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1 Diese Kopie wird nur zur rein persönlichen Information überlassen. Jede Form der Vervielfältigung oder Verwertung bedarf der ausdrücklichen vorherigen Genehmigung des Urhebers by the author S Ü D W E S T R U N D F U N K F S - I N L A N D R E P O R T MAINZ S E N D U N G: Korrupte Ärzte vom Gesetz und von der Berufsordnung nicht zu stoppen Autoren: Kamera: Oliver Heinsch Sven Giebel Thomas Schäfer Schnitt: Inge Marić Moderation Fritz Frey: Das Urteil des Bundesgerichtshofes war ein Paukenschlag. Die Kommentare entsprechend. Nach dem Urteil, so der einhellige Tenor, dürfen niedergelassene Ärzte weiterhin Schmiergeld kassieren. Kein Problem. Was war geschehen? Das Landgericht Hamburg hatte einen Arzt wegen Bestechlichkeit und eine Pharmareferentin wegen Bestechung verurteilt. Tausende von Euro waren in die Taschen des Arztes geflossen, weil er bevorzugt Medikamente ein und desselben Arzneimittelherstellers verschrieben hatte. Der Bundesgerichtshof hob dieses Urteil auf, jedoch nicht ohne auf eine Gesetzeslücke hinzuweisen. Ob Korruption im Gesundheitswesen strafwürdig ist, dies zu klären, sei Aufgabe des Gesetzgebers.

2 2 Aufgabe also für unsere Politiker. Oliver Heinsch hat mit Ärzten über dieses Urteil gesprochen und er hat Staatsanwaltschaften besucht, die jetzt buchstäblich einpacken können. Bericht: Diese Akten enthalten brisantes Material. Wir sind bei der Staatsanwaltschaft Dresden. Der Verdacht: Bundesweit haben sich über 50 Ärzte schmieren lassen, damit sie ein bestimmtes Krebsmedikament verschreiben. Doch das Verfahren muss die Staatsanwaltschaft einstellen trotz des Aufwands. O-Ton, Wolfgang Klein, Generalstaatsanwaltschaft Dresden:»Wir habe sehr vielen Mühen in dieses Verfahren gesteckt, mit viel Personal und mit viel Zeit, viele Beweismittel gesammelt, wir hatten viele Erkenntnisse über Zuwendungen bis zu Euro in etwa, für einen Arzt.«Vergebliche Mühe. So geht es nach den Recherchen von REPORT MAINZ bundesweit mehreren Staatsanwaltschaften, die wegen einer Gesetzeslücke große Verfahren einstellen müssen. Niedergelassene Ärzte, die in ihrer Praxis ein bestimmtes Medikament verschreiben, nicht weil es das Beste ist, sondern weil sie dafür vom Hersteller kassieren. Was der Patient nicht weiß: Mal kassiert der Arzt Geldprämien, mal teure Geschenke oder eine schöne Reise. Nicht strafbar, hat der Bundegerichtshof in einem aktuellen Beschluss gesagt: Zumindest nach den bisherigen Gesetzen anders als bei Krankenhausärzten. Ein neues Gesetz lehnt der Präsident der Bundesärztekammer aber strikt ab und versichert: O-Ton, Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer:»Wir lehnen die Entgegennahme von Geschenken durch Ärzte vollständig ab, das ist strafbar nach dem Berufsrecht, das wollen wir auch verfolgen!«die Berufsordnung der Ärztekammern: Tatsächlich dürfen Ärzte danach keine Vorteile und keine Geschenke annehmen. Die Kammern drohen mit hohen Geldbußen bis hin zum Verlust der Approbation also der Erlaubnis zu praktizieren. Das klingt bedrohlich.

3 3 Wir sind bei einem Arzt der seit Jahren gegen Korruption in der Ärzteschaft kämpft. Dr. Schwinzer glaubt nicht, dass die Drohung mit der Berufsordnung tatsächlich viele Ärzte abschreckt. Viel zu groß seien die ständigen Verlockungen der Pharmaindustrie. O-Ton, Dr. Wolfgang Schwinzer, Allgemeinmediziner:»Es gibt sehr viel, wo man zugreifen könnte, wenn man wollte, zum Beispiel werden ganz unverhohlen Umsatzprovisionen angeboten.«häufig würden die Gelder als Honorare für Beraterverträge getarnt, obwohl es nichts zu beraten gibt. O-Ton, Dr. Wolfgang Schwinzer, Allgemeinmediziner:»Das ist mir direkt angeboten worden, und ich habe mit dann überlegt, was berate ich denn eigentlich, habe dann geguckt, was soll ich machen. Das Einzige, was mir dazu eingefallen ist, ist die Bekanntgabe meiner Kontonummer an die Firma.«Dr. Schwinzer lässt Pharmavertreter deswegen seit Jahren nicht mehr rein, andere aber tun es. Korruption also ganz alltäglich trotz Berufsordnung? Dina Michels ist Korruptionsermittlerin für eine große deutsche Krankenkasse. Immer wieder findet sie klare Indizien für Korruption. Und immer wieder hat sie solche Fälle an die zuständigen Ärztekammern gemeldet. Das Ergebnis: O-Ton, Dina Michels, Korruptionsermittlerin, KKH-Allianz:»In all den Fällen, wo wir das getan haben ist nichts passiert, die Kammern machen nämlich nichts anderes, als das sie den Arzt zur Stellungnahme auffordern, der sagt natürlich regelmäßig, dass die Art der Versorgung, wie er sie vorgenommen hat, medizinisch notwendig war, und damit ist die Sache dann für die Kammer erledigt.«prof. Bussmann untersucht seit Jahren Korruption in Unternehmen. Der Jurist hat im Auftrag der Krankenkassen Ärzte in einer großen Studie befragt. Sein Ergebnis: Viele Ärzte nehmen die Berufsordnung nicht besonders ernst. 13 Prozent kennen sie nicht einmal.

4 4 O-Ton, Prof. Kai Bussmann, Jurist, Universität Halle Wittenberg:»Wenn ein nennenswerter Teil der Ärzte, nämlich nicht nur einige wenige Prozente, sagen, sie kennen diese Berufsordnung auch gar nicht in dieser Hinsicht und es interessiert sie eigentlich auch nicht, was drin steht, dann ist das ein Alarmzeichen.«Wir fragen bei allen 16 Landesärztekammern nach, wie oft es in den vergangen fünf Jahren tatsächlich Sanktionen gegen Ärzte wegen Korruption gab. Das Ergebnis: Elf Landesärztekammern antworten uns gar nicht. Die verbleibenden nennen uns vier Geldbußen, aber keinen einzigen Fall, in dem ein Arzt seine Approbation verloren hat. Wie kann das sein? Die Landesärztekammer Thüringen gibt uns eine entwaffnend ehrliche Antwort. Zitat: Zitat:»Das Problem liegt ( ) vor allem darin, dass uns nicht das volle staatsanwaltliche Arsenal zur Verfügung steht. Eine Beschlagnahme von Akten ist nicht möglich. Zeugenbefragungen gestalten sich als schwierig.«o-ton, Dina Michels, Korruptionsermittlerin, KKH-Allianz:»Das ist natürlich eine absurde Argumentation, zum einen wird gesagt wir brauchen nichts, weil wir das Berufsrecht haben, zum anderen ist aber klar, dass dort nicht ermittelt werden kann, im Rahmen der berufsrechtlichen Möglichkeiten, das heißt im Ergebnis, es wird nichts gemacht und das soll sicherlich auch so sein.«also: Staatsanwälte dürfen gegen korrupte Ärzte nicht mehr ermitteln, die Ärztekammern können oder wollen es nicht. Und der Gesundheitsminister? Er denkt vorerst nur darüber nach, ob er die Gesetzeslücke vielleicht doch schließen will. Abmoderation Fritz Frey: Ich persönlich vertraue meinem Arzt. Aber wohler wäre mir schon, wenn ich wüsste, dass es ihm und seinen Kollegen per Gesetz verboten ist, Geld ohne echte Gegenleistung anzunehmen. Also, Herr Gesundheitsminister, nicht nur nachdenken, auch liefern.

5 5 Links: MEZIS - Initiative kritischer Ärzte die gegen Korruption kämpft Musterberufsordnung der Ärzte bei der Bundesärztekammer Studie Professor Kai Bussmann zur Korruption im Gesundheitswesen 0f/7d60125a9ca35100c1257a0d004d8094/$FILE/Kurzfassung%20St udie%20final.pdf

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