «dass die Bank die... Schuldbriefforderung nebst drei verfallenen Jahreszinsen und dem laufenden Zins zu 9% im Jahr... Anstelle von Forderungen irgendwelcher Art gegenüber dem Schuldner aus bereits abgeschlossenen oder im Rahmen der Geschäftsbeziehungen künftig abzuschliessenden Verträgen geltend machen kann». Am 24. April 1991 erwarb die Bank X einen weiteren Namenschuldbrief vom 18. September 1980 über Fr Auch hier wurde abgemacht, dass die Schuldbriefforderung keiner vorgängigen Kündigung bedürfe. 16
17 Mit Schreiben vom 10. September 1993 kündigte die Bank X sämtliche Engagements unter Ansetzung einer Zahlungsfrist bis 15. Oktober 1993 für die zu diesem Zeitpunkt fälligen Forderungen von Fr Am 15. März 1994 leitete die Bank X gestützt auf die erwähnten Schuldbriefe Betreibungen auf Pfandverwertung ein. Auf den jeweiligen Rechtsvorschlag hin erteilte der Einzelrichter provisorische Rechtsöffnungen: für 1 Mio. Franken und Fr , je nebst 9% Zins seit 31. Dezember 1993, sowie für drei verfallene Jahreszinsen von Fr und Fr
18 Der Schuldner W.L. beantragt, es sei festzustellen, dass die von der Beklagten (Bank X) in Betreibung gesetzten Forderungen von 1 Mio. Fr. und Fr nicht fällig seien und im weiteren Umfang von Fr bzw. Fr nicht bestünden. Sodann sei festzustellen, dass die mit Bezug auf die drei verfallenen Jahreszinsen geltend gemachten Pfandrechte nicht bestünden. Wie entscheidet das BGer im vorliegenden Fall? 18
19 Nutzniessung und andere Dienstbarkeiten 19
20 Dienstbarkeiten Begriff / Einteilungen (1/2) Absolutes dingliches Recht, aufgrund dessen der Berechtigte bestimmte Eingriffe an einer fremden Sache vornehmen darf und deren Eigentümer dies dulden muss Einteilung nach Art der Berechtigung: Grunddienstbarkeiten: ein Grundstück ist berechtigt (Art ZGB) Personaldienstbarkeiten: eine Person ist berechtigt (Art l ZGB) 20
21 Dienstbarkeiten Begriff / Einteilungen (2/2) Einteilung nach Inhalt der Dienstbarkeit: Nutzniessung (Art ZGB) Wohnrecht (Art ZGB) Baurecht (Art , l ZGB) Quellenrecht (Art. 704 II, 780 ZGB) 21
22 Nutzniessung Definition Art ZGB Nutzniessung ist die Dienstbarkeit, welche einer bestimmten Person den vollen Genuss einer Sache oder eines Rechts (Besitz, Gebrauch und Nutzung) verleiht, jedoch unter Wahrung der Substanz Nutzniesser besorgt Verwaltung der Sache (Art. 755 II, III ZGB), trägt Auslagen für den gewöhnlichen Unterhalt sowie Bewirtschaftung (Art. 765 ZGB), evtl. Pflicht zur Versicherung des Gegenstandes (Art. 767 ZGB) Nutzniessung auch zugunsten mehrerer Personen möglich 22
23 Nutzniessung Gegenstand Nutzniessung kann nicht nur Grundstücke, sondern auch bewegliche Sachen, Rechte oder ein Vermögen zum Gegenstand haben (Art. 745 I ZGB) Nutzniessung ist eine reguläre Personaldienstbarkeit, d.h. sie ist als solche nicht übertragbar, Ausübung der Nutzniessung kann jedoch nach Art. 758 I ZGB übertragen werden (wenn kein höchstpersönliches Recht) 23
24 Art. 746 I ZGB: Nutzniessung Entstehung Rechtsgeschäft (Dienstbarkeitsvertrag) + Erwerbsakt, d.h. Übertragung (bei Sachen oder Forderungen) oder Grundbucheintrag (bei Grundstücken) 24
