Erster Akt: Begriffe und Beispiele
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- Judith Meissner
- vor 6 Jahren
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1 Eigenvektoren 1
2 Erster Akt: Begriffe und Beispiele 2
3 Sei L : A A eine lineare Abbildung von einem Vektorraum A in sich sich selbst. (Man denke an z. B. an A = R 2.) 3
4 Ein Vektor a A, a 0, heißt ein Eigenvektor von L, wenn er durch L auf ein Vielfaches von sich selbst abgebildet wird: L a = λ a. Die Zahl λ heißt dann ein Eigenwert von L, und a nennt man einen Eigenvektor von L zum Eigenwert λ. 4
5 Eigenvektoren sind also Vektoren, die durch L radial, d.h. in die eigene Richtung bewegt werden (verbunden mit einem Flip, wenn λ < 0.) Die Eigenwerte von L sind diejenigen Zahlen λ, zu denen es Eigenvektoren gibt. 5
6 Sind a 1 und a 2 Eigenvektoren zum Eigenwert λ, dann auch a 1 + a 2 : L( a 1 + a 2 ) = L a 1 + L a 2 = λ a 1 + λ a 2 = λ( a 1 + a 2 ). Ist a ein Eigenvektor zum Eigenwert λ, dann auch k a mit k 0: L(k a) = kl( a) = k(λ a) = λ(k a). 6
7 Fazit: Die Eigenvektoren von L zum Eigenwert λ bilden zusammen mit 0 einen linearen Teilraum von A, den so genannten Eigenraum zu λ. 7
8 Ist a ein Eigenvektor zum Eigenwert λ, dann ist auch a a ein Eigenvektor von L zum Eigenwert λ. Es reicht also, nach Eigenvektoren von L zu suchen auf der Einheitssphäre S := { x A x = 1}. 8
9 In den folgenden vier Beispielen mit A = R 2 und verschiedenen Abbildungen L : A A sind Vektoren x mit x = 1 gezeigt, und dazu die Vektoren x + L x. 9
10 Beispiel 1: L = Rotation um 45 L = es gibt keine Eigenvektoren 10
11 Beispiel 2: L = es gibt nur einen Eigenraum 11
12 Beispiel 3: L = zwei eindimensionale Eigenräume 12
13 Beispiel 4: L = Stauchung mit Faktor 0.8. λ = 0.8 L = jeder Vektor a 0 ist ein Eigenvektor; der Eigenraum zu λ = 0.8 ist ganz R 2 13
14 Beispiel 1 nochmal: L = L e 1 = L e 2 =
15 L e 1 = , L e 2 = e 2 L e 2 L e1 e L ist eine Drehung um 45 und lässt keine Richtung invariant. L hat überhaupt keine Eigenvektoren. 15
16 L = Rotation um 45 L = es gibt keine Eigenvektoren 16
17 Beispiel 2 nochmal: L = L e 1 = 1 0 L e 2 =
18 L e 1 = 1 0 = e 1, L e 2 = e 2 L e 2 e 1 L e 1 L ist eine Scherung parallel zur x 1 -Achse L x 1 x 2 = x x 2 x 2 e 1 = (1,0) T ist ein Eigenvektor (zu λ = 1). Aber kein (x 1,1) T kann Eigenvektor sein (denn x x 1 ) 18
19 L = Scherung parallel zur x 1 -Achse a = (1,0) T λ = 1 L = es gibt nur einen Eigenraum: L( a) = {(x 1,0) x 1 R} 19
20 Zweiter Akt Berechnung von Eigenwerten 20
21 Beispiel 3 nochmal: L = Wie rechnet man die Eigenwerte von L aus? 21
22 p = λ 1 p p = λ p = λp 0.9 λ = 0.1 p 0.2 = (λ 1.1)p 0.9 λ 0.2 = λ (0.9 λ)(1.1 λ) = 0.02 λ 2 2λ = 0 λ = 1 ± ± 0.17 λ λ
23 λ λ L = zwei Eigenwerte: λ , λ
24 Eine elegante Art, die Eigenwerte auszurechenen, bietet die folgende Überlegung: λ ist ein Eigenwert von L : A A es gibt ein a A, a 0 mit (L λi) a = 0 das Bild der linearen Abbildung (L λi) : A A ist plattgedrückt det(l λi) = 0. 24
25 Im Spezialfall A = R 2, L = a b c d ist det(l λi) = det a b c d λ 0 0 λ = det a λ c b d λ = (a λ)(d λ) bc = λ 2 (a + d)λ + ad bc. 25
26 det(l λi) = λ 2 (a + d)λ + ad bc. σ := a + d (die Summe der Diagonalelemente von L = heißt die Spur der Matrix L a b c d ) := ad bc ist die Determinante der Matrix L. det(l λi) = λ 2 σλ +. Die pq-formel liefert explizite Ausdrücke für die Nullstellen: λ 1 = σ 2 + ( σ 2 ) 2 λ 2 = σ 2 ( σ 2 ) 2. 26
27 Dritter Akt Größere Eigenwerte fallen mehr ins Gewicht... 27
28 Ist x eine Linearkombination von Eigenvektoren a 1 und a 2 zu Eigenwerten λ 1 und λ 2 mit λ 1 > λ 2, dann bekommt der Anteil von a 1 in L x mehr Gewicht als in x: x = u 1 a 1 + u 2 a 2 L x = u 1 λ 1 a 1 + u 2 λ 2 a 2 28
29 λ λ L = a 1 a 2 zwei Eigenwerte: λ , λ
