Kolloquium. Leitentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts. BVerfGE 97, 125/ E 101, 361/ E 120, 180 Caroline I-III
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- Anneliese Stein
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1 PD Dr. Graf Kielmansegg SS 2012 Kolloquium Leitentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts BVerfGE 97, 125/ E 101, 361/ E 120, 180 Caroline I-III Im September 1993 erschien in der Zeitschrift Das Neue Blatt ein Artikel über eine angeblich bevorstehende Hochzeit von Prinzessin Caroline von Monaco. Dieser Artikel wurde auf der Titelseite angekündigt mit der Schlagzeile: Exklusiv-Reportage Die Nachbarn proben schon fürs große Fest Caroline & Vincent Ganz Saint Remy freut sich: Das wird eine Märchenhochzeit. Daraufhin wurde der Verlag vom Landgericht Hamburg verurteilt, auf der Titelseite einer der folgenden Ausgaben in vergleichbarer Aufmachung eine Gegendarstellung von Prinzessin Caroline abzudrucken. Dagegen legte der Verlag Verfassungsbeschwerde ein (Caroline I). Außerdem veröffentlichen die Zeitschriften Freizeit Revue und Bunte mehrere bebilderte Artikel zu Caroline von Monaco. Einige zeigen sie allein, z.b. in einer Koppel auf einem Pferd reitend, auf einem Feldweg radfahrend, oder auf dem Gang zum Marktplatz. Auf anderen ist sie zusammen mit dem Schauspieler Vincent Lindon in einem Gasthaus abgebildet, und auf drei Bildern ist sie zusammen mit ihren Kindern zu sehen. Daneben sind Begleittexte abgedruckt wie Hausfrau Caroline Casiraghi. Sie liebt es, selbst einzukaufen, oder Es ist ein heißer Tag in diesem Sommer. Prinzessin Caroline paddelt mit ihrer Tochter Charlotte auf der Sorgues. Das ist ein kleiner Fluß unweit von St-Rémy, dem Dorf in der Provence, wo Caroline lebt. Von New York bis London flüstern die Schönen und Reichen von Le Style Caroline. Kanu statt Jacht. Sandwich statt Kaviar. Caroline erhob Klage auf Unterlassung der Veröffentlichung. Sie hatte damit vor dem Bundesgerichtshof nur für einige Bilder Erfolg, auf denen Vincent Lindon ihr in einem Gartenlokal in Saint-Rémy die Hand küßt. Hinsichtlich der übrigen Bilder legte Caroline Verfassungsbeschwerde ein (Caroline II). In den Jahren 2002 und 2003 schließlich kam es erneut Streitigkeiten um die Veröffentlichung von Bildern. Sie zeigten Caroline zusammen mit ihrem Ehemann Prinz Ernst August von Hannover im Sessellift und auf der Straße im Urlaub in St. Moritz und Zürs sowie in Kenia. Damit wurden Artikel bebildert, die über die Krankheit von Fürst Rainier von Monaco, über aristokratische Feriengewohnheiten und über die Vermietung von Luxusvillen prominenter Persönlichkeiten darunter auch einer in Kenia gelegenen Villa von Caroline und Ernst August berichteten. Der BGH gab Carolines Unterlassungsklage überwiegend statt, nicht aber für die Bilder im Zusammenhang mit dem Bericht über die Erkrankung ihres Vaters. Gegen diese Entscheidungen legten sowohl Caroline als auch die betroffenen Verlage Verfassungsbeschwerden ein (Caroline III).
2 PD Dr. Graf Kielmansegg SS Hamburgisches Landespressegesetz (1) Der verantwortliche Redakteur und der Verleger eines periodischen Druckwerks sind verpflichtet, eine Gegendarstellung der Person oder Stelle zum Abdruck zu bringen, die durch eine in dem Druckwerk aufgestellte Tatsachenbehauptung betroffen ist [ ] (2) Die Pflicht zum Abdruck einer Gegendarstellung besteht nicht, wenn die Gegendarstellung ihrem Umfang nach nicht angemessen ist. Überschreitet die Gegendarstellung nicht den Umfang des beanstandeten Textes, so gilt sie als angemessen. Die Gegendarstellung muß sich auf tatsächliche Angaben beschränken und darf keinen strafbaren Inhalt haben. [ ] (3) Die Gegendarstellung muß in der nach Empfang der Einsendung nächstfolgenden, für den Druck nicht abgeschlossenen Nummer in dem gleichen Teil des Druckwerks und mit gleicher Schrift wie der beanstandete Text ohne Einschaltungen und Weglassungen abgedruckt werden. Sie darf nicht in Form eines Leserbriefes erscheinen [ ] 22 Auszüge aus dem Kunsturhebergesetz: Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden [ ] 23 (1) Ohne die nach 22 erforderliche Einwilligung dürfen verbreitet und zur Schau gestellt werden: 1. Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte [ ] (2) Die Befugnis erstreckt sich jedoch nicht auf eine Verbreitung und Schaustellung, durch die ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten oder, falls dieser verstorben ist, seiner Angehörigen verletzt wird.
3 PD Dr. Sebastian Graf Kielmansegg SS 2012 (LS Prof. Dr. Christoph Möllers) Kolloquium: Leitentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts BVerfGE 97, 125/ E 101, 361/ E 120, 180 Caroline I-III Kielmansegg: Leitentscheidungen des BVerfG Seite 1
4 Streitkonstellation Prüfungsmaßstab in der Urteils-VB: Ein Grundrechtsverstoß, der zur Beanstandung der angegriffenen Entscheidungen führt, liegt nur dann vor, wenn übersehen worden ist, daß bei Auslegung und Anwendung der verfassungsmäßigen Vorschriften des Privatrechts Grundrechte zu beachten waren; wenn der Schutzbereich der zu beachtenden Grundrechte unrichtig oder unvollkommen bestimmt oder ihr Gewicht unrichtig eingeschätzt worden ist, so daß darunter die Abwägung der beiderseitigen Rechtspositionen im Rahmen der privatrechtlichen Regelung leidet, und die Entscheidung auf diesem Fehler beruht Kielmansegg: Leitentscheidungen des BVerfG Seite 2
5 Caroline I (Gegendarstellungsrecht) I. Schutzbereich? II. Eingriff? III. Rechtfertigung? 1. Einschränkbarkeit 2. Verfassungsmäßiger Ausgleich Kielmansegg: Leitentscheidungen des BVerfG Seite 3
6 Caroline II (Bildberichterstattung) Allgemeines Persönlichkeitsrecht, Art. 2 Abs. 1 i.v.m. 1 Abs. 1 GG Recht am eigenen Bild Schutz der Privatsphäre Voraussetzung nach Caroline II: Örtliche Abgeschiedenheit Kielmansegg: Leitentscheidungen des BVerfG Seite 4
7 Herkömmliche Auslegung des KUG: Figur der Zeitgeschichte absolut relativ Kielmansegg: Leitentscheidungen des BVerfG Seite 5
8 Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte: Caroline von Hannover / Deutschland I Rs /00 vom Kielmansegg: Leitentscheidungen des BVerfG Seite 6
9 Caroline III (Bildberichterstattung) Neujustierung der Balance zwischen Pressefreiheit und Allgemeinem Persönlichkeitsrecht i.e. bestätigt vom EGMR: Caroline von Hannover / Deutschland II Rs /08 vom Kielmansegg: Leitentscheidungen des BVerfG Seite 7
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