Mitteilungen der Juristischen Zentrale
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- Adrian Schenck
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1 Mitteilungen der Juristischen Zentrale REGIONALCLUB Nr. 17/ CG Haftungsverteilung zwischen Kraftfahrzeugen und Fußgängern Sehr geehrte Damen und Herren, Fußgänger genießen als schwache Verkehrsteilnehmer den besonderen Schutz des Gesetzgebers: Kraftfahrzeugführer sind zur besonderen Rücksichtnahme verpflichtet und haften in der Regel bereits aufgrund ihrer erhöhten Betriebsgefahr. Andererseits sind Fußgänger zur Beachtung des Fahrverkehrs verpflichtet, worauf die anderen Verkehrsteilnehmer grundsätzlich vertrauen können. Bei Verschulden haftet der Fußgänger, der bei Bestehen einer Privathaftpflichtversicherung von Schadensersatzansprüchen freigestellt wird. Anliegend finden Sie eine Übersicht zur aktuellen Rechtsprechung zur Haftung bei Unfällen zwischen Kraftfahrzeugführern und Fußgängern. 1. OLG Köln vom (Az.: 16 U 169/11, SVR 2012, 346 = ADAJUR Dok.Nr ) Ein Fußgänger überquert an einer Ampel einen Überweg, der durch eine Fußgängerinsel geteilt ist. Beim Überqueren des zweiten Teils der Straße von der Fußgängerinsel aus ist die Ampel inzwischen Rot ; der Fußgänger wird angefahren. Grundsätzlich besteht, selbst wenn bei dem Autofahrer kein Verschulden vorliegt, ein Mitverschulden aufgrund der erhöhten Betriebsgefahr gemäß 7 StVG. Aufgrund fehlenden Verschuldens des Kraftfahrers und dem schweren Verkehrsverstoß des Fußgängers war im vorliegenden Fall die Betriebsgefahr des Kraftfahrers vollständig zurückgetreten. Den Fußgänger, der trotz roter Fußgängerampel bei Dunkelheit in dunkler Bekleidung die Straße überquert hatte und mit dem Fahrzeug kollidierte, traf das alleinige Verschulden an dem Unfall, da er nicht auf der Fußgängerinsel wartete, bis seine Ampel wieder Grün zeigte. 2. LG Mönchengladbach vom (Az.: 1 O 1/06, NZV 2012, 280 = ADAJUR Dok.Nr )
2 2 Bei einem Verkehrsunfall mit einem die Fahrbahn überquerenden Fußgänger spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Fußgänger die Fahrbahn betreten hatte, ohne auf den Fahrverkehr zu achten. Darlegungs- und beweispflichtig für eine andere atypische Verkehrsunfallsituation ist der Fußgänger. Nach der Beweisaufnahme kam das Gericht im konkreten Fall zu der Überzeugung, dass der Fußgänger seine Sorgfaltspflichten aus 25 Abs. 3 StVO gegenüber dem bevorrechtigten Fahrzeugverkehr beim Überschreiten der Straße nicht beachtet hatte; besondere Umstände, die den Anscheinsbeweis erschüttert hätten, waren nicht gegeben. 3. OLG Hamm vom (Az.: I-6 U 59/12, SP 2013, 3 = ADAJUR Dok.Nr ) Ein Fußgänger überquert eine mehrspurige Fahrbahn und wird auf der zweiten Fahrspur von einem Fahrzeug erfasst. In der Nichtbeachtung des Fahrverkehrs beim Überqueren der Fahrbahn liegt ein grobes Verschulden des Fußgängers, der die Alleinschuld an dem Unfall trägt. Im vorliegenden Fall kam das Gericht zu der Überzeugung, die Sicht auf den Fußgänger, der bereits die erste Fahrspur betreten hatte, war im konkreten Fall für den Fahrzeugführer durch ein anderes Fahrzeug verdeckt, so dass dieser ihn nicht sehen konnte. Überhöhte Geschwindigkeit lag nicht vor. Nach Abwägung der gegenseitigen Verantwortung der Unfallbeteiligten kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass die Betriebsgefahr des Kraftfahrers gegenüber dem groben Verschulden des Fußgängers vollständig zurücktrete. 4. OLG Hamm vom (Az.: I-6 U 14/12, MDR 2012, 1409 = ADAJUR Dok.Nr ) Nach 9 Abs. 3 S. 3 StVO müssen abbiegende Fahrzeugführer auf Fußgänger, die in ihrer Längsrichtung eine Straße überqueren, besondere Rücksicht nehmen. Dies gilt nach der Entscheidung des OLG Hamm auch, wenn der Fußgänger nicht in gleicher Richtung wie das Fahrzeug geht, sondern aus der Gegenrichtung kommend die Straße überquert. Diese Regelung gilt auch an einer sogenannten T-Kreuzung, also einer Straße, die auf eine durchgehende Straße trifft und sich nicht fortführt. Eingeschränkt wird die vorrangähnliche Stellung des Fußgängers durch das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme. Im vorliegenden Fall hatte die Fahrzeugführerin die Fußgängerin, die dem Fahrzeug entgegenkam und die Querungsstraße übertrat, angefahren. Nach der Beweisaufnahme
