Prävention von Mobbing im Schulkontext: Grundlagen, Methoden und Evaluation des Programms Fairplayer.Manual
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- Ralph Klein
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1 Prävention von Mobbing im Schulkontext: Grundlagen, Methoden und Evaluation des Programms Fairplayer.Manual Saarbrücken, 18. Februar 2016 Vortragender: Dipl. Psych. Stephan Warncke Freie Universität Berlin 1
2 Zitierweise: Warncke, S. & Scheithauer, H. (2016). Prävention von Mobbing im Schulkontext Grundlagen, Methoden und Evaluation des Programms Fairplayer.Manual. Vortrag auf der 3. Fachtagung Sicherheit macht Schule: Umgang mit Mobbing und Cybermobbing, Februar 2016, Saarbrücken. Fairplayer.Manual 2
3 Gliederung des Vortrags Mobbing an Schulen Ein Gruppenphänomen Fairplayer.Manual theoretische Fundierung, Konzeption und Aufbau Evaluation Laufende Implementierung und Implementierungsmöglichkeiten Fairplayer.Manual 3
4 Zwei Jahre lang war Michael, ein stiller 13 jähriger, für einige seiner Klassenkameraden ein menschliches Spielzeug. Die Teenager setzten Michael zu, um an sein Geld zu kommen, sie zwangen ihn Unkraut zu schlucken und Milch, die mit Waschmittel vermengt war, zu trinken. Sie verprügelten ihn in den Toiletten und legten ihm einen Strick um den Hals, mit dem sie ihn wie ein Tier an der Leine herumführten. (nach Olweus, 2008) Fairplayer.Manual 4
5 Was ist Mobbing an Schulen (Bullying)? Fairplayer.Manual 5
6 Was ist Mobbing an Schulen? Spezifische schädigende Verhaltensweisen, die wiederholt und über einen längeren Zeitraum von einem oder mehreren Schülern ausgeführt werden Kennzeichnend ist weiterhin ein Machtgefälle zwischen dem Täter ( Bully ) oder einer Tätergruppe und dem wehrlosen Opfer ( Victim ) bzgl. physischer Stärke oder verbaler Kompetenz Das Opfer kann sich nicht alleine aus der Situation befreien Tritt auf der Ebene stabiler sozialer Netzwerke auf (etwa Schulklassen, Sportvereine) (nach Hayer & Scheithauer, 2008) Fairplayer.Manual 6
7 Häufigkeit: Einige Studien Studie Stadt/ Region N Klasse/ Schulform Täter (%)* Opfer (%)* Hanewinkel & Knaack (1997, 1999) Schlesw.- Holstein Klasse alle Schulformen (direkt) 5 (indirekt) Lösel et al. (1997) Nürnberg Erlangen Klasse Haupt-/Realschule, Gymnasium 9.3 (verbal) 10.7 (verbal) 5.3 (physisch) 4.9 (physisch) Scheithauer et al. (2006) Wittmund/ Bremen Klasse Haupt-/Realschule, Gymnasium Schäfer (1996) München und 8. Klasse Gymnasium * ein /mehrmals pro Woche Fairplayer.Manual 7
8 Fairplayer.Manual 8 Mobbing:
9 Häufige Mythen Die sind doch selbst schuld! Der sieht doch schon so aus.! Sowas gibt s doch nur in der Stadt! Das passiert nur an Hauptschulen! Das machen doch nur Jungs Das sind doch nur Worte! Das macht einen stark! Fairplayer.Manual 9
10 Häufigster Mythos Mobbing an unserer Schule doch nicht! Fairplayer.Manual 10
11 1862 Thomas Hughes, England Beschreibt die Schulzeit eines Jugendlichen an einer englischen Elite Schule Aus dem Vorwort: Mobbing in der Schule kann das ganze Leben eines Schülers ruinieren Mobbing muss unbedingt bekämpft werden und zwar, [ ] indem man die Schüler dazu bringt, einander zu respektieren und nicht (allein) durch Strafmaßnahmen durch Lehrkräfte Fairplayer.Manual 11
12 Risikofaktoren im Schulumfeld Regeln Schul /Klassenregeln sind wenig verbindlich, Mangel an expliziten Verhaltensregeln Räumliche Gestaltung Orte an der Schule sind reizlos und eintönig, Klassen /Pausenräume unpersönlich Schulklima Verbundenheit/Identifikation mit Schule fehlt Lernkultur Wenig Lehrerengagement (auch strukturbedingt) Reaktion auf Mobbing Weder zeitnah, adäquat noch konsistent Fairplayer.Manual 12
13 Mobbing: Ein Gruppenphänomen Fairplayer.Manual 13
14 Gruppendynamik In 2/3 aller Mobbing Vorfälle sind mehrere weitere Gleichaltrige beteiligt (Atlas & Pepler, 1998) Mobbing meistens im Rahmen relativ stabiler Gruppen (Schulklasse/Schule) Participant Role Ansatz (Salmivalli et al., 1996) Fairplayer.Manual 14
15 Participant Role Ansatz Täter 12% 20% Verstärker Assistenten 7% 17% Verteidiger Outsider 24% Opfer 8% Olweus et al. (1999) nach Salmivalli et al. (1996) Fairplayer.Manual 15
16 Das Programm Fairplayer.Manual Prävention auf Gruppen /Klassenebene Fairplayer.Manual 16
17 Wofür steht Fairplayer? Verein Fairplayer e.v in Bremen gegründet Förderung des Fairplay Gedankens : Zivilcourage, Hinsehen und soziale Kompetenz Öffentlichkeitswirksame Aktionen, um Fairplayer für die Jugendlichen präsent zu etablieren. (z.b. Botschafter aus Musik und Sport) Jugendliche als aktive, teilhabende Gestalter ihres sozialen Lebensraums Fairplayer.Manual 17
18 Was ist das Fairplayer.Manual? Strukturiertes, evaluiertes Präventionsprogramm Elf aufeinander aufbauende Schritte Durchführbar in Unterrichtsdoppelstunden in der Klasse Arbeit mit allen Jugendlichen einer Schulklasse, Zielgruppe: Jahrgangsstufe, Einbezug der Eltern Vision: Soziale Kompetenz und Zivilcourage als Kernelemente des schulischen Erziehungsauftrags Fairplayer.Manual 18
19 Programmziele Bessere Wahrnehmung dissozialen Verhaltens Wissensvermittlung: Was ist prosoziales Verhalten? Soziale Kompetenz + Zivilcourage + Mobbing Förderung des Verständnisses für persönliche Verantwortung Bewusstsein für Notlagen/Gewaltsituationen schaffen Förderung: Empathie und (kognitive) Perspektivenübernahme Förderung moralischer Sensibilität/Urteilsvermögen Entwicklung von Handlungsalternativen und Strategien Fairplayer.Manual 19
20 Fairplayer.Manual: Methoden Aus psychologischen/ kognitiv behavioralen Methoden abgeleitet, zum Beispiel: strukturierte pädagogische Rollenspiele Training von Empathie und Perspektivenübernahme Reflexion über eigenes Verhalten / Verhalten der Gruppe Partizipations /Aushandlungsmethoden (z.b. Ampelkarten) (nach Scheithauer & Bull, 2008) Fairplayer.Manual 20
21 Die 11 Schritte des Manuals Schritt 1: Was ist Fairplayer? Schritt 5: Gefühle und Körpersprache Schritt 9: 1: Moralischefairplayer? Was ist Dilemmata Schritt 2: Klassen / Feedbackregeln Schritt 6: Soziale Rollen Schritt 10: Jungen und Mädchen Schritt 3: Formen der Gewalt Schritt 7: Klassenklima Schritt 11: Abschluss/ Ausblick Schritt 4: Was ist Zivilcourage? Wissensebene Schritt 8: Rollen was kann ich tun? Einstellungs und Handlungsebene Fairplayer.Manual 21
22 Fairplayer.Manual: Beispiele Fairplayer.Manual 22
23 Schritt 9 Moralische Dilemmata Was verstehen wir unter Moral? Oft gibt es kein richtiges oder falsches Verhalten im Sinne einer Allgemeingültigkeit richtig und falsch können sich je nach Situation verändern. Definition: Moralische Urteilsfähigkeit bedeutet, fair und für alle gerecht zu handeln, egoistische Motive gegen Motive der Fürsorge abzuwägen. Fairplayer.Manual 23
24 Dilemma Katrin und Silke Fairplayer.Manual 24
25 Fairplayer.Manual: Evaluation Fairplayer.Manual 25
26 Forschungs / Programmdefizit Anti Mobbing Programme führen zu kleinen, positiven Effekten oftmals jedoch ohne praktische Signifikanz oftmals keine Auswirkungen im konkreten Verhalten (lediglich schwache Einstellungsänderungen) (Ferguson et al., 2007; Merrell et al., 2008; Ryan & Smith, 2009) Fairplayer.Manual 26
27 Evaluationsphasen I. Pilot in Bremen: N = 226 Wettbewerb an Bremer Schulen II. 1.Teilevaluation, Berlin: N = 113 Mobbing, prosoziales Verhalten; Prozessevaluation etc. III. 2. Teilevaluation, Berlin: N = 119 Empathie, Teilnehmerrollen, moralische Dilemmata etc. IV. 3. Teilevaluation, HB: N = 220 Cybermobbing, Attitudes/Beliefs, psychische Gesundheit etc. Konzeptphase (präformative Phase): Konzept der Maßnahme/n Entwicklungsphase (formative Phase): Pilotstudien, Machbarkeit, erste Überprüfungen der Wirksamkeit Überprüfungsphase (1. summative Phase): Gezielte Überprüfung der Durchführbarkeit & Wirksamkeit unter Alltagsbedingungen Routinephase (2. summative Phase): Konkrete Umsetzung und Anwendung des Programms: Vergleichende Evaluation, Implementationsmodelle 4 Stichproben/Teilstudien N = 678; IG: N = 562; KG: N = 116 Altersspanne: 11 J. 19 J. u.a. kontrollierte, prä post (4 M.), follow up (12M. nach post) Design Lang (16 Wochen) vs. Kurzversion (10 W.) vgl. Uhl (2000) 27
