Sachverhalt Fall 10. Lösungsskizze Fall 10. AG Strafrecht - Modul S II Sommersemester 2016 FALL 10
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- Johannes Frank
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1 AG Strafrecht - Modul S II Sommersemester 2016 FALL 10 Sajanee Arzner Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht, Europäisches Strafrecht und neuere Rechtsgeschichte von Prof. Dr. Martin Heger Kommode Raum sajanee.arzner@rewi.hu-berlin.de 1 2 Sachverhalt Fall 10 - B hat Darlehensschulden bei A (1000 ) - unter Vorgabe eines Teilverzichts gelangt A in die Wohnung des B - A fordert B zur sofortigen Rückzahlung auf; ansonsten werde A das Notebook mitnehmen - A nimmt Notebook und 100 mit - nach 3 Monaten nimmt es A in Gebrauch - A verkauft es für 600 an C 3 Lösungsskizze Fall 10 A. Strafbarkeit wegen Hausfriedensbruchs gemäß 123 I Alt. 1 Indem A mit falschen Angaben den Zutritt zur Wohnung des B erreichte, könnte er sich wegen Hausfriedensbruchs gemäß 123 I Alt. 1 strafbar gemacht haben. 4
2 Wohnung (+) Widerrechtliches Eindringen? Tatbestandsausschließendes Einverständnis? Auswirkungen des Willensmangels? à Willensmängel/Motivirrtum für tatbestandsausschließendes Einverständnis irrelevant (anders: rechtfertigende Einwilligung: muss vollständig Irrtumsfrei sein!) II. Ergebnis 123 I Alt. 1 (-) 5 B. Strafbarkeit wegen versuchter Nötigung gemäß 240 I, III, 22, 23 I Mit der Aufforderung zur sofortigen Rückzahlung des Darlehens und der Ankündigung ansonsten das Notebook des B mitzunehmen, könnte A sich wegen versuchter Nötigung gemäß 240 I, III, 22, 23 I strafbar gemacht haben. Vorprüfung (+) Zahlung nicht erfolgt, Versuch gemäß 240 III strafbar 6 Tatentschluss Vorsatz bzgl. Drohung (-) kein Inaussichtstellen, da kein Abwarten auf Reaktion hier wird Nötigungsinhalt gleich in die Tat umgesetzt = A erklärt lediglich sein Vorgehen Inaussichtstellen) (a.a. vertretbar: Argument dann, dass A bei positiver Reaktion des B von der Mitnahme abgesehen hätte, aber Verwerflichkeit fraglich, wohl -) C. Strafbarkeit wegen Diebstahls gemäß 242 I Mit der eigenmächtigen Inpfandnahme des Notebooks könnte A sich wegen Diebstahls gemäß 242 I strafbar gemacht haben. II. Ergebnis 240 I, III, 22, 23 I (-) 7 8
3 - fremde bewegliche Sache (+) Notebook des B - Wegnahme (+) Verlassen der Wohnung a) Vorsatz (+) 9 b) Zueignungsabsicht (P) Aneignungsabsicht (Rspr.) Bezugspunkt: Zeitpunkt der Wegnahme Im Zeitpunkt der Wegnahme will A das Notebook leidglich verwahren bis B gezahlt hat! Er denkt nicht an eine spätere Verwertung oder Nutzung hier: Aneignungsabsicht (-) Anders: wenn der Täter schon im Zeitpunkt der Tat an eine spätere Verwertung oder Nutzung denkt und diese allein vom Schuldnerverhalten abhängig macht (objektive Bedingung à Zueignungsabsicht +) II. Ergebnis 242 I (-) 10 D. Strafbarkeit wegen Diebstahls gemäß 242 I Jedoch könnte sich A mit dem Einstecken des Geldes als erste Rückzahlung wegen Diebstahls gemäß 242 I StGB strafbar gemacht haben. - fremde bewegliche Sache (+) Geldschein des B - Wegnahme (+) Verlassen der Wohnung a) Vorsatz (+) b) Zueignungsabsicht (+) 11 12
4 c) Rechtswidrigkeit der Zueignung und entsprechender Vorsatz A hat einen Anspruch auf Rückzahlung der 1000 Grds. gilt: Gattungsschulden: hier hat der Schuldner ein Konkretisierungsrecht (Vgl. 243 Abs.1 BGB), d.h. der Glubiger hat keinen Anspruch auf eine bestimmte Sache (Zueignung wäre rechtswidrig) Stückschulden: hier hat der Gläubiger einen Anspruch auf eine bestimmte Sache (Rechtswidrigkeit entfiele) (P) Geldschulden Bei Geldschulden kommt dem Schuldner ein Auswahlrecht zu: kein Anspruch auf konkrete Geldscheine: Zueignung dieser Geldscheine rechtswidrig Wertsummenschuld: Anspruch auf eine bestimmte Wertsumme entspricht dem Anspruch auf eine bestimmte Sache Zueignung nicht rechtswidrig Arg. Auswahlrecht bei Geldschulden ist sinnlos, da Geldscheine von Natur aus von mittlerer Art und Güte sind Arg. Im Wirtschaftsverkehr ist allein der auf dem Schein vermerkte Nennwert entscheidend à mit der Wertsummentheorie ist die Zueignung nicht rechtswidrig EXKURS: Irrtum über die Rechtswidrigkeit der Zueignung (wenn die Wertsummentheorie abgelehnt wird und von der Rechtswidrigkeit der Zueignung auszugehen ist) Der Täter geht irrig davon aus einen Anspruch auf Übereignung der konkret weggenommenen Sache zu haben: Tatbestandsirrtum nach 16 (Vorsatzausschluss) Der Täter geht irrig davon aus, dass er bei einer Gattungsschuld selbst auswählen darf (Täter verkennt irrig das Auswahlrecht des Schuldners): Grundsätzlich Verbotsirrtum nach 17 Ausnahme: BGH bei Geldschulden (BGHSt 17, 87, 91): Anwendung des 16 Beachte: Glaubt der Täter irrtümlich ein tatsächlich bestehender Übereignungsanspruch bestünde nicht = E. Strafbarkeit wegen Unterschlagung gemäß 246 I Mit der Ingebrauchnahme des Notebooks könnte A sich wegen Unterschlagung gemäß 246 I strafbar gemacht haben. a) fremde bewegliche Sache (+) Notebook des B untauglicher Versuch 15 16