25 Nutzniessung Untergang Untergang der Nutzniessung mit vollständigem Untergang ihres Gegenstandes, bei Grundstücken ausserdem mit Löschung des Grundbucheintrages (Art. 748 I ZGB) Zeitablauf, Verzicht oder Tod des Berechtigten geben Eigentümer des Grundstückes lediglich Anspruch auf Löschung des Eintrages (Art. 748 II ZGB) 25
26 Wohnrecht (Art ZGB) Verschafft dem Berechtigten einen unmittelbaren Sachgenuss an einer Wohnung oder einem Haus Kein Anspruch auf Erträge der (z.b. Miete) Reguläre Personaldienstbarkeit (Art. 777 II ZGB), weder Wohnrecht noch Recht zu seiner Ausübung sind übertragbar 26
27 Baurecht (Art , l ZGB) Baurechtsdienstbarkeit bezeichnet Recht, auf oder unter einem fremden Grundstück zu bauen. 3 Arten von Baurechten: Gewöhnliches Baurecht Überbaurecht Leitungsbaurecht 27
28 Quellenrecht (Art. 704 II, 780 ZGB) Gibt dem Berechtigten einen Anspruch, von einer fremden Quelle Wasser zu beziehen und/oder abzuleiten Berechtigt ist entweder ein anderes Grundstück (Grunddienstbarkeit) oder eine andere Person (Personaldienstbarkeit) 28
29 Die anderen Dienstbarkeiten nach Art. 781 ZGB Zwischenstellung zwischen den Grund- und den Personaldienstbarkeiten Lassen sich zu Gunsten einer bestimmte Person oder Gemeinschaft an Grundstücken bestellen, so oft diese in bestimmter Hinsicht jemandem zum Gebrauch dienen können Bezieht sich jedoch nur auf einzelne bestimmte Nutzungsund Gebrauchsrechte (im Gegensatz zur normalen Nutzniessung) 29
30 BGE 116 II 281 Mit Vertrag vom 26. Mai 1989 trat Fritz M. seinem Sohn Bernhard M. das Grundstück Grundbuchblatt Nr ab. Dabei behielt er für sich und seine Ehefrau ein lebenslängliches und unentgeltliches Nutzungsrecht an der sich in der abgetretenen Liegenschaft befindenden 3-Zimmer- Wohnung vor. Nach dem Abtretungsvertrag sollte dieses Recht sowohl als irreguläre Dienstbarkeit nach Art. 781 ZGB als auch als Nutzniessung im Sinne von Art. 745 ff. ZGB im Grundbuch eingetragen werden. 30
31 Auf Anmeldung trug der Grundbuchverwalter die Eigentumsübertragung und das Nutzungsrecht als irreguläre Dienstbarkeit nach Art. 781 ZGB im Grundbuch ein. Er wies jedoch die Anmeldung bezüglich der Nutzniessung nach Art. 745 ff. ZGB mit Verfügung vom 7. September 1989 ab. Gegen diese Verfügung beschwerte sich der verurkundende Notar im eigenen Namen sowie in demjenigen der Eheleute M. und von Bernhard M. bei der kantonalen Justizdirektion Bern. Wie ist in diesem Fall zu entscheiden? 31
32 Das Nachbarrecht (Art ZGB) 32
33 Das Nachbarrecht Allgemeines Gesetzliche Nutzungsbeschränkung Keine gesetzliche Definition von Nachbar Arten der Einschränkungen: Unterlassungspflicht Duldungspflicht Leistungspflicht 33
34 Das Nachbarrecht Immissionen oder Einwirkungen (1/2) Materielle Grundlage (Art. 684 ZGB) Arten der Immissionen: körperlich, ideell, materiell, immateriell Seit BGE 126 III 452 auch negative Immissionen Verhältnismässige Immissionen sind zulässig und zu dulden Interessenabwägung 34
