Angewandte Ethik im (Wirtschafts-) Informatikstudium
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- Willi Glöckner
- vor 8 Jahren
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1 Angewandte Ethik im (Wirtschafts-) Informatikstudium Ethik: philex.de Die Ethik oder Moralphilosophie befasst sich mit Aussagen über moralische Werte und moralische Handlungsnormen. Die angewandte oder praktische Ethik diskutiert die praktischen Fragen, die sich einzelnen Menschen oder Gruppen (Institutionen, Organisationen) in alltäglichen Entscheidungssituationen stellen, unter moralischem Aspekt. Die Fragestellungen der angewandten Ethik betreffen bevorzugt solche Entscheidungen, in denen öffentliche und politische Handlungsoptionen eine Rolle spielen. Zur angewandten Ethik gehören u. a. die Bioethik Wirtschaftsethik Wissenschaftsethik Computerethik Medienethik Friedensethik Sportethik Medizinische Ethik Politische Ethik Rechtsethik Sozialethik Umweltethik Berufsethik (in einigen akademischen Berufen - zum Beispiel in der Soziologie - durch einen "Ethikkodex" reglementiert) Arbeitsmoral Zehn Gebote der Computerethik: 1. Du sollst nicht Deinen Computer benutzen, um anderen Schaden zuzufügen. 2. Du sollst nicht anderer Leute Arbeit am Computer behindern. 3. Du sollst nicht in anderer Leute Files stöbern. 4. Du sollst nicht den Computer zum Stehlen benutzen. 5. Du sollst nicht den Computer benutzen, um falsches Zeugnis abzulegen. 6. Du sollst nicht Software benutzen oder kopieren, für die Du nicht gezahlt hast. 7. Du sollst nicht anderer Leute Ressourcen ohne deren Erlaubnis verwenden. 8. Du sollst nicht anderer Leute geistig Werk als Deines ausgeben. 9. Du sollst über die sozialen Konsequenzen Deiner Programme nachdenken. 10. Du sollst den Computer so benutzen, dass Du Verantwortung und Respekt zeigst. Seite 1 von 6
2 Wirtschaftsethik: Wikipedia Wirtschaftsethik ist ein Teilbereich der Wirtschaftswissenschaft, der sich mit der Frage auseinandersetzt, wie sich ökonomisches Handeln mit moralischen Grundsätzen vereinbaren lässt. Prominentester Kritiker Peter Ulrich Peter Ulrich: geb Bern (Schweiz) Studium der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftsethik an der Universität St. Gallen (HSG) Gründungsdirektor des Instituts für Wirtschaftsethik an der HSG Zu seinem Buch: Die Wirtschaft in der Gesellschaft Perspektiven an der Schwelle zum 3. Jahrtausend Beiträge entstammen einem im WS 1998/99 realisierter Vortragszyklus an der HSG Weitere Autoren: Dr. Thomas Maak Dr. Horst Afheldt Prof. Dr. Jürgen Habermas Prof. Dr. Axel Honneth Prof. Dr. Claus Offe Prof. Richard Senett, Ph. D. Idee der Lebensdienlichkeit: Wirtschaften sollte Mittel zum humanen Zweck, nicht Selbstzweck sein es sollte in erster Linie die nötigen Lebensmittel (im weitesten Sinn des Begriffs) für ein menschenwürdiges und gutes Leben aller Menschen bereitstellen. Seite 2 von 6
3 Elementare Fragen: 1. Nach dem Sinn des Wirtschaftens für das gute Leben der Menschen nach Maßgabe ihrer kulturellen Lebensentwürfe 2. Nach der Legitimität ihres Wirtschaftlichen Handelns und der gesamten Wirtschaftsordnung nach Maßgabe eines zu bestimmenden Leitbilds des gerechten Zusammenlebens in einer wohlgeordneten Gesellschaft freier Bürger Sinnfrage Was für Werte sind zu schaffen? lebenspraktisch sinnvolles Wirtschaften Wie wollen wir in Zukunft leben? kulturelle Motive Ist unser Wirtschaften uns selbst zuträglich? gutes Leben Legitimationsfrage Für wen sind Werte zu schaffen? gesellschaftlich legitimes Wirtschaften Wie sollen wir gerecht zusammenleben? soziale Regeln Ist die soziale Organisation unserer Wirtschaft allen zumutbar? gerechtes Zusammenleben Neoliberalismus (= Globalisierung): Fortschrittsverständnis, wonach es darauf ankommt, die Gesellschaft zu entpolitisieren, um den Zuwachs an individueller Freiheit zu maximieren. Geltungsmacht der Politik schrumpft unter den Sachzwängen der voranschreitenden Globalisierung der Märkte und des immer härteren Wettbewerbs. Oberster Richtpunkt: freier Markt immer weniger freier Bürger totale Marktgesellschaft Globalisierung: Voraussetzungen: Zerfall des Ostblocks und Ende des kalten Krieges weltweites einheitliches kapitalistisches Wirtschaftssystem Gründe: Informations- und Kommunikationstechnik billige Mobilität, billiger Transport Fähigkeit der Organisation von "präzisen Massenproduktionen" an jedem Ort der Welt Breite der technologischen Entwicklung erfordert weltweite Kooperation neue Wettbewerber (Osteuropa, Südostasien) supra-nationale politische Institutionen (WTO, OECD) Deregulierung und Beseitigung von Handelshindernissen Bