Teil II: Quantitative Risikoanalyse
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- Melanie Ackermann
- vor 6 Jahren
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1 Teil II: Quantitative Risikoanalyse Im ersten Teil dieser Reihe über Risikomanagement 1 haben wir uns mit unserer Auffassung von Risiko und Unsicherheit aus historischer Sicht befasst und die wichtigsten Begriffe eines umfassenden Risikomanagementprozesses vorgestellt. Wir haben gesehen, wie wichtig eine angemessene Quantifizierung von Risiken ist und sind in diesem Kontext kurz auf die Bedeutung der Wahrscheinlichkeitstheorie eingegangen. Im zweiten Teil wollen wir uns nun mit der mathematischen Darstellung von Unsicherheiten und Risiken befassen und sehen, welche Art von Informationen aus solchen quantitativen Betrachtungen extrahiert werden können. Da sich Risiken nicht nur auf eine Art messen lassen, wollen wir einige der heute im Risikomanagement gängigen Risikomaßstäbe genauer betrachten und miteinander vergleichen. Abschließend werden wir uns mit einigen Fragen und Problemen der quantitativen Bewertung von Unsicherheiten und Risiken in realen Situationen befassen und auf die Bedeutung von Szenariosimulationen und Sensitivitätsanalysen eingehen. Charakterisierung von Unsicherheiten und Risiken In der Mathematik werden Unsicherheiten als Zufallsvariablen dargestellt. Dies sind Variablen, deren Wert nicht eindeutig vorhergesagt werden kann. Sie werden lediglich durch die Wahrscheinlichkeiten beschrieben, mit der sie die verschiedenen Werte annehmen. Ein bekanntes Beispiel für eine Zufallsvariable ist die Zahl der Augen beim Wurf eines idealen Würfels. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine 1, 2, 3, 4, 5 oder 6 fällt, ist jeweils gleich groß, d. h. alle sechs Werte haben die gleiche Wahrscheinlichkeit von 1/6. Wirft man den Würfel viele Male, bedeutet dies also, dass in etwa einem Sechstel aller Würfe die 6 fallen wird. Zufallsvariablen werden also gänzlich durch eine so genannte «Wahrscheinlichkeitsverteilung» beschrieben. Diese gibt die Wahrscheinlichkeit für jeden Wert an, den die Zufallsvariable annehmen kann. Bei kontinuierlichen Zufallsvariablen wird die entsprechende Wahrscheinlichkeitsverteilung zu einer kontinuierlichen Funktion, die häufig als «Wahrscheinlichkeitsdichte» bezeichnet wird (siehe unten). Risiken ergeben sich aus Unsicherheiten, und die Größe, mit der ein bestimmtes Risiko verbunden ist, ist gewöhnlich eine Funktion vieler unsicherer (Zufalls-)Variablen. Dies wird deutlich, wenn man das Umsatzrisiko betrachtet, das mit der Erzeugung und dem Verkauf von Elektrizität verbunden ist. Will man wissen, wie sich eine verminderte Generatorverfügbarkeit auf den Jahresumsatz auswirkt, sind die relevanten Unsicherheiten die 1) Siehe 2/2004 S
2 Anzahl der Ausfälle, die Dauer der Ausfälle und der Strompreis auf dem Markt zum Zeitpunkt der Ausfälle. Die entsprechenden bestimmen dann die Wahrscheinlichkeitsverteilung des Jahresumsatzes also die für die Einschätzung des Umsatzrisikos notwendige Information (wobei auch mögliche Korrelationen zwischen den einzelnen Unsicherheiten berücksichtigt werden müssen). Im Folgenden sollen die in einer Wahrscheinlichkeitsverteilung enthaltenen Informationen anhand von drei typischen Beispielen betrachtet werden (siehe 1 ). Die Poissonverteilung 1a bezieht sich auf die Anzahl der Ereignisse pro Zeiteinheit, die in einem so genannten Poissonprozess beobachtet werden. Poissonprozesse werden als geeignetes Modell für viele praktische Probleme herangezogen, z.b. um das zufällige Auftreten von Defekten und Ausfällen in industriellen Prozessen zu beschreiben. Das in 1a dargestellte Beispiel basiert auf einer durchschnittlichen Anzahl von drei Ereignissen (z.b. drei Ausfälle pro Jahr). In diesem Fall liegt die Wahrscheinlichkeit von null Ereignissen bei 5% und entspricht in etwa der Wahrscheinlichkeit von sechs beobachteten Ereignissen. Die Wahrscheinlichkeit, zwei, drei oder vier Ereignisse zu beobachten, liegt bei etwa 60%. Die Poissonverteilung ist ein Beispiel für eine diskrete Wahrscheinlichkeitsverteilung, d. h. die zugrunde liegende Zufallsvariable (Anzahl der Ereignisse) kann nur diskrete Werte (0, 1, 2, 3 usw.) annehmen. Oft werden wir aber mit kontinuierlichen Zufallsvariablen konfrontiert, die einen beliebigen Wert innerhalb eines bestimmten Intervalls annehmen können. Die Eigenschaften solcher Zufallsvariablen werden dann durch eine so genannte «Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion» beschrieben (siehe Beispiele 1b und 1c ). Die Exponentialverteilung 1b wird häufig verwendet, um die Zufallseigenschaften der Ausfalldauer oder der Zeitspanne bis zum Ausfall von Systemkomponenten (z. B. gemessen in Stunden) zu modellieren. 1b zeigt auch, wie solche Wahrscheinlichkeitsdichten interpretiert werden: Die farbig markierte Fläche entspricht der Wahrscheinlichkeit, dass die Dauer D eines Ausfalls zwischen 5 und 7,5 Stunden beträgt. Die Gesamtfläche unterhalb der Kurve entspricht demnach dem Wert eins (d. h. einer Wahrscheinlichkeit von 100%). Die wohl bekannteste Wahrscheinlichkeitsdichte ist die Gaußsche Normalverteilung 1c. Sie repräsentiert sehr genau die Unsicherheit, die in vielen biologischen und technischen Systemen beobachtet wird. Ebenso liegt die Wahrscheinlichkeitsverteilung für den Wert eines Anlageportfolios oder eines Industrieprojekts häufig sehr nahe bei einer Normalverteilung zumindest wenn dieser Wert von einer ausreichend großen Zahl unabhängiger Zufallsvariablen abhängt. Das Beispiel 1c geht von einem Durchschnittswert (z. B. eines Projektes) von 10 (z.b. 10 Mio. Euro) aus. Der farbige Bereich unterhalb der Kurve (von minus unendlich bis null) entspricht der Wahrscheinlichkeit, dass das Projekt zu einem Verlust führt (d. h. einen negativen Wert annimmt). 1 Beispiele für (Wahrscheinlichkeitsdichten): a) 0.25 b) c) p (N) ρ (D) ρ (V) N (# Events) D (Outage Duration) V (Value) Poissonverteilung Exponentialverteilung Gaußsche Normalverteilung 67
3 Mathematisch gesehen stellen solche Flächen (zwischen minus unendlich und einem bestimmten Wert V) das entsprechende Integral über die Funktion der Wahrscheinlichkeitsdichte dar. Die resultierende Funktion wird als «kumulative Wahrscheinlichkeitsverteilung» bezeichnet 2. Diese gibt für jeden Wert V die Wahrscheinlichkeit an, mit der der (Projekt-) Wert kleiner als V ausfällt. Aus der kumulativen Wahrscheinlichkeitsverteilung können wir die meisten Informationen ablesen, die zur quantitativen Beschreibung der mit der zufälligen Natur der entsprechenden Variable verbundenen Risiken notwendig sind. In 2 sind zum Beispiel Prob (Value < V) die Vertrauensgrenzen von 10 und 90% für die Zufallsvariable V hervorgehoben. Diese besagen, dass der Wert von V mit einer Wahrscheinlichkeit von 10% unter 3,6 und mit einer Wahrscheinlichkeit von 90% unter 16,4 liegen wird. Das entsprechende «Vertrauensintervall» von 80% ist deshalb gegeben durch [3,6 < V < 16,4]. Die bekanntesten Eigenschaften einer Zufallsvariable, ihr Durchschnittswert µ und ihre Varianz σ 2, lassen sich für gewöhnlich allerdings nicht aus der kumulativen Wahrscheinlichkeitsverteilung ermitteln, sondern müssen mit Hilfe der Wahrscheinlichkeitsdichte