35 Das Nachbarrecht Immissionen oder Einwirkungen (2/2) Rechtsbehelfe (Art. 679 ZGB) Klage auf Beseitigung der Schädigung Klage auf Schutz gegen drohenden Schaden Klage auf Schadenersatz Weitere Möglichkeit des Nachbarn: Klage aus Besitzesstörung (Art. 928 ZGB) Sind Immissionen zwar übermässig, aber unvermeidlich, sind diese zu dulden; kann aber Schadenersatz fordern 35
36 Das Nachbarrecht Bauten und Grabungen (Art. 685 ZGB) Keine schädigende Auswirkungen auf Nachbargrundstück Kantone erlassen Vorschriften (Art. 868 ZGB) 36
37 Das Nachbarrecht Pflanzen (Art. 687 f. ZGB) Kapprecht Recht des Nachbarn die Pflanzenteile auf seinem Grundstück abzuschneiden und zu behalten Voraussetzung: Gefahr einer erheblichen Schädigung Evt. Eigentumsfreiheitsklage (Art. 641 Abs. 2 ZGB) Anriesrecht Recht des Nachbarn die Früchte der überragenden Pflanzenteile zu ernten 37
38 Das Nachbarrecht Wasserablauf und Entwässerung (Art. 689 f.) Regel: Niemand darf den natürlichen Ablauf des ihm natürlicherweise zugeflossenen Wassers zum Schaden des Nachbarn verändern 38
39 Das Nachbarrecht Notrechte (1/2) Bestimmungsgemässe Nutzung des Grundstückes ist nicht möglich, ohne das Nachbargrundstück in Anspruch zu nehmen Servitut von Gesetzes wegen auf dem Nachbargrundstück (sog. Legalservitut) Anspruch auf volle Entschädigung 39
40 Das Nachbarrecht Notrechte (2/2) Gesetzliche Notrechte Notleitungsrecht (Art. 691 ff. ZGB) Notwegrecht (Art. 964 ZGB) Voraussetzung: Wegnot Folge: Anspruch auf Einräumung eines Notwegs gegen volle Entschädigung Entsteht durch Eintrag ins Grundbuch Notbrunnenrecht (Art. 710 ZGB) 40
41 Das Nachbarrecht Quellen- und Brunnenschutz (Art. 706 f. ZGB) Schutz stark benutzter natürlicher und gefasster Quellen Keine Verunreinigung, Beeinträchtigung oder Abgrabung Widrigenfalls: Schadenersatz 41
42 Das Nachbarrecht Nachbarliche Leistungspflichten Pflicht zu positivem Handeln: Feststellung unklarer Grenzen (Art. 669 ZGB) Ggf. Einfriedung (Art. 697 ZGB) Ggf. Bezahlung von Kosten (z.b. Art. 698, 708 Abs. 2 ZGB) 42
43 Das Nachbarrecht Quellengemeinschaft Verbindung von Quelleneigentümern, die über ver. Quellen auf dasselbe unterirdische Sammelbecken von Wasser zugreifen Kein Zwang zur Teilnahme 43
44 BGE 114 II 230 Die Schweiz. Lebensversicherungs- und Rentenanstalt ist Eigentümerin der Liegenschaft an der Ecke Bahnhofstrasse 104 und Schützengasse 10/12 in Zürich. Von Februar 1982 bis Ende Oktober 1983 liess sie an dieser Liegenschaft einen Umbau und eine Fassadenrenovation ausführen; dabei wurden, um das Gebäude herum und weitgehend auf öffentlichem Boden, Bauinstallationen aufgestellt. Die Benützung des öffentlichen Grundes war im Juni 1981 durch die Gewerbepolizei der Stadt Zürich und am 22. Juli 1981 durch den Stadtrat von Zürich bewilligt worden. Die Alexandre SA führte an der Schützengasse 7 zwei Detailverkaufsgeschäfte für Mode, die sie im August 1980 eröffnet hatte. Sie verlangte im März 1983 von der Schweiz. Lebensversicherungs- und Rentenanstalt Ersatz des durch die Bauarbeiten verursachten Schadens, mindestens aber von Fr. 750'000.--, was diese indessen verweigerte. 44
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