3 3 stand fest, dass die Fahrerin, die im Abbiegevorgang war, noch hätte bremsen können, als die Klägerin die Fahrbahn überquerte. Außerdem war hiernach klar, dass die Fußgängerin sich beim Betreten der Straße nicht über die Verkehrslage vergewissert hatte. Sie hätte durch einen beiläufigen Blick die Gefahr erkennen können. Der Mitverursachungsanteil der Fußgängerin wurde vom Gericht mit 25 % angesetzt. 5. OLG Karlsruhe vom (Az: 9 U 128/11, NZV 2012, 593 = ADAJUR Dok.Nr ) Eine Fußgängerin wollte in ihr teils auf dem Gehweg, teils auf der Straße geparktes Fahrzeug einsteigen und wurde dabei von einem vorbeifahrenden Fahrzeug gegen das geparkte Auto gedrückt. Die Versicherung des Fahrers wandte ein, dass Mitverschulden seitens der Fußgängerin vorliege und das Fahrzeug an der angegebenen Stelle nicht hätte parken dürfen. Hier bekam die Fußgängerin Recht. Ein Mitverschulden seitens der Fußgängerin lag nicht vor, da die Sorgfaltspflichten gemäß 14 Abs. 1 StVO eingehalten worden waren: Sie hatte sich vor dem Herantreten an ihre Fahrertür vergewissert, dass kein Fahrzeug kam; zum anderen schütze das Verbot des Gehwegparkens lediglich die Gehwegbenutzer. Die Haftung des Fahrers betrug 100 %. 6. OLG Saarbrücken vom (Az.: 4 U 200/10, SP 2011, 316 = ADAJUR Dok.Nr ) Ein Fußgänger war nachts bei roter Fußgängerampel schräg neben der Fußgängerfurt über die Straße gegangen. Die Betriebsgefahr des Fahrers trat vollständig hinter dem festgestellten schweren Verschulden des Fußgängers zurück: Denn der Fußgänger muss darauf achten, von Fahrzeugführern gesehen zu werden. 7. KG Berlin vom (Az.: 12 U 29/09, VRS 119, 89 = ADAJUR Dok.Nr Im vorliegenden Fall war die Fußgängerin dabei, eine Fahrbahn zu überqueren. Da sich von rechts ein Fahrzeug näherte, blieb sie mitten in der Fahrbahn stehen und wurde von dem von links kommenden Fahrzeug erfasst.
4 4 Das Kammergericht bestätigte ein Mitverschulden von 50 %. Demnach handelt ein Fußgänger immer dann grob fahrlässig, wenn er entgegen den Sorgfaltspflichten des 25 Abs. 3 StVO beim Betreten und beim Überschreiten der Strasse nicht auf sich nähernde Fahrzeuge achtet und darauf, den fließenden Verkehr nicht zu behindern. Nur wenn der Kraftfahrer auch eine Sorgfaltspflichtverletzung begeht, weil er bei freier Sicht noch hätte reagieren können, tritt die Haftung des Fahrers nicht vollständig zurück. 8. OLG Saarbrücken vom (Az.: 4 U 425/09 120, DAR 2011, 330 = ADAJUR Dok.Nr Weil ein Fußgänger die Landstraße überquerte und mitten auf der rechten Fahrbahn stehenblieb, musste ein Motorradfahrer ausweichen und kam zu Sturz. Er verklagte den Fußgänger auf Schadensersatz und bekam Recht. Das Verschulden des Fußgängers wiege sogar schwerer als die um 15 km/h überhöhte Geschwindigkeit des Motorradfahrers. Er hätte entsprechend seinen Sorgfaltspflichtanforderungen entsprechen und spätestens ab Mitte der Strasse nochmals feststellen müssen, dass ein Weitergehen ohne Gefahr möglich sei. Durch sein schuldhaftes Verhalten habe er die Gefahrenlage erst geschaffen. 9. LG Itzehoe vom (Az.: 1 S 186/10, ADAJUR 95355) Bei Tauwetter hatte sich auf der Straße eine Wasserlache gebildet. Diese durchfuhr der Pkw-Fahrer und bespritzte damit die Kleidung eines Fußgängers auf dem Gehweg. Das Gericht sprach den Fahrer von einer Haftung frei und wies die Klage des Fußgängers auf Schadensersatz wegen der Reinigungskosten ab. Es könne von Pkw-Fahrern nicht verlangt werden, durch Wasserlachen im Schritttempo zu fahren. Fußgänger müssten sich bei Regenwetter mit ihrer Kleidung entsprechend einstellen. Wenn Sie noch weitere Fragen rund um das Thema haben, helfen Ihnen die Clubjuristen unter der gerne weiter. Mit freundlichen Grüßen Rufnummer (089)
5 Ulrich May Leiter juristische Zentrale 5
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