Langfristige Renditeerwartungen
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- Gretel Abel
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1 Langfristige Renditeerwartungen 5. Dezember 2014 Prof. Dr. Heinz Zimmermann Universität Basel Wirtschaftswissenschaftliches Zentrum WWZ
2 Prognose der langfristigen Durchschnittsrendite von Aktien Gemeinhin wird im aktuellen Zinsumfeld eine jährliche Durchschnittsrendite von etwa 7% angenommen. Und auf die lange Sicht darf dieser Wert doch als einigermassen sicher gelten? Ja, einigermassen. Aber daraus darf nicht geschlossen werden, dass Aktien langfristig zur sicheren Anlage werden: Denn für die Geldanlage relevant ist das am Schluss einer Zeitperiode akkumulierte Vermögen! Das heisst: das anlagepolitisch relevante Risiko liegt in der Unsicherheit des kumulierten Anlageergebnisses Dieses nimmt über einen längeren Horizont zu, auch wenn die die Unsicherheit über den Durchschnitt sinkt. Heinz Zimmermann, Universität Basel, 2014 Folie 2
3 Übrigens: Um welche Durchschnittsrendite geht es, wenn daraus ein Erwartungswert abgeleitet werden soll? Arithmetisch oder geometrisch? Ist ein historischer Durchschnitt überhaupt relevant? Heinz Zimmermann, Universität Basel, 2014 Folie 3
4 Gliederung Renditeerwartungen als Durchschnitte Sind Durchschnitte relevant? Wie sicher sind geschätzte Erwartungswerte? Welcher Durchschnitt? Historische versus fundamentale Erwartungen Heinz Zimmermann, Universität Basel, 2014 Folie 4
5 1 Renditeerwartungen Modelle für Renditeerwartungen Historische Durchschnittswerte (unkonditionierte Erw) Fundamentale Prognosen (konditionierte Erwartungen, predictive regressions, Szenarien) Kapitalmarktmodelle (Risikoprämien als Grundlage der Renditeerwartungen) Implizite Erwartungen (zb aufgrund von Bewertungs-Multiples) Heinz Zimmermann, Universität Basel, 2014 Folie 5
6 Pictet-Rätzer Renditen Einfache Aktienrenditen Schweiz % 60% Simple Returns Stocks Mean arithmetic 9.78% Mean geometric 7.81% Standard deviation 20.71% 40% 20% 0% -20% -40% 1y Renditen einfach Heinz Zimmermann, Universität Basel, 2014 Folie 6
7 Jahresrenditen und 10y-Durchschnitt , einfach und geometrisch 80% 60% 40% 20% 0% Standard deviation 4.7% -20% -40% 1y Renditen einfach 10y Renditen geom Heinz Zimmermann, Universität Basel, 2014 Folie 7
8 3 Unsicherheit des Erwartungswerts 1 Wurf = 1 Jahresrendite Aktien, stetig N unabhängige Würfe Augenzahlen 1 k =6 mit gleicher Wahrscheinlichkeit Erwartungswert = 3.5 Wie aussagekräftig ist der Erwartungswert bei 1 Wurf? Standardabweichung = 1.7 ( k/ 12) Heinz Zimmermann, Universität Basel, 2014 Folie 8
9 3 Mehrere Würfe: Durchschnittliche Augenzahl Anzahl Würfe E(R) σ(r) N n=1 Formel: σ R = σ 1 R N n = 1 σ N R Der Durchschnitt wird immer sicherer! N 0 Heinz Zimmermann, Universität Basel, 2014 Folie 9
10 3 Kalibrierung für Aktienmarkt: Erwartungswert = 7% Volatilität = 20% Anzahl Jahre E(R) 7% 7% 7% 7% 7% σ(r) 20% 8.9% 6.3% 3.2% 2% Bedeutung der Datenfrequenz? Bedeutung der Volatilitätsannahme? Heinz Zimmermann, Universität Basel, 2014 Folie 10
11 3 Kalibrierung für Aktienmarkt: Erwartungswert = 7% Volatilität = 16% Anzahl Jahre E(R) 7% 7% 7% 7% 7% σ(r) 16% 7.2% 5.1% 2.5% 1.6% Heinz Zimmermann, Universität Basel, 2014 Folie 11