28 Zusammenfassend Ergebnisse Fairplayer Gruppe nach Programmdurchführung im Vergleich zur Kontrollgruppe Rückgang Zahl der Opfer, Täter und Täter/Opfer von Mobbing Rückgang Intensität (Anzahl Attacken) von Mobbing Rückgang relationaler Aggression Rückgang Gewaltlegitimation Rückgang Popularität Täter in der Gruppe Steigerung prosoziales Verhalten Verbesserte Empathie, Zusammenhalt in der Klasse, moralische Wertvorstellungen Hohe Einschätzung der Machbarkeit und Relevanz des Programms, sehr gute Umsetzbarkeit z.b. Bull, Schultze, & Scheithauer (2009); Scheithauer, Hess, Schultze Krumbholz, & Bull (2012); Scheithauer & Bull (2008) Fairplayer.Manual 28
29 Wirksamkeit des Programms Gelistet in der Datenbank Grüne Liste Prävention mit der höchsten Stufe Effektivität nachgewiesen Gewinner des EUCPN Awards 2011 Fairplayer.Manual 29
30 Implementierung von Fairplayer in jeder Region Deutschlands möglich! Fairplayer.Manual 30
31 Bundesweites Angebot Finanziell gefördert durch die Deutsche Bahn Stiftung, zusätzlich unterstützt durch das Deutsche Forum für Kriminalprävention (DFK) Bereits über 500 Multiplikatoren aus über 90 Schulen in 14 Bundesländern ausgebildet, hohe Akzeptanz des Angebots Ziel: Bundesweite Implementation jede Schule, die möchte! Fairplayer.Manual 31
32 Bundesweiter Roll Out des Programms Fairplayer.Manual : Kick off Event: 11. November 2011, Berlin Source: BMI/Hans Joachim M. Rickel Von links nach rechts: Lehrerin und Schüler der Felix Mendelssohn Bartholdy Schule ( Fairplayer.Modellschule ), Berlin, Dr. Hans Peter Friedrich, Bundesinnenminister, Dr. Rüdiger Grube, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bahn AG, Prof. Dr. Herbert Scheithauer, Freie Universität Berlin, Gründer von Fairplayer 32
33 Fortbildungskonzept Fairplayer Intensivfortbildung Fairplayer.manual 4 Tage (entweder 2x2 Tage oder 4 Tage Block) Termine regelmäßig in Berlin oder vor Ort in der Region Eigenständige Durchführung des Programms durch den Lehrer/Schulsozialarbeiter an seiner Schule Beratungsangebot (telefonisch/online) Zertifizierung: Fairplayer.Multiplikator Qualitätsverbund (1x im Jahr) Beratungsangebot (telefonisch/online) Fairplayer.Manual 33
34 Fairplayer.Fortbildung Sehr positive Rückmeldungen seitens der bisherigen Teilnehmer/innen hohe praktische Relevanz Informationen und Anmeldung fortbildung.de perspektivisch Aufbau regionaler Strukturen Fairplayer.Manual 34
35 Praktische Umsetzung Beispiele Klassenrats /Klassenleiterstunde Ethik/Sozialkunde/Psychologie weiterer Fachunterricht (abwechselnd) Ganztagsschulen (z.b. nachmittags) Fairplayer.Manual 35
36 Rückmeldungen Die Schüler lernen Toleranz, Konfliktfähigkeit und Fairness im täglichen Umgang.Fairplayer ist auf jeden Fall eine sehr wirksame Möglichkeit, um den Klassenzusammenhalt und das Klassenklima langfristig zu stärkendie Schüler haben erarbeitet, Wie man bei Mobbing am besten reagiert und Hilfe sucht bzw. wie man Mobbing im Keim ersticken kann.«fairplayer.manual 36
37 Kontakt Dipl. Psych. Stephan Warncke Koordinator Implementationsprojekt Fairplayer.Manual Arbeitsbereich Entwicklungswissenschaft & Angewandte Entwicklungspsychologie Fachbereich Erziehungswissenschaft und Psychologie Freie Universität Berlin Habelschwerdter Allee 45 D Berlin Telefon ++49 (0) stephan.warncke@fu berlin.de fairplayer@zedat.fu berlin.de fortbildung.de Fairplayer.Manual 37
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