Rechtssprache auch ein politisches Thema
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- Gerrit Brodbeck
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1 Rechtssprache auch ein politisches Thema Gedanken aus schweizerischer Optik Marius Roth Universität Freiburg, i.üe.
2 Rechtssprache Aspekte Hauptaspekt: Verständlichkeit von Rechtsnormen Eng verknüpft mit der Frage nach dem Rechtsnormadressaten: Rechtsstab bzw. Elite Rechtsunterworfene bzw. die breite Bevölkerung In der Schweiz wird eine einfache Gesetzessprache propagiert, die jedermann verstehen kann. Normtexte werden gezielt auf Übersichtlichkeit, Knappheit und Verständlichkeit optimiert.
3 Besonderer Aspekt der Rechtssprache: Die Sprache an sich Besondere Herausforderung: Mehrsprachige Rechtsordnungen 4 Sprachregionen Folge der Mehrsprachigkeit in Bezug auf die Rechtssprache: Sämtliche Rechtsvorschriften des Bundes werden in drei Sprachen kundgemacht: - Gleiche Verbindlichkeit aller Sprachfassungen - Ermittlung der richtigen Fassung durch Auslegung Ähnliche Prinzipien in den mehrsprachigen Kantonen
4 72 % 20% 6.5 % 0.5 %
5 Sprachregionen der Schweiz 1 Kanton mit drei Amtssprachen (Graubünden: Deutsch, Italienisch und Rätoromanisch) 3 zweisprachige Kantone (Wallis, Freiburg und Bern: Deutsch und Französisch) 1 italienischsprachiger Kanton (Tessin) 4 französischsprachige Kantone (Neuenburg, Waadt, Genf und Jura) 17 deutschsprachige Kantone
6 Konfliktpunkte Mehrsprachige Kantone - Unterrichtssprache bei Schülern, die einer sprachlichen Minderheit angehören - Verfahrenssprache - Anerkennung als zwei oder einsprachige Gemeinde Insbesondere auf nationaler Ebene ist bei Abstimmungen teilweise festzustellen, dass die Sprachregionen unterschiedliche Positionen beziehen - Am deutlichsten 1992: EWR-Abstimmung - Bund sah darauf auch den inneren Zusammenhalt gefährdet - Führte zu einem neuen Verfassungsartikel und zu einem Sprachengesetz
7 Insbesondere: Sprachgrenze im Westen Freiburg und Bern
8 Kanton Freiburg Mehrheitlich französischsprachig ( ) Deutschsprachige Minderheit (80 000) Strenge Territorialität, kaum zweisprachige Gebiete Spannungsfeld: Territorialität vs. Sprache der Minderheit
9
10 Kanton Bern Zweitgrösster Kanton der Schweiz Mehrheit deutschsprachig ( ) Französischsprachige Minderheit heute inkl. der Stadt Biel, exkl.
11
12 Kanton Bern Das Verhältnis des französisch sprechenden Teils ( Jura ) zum Kanton Bern war seit jeher problematisch. Nach dem Zweiten Weltkrieg: separatistische Bewegung, die die Unabhängigkeit des Juras vom Kanton Bern forderte. Ursprung: Das deutschsprachig-dominierte Kantonsparlament verweigerte 1947 einem jurassischen Politiker das Bau- und Eisenbahndepartement, weil es zu wichtig sei. Höhepunkt in den 60er Jahren mit Sprengstoff-Attentaten Abspaltung eines Teils des Juras in den 70er Jahren. Heute: Grosse Privilegien zugunsten der französischsprachigen Minderheit. Bis heute: (meist gewaltlose) Bestrebungen zur Eingliederung des gesamten französischsprachigen Gebiets des Kantons Bern in den Kanton Jura.
13 Bedeutung der Sprache Sprache ist mehr als blosses Übertragungsmittel für Information Die Sprache ist immer auch Träger einer Kultur Sprachkonflikte sind in der Regel kulturelle Konflikte Die Sprache dient auch der Identifikation der Bevölkerung mit dem Staat. Der Staat, der nicht die Sprache der Bevölkerung benutzt, findet keinen Rückhalt Erschreckend sind aber die Emotionalität und das Eskalationspotential solcher Fragen
14 Sprache und Rechtssprache Die Rechtssprache ist auch eine Sprache. Diese Sprache dient der Informationsübertragung im juristischen Bereich Rechtssprache kann genau so verständlich oder unverständlich sein wie eine Fremdsprache M.E. besteht dasselbe Konfliktpotential wie bei den normalen Sprachen Die Verständlichkeit der Rechtssprache ist deshalb auch im schweizerischen Sprachengesetz vorgeschrieben. Die Rechtssprache ist derzeit (jedenfalls in der Schweiz) aber auch einem schleichenden Wandel unterworfen: Insbesondere bedingt durch das EU-Recht nehmen die Übersichtlichkeit und die Verständlichkeit des Rechts ab.
15 Mögliche Erkenntnisse M.E. existieren Parallelen zwischen den Sprachkonflikten und heute feststellbaren Konflikten in der Politik Fehlende Akzeptanz für politische bzw. rechtliche Regelungen Verdrossenheit gegenüber Politik / Staat Die verständliche Rechtssprache ist in der Schweiz ein wichtiger Faktor für den Zusammenhalt Staat und Bevölkerung Die Rechtssprache verringert oder vergrössert die Distanz zwischen Staat und den Rechtsunterworfenen Eine bürgernähere Rechtssprache kann insbesondere die Akzeptanz unpopulärer Massnahmen / Normen fördern
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