30 Dramatisch wirkt sich das aus bei oftmaliger Iteration der Abbildung L: x = u 1 a 1 + u 2 a 2 L x = u 1 λ 1 a 1 + u 2 λ 2 a 2 L n x = u 1 λ n 1 a 1 + u 2 λ n 2 a 2 Aus λ 1 > λ 2 folgt λ n 2 = o( λ 1 n ) für n. Also: L n x = u 1 λ n 1 a 1 + r n, mit r n = o( λ 1 n ). 30
31 Diese Tatsache gilt auch für j statt zwei Eigenvektoren: Wenn man x als Linearkombination von Eigenvektoren ausdrücken kann, hat man das asymptotische Verhalten von L n x im Griff. 31
32 Sei zum Beispiel λ 1 > λ 2... λ j, und sei x = u 1 a 1 + u 2 a u j a j mit u 1 0. Dann ist L n x = u 1 λ n 1 a 1 + u 2 λ n 2 a u j λ n j a j. Also: L n x = u 1 λ n 1 a 1 + r n, mit r n = o( λ 1 n ). 32
33 Fazit: L n x wächst (oder schwindet) exponentiell in Richtung a 1 (je nachdem ob λ 1 > 1 oder λ 1 < 1). Das asymptotische Verhalten wird vom betragsmäßig größten Eigenwert und der zugehörigen Eigenrichtung bestimmt; der Beitrag in die anderen Eigenrichtungen ist für n von kleinerer Ordnung. 33
34 Beispiel: Pfade in Netzwerken. 34
35 Von Z führt ein Weg zurück nach Z, Z W. ein anderer nach W. Von W führen drei Wege nach Z. (Alle Wege sind gerichtet: Einbahnstraßen.) 35
36 Wie viele Pfade der Länge n Z W. führen von Z nach Z? Wie wächst diese Anzahl asymptotisch mit n? 36
37 s Z r l 1 l 2 W. ein möglicher Pfaden der Länge 4 von Z nach Z: l 3 s r l 2 s 37
38 r s Z l 1 W l 2 l 3 z n := die Anzahl der Pfade der Länge n von Z nach Z w n := die Anzahl der Pfade der Länge n von Z nach W z 1 = 1, w 1 = 1 38
39 r s Z l 1 W l 2 l 3 Zerlegung nach dem Schritt von n 1 zu n: z n = z n w n 1 3 (jeder der z n 1 Pfade von Z nach Z hat eine Fortsetzung nach Z und jeder der w n 1 Pfade von Z nach W verzweigt im n-ten Schritt in drei) 39
40 r s Z l 1 W l 2 l 3 Zerlegung nach dem Schritt von n 1 zu n: w n = z n 1 1 (jeder der z n 1 Pfade von Z nach Z hat eine Fortsetzung nach W) 40
41 z n = z n 1 + 3w n 1 w n = z n 1 +3w n 1m z n w n = z n 1 w n 1 = L z n 1 w n 1 mit L := z n w n = L n 1 z 1 w 1 41
42 Das asymptotische Verhalten wird bestimmt durch den größten Eigenwert von L.
43 Spur und Determinante von L = σ = 1, = sind Also sind die Eigenwerte von L: λ 1/2 = σ 2 ± ( σ 2 ) 2 = 1 2 ± = 1 ± 13 2 Der betragsmäßig größere Eigenwert ist λ 1 =
44 Stellt man x := z 1 w 1 als Linearkombination zweier Eigenvektoren a 1 = b (zu λ c 1 ) und a 2 (zu λ 2 ) dar: x = u 1 a 1 + u 2 a 2, dann folgt: L n x = u 1 λ n 1 a 1 + r n, mit r n = o( λ 1 n ) für n. 43
45 Die erste Zeile dieser Vektorgleicheit impliziert: z n = u 1 b n (1 + o(1)) für n.
46 Fazit: Das asymptotische Verhalten der iterierten Anwendung von L auf eine Linearkombination von Eigenvektoren wird vom (betragsmäßig) größten Eigenwert bestimmt. 44
47 Vierter Akt Basen aus Eigenvektoren 45
48 Besonders schön ist es, wenn es eine Basis aus Eigenvektoren gibt, denn dann ist jedes x A eine Linearkombination von Eigenvektoren von L. 46
49 Hinreichend, aber nicht notwendig dafür, dass es eine Basis aus Eigenvektoren von L gibt, ist, dass L selbstadjungiert (bzw. L symmetrisch) ist. Wir erinnern an die vorige Vorlesung: Wenn L selbstadjungiert ist, dann hat A sogar eine orthonormale Basis aus Eigenvektoren zu L. (Wir hatten sie aus der Singulärwertzerlegung bekommen.) 47
50 Von dieser Aussage gilt übrigens auch die Umkehrung: Wenn es eine orthonormale Basis aus Eigenvektoren zu L gibt dann ist L selbstadjungiert. Denn die Matrixdarstellung von L bezüglich der orthonormalen Basis A ist diagonal (und damit symmetrisch). Und ebenso ist auch die Matrixdarstellung bezüglich der Standardbasis symmetrisch: L = A A T. 48
51 Zusammengefasst: Genau dann gibt es eine orthonormale Basis aus Eigenvektoren zu L, wenn L selbstadjungiert (d.h. L symmetrisch) ist. 49
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