Leitsatz: OLG Dresden, 19. Zivilsenat - Familiensenat-, Beschluss vom 14. Januar 2014, Az.: 19 UF 398/13
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1 Leitsatz: Nach der Entscheidung des Beschwerdegerichts über einen Antrag auf Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde ist der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist beim Beschwerdegericht zu stellen. Die Beschwerde ist beim zuständigen Amtsgericht einzulegen ( 64 Abs. 1 FamFG). OLG Dresden, 19. Zivilsenat - Familiensenat-, Beschluss vom 14. Januar 2014, Az.: 19 UF 398/13
2 Oberlandesgericht Dresden Aktenzeichen: 19 UF 398/13 Amtsgericht Eilenburg 1 F 395/10 Familiensenat Erlassen am durch Übergabe an die Geschäftsstelle Hachenberger Justizsekretärin Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle BESCHLUSS In der Familiensache - Antragstellerin und Beschwerdeführerin - Verfahrensbevollmächtigte: gegen - Antragsgegner und Beschwerdegegner - Verfahrensbevollmächtigte: wegen Ehegattenunterhalts
3 hat der 19. Familiensenat des Oberlandesgerichts Dresden durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Stotz, Richterin am Oberlandesgericht Maciejewski und Richter am Oberlandesgericht Meyer ohne mündliche Verhandlung beschlossen: 1. Der Antrag der Antragstellerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Antragsfrist nach 112, 113 Abs. 1 FamFG i. V. m. 234 Abs. 1 ZPO wird z u r ü c k g e w i e s e n. 2. Der Antrag der Antragstellerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist wird v e r w o r f e n. 3. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Eilenburg vom wird v e r w o r f e n. 4. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen. 5. Der Verfahrenswert wird auf 8.936,00 EUR festgesetzt. Gründe: I. Das Familiengericht hat mit Beschluss vom den Antrag der Antragstellerin auf Zahlung von Trennungsunterhalt abgewiesen. Der Beschluss wurde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin am zugestellt. Am hat die Antragstellerin sowohl beim Amtsgericht als auch beim Oberlandesgericht einen Antrag auf Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde gegen den Beschluss des Familiengerichts vom eingereicht. Gleichzeitig hat sie angekündigt, nach der Entscheidung des Senats über ihren Verfahrenskostenhilfeantrag einen Wiedereinsetzungsantrag zu stellen. Mit Beschluss vom gewährte der Senat der Antragstellerin für einen Teil ihrer Forderung Verfahrenskostenhilfe. Der Beschluss wurde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin am zugestellt. Am legte die Antragstellerin mit einem per Telefax um Uhr beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten eine an das Oberlandesgericht adressierte und mit einer Begründung versehene Beschwerde ein und beantragte gleichzeitig Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist. Durch einen Telefonanruf des Senatsvorsitzenden am , der in Erfahrung bringen wollte, ob sie die Beschwerde - wie zuvor den Verfahrenskostenhilfeantrag - zugleich beim Amtsgericht eingelegt hat, wurde die Verfahrensbevollmächtigte darauf aufmerksam gemacht, dass sie das Rechtsmittel nicht beim zuständigen Gericht eingelegt hatte. Sie hat
4 daraufhin am die Beschwerde und den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist beim Amtsgericht eingelegt und gleichzeitig beim Oberlandesgericht und beim Amtsgericht "Antrag auf Wiedereinsetzung in eine versäumte Rechtsmittelfrist" beantragt. Zur Begründung trägt sie vor, in der Rechtsprechung sei momentan umstritten, ob die direkte Einreichung der Beschwerde bei dem für die Entscheidung zuständigen Gericht möglich sei. Sie verweist hierzu auf die Kommentierung in Zöller, ZPO, 30. Aufl., 64 Rn. 2 und eine darin zitierte Entscheidung des 23. Familiensenats des Oberlandesgerichts Dresden vom (23 UF 500/10 - FGPrax 2011, 103 = MDR 2011, 566). Desweiteren vertritt sie die Auffassung, dass die Einreichung der Beschwerde und des Wiedereinsetzungsantrages beim Oberlandesgericht zwei Tage vor Ablauf der Rechtsmittelfrist noch ausreichend gewesen sein könnte, um die Unterlagen im Wege des ordentlichen Geschäftsganges rechtzeitig an das Amtsgericht weiterzuleiten oder die Verfahrensbevollmächtigte telefonisch zu informieren. II. 1. Die Beschwerde der Antragstellerin ist unzulässig und daher gemäß 112, 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG i. V. m. 