Beispiel 1 zur Form. Folie 168. Vorlesung BGB-AT Prof. Dr. Florian Jacoby
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- Ruth Hausler
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1 Beispiel 1 zur Form Mieter kündigt seinen Wohnraummietvertrag per an seinen Vermieter V. Dann überlegt er sich, doch in der Wohnung bleiben zu wollen. Muss er räumen? Anspruch auf Räumung des V gegen M aus 546 BGB? 546 BGB verlangt Beendigung des Mietvertrags, hier möglicherweise durch Kündigung des M? Kündigungserklärung liegt vor. Ist die Kündigung gem. 125 Satz 1 BGB nichtig? - Formgebot 568 BGB - Anforderungen des 126, 126a BGB nicht gewahrt - Keine Heilung Keine wirksame Kündigung, keine Vertragsbeendigung, kein Anspruch aus 546 BGB. Folie 168
2 Beispiel 2 zur Form M bürgt für die Mietschulden ihrer Tochter im Umfange von drei Monatsmieten, indem sie eine mit elektronsicher Signatur versehene an Vermieter V schickt. Kann V die rückständige Miete von M verlangen? Anspruch V gegen M auf Mietzahlung aus Bürgschaft ( 765 BGB)? - Hauptforderung aus Miete, 535 II BGB (+) - Einigung über Bürgschaft (+) - Ist Bürgschaft nach 125 Satz 1 BGB unwirksam? Formgebot des 766 BGB Keine Wahrung durch elektronische Form wg. 126a, 766 S. 2 BGB Keine Heilung - Wegen nichtiger Bürgschaft kein Anspruch des V gegen M. Folie 169
3 Beispiel 2 zur Form - Abwandlung M bürgt für die Mietschulden ihrer Tochter im Umfange von drei Monatsmieten, indem sie eine mit elektronsicher Signatur versehene an Vermieter V schickt. M zahlt für drei Monate. Kann M das Gezahlte zurückverlangen, wenn sie erst später erkennt, dass ihre Bürgschaft unwirksam war? Anspruch M gegen V auf Herausgabe der Mietzahlungen aus 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB? - V hat Zahlung von drei Mieten erlangt, - Durch Leistung der M, - Ohne Rechtsgrund = Nichtigkeit des Bürgschaftsvertrags wegen 125 Satz 1 BGB? Formgebot des 766 BGB, Keine Wahrung durch elektronische Form wg. 126a, 766 Satz 2 BGB, aber Heilung des Mangels nach 766 Satz 3 BGB durch Erfüllung der Verbindlichkeit. - Wegen Heilung besteht Rechtsgrund, so dass kein Rückzahlungsanspruch besteht. Folie 170
4 Beispiel 3 zur Form V und K einigen sich in einer Urkunde, die beide unterzeichnen, darauf, dass K dem V sein Hausgrundstück abkauft. Kann K von V Übereignung verlangen? Anspruch des K gegen V aus Kaufvertrag ( 433 I BGB) auf Übereignung und Übergabe des Grundstücks - Einigung (+) - Wirksamkeit? Nichtigkeit nach 125 Satz 1 BGB? Formgebot des 311b I 1 BGB Keine Wahrung der Anforderungen nach 128 BGB, BeurkG Keine Heilung nach 311b I 2 BGB - Mangels wirksamen Vertrags kein Anspruch des K gegen V Folie 171
5 Beispiel 3 zur Form - Abwandlung V und K einigen sich, dass K dem V sein Hausgrundstück zu 1,5 Mio. abkauft. Bei notarieller Beurkundung geben beide als Kaufpreis 1 Mio. an. Kann K von V Übereignung verlangen? Anspruch des K gegen V aus Kaufvertrag ( 433 I BGB) auf Übereignung und Übergabe des Grundstücks - Einigung (+) - Wirksamkeit? Nichtigkeit nach 117 I BGB - Voraussetzungen des 117 I BGB, - Rechtfolgenverweis des 117 II BGB. Nichtigkeit nach 125 Satz 1, 117 II BGB? - Formgebot des 311b I 1 BGB, - Keine Wahrung der Anforderungen nach 128 BGB, BeurkG - Keine Heilung nach 311b I 2 BGB. - Mangels wirksamen Vertrags kein Anspruch des K gegen V Folie 172
6 Form bei Grundstücksgeschäften Trennungsprinzip Einigung Form Verpflichtung b Abs. 1 Verfügung Folie 173
7 Formnichtigkeit nach 125 S Vertragliches Formgebot a) Form vereinbart b) Vereinbarung nicht aufgehoben Problem: stillschweigend durch Änderung? 2. Keine Wahrung des Gebots Auslegung des Formgebots ( 127 BGB) - Allgemeiner Verweis auf 126 ff. BGB - Senkung der Anforderungen an Schriftform, 127 II BGB - Senkung der Anforderungen an elektronische Form, 127 III BGB 3. Keine Heilung Folie 174
8 Sonderbestimmung 550 BGB: Wird der Mietvertrag für längere Zeit als ein Jahr nicht in schriftlicher Form geschlossen, so gilt er für unbestimmte Zeit. Die Kündigung ist jedoch frühestens zum Ablauf eines Jahres nach Überlassung des Wohnraums zulässig. Sonderregelung - Formanforderung nur für befristete Mietverträge (typisch in der Gewerberaummiete) - Fehlende Beachtung der Schriftform führt zu wirksamen, aber unbefristetem (und daher stets mit Frist des 580a BGB kündbaren) Mietvertrag Folie 175
9 D. Rechtsgeschäftslehre III: Wirksamkeitsvoraussetzungen I. Geschäftsfähigkeit, 104 ff. BGB II. Form, 125 BGB III. Inhaltliche Schranken, 134, 138 BGB IV. Bedingung oder Befristung, 158 ff. BGB V. Willensmängel, 116 ff., 142 BGB VI. Teilnichtigkeit, Umdeutung, Bestätigung Folie 176
10 Voraussetzungen eines Vertrags (vertraglichen Erfüllungsanspruchs) 1. Einigung a) Antrag/Angebot (auf Vertragsschluss gerichtete Willenserklärung) (1) Erforderlicher Inhalt: wesentliche Vertragsbestandteile (2) Rechtsbindungswille (nicht bei Vertragsanbahnung, Gefälligkeit) (3) Wirksamwerden (Abgabe und Zugang), 130 f. BGB b) Annahme des wirksamen Antrags Ja nach Maßgabe von 145 ff. BGB 2. Wirksamkeit a) Keine Unwirksamkeit mangels Geschäftsfähigkeit, 104 ff. BGB b) Keine Unwirksamkeit mangels vorgeschriebener Form, 125 BGB c) Keine Unwirksamkeit wegen Inhalts, 134, 138 BGB d) Keine Unwirksamkeit wegen Bedingung oder Befristung, 158 ff. BGB e) Keine Unwirksamkeit wegen Willensmängeln, 116 ff., 142 BGB Folie 177
11 Gesetzliche Regelungen I 3 RDG: Die selbständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen ist nur in dem Umfang zulässig, in dem sie durch dieses Gesetz oder durch oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt wird. 5 WiStrG: (1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder leichtfertig für die Vermietung von Räumen zum Wohnen oder damit verbundene Nebenleistungen unangemessen hohe Entgelte fordert, sich versprechen lässt oder annimmt. (2) Unangemessen hoch sind Entgelte, die infolge der Ausnutzung eines geringen Angebots an vergleichbaren Räumen die üblichen Entgelte um mehr als 20 vom Hundert übersteigen, die (...). 4 Abs. 1 LÖG NW: Verkaufsstellen dürfen 1. an Werktagen montags bis freitags ohne zeitliche Begrenzung und samstags von 0 bis 22 Uhr geöffnet sein (allgemeine Ladenöffnungszeit) und (...) Folie 178
12 Gesetzliche Regelung II 1 Abs. 2 SchwarzarbG: Schwarzarbeit leistet, wer Dienst- oder Werkleistungen erbringt oder ausführen lässt und dabei (...) 2. als Steuerpflichtiger seine sich auf Grund der Dienst- oder Werkleistungen ergebenden steuerlichen Pflichten nicht erfüllt, (...) 4. als Erbringer von Dienst- oder Werkleistungen seiner sich daraus ergebenden Verpflichtung zur Anzeige vom Beginn des selbstständigen Betriebes eines stehenden Gewerbes ( 14 der Gewerbeordnung) nicht nachgekommen ist oder die erforderliche Reisegewerbekarte ( 55 der Gewerbeordnung) nicht erworben hat, 5. als Erbringer von Dienst- oder Werkleistungen ein zulassungspflichtiges Handwerk als stehendes Gewerbe selbstständig betreibt, ohne in der Handwerksrolle eingetragen zu sein ( 1 der Handwerksordnung). Folie 179
13 Nichtigkeit nach 134 BGB Gesetzesverstoß (Art. 2 EGBGB: jede Rechtsnorm) Verbotsgesetz nach seinem Schutzzweck gegen den mit dem Rechtsgeschäfts angestrebten Erfolg wendet Inhaltsverbote (Heroinerwerb): Vornahmeverbote (SchwarzArbG, RDG) nicht: bloße Ordnungsvorschriften (LÖG) Keine andere Rechtsfolge des Verstoßes Auslegung unter Berücksichtigung - Einseitiger Verstoß oder beidseitiger Verstoß als Voraussetzung der Nichtigkeit? - Bloße Teilnichtigkeit aufgrund des Schutzzwecks denkbar (bei Mietwucher nach WiStrG: Mietvertrag zu zulässiger Miete) Folie 180
14 BGH NJW 2013, Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG enthält das Verbot zum Abschluss eines Werkvertrags, wenn dieser Regelungen enthält, die dazu dienen, dass eine Vertragspartei als Steuerpflichtige ihre sich auf Grund der nach dem Vertrag geschuldeten Werkleistungen ergebenden steuerlichen Pflichten nicht erfüllt. 2. Das Verbot führt jedenfalls dann zur Nichtigkeit des Vertrags gem. 134 BGB, wenn der Unternehmer vorsätzlich hiergegen verstößt und der Besteller den Verstoß des Unternehmers kennt und bewusst zum eigenen Vorteil ausnutzt. Folie 181
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