Erfahrungsbericht Erasmus in Tallinn, Estland (Wintersemester 2015/16)

Transkript

1 Erfahrungsbericht Erasmus in Tallinn, Estland (Wintersemester 2015/16) Ich habe mein Auslandssemester mit Erasmus in Tallinn an der Tallinn University bzw. der Tallinna Ülikool verbracht und war dort für das Wintersemester, sodass ich Ende August hingefahren bin und Ende Januar wieder nach Deutschland zurückgekommen bin. Insgesamt lässt sich sagen, dass ich mit meinem Auslandssemester voll und ganz zufrieden war und jedem nur empfehlen kann, sein Auslandssemester ebenfalls dort zu verbringen. Ich bin über das Institut der Germanistik nach Tallinn gegangen und habe daher Germanistikkurse an der dortigen Universität belegt. (Mein anderes Fach Latein wird dort nicht angeboten.) Da die Germanistik sehr viele Erasmusplätze in vielen verschiedenen Ländern hat, hat man sehr gute Chancen, einen Platz zu bekommen und oft sogar auch seinen Erstwunsch; so ging es auch mir. Für die Bewerbung in Würzburg und Tallinn musste ich jeweils ein paar Unterlagen vorbereiten und abgeben, allerdings waren es nicht sehr viele. Trotzdem lohnt es sich, früh anzufangen und es nicht hinauszuzögern. Für Tallinn brauchte ich ein Certificate of Language, das zu beschaffen etwas kompliziert war, da sich niemand dafür zuständig fühlte und ich etwas zwischen den Institutionen hin und hergeschickt wurde. Letzten Endes hat mir dann das International Office geholfen. Alle anderen Unterlagen waren relativ schnell und einfach zu besorgen. Sowohl meine Betreuer in Würzburg als auch die in Tallinn haben sich gut um mich gekümmert und schnell Fragen beantwortet. Da es aber schon einiges an Papierkram ist, sollte man rechtzeitig anfangen. In Tallinn gab es vor dem Semesterstart 4 Tage Orientierungsveranstaltungen, die sehr hilfreich und informativ waren und bei denen sich viele verschiedene Gruppen und Institute vorgestellt haben, z.b. das International Office, Sprachkurse, Unisport, Polizei, Students Union, ESN Tallinn (=Erasmus Students Network) etc. etc. Da sollte man definitiv hingehen, da man alle wichtigen Informationen erhält, eine Führung durch die Uni bekommt und man natürlich schon erste Kontakte knüpfen und Freunde finden kann. In Tallinn gibt es mehrere Wohnheime (deren Lage verschieden gut ist), für die man sich bei der Bewerbung bewerben kann. Ich habe wie viele andere Leute auch keinen Platz bekommen, sodass ich die erste Nacht in einem Hostel gewohnt habe und dann in eine internationale WG mit 2 Italienern und einer Niederländerin gezogen bin, die sehr lustig und schön war und mit der ich es noch besser getroffen habe als mit einem

2 Wohnheimsplatz, denke ich. In den Wohnheimen in Osteuropa ist es üblich, dass man sich ein Zimmer teilt, in Wohnungen normalerweise nicht, aber bei uns war es so. Das war aber sehr nett und unkompliziert bei meiner Mitbewohnerin und mir. Wir haben sehr dicht bei der Altstadt gewohnt, was eine super Lage war. Zur Uni bin ich immer mit der Bahn gefahren, was 10 Minuten dauerte. Es gibt bei Facebook mehrere Gruppen für Erasmus-Studenten in Tallinn, für Wohnungen etc., in denen ich auch nach Wohnungen gesucht habe und durch die ich meine Mitbewohner kennen gelernt habe. In Tallinn gibt es mehrere Universitäten, ich war an der Tallinna Ülikool. Das ist eine mit 9000 Studenten eher kleine, sehr moderne und gut ausgestattete Universität mit recht vielen internationalen Studenten, wovon viele aus Deutschland und Finnland kommen, aber auch aus allen möglichen anderen Ländern. Am Eingang der Uni kann man umsonst seine Jacke bei den Garderobenfrauen abgeben, was ich sehr nett finde. Das Institut der Germanistik ist im Vergleich zu Würzburg natürlich eher klein und in meinen Kursen waren wir meistens 5-12 Leute (bei anderen Studiengängen war das aber ganz anders). Die Unterrichtssprache ist Deutsch. Ich habe Seminare zu Lexikologie und Semantik, Österreichische Literatur, Alterität und Identität in Deutschland, Medien, Rhetorik und außerdem einen Estnisch-Sprachkurs (A1) belegt. Außerdem wurde mir vorher von einer Dozentin angeboten, ein Praktikum in der Kulturwissenschaft zu machen. Da habe ich hospitiert, kleinere Unterrichtseinheiten übernommen und bei der Korrektur der Hausarbeiten geholfen, was sehr interessant und lehrreich war und Spaß gemacht hat. Da alle regulären Studenten natürlich Deutsch nicht als Muttersprache sprechen, gibt es vor allem Veranstaltungen zur Sprachwissenschaft und Neueren Deutschen Literatur. (ÄDL-Veranstaltungen gibt es keine.) Meine Dozentinnen waren alle sehr freundlich und interessiert und haben sich gefreut, dass eine Muttersprachlerin in ihren Kursen war, und mich öfter gefragt, wie wir etwas sagen würden oder wie etwas in Deutschland ist. Für Muttersprachler empfiehlt es sich vermutlich mehr, Masterkurse zu belegen (auch wenn man noch nicht im Master ist), doch leider gab es in meinem Semester recht wenige Masterkurse, die sich thematisch und zeitlich nicht anboten, sodass ich Bachelorkurse des 3. Studienjahres gewählt habe. Sie waren nicht auf dem gleichen Niveau wie in Würzburg, doch ich habe trotzdem einiges dazugelernt. In der Quantität war es sogar eher mehr Arbeit, da es relativ viele Referate, Reden, mündliche Prüfungen und Hausarbeiten zu erledigen gab. In Tallinn gibt es eine sehr aktive ESN-Gruppe, das sind estnische Studenten, die Veranstaltungen für internationale Studenten anbieten. Da ist für jeden Geschmack etwas