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO zu verwerfen, denn sie wurde nicht innerhalb der nach 63 Abs. 1 FamFG maßgeblichen Monatsfrist beim Amtsgericht eingelegt. Die angefochtene Entscheidung wurde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin am zugestellt. Die Beschwerdefrist ist daher am abgelaufen. Die Beschwerde ist am und somit nicht rechtzeitig innerhalb der Beschwerdefrist eingegangen. 2. Der Antragstellerin kann auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß 112, 113 Abs. 1 FamFG i. V. m. 233 ZPO gewährt werden Der Antrag der Antragstellerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist ist unzulässig und daher zu verwerfen. Gemäß 112, 113 Abs. 1 FamFG i. V. m. 233 ZPO ist einem Beteiligten auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er ohne sein Verschulden verhindert war, eine Notfrist einzuhalten. Gemäß 234 Abs. 1 ZPO muss die Wiedereinsetzung innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden, die im Fall der Verfahrenskostenhilfebewilligung mit der Mitteilung des Verfahrenskostenhilfebeschlusses an den für die versäumte Verfahrenshandlung bereits beigeordneten Rechtsanwalt beginnt. Nur wenn die allgemeinen Verfahrensvoraussetzungen für diesen Antrag erfüllt sind, wenn er fristgerecht, formgerecht und inhaltlich vollständig gestellt wird, und wenn gleichzeitig innerhalb der Antragsfrist nach 234 Abs. 1 ZPO die fristgebundene versäumte Verfahrenshandlung nachgeholt wird ( 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO), ist die Nachprüfung der Wiedereinsetzungsgründe ( 233 ZPO) auf Begründetheit des Wiedereinsetzungsgesuchs möglich. Fehlt eine dieser Voraussetzungen, so ist die Wiedereinsetzung von vornherein als unzulässig zu versagen (vgl. MüKo/Gehrlein, ZPO, 4. Aufl., 236 Rn. 2). So liegt der Fall hier. Die Antragstellerin hat den Antrag auf Wiedereinsetzung zwar rechtzeitig und auch beim zuständigen Gericht gestellt. Gemäß 237 ZPO entscheidet über den Antrag auf
5 Wiedereinsetzung das Gericht, dem die Entscheidung über die nachgeholte Verfahrenshandlung zusteht; deshalb ist das Wiedereinsetzungsgesuch an das Beschwerdegericht zu richten (BGH, Beschluss vom XII ZB 50/11 - FamRZ 2011, 1649 Rn. 15; Beschluss vom XII ZB 83/13 - FamRZ 2013, 1385 Rn. 17). Die innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist zwingend nachzuholende Beschwerde hat die Antragstellerin jedoch nicht bei dem nach 64 Abs. 1 FamFG zuständigen Amtsgericht, sondern auch beim Oberlandesgericht eingelegt. Der Senat teilt insoweit nicht die Ansicht des 23. Familiensenats des Oberlandesgerichts Dresden in der zitierten Entscheidung, dass die Beschwerde zusammen mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch beim Beschwerdegericht formgerecht eingelegt werden kann, wenn das Beschwerdeverfahren wegen eines vorgeschalteten Verfahrens auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde bereits beim Beschwerdegericht anhängig ist. Es mag zutreffen, dass in diesen Fällen durch die Regelung des 64 Abs. 1 FamFG der vom Gesetzgeber eigentlich beabsichtigte Beschleunigungseffekt nicht eintritt und es als bloße "Förmelei" erscheint, den Beschwerdeführer darauf zu verweisen, Schriftsätze an das Beschwerdegericht über das Ausgangsgericht zu senden. Diesen Erwägungen steht jedoch die eindeutige und nicht auslegungsfähige Vorschrift des 64 Abs. 1 FamFG entgegen, wonach die Beschwerde bei dem Gericht einzulegen ist, dessen Beschluss angefochten wird. Das gilt auch, wenn zuvor vom Beschwerdegericht über einen Antrag auf Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde entschieden wurde (vgl. BGH, Beschluss vom XII ZB 83/13 - a. a. O.). Der Antragstellerin kann auch nicht deshalb Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden, weil bei sofortiger Weiterleitung des Schriftsatzes vom an das zuständige Amtsgericht ein fristgerechter Eingang zu erwarten gewesen wäre. Davon kann nicht ausgegangen werden. Der Schriftsatz vom ging beim Oberlandesgericht am um Uhr per Telefax ein und konnte somit frühestens am von der Geschäftsstelle zur Kenntnis genommen werden. Er wurde dem Senatsvorsitzenden zusammen mit der Verfahrensakte am vorgelegt. Wegen des Sitzungstages des Senats an diesem Tag war eine sofortige Bearbeitung der Sache nicht möglich. Selbst wenn sofort am verfügt worden wäre, dem Amtsgericht