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- Linda Sauer
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1 Aktuelles zum Wettergeschehen 24. Juli 2007 / Dani Murer, Marco Stoll Sommerliche Gewitterlagen und aktive Kaltfronten vom 18. bis 23. Juli 2007 In den letzten 6 Tagen wurde die Schweiz mit häufigen Wetterkapriolen konfrontiert. Die Dynamik des Wettergeschehens auf der Alpennordseite war und ist ungewöhnlich hoch für Ende Juli. Sommerliche Starkgewitter sind eigentlich keine Seltenheit, aber die Nähe zum Polarjet und damit zu markanten Luftmassengrenzen ist doch eher selten für diese Jahreszeit. Immer wieder wurde aus Südwesten warmfeuchte und meist labil geschichtete Luft zum Alpenraum geführt. Mit der Annäherung von Höhentrögen vom nahen Atlantik her und der tageszeitlichen Erwärmung entstanden optimale Bedingungen für Starkgewitter. Zwischenzeitlich wurde mit dem Durchgang einer Kaltfront der Zustrom von subtropischer Luft unterbrochen und die Luftmasse wurde vorübergehend durch kühlere aber immer noch labile Luft ersetzt. Bereits am Mittwoch, dem 18. Juli, entluden sich in einer subtropischen und sehr instabil geschichteten Luftmasse isolierte, lokal auch sehr heftige Gewitter in den Voralpen, wo sehr hohe Windspitzen registriert wurden. Tabelle 1: Böenspitzen und grösste 10-minütige Niederschlagssumme vom 18. Juli 2007 Böenspitze in km/h 10-min Niederschlag in mm Altdorf 135 Altdorf 26.0 Glarus 114 Adelboden 11.3 Brienz 94 Engelberg 12.5 Heftige Gewitter am Donnerstag 19. Juli Am Donnerstag befand sich nach wie vor eine markante Luftmassengrenze nördlich der Schweiz (Bild 1). Zusätzlich gelangte wärmere Luft aus Südwesten zur Alpennordseite und mit einem herannahenden Trog von der Biskaya (Bild 2) her sorgte die damit verbundene Hebung und der Druckfall für eine zusätzliche Labilisierung. Bild 1: Bodenwetterkarte vom Donnerstag 19. Juli 2007 um 14 Uhr Lokalzeit gross.jpg, 125 KB 1 von :12
2 Bild 2: Höhenwetterkarte (Geopotential und Windpfeile auf 500hPa, ca m ü. M.) vom Donnerstag 19. Juli 2007 um 14 Uhr Lokalzeit gross.jpg, 76 KB Zurzeit der maximalsten Aufheizung entstanden dann in den klassischen Entstehungsgebieten (Vallée de Joux und im Raum Gstaad-Saanen) die ersten grösseren Gewitterzellen. Wegen der recht ausgeprägten vertikalen Scherung (Windzunahme mit der Höhe, siehe dazu auch das Windgeschwindigkeits-Profil der Radiosondierungen von Payerne vom 19. Juli 06 und 12 UTC in Bild 3) entwickelte sich im Berner Oberland eine sogenannte Superzelle mit zwei Kernbereichen von hoher Intensität (Bild 4). Bild 3: Radiosondierungen in Payerne vom Donnerstag 19. Juli 06 UTC (grün) und 12 UTC (schwarz). Der vertikale Temperaturverlauf ist als durchgezogene Linie, der Taupunktverlauf als gestrichelte Linie im linken Teil des Diagrammes dargestellt. Die vertikale Zunahme der Windgeschwindigkeit ist rechts dargestellt. Die rote Fläche entspricht der potentiell verfügbaren Energie, welche ein Gewitter in der gegebenen Luftmasse umsetzt) gross.png, 223 KB Bild 4: Animation der Niederschlagsintensität zwischen 13 und 18 UTC, von den MeteoSchweiz und benachbarten Deutschen, Französischen und Italienischen Radarstationen. Grüne Flächen entsprechen schwachem Regen. Violette Flächen entsprechen starkem Regen, teils durchsetzt mit Hagel. 2 von :12