3 dabei, Erasmus Parties, Filmabende, Quizabende, Fahrten nach St. Petersburg und Lappland, Tagesausflüge zum Beerenpflücken oder in einen Sumpf, Language Cafés und noch vieles mehr. Dadurch kann man Estland näher kennen lernen und einfach eine gute Zeit und viel Spaß mit anderen Studenten haben. Besonders empfehlenswert sind die Fahrten nach St. Petersburg und Lappland mit Huskyund Rentierschlittenfahrt. =) Außerdem stellt ESN Tallinn bzw. die Uni jedem internationalen Studenten, der es möchte, einen Tutor zur Seite. Meine Tutorin war sehr nett, hat mich vom Flughafen abgeholt und ich konnte mich an sie wenden, wenn ich Fragen hatte. Tallinn hat mir - und allen anderen, die ich kenne - sehr gut gefallen. Es ist für eine Hauptstadt mit seinen Einwohnern nicht besonders groß, hat eine wunderschöne, toll erhaltene mittelalterliche Altstadt, die zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört, verschiedene Parks, das Meer und den Strand, aber auch viele verschiedene Viertel, die neue moderne Stadt mit den Hochhäusern, das Rotermann-Viertel, das in der letzten Zeit gebaut wurde, in dem alte Fabrikgebäude in der Nähe des Hafens in moderne neue Gebäude integriert wurden, die alternativen Viertel Kalamaja und Telliskivi etc. etc. Es ist eine sehr vielfältige und wunderschöne Stadt. =) Meiner Meinung nach hat es alle Vorteile einer Hauptstadt, aber nicht die Nachteile, wie z.b. lange Anfahrtswege.In Tallinn gibt es neben sehr günstigen Taxis einen gut ausgebauten öffentlichen Nahverkehr, den man mit einer Estonian ID Card kostenlos benutzen darf. Die kann man sich zu Beginn des Semesters ausstellen lassen. Estland ist ein sehr modernes, technisiertes Land, eine digitalized society. In quasi allen Museen, Cafés etc. gibt es offenes WLAN, auch an vielen Stellen in der Stadt draußen; die Esten können online mithilfe ihres Personalausweises wählen, können damit ihre Steuerrückzahlungen beantragen, er wird auch beim Arzt genutzt etc. Außerdem besitzt es eine wunderschöne Natur, viele Wälder und Seen und ein paar andere größere Städte, die ebenfalls einen Besuch lohnen. Da Estland ein ziemlich kleines Land ist und auch nur 1,3 Mio. Einwohner hat, kann man in einem Semester viel sehen und unternehmen. Auch Helsinki, Riga und Vilnius sind nicht weit weg und sind definitiv sehenswert. =) Ich habe in Tallinn eine Menge tolle Sachen erlebt und unternommen, viele Freunde aus verschiedenen Ländern gewonnen, mein Semester voll und ganz genossen und empfehle es jedem weiter! =) Wenn du irgendwelche Fragen hast, kannst du mich gerne kontaktieren! Über das International Office kannst du Kontaktdaten von Ehemaligen bekommen.

4 Der Markplatz von Tallinn Blick über die Altstadt

5 am Strand von Pirita Huskyschlittenfahren in Lappland