den Beschwerdeschriftsatz weiterzuleiten, wäre er im normalen Geschäftsgang frühestens am , also am Tag des Fristablaufs, vom Oberlandesgericht aus per Kurier zum Landgericht/Amtsgericht Leipzig gelangt und erst von dort aus an das zuständige Amtsgericht Eilenburg weitergeleitet worden. Ein fristgerechter Eingang der Beschwerdeschrift wäre somit praktisch nicht mehr möglich gewesen. Eine weitergehende Verpflichtung, etwa eine beschleunigte Weiterleitung an das zuständige Gericht oder eine Verpflichtung, den Beteiligten oder dessen Verfahrensbevollmächtigten durch Telefonat oder Telefax von der Einreichung der Beschwerde beim unzuständigen Gericht zu unterrichten, besteht nicht. Denn sonst würde dem Beteiligten die Verantwortung für die Ermittlung des richtigen Adressaten fristgebundener Schriftsätze vollständig abgenommen und dem nicht empfangszuständigen Gericht übertragen (BVerfG FamRZ 2001, 827; zuletzt: BGH, Beschluss vom XII ZB 394/12 - FamRZ 2013, 1384 m. w. N.) Der Antrag der Antragstellerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Antragsfrist nach 112, 113 Abs. 1 FamFG i. V. m. 234 Abs. 1 ZPO ist zwar zulässig, insbesondere form- und fristgerecht gestellt. Er ist jedoch unbegründet.
6 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch dann gewährt werden, wenn die Fristversäumnis auf einem Rechtsirrtum des Rechtsanwalts beruht, dieser Rechtsirrtum dem Rechtsanwalt aber nicht als Verschulden anzulasten ist, weil er auch unter Anwendung aller Sorgfaltsanforderungen nicht vermeidbar war (BGH, Beschluss vom XII ZB 700/12 - FamRZ 2013, 1567 Rn. 14). Das kann dann der Fall sein, wenn zu einer verfahrensrechtlichen Frage divergierende Rechtsprechung mehrerer Senate des Bundesgerichtshofs ergangen ist oder mangels höchstrichterlicher Rechtsprechung einer in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte und im Schrifttum zahlenmäßig stark vertretenen Auffassung gefolgt wird (BGH a. a. O. Rn. 15 und 17). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben. Zu der Frage, bei welchem Gericht die Beschwerde einzulegen ist, gibt es eine eindeutige gesetzliche Regelung und von der Entscheidung des 23. Familiensenats des Oberlandesgericht Dresden abweichende höchstrichterliche Rechtsprechung auch für den Fall des vorgeschalteten Verfahrenskostenhilfeverfahrens (BGH, Beschluss vom XII ZB 83/13 - a. a. O.). Die Antragstellerin muss sich daher das Verschulden ihrer Verfahrensbevollmächtigten zurechnen lassen. III. Die Kostenentscheidung beruht auf 243 Satz 1 Nr. 1 FamFG. Die Wertfestsetzung erfolgt gemäß 40 Abs. 1, 50 Abs. 1 und 2 FamGKG. Rechtsbehelfsbelehrung: Gegen diesen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde nach 574 Abs. 1 Satz 1 ZPO statthaft. Die Rechtsbeschwerde muss innerhalb einer Frist von einem Monat schriftlich beim Bundesgerichtshof Herrenstraße 45 a Karlsruhe eingelegt werden. Die Frist beginnt mit der Zustellung dieses Beschlusses. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss die Bezeichnung des Beschlusses, gegen den die Rechtsbeschwerde gerichtet wird, und die Erklärung enthalten, dass gegen diesen Beschluss Rechtsbeschwerde eingelegt wird. Die Beteiligten müssen sich durch einen am Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen, der die Rechtsbeschwerdeschrift zu unterzeichnen hat. Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Rechtsbeschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung des angefochtenen Beschlusses. Fällt das Ende der Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.
7 Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten: 1. die Erklärung, inwieweit der Beschluss angefochten und dessen Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge); 2. die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar a. die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt; b. soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben. Mit der Rechtsbeschwerde soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Beschlusses vorgelegt werden. Ein Rechtsbehelf kann auch in elektronischer Form mit einer qualifizierten elektronischen Signatur im Sinne des Signaturgesetzes eingereicht werden. Stotz Maciejewski Meyer Vorsitzender Richter am Richterin am Richter am Oberlandesgericht Oberlandesgericht Oberlandesgericht
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