5 b) rechtswidrige Zueignung - Def.: eine nach außen hin eindeutige Manifestation des Zueignungswillens hier: (+) Verbringen vom Keller in Wohnung und Nutzen ( Verhalten eines Pfandinhabers = Verhalten eines Eigentümers) - objektiv rechtswidrig hier: (+) kein Pfand- oder Verwertungsrecht an der Sache (= - Vorsatz bzgl. fremder Sache und Zueignung (+) - (P) Vorsatz bzgl. Rechtswidrigkeit? - Wusste A, dass er zur Ingebrauchnahme des Notebooks nicht berechtigt war? - Wohl: + denn As Vollstreckungsversuch scheiterte daran, dass das Notebook unpfändbar ist, wovon A wohl wusste - Irrtümliche Annahme zur Ingebrauchnahme berechtigt zu sein? Wohl -, wenig Anhaltspunkte im SV II. Rechtswidrigkeit III. Schuld unpfändbarer Gegenstand) IV. Ergebnis: 246 Abs F. Strafbarkeit wegen Betruges gemäß 263 I Mit dem Verkauf des Notebooks an C könnte A sich wegen Betruges gemäß 263 I strafbar gemacht haben. smäßigkeit a) Täuschen über Tatsachen Täuschen meint das bewusst irreführende Einwirken auf das Vorstellungsbild eines anderen Tatsachen sind Vorgänge oder Zustände der Vergangenheit oder der Gegenwart, die einem Beweis zugänglich sind hier: (+) über das Nichtvorliegen einer Eigentümerposition getäuscht 19 20
6 b) Irrtum (+) falsche Vorstellung erweckt: C glaubt der A sei verfügungsbefugt und könne ihm Eigentum verschaffen c) Vermögensverfügung Vermögensverfügung ist jedes Handeln, Dulden oder Unterlassen, das unmittelbar zu einer Vermögensminderung führt hier: (+) irrtumsbedingt zahlte C 600 d) Vermögensschaden Def.: liegt vor, wenn die aufgrund der Verfügung eingetretene Minderung des Vermögens nicht durch einen unmittelbar mit ihr verbundenen Vermögenszuwachs vollständig ausgeglichen wird (Prinzip der Gesamtsaldierung) hier: C kann kein Eigentum erwerben, gutgläubiger Erwerb scheitert an 935 I BGB, also erhält er für die gezahlten 600 keinen entsprechenden Gegenwert (auch der Besitz ist insofern wertlos, da der das Euro Notebook jederzeit an B nach herausgeben muss) - Vorsatz (+) (A erkennt auch die Umstände, die einem gutgläubigem Erwerb des C entgegenstehen, sodass auch Vorsatz bzgl. Vermögensschaden +) - stoffgleiche Bereicherungsabsicht (+) da Vermögenszuwachs bei A auf derselben Verfügung beruht wie der von C erlittene Vermögensverlust (Vermögenszuwachs = Kehrseite des Vermögensschadens) - Rechtswidrig: A hatte keinen Anspruch auf die 600, da sowohl Verpflichtungs- als auch Verfügungsgeschäft (Doppelmangel) wegen arglistiger Täuschung anfechtbar waren, 123 Abs.1, 142 Abs.1 BGB - Vorsatz bzgl. der Rechtswidrigkeit: + Kenntnis von den anfechtungsrelevanten Umständen II. Rechtswidrigkeit und Schuld (+) III. Ergebnis: 263 I (+) 23 G. Strafbarkeit wegen Unterschlagung gemäß 246 I Mit dem Verkauf des Notebooks an C als sein eigenes altes könnte A sich wegen Unterschlagung gemäß 246 I strafbar gemacht haben. a) fremde bewegliche Sache (+) Notebook des B 24
7 b) rechtswidrige Zueignung - weitere Manifestation durch Verkaufsangebot (+) - aber (P) Zweitzueignung v Rspr: Tatbestandslösung, wiederholte Zueignung tatbestandlich nicht möglich, da Sache dem Vermögen bereits einverleibt wurde v h.l: Konkurrenzlösung (zweite Unterschlagung ist mitbestrafte Nachtat und tritt auf Konkurrenzebene zurück) -> insb. Strafbarkeitslücken sprechen für h.l. (insbesondere, wenn die erste Zueignungshandlung als Straftat nicht nachweisbar oder verjährt ist oder sich ein Dritter -> ABER: Begrifflich Zueignung bei Zweitzueignung einer schon zugeeigneten Sache nicht denkbar, außerdem fragmentarischer Schutz des Strafrechts: Zueignung (-) III. Ergebnis 246 I (-) nur an der zweiten Zueignungshandlung beteiligt) H. Strafbarkeit wegen Hehlerei gemäß 259 I (-) A ist Vortäter aller vorhergehenden Zueignungsdelikte und damit nicht tauglicher Täter der Hehlerei Konkurrenzen 246 I für die Ingebrauchnahme steht zum Betrug gemäß 263 in Tatmehrheit (Subsidiaritätsklausel gilt nur für Delikte die zu 246 in Tateinheit stehen) 27
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