3 gross.gif, 8.1 MB Der südliche Kern (violette Signaturen im Radarloop in Bild 4) welcher etwa um 17 Uhr über Interlaken hinwegzog, brachte Tennisball grossen Hagel und richtete dabei entsprechend verheerende Schäden an. Dahinter folgte noch eine zweite Zelle über dasselbe Gebiet, während der nördliche Teil der ursprünglichen Superzelle sich langsam abschwächte. Dass diese Art von Gewitterzellen recht langlebig sind, zeigte sich auf der weiteren Zugbahn. Sie zog weiter den Voralpen entlang über das Entlebuch-Luzern-Zug zur Linthebene (Bild 4). Eine weitere Gewitterzelle mit hohem Schadenpotenzial entstand in der Region La Chaux de Fonds. Diese zog dem Jurasüdfuss entlang und erreichte in der Region Biel zwischen 18 und 19 Uhr ihre stärkste Ausprägung. Gregory Käser war zur richtigen Zeit am richtigen Ort mit seiner Kamera unterwegs und konnte die Dynamik dieser Gewitterzelle in einer eindrücklichen Aufnahme festhalten (Bild 5). Bild 5: Aufwindbereich und nachfolgender Niederschlagsvorhang des Superzellen-Gewitters bei Lüsslingen/Solothurn, fotographiert von Gregory Käser am 19. Juli 2007 um 1827 Uhr Lokalzeit. gross.jpg, 469 KB Wieder Gewitter und Schäden am Freitag 20. Juli Am Freitag blieb der Trog über der Biskaya noch weitgehend stationär. Bei weiter fallendem Druck und zunehmender Südwestströmung in der Höhe kam am östlichen Alpennordhang eine leichte Föhnströmung auf. Dabei stieg die Temperatur im Rheintal gegen 34 Grad an. Im Vorfeld einer Kaltfront, die über Frankreich lag, entstand Mitte Nachmittag im Berner Oberland - wo sich der Föhn kaum entwickeln konnte - erneut eine erste mächtige Gewitterzelle, später auch eine weitere westlich von Bern. Zusammen mit dem Vorrücken der Kaltfront vom Jura her bildeten sich auf einer Linie Thun- Entlebuch- Luzern eine Reihe von Gewittern, welche den bereits gesättigten Böden der vergangenen Ereignisse neuen Nachschub lieferten. Die Folge waren erneut Schäden insbesondere im Bereich des Brünigpasses, wo der Verkehr auf Strasse und Schiene eingestellt werden musste. Aber auch im Kanton Bern lösten die gewittrigen Schauer einige Erdrutsche und Überflutungen aus, wie aus den Medienberichten zu entnehmen war. 3 von :12
4 Bild 6: Radarintensitäten am Freitag 20. Juli um 1820 UTC (2020 Uhr Lokalzeit) Gegen Abend erstreckte sich die Kaltfront vom Berner Oberland über das zentrale Mitteland bis in die Nordostschweiz und brachte grossflächig starken Regen. Etwa um 20 Uhr Lokalzeit bildete sich am östlichen Rand der Front vom oberen Zürichsee bis zum Alpsteingebiet durch orografische Hebung nochmals eine ausgeprägte Gewitterlinie mit hoher Blitzaktivität und kräftigen Schauern (Bild 6). Samstag 21. Juli - wieder Gewitter am zentralen Alpennordhang Während im Flachland die etwas kühlere und trockenere Luft für eine Stabilisierung der Luftmasse sorgte, lagen im Alpenraum immer noch Reste der feucht-warmen, instabileren Luft. Im Laufe des Nachmittags bildeten sich im Berner Oberland erneut Gewitterzellen und zogen in der Folge über das obere Emmental und das Entlebuch weiter Richtung Luzern und Zug. Östlich von Zürich schwächten sich die Gewitter dann allmählich ab. Bild 7 zeigt animiert, wie mit Hilfe von Radarmessungen einzelne Gewitterzellen exakt lokalisiert werden können. Mit Hilfe von ausgefeilten Software-Verfahren wird gleichzeitig die weitere Verlagerung der Gewitter abgeschätzt und dargestellt. Dieses Werkzeug unterstützt die MeteoSchweiz-Prognostiker im operationellen Dienst bei der Ausgabe von kurzfristigen Gewitterwarnungen als SMS Flash-Orages (weitere Informationen über dieses Angebot finden sie unter Bild 7: Isolierte Superzellen-Gewitter in der Napfregion am Samstag 21. Juli um 16 Uhr Lokalzeit 4 von :12
5 (Erklärungen siehe Text). Untenstehender Link öffnet eine Animation der sich verlagernden Gewitterzellen (2.2Mb) animation.avi, 2.2 MB Beim Durchzug des Gewitters fielen in Luzern und Zürich jeweils etwa 12 mm Niederschlag innert 10 Minuten, ausserdem verzeichnete der Windmesser in Luzern eine Spitzenböe von 97 km/h. Zwischenhoch am Sonntag, 22. Juli, aktive Kaltfront am Montag 23. Juli Nach vorübergehendem Zwischenhocheinfluss und ruhigerem Wetter am Sonntag, 22. Juli, überquerte eine aktive, von Gewittern begleitete Kaltfront die Schweiz am Nachmittag und Abend des Montags, 23. Juli. Bild 8 zeigt die Niederschlagsintensität, Blitzortungen und Satellitenbilder während dieses beispielhaften Kaltfrontdurchganges und damit einhergehenden Luftmassenwechsels. Im Vorfeld der Front blies am zentralen und östlichen Alpennordhang der Föhn mit Böen von 81 km/h in Altdorf und 119 km/h auf dem Gütsch bei Andermatt. Die Kaltfront selbst brachte im Flachland der Alpennordseite mit Südwestwind Böen bis 65 km/h, auf den Jurahöhen bis 108 km/h. Dieser Luftmassenwechsel leitete erneut eine Phase unbeständigen Wetters, mit für die Jahreszeit zu tiefen Temperaturen ein. So wurde Dienstag, 24. Juli, mit frischem Westwind feucht-kühle Luft vom Atlantik in die Schweiz geführt, in der sich einige Schauer, in Graubünden auch wieder Gewitter bildeten. Bild 8: Satellitenbild, überlagert mit Niederschlagsverteilung (Radar, Farbflächen) und Blitzeinschlägen (Symbole) am Montag 23. Juli um 20 Uhr Lokalzeit. Untenstehender Link öffnet eine Animation der ostwärts vorankommenden Front (5.5Mb). animation.gif, 5.4 MB Niederschlagsmengen im Juli Zwischenbilanz bis Bild 9 zeigt die Niederschlagssummen vom 1. bis und mit 23. Juli Längs des Alpennordhanges sind in einem Streifen, der sich vom Chablais über das Berner Oberland bis zum Toggenburg zieht, an vielen Stationen mehr als 200 mm Niederschlag gefallen, punktuell waren es sogar schon über 300 mm. Am übrigen Alpennordhang und in weiten Teilen des Flachlandes der Alpennordseite liegen die Niederschlagsmengen zwischen 120 und 200 mm. Dies entspricht bereits zum aktuellen Zeitpunkt etwa 150 bis 250% des für den Monat Juli üblichen Gesamtniederschlags. In Graubünden und im Nordtessin wurden die üblichen Juli-Niederschlagssummen ebenfalls an den meisten Stationen erreicht, stellenweise auch schon deutlich übertroffen. Auch im üblicherweise trockenen Wallis gab es vielerorts schon das Doppelte des Klima-Normwertes. Einzig im Südtessin blieb es bislang etwas trockener als in der klimatologischen Vergleichsperiode der Jahre 1961 bis von :12
6 Bild 9: Niederschlagssummen in mm vom 1. bis 23. Juli 2007 gross.jpg, 87 KB MeteoSchweiz Letzte Änderung: von :12
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