bestimmt werden. Bei der Poissonverteilung in 1a wird µ zum Beispiel durch Summierung von N p(n) über alle Werte von N und σ 2 dann durch Summierung von (N µ) 2 p(n) bestimmt. Bei den in 1b und 1c dargestellten Beispielen werden diese Summen durch die entsprechenden Integrale ersetzt. Risikomaßstäbe Der Hauptzweck einer Quantifizierung von Risiken und Unsicherheiten ist die Kumulative Normalverteilung (entsprechend der Wahrscheinlichkeitsdichte in Abbildung 1c) Die gestrichelten senkrechten Linien markieren die Vertrauensgrenzen für 10 und 90 % für den Wert von V. Schaffung einer soliden Basis für Entscheidungen. Da eine Wahrscheinlichkeitsverteilung als Informationsform für die Entscheidungsfindung nur bedingt praktisch ist, besteht Bedarf für «handlichere» Risikomaßstäbe, vorzugsweise für solche, die sich durch eine einzige Zahl darstellen lassen. Angenommen, wir stehen vor dem Risiko, dass sich der Wert eines Anlageportfolios (bzw. eines geplanten Projekts) in ungünstiger Weise verändert. Das einfachste Maß für dieses Risiko ist der durchschnittliche (erwartete) Wert der potenziellen Verluste. Außerhalb des Finanzwesens ist dies oft das einzige quantitative Risikomaß, das herangezogen wird. Der erwartete Verlust ist jedoch nur einer der Risikomaßstäbe, die in einem umfassenden Risikomanagementprozess berücksichtigt werden müssen. Er stellt die mit jeder geschäftlichen Aktivität verbundenen Kosten dar und beeinflusst somit den erwarteten Nettoertrag, gibt aber keinen Aufschluss über die Wahrscheinlichkeit und die V Höhe von außergewöhnlichen Verlusten. Derartige Informationen werden aber benötigt, um das zur Deckung solcher Verluste notwendige Kapital zu bestimmten. Hierzu können informativere Risikomaßstäbe, z. B. Vertrauensgrenzen, aus der kumulativen Wahrscheinlichkeitsverteilung der betreffenden Größe ermittelt werden 2. Einer dieser Maßstäbe, der so genannte Value-at-Risk (VaR) [1][2], genießt in jüngster Zeit große Aufmerksamkeit und gilt mittlerweile als anerkannter Standard für die Risikomessung. Der Value-at-Risk ist definiert als maximaler erwarteter Verlust innerhalb eines bestimmten Zeitraums, der mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit α (Vertrauensgrad) nicht überschritten wird. Mathematisch wird der VaR durch die folgende implizite Gleichung bestimmt: Prob [ V < - VaR ] = 1 α, wobei sich «Prob» auf die kumulative Wahrscheinlichkeitsverteilung von V, also die Wertänderung eines Portfolios bzw. Projekts über einen bestimmten Zeitraum bezieht. Die Definition des VaR für einen Vertrauensgrad von 95% ist in 3 dargestellt. Value-at-Risk ist mittlerweile zu einem wichtigen Risikomanagement-Instrument im Finanzwesen geworden. Laut der Eigenkapitalvereinbarung des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht [3] sind Banken inzwischen verpflichtet, den VaR täglich für ein Intervall (Haltefrist) von 10 Tagen und einen Vertrauensgrad von 99 % zu ermitteln. Aber auch außerhalb der Finanzwelt spielt das Prinzip des VaR eine immer wichtigere Rolle, und für eine Vielzahl von Geschäftsrisiken wurden entsprechende Maßstäbe definiert (z. B. Profit-at-Risk und Credit-Value-at-Risk). Andererseits ist das VaR-Prinzip auch mit 68
4 einigen Einschränkungen verbunden. So liefert es grundsätzlich keinerlei Informationen zur erwarteten Höhe der Verluste, die über die VaR-Grenze hinausgehen. Auch wenn die Wahrscheinlichkeit solcher Verluste relativ gering ist (gleich 1 α), könnte es doch sehr gefährlich werden, wenn man nicht weiß «wie schlimm es kommen kann, wenn etwas schief geht». Aggregation von Risiken Die meisten Geschäftsrisiken hängen von einer Reihe unterschiedlicher Unsicherheitsfaktoren ab. Auch wenn wir die der einzelnen Risikofaktoren bestimmen bzw. abschätzen können, müssen wir diese dann noch zu einer Wahrscheinlichkeitsverteilung des Gesamtrisikos zusammenfassen (aggregieren). Ein allgemein anwendbarer und weit verbreiteter Ansatz zur Lösung solcher Probleme ist die Monte-Carlo-Simulation. Hierbei wird die Wahrscheinlichkeitsverteilung des Gesamtrisikos mit Hilfe einer Vielzahl zufällig erzeugter Werte für die einzelnen Risikofaktoren bestimmt. Diese Werte werden aus den bekannten bzw. geschätzten der unterschiedlichen Risikofaktoren oder direkt aus entsprechenden historischen Daten gewonnen. Monte-Carlo-Simulationen haben den Vorteil, dass keine bestimmte Form für die einzelnen angenommen werden muss und Wechselbeziehungen leicht berücksichtigt werden können. Der Nachteil liegt darin, dass für eine einigermaßen genaue Schätzung des VaR normalerweise eine große Zahl von Monte-Carlo-Schritten erforderlich ist. Genügt uns aber eine ungefähre Bestimmung der Wahrscheinlichkeitsverteilung für das aggregierte Risiko, können wir auf analytische Verfahren zurückgreifen und müssen keine zeitaufwändigen Monte-Carlo-Simulationen durchführen. Ein weit verbreiteter Ansatz basiert auf dem zentralen Grenzwertsatz. Dieser besagt, dass die Wahrscheinlichkeitsverteilung einer Summe unabhängiger Zufallsvariablen näherungsweise durch eine Normalverteilung beschrieben werden kann, wenn die Anzahl der einzelnen Zufallsvariablen groß genug ist. Eine Normalverteilung ist aber vollständig durch ihren Durchschnittswert und ihre Varianz bestimmt, und für eine Summe von Zufallsvariablen können diese Größen einfach durch Addition der einzelnen Anteile berechnet werden. Die näherungsweise Bestimmung einer aggregierten Risikowahrscheinlichkeitsverteilung mit Hilfe einer (Gaußschen) Normalverteilung ist in 4 dargestellt. Sie bezieht sich auf eine Summe aus zehn binären Risikofaktoren, von denen jeder mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,2 einen Wert von 10 und mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,8 einen Wert von null annimmt. Für gewöhnlich ist die «Gaußsche Näherung» bereits bei einer Summe von nur fünf Risikofaktoren ausreichend genau, vorausgesetzt dass deren nicht zu asymmetrisch sind. Evaluation von Bei einigen Risiken kann die Abschätzung der Wahrscheinlichkeitsverteilung auf der Basis von historischen Daten erfolgen. Dies gilt vor allem für Marktrisiken wie Wechselkursrisiken und Zinsrisiken. Für Banken gibt der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht sogar bindende Standards [3] für die Messung solcher Risiken vor. 5 zeigt ein Histogramm der relativen Änderung des USD/CHF-Schlusskurses im Verlauf des Jahres Um die Be- 3 Definition des Value-at-Risk (VaR) für einen Vertrauensgrad von 95 % 4 Kumulative Verteilungsfunktion für das aggregierte Risiko von zehn binären Risikofaktoren im Vergleich mit der Näherung durch eine Normalverteilung (rote Kurve) ρ ( V) % -VaR (95%) Prob (Risk < R) V (Change in Value) R 69
5 N (days) rechnung von VaR-Grenzen zu vereinfachen, wird ein derartiges Histogramm aus historischen Daten häufig durch eine Normalverteilung mit demselben Durchschnittswert und derselben Standardabweichung approximiert. Doch wie das Beispiel zeigt, bleiben bei dieser Näherung die sehr kleinen und was noch wichtiger ist die sehr großen Änderungen unterbewertet. Tatsächlich besitzen die von Marktrisiken so genannte «Fat Tails», d. h. große Änderungen treten in Wirklichkeit häufiger auf als die Normalverteilung vermuten lässt. Es gibt Hinweise, dass einige technische Risiken (z. B. Stromausfälle) das gleiche Phänomen aufweisen. Um die Wahrscheinlichkeit von großen Verlusten oder Schäden abschätzen zu können, ist es daher wichtig, dass diese Beobachtungen entsprechend berücksichtigt werden Histogramm der täglichen relativen USD/CHF- Kursänderung für das Jahr day-to-day change (%) Die rote Kurve zeigt die Näherung durch eine Normalverteilung mit demselben Mittelwert und derselben Standardabweichung. Außerhalb des Finanzwesens stehen zum Teil zwar historische Daten zur Verfügung (z. B. Ausfall- und Leistungsdaten von bestimmten Komponenten oder Systemen), doch zumeist müssen die Wahrscheinlichkeitseigenschaften der verschiedenen Risiken ohne zuverlässige statistische Daten abgeschätzt werden. In solchen Fällen sind wir gezwungen, unsere Analyse auf das Urteil von Experten zu basieren. Allerdings beschreiben Experten die Risiken gewöhnlich nicht durch eine Wahrscheinlichkeitsverteilung, sondern lediglich durch deren maximale Auswirkung und durch die Wahrscheinlichkeit, mit der die entsprechenden Kosten tatsächlich entstehen (oder durch die minimale, wahrscheinlichste, und maximale Auswirkung eines bestimmten Risikos). Aus diesen Angaben müssen wir dann eventuell mit Hilfe einiger Zusatzinformationen eine angemessene Wahrscheinlichkeitsverteilung ableiten oder zumindest den Durchschnittswert und die Varianz der verschiedenen Risikofaktoren abschätzen. Szenariosimulationen Ist es trotzdem sinnvoll, detaillierte quantitative Analysen durchzuführen, auch wenn oft nur grobe und wenig zuverlässige Schätzungen der unterschiedlichen Risiken zur Verfügung stehen? Die meisten Risikomanager sind der Ansicht, dass es immer besser ist, überhaupt quantitative Informationen zu haben als gar keine. Stehen aber ausschließlich grobe Schätzungen oder Vermutungen zu Risiken zur Verfügung, dann ist die Durchführung genauer mathematischer Analysen nur wenig sinnvoll. In solchen Fällen ist es sehr viel wichtiger, eine entsprechende Bewertung durch geeignete Szenariosimulationen zu ergänzen. Mit Hilfe solcher Simulationen können z. B. die Auswirkungen von Modellierungsunsicherheiten analysiert und die Empfindlichkeit unserer Ergebnisse in Bezug auf verschiedene Annahmen festgestellt werden. Da sich die Unsicherheiten, die mit der Untersuchung von Risikoabschätzungen verbunden sind, nie vollständig beseitigen lassen, spielen Szenariosimulationen bei jeder quantitativen Risikoanalyse eine wichtige Rolle. Außerdem sind Szenariosimulationen oft die einzige Alternative, wenn es darum geht, die Auswirkungen von extremen Ereignissen zu bestimmen («Stress Testing») oder die relativen Auswirkungen unterschiedlicher Hedging-Strategien zu untersuchen. Einige konkrete Anwendungen von Szenariosimulationen werden im nächsten Artikel dieser Reihe diskutiert, wo die Möglichkeiten und Grenzen einer quantitativen Risikoanalyse anhand eines fiktiven, aber repräsentativen industriellen Projekts aufgezeigt werden. Jakob Bernasconi ABB Schweiz AG Corporate Research jakob.bernasconi@ch.abb.com Literaturhinweise [1] Siehe z.b. «Value at Risk» von Thomas J. Linsmeier und Neil D. Pearson, Financial Analysts Journal, Vol. 56, No. 2, März / April 2000, Seiten [2] Eine gute Quelle für Informationen zum Thema VaR und generell zum Thema «quantitatives Risikomanagement» ist die Website von GloriaMundi («All about Value at RiskTM»): [3] Basel Committee Publications No. 24, «Amendment to the Capital Accord to Incorporate Market Risks», Januar 1996, überarbeitet im September 1997, 70
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