12 4 Unsicherheit über das kumulierte Ergebnis Wie wichtig ist die durchschnittliche Augenzahl? Aktienvermögen = Wette auf die kumulierte Augenzahl nach n Würfen Wurf # Augenzahl kumuliert Heinz Zimmermann, Universität Basel, 2014 Folie 12
13 4 Aktienmarkt: kumulierte stetige Renditen Wurf 2. Wurf Wurf Einf Rend Stet Rend Kumul entlog Vermögen Kumulierte 5y Rendite (stetig = addiert) Heinz Zimmermann, Universität Basel, 2014 Folie 13
14 4 Mehrere Würfe: kumulierte Augenzahl n E(ΣR) σ(σr) H Formel: σ ΣR = σ h=1 R h = σ R H Die kumulierte Augenzahl wird immer unsicherer! Heinz Zimmermann, Universität Basel, 2014 Folie 14
15 4 Aber die Volatilität steigt, aber nur mit der Quadratwurzel der Zeit also unterproportional. Fällt oder steigt nun das Risiko? ist nicht das Verhältnis gegenüber dem Erwartungswert relevant? Dieses verbessert sich drastisch Gibt es ein statistisch objektives Kriterium, wie Erwartungswert und Risiko gegeneinander abzuwägen sind? Nein! Jedes statistische Risiko- oder Performancemass widerspiegelt Annahmen über die Risikopräferenzen Heinz Zimmermann, Universität Basel, 2014 Folie 15
16 4 Kalibrierung für Aktienmarkt (wie vorher): Erwartungswert = 7% Volatilität = 20% n E(ΣR) 7% 35% 70%* 280% 700% σ(σr) 20.0% 44.7% 63.2% 126.5% 200.0% Heinz Zimmermann, Universität Basel, 2014 Folie 16
17 4 Das günstig erscheinende Verhältnis ist wesentlich von der unterstellten Durchschnittsrendite abhängig (eben doch relevant.!) Reduktion des Durchschnitts (7%) um eine Standardabweichung (bei 40 Jahren 3%) auf 4% Somit: 160% kumulierte Rendite vs. kumulierte Volatilität von 126%... Heinz Zimmermann, Universität Basel, 2014 Folie 17
18 5 Welcher Durchschnitt Kurzcharakterisierung: Arithmetischer Durchschnitt R: unterstellt ein konstantes Vermögen Meistens für Erwartungswerte geeignet Aber nur bei kurzen Prognosehorizonten («Einperiodenprognosen») Geometrischer Durchschnitt R g : bezieht sich auf eine Sequenz der mit den betrachteten Renditen fortgeschriebenen Vermögenswerten, d.h. auf ein zeitvariables Vermögen Für historische Performanceausweise verwendet Differenz: ca. eine halbe Renditevarianz Irrelevant bei Bonds, wichtig bei Aktien ( 2%), sehr wichtig bei hochvolatilen Anlagen Heinz Zimmermann, Universität Basel, 2014 Folie 18
19 5 Doch was bei langen Prognosehorizonten (Mehrperiodenprognosen mit zeitvariablem Vermögenswert)? Gewichtung von R und R g Doch wie? Ansatz von Jacquier, Kane, Marcus (2003): berücksichtigt Lognormalverteilung, Schätzrisiko, unbedeutende Approximation, setzt aber Kenntnis der Varianz voraus Ziel: E W H = W 0 E e r WH Empfehlung: rw = θ ln 1 + R g + (1 θ) ln 1 + R, θ = H N Gewichtungsfaktor: Zeithorizont H = historische Schätzperiode N: θ =1 nur R g Zeithorizont H < historische Schätzperiode N: θ <1 Heinz Zimmermann, Universität Basel, 2014 Folie 19
20 6 Fundamentale Renditeprognosen Vermutung: «Langfristig» kann die Aktienbewertung nicht unbeschränkt positiv oder negativ verlaufen Verletzung der Random Walk Annahme: «mean reversion» Grundsätzlich richtig, theoretisch und empirisch. Aber: Der Effekt ist viel zu schwach, um eine Abnahme der kumulierten Vola mit zunehmendem Zeithorizont zu erklären höchstens ein Unterschreiten der -Regel Die fundamentalen Bewertungsfaktoren, welche eine mean-reversion erklären könnten, haben einen wenig instabilen Einfluss Welche Fundamentalfaktoren? Heinz Zimmermann, Universität Basel, 2014 Folie 20
21 6 Fundamentale Bewertungsfaktoren Dividend-Price Ratio (im Durchschnitt ca. 2%) Price-Earnings Ratio (im Durchschnitt ca. 20) Price-Book-Ratio (im Durchschnitt ca. 2.5) widerspiegeln langfristige Erwartungen. Welche? Erfordert ein Bewertungsmodell Gordon-Williams constant dividend growth model (einfach!) P= D k w = E(1 b) k rb, B=E r Implizierte Werte: impl. Ausschüttungsquote 1-b 60.00% impl. ReturnOnEquity r 12.50% impl. Wachstumsrate w 7.50% impl. Kapitalkosten k 9.50% Heinz Zimmermann, Universität Basel, 2014 Folie 21
22 6 P/E-Ratio, 10y trailing, USA (Shiller) Heinz Zimmermann, Universität Basel, 2014 Folie 22
23 6 Wie «gut» sind die auf diese Weise erzeugten Erwartungen? Wenig Tests Starke Schwankungen Standardabweichung der Erwartungsfehler nicht einfach zu bestimmen Empirische Tests zeigen Zyklen vs. Trend: komplizierte Unterscheidung, da Strukturbrüche Zyklen sind instabil in der Länge Prognosekraft ist bei Zeithorizonten von 3-6 Jahren am besten, nicht länger Prognosefehler sind gross (selbst in-sample) Von Sicherheit keine Rede, bestenfalls reduzierte Unsicherheit Heinz Zimmermann, Universität Basel, 2014 Folie 23
24 7 Konklusion Welche Renditeerwartung für CH(Aktien)? Methodenvielfalt und Vergleich Hist. Durchschnitt Implizite Erwartungen Korrektur für Schätzrisiko (Unsicherheit über Erwartungen) Konfidenzbereich Renditeerwartung für 10y R g = 7.1%, σ R g = 5.1%, E ±1σ 2%; 12.2% Konfidenzbereich Renditeerwartung für 40y R g = 8.3%, σ R g = 2.5%, E ±1σ 5.8%; 10.8% Implizite Renditeerwartung Langfristige Bewertungsfaktoren für CH vs. USA? Heinz Zimmermann, Universität Basel, 2014 Folie 24
25 7 Unterschiedliche Modelle für Erwartungen (konditioniert, unkonditioniert etc.) decken unterschiedlichen Aspekte ab Methodenvielfalt! Mit langfristigen Renditeerwartungen sind oftmals falsche Erwartungen an die Sicherheit der Anlage verknüpft: Auch wenn das Schätzrisiko von Erwartungswerten für lange Horizonte kleiner wird, bedeutet dies keine Sicherheit für das Anlagerisiko man hat hingegen eine bessere «Rechengrundlage» Darum: Bei jeder noch so guten Prognose muss die Unsicherheit berücksichtigt und in «adäquater Weise» in die Erwartung einbezogen werden Dafür gibt es leider keine objektiven Kriterien Heinz Zimmermann, Universität Basel, 2014 Folie 25
26 8 Literaturhinweise Samuelson, Paul A. "The judgment of economic science on rational portfolio management: indexing, timing, and long-horizon effects." The Journal of Portfolio Management 16.1 (1989): pp Jacquier, Eric, Alex Kane, and Alan J. Marcus. "Geometric or arithmetic mean: A reconsideration." Financial Analysts Journal (2003): pp Campbell, John Y., and Robert J. Shiller. "Valuation ratios and the long-run stock market outlook." The Journal of Portfolio Management 24.2 (1998): pp Heinz Zimmermann, Universität Basel, 2014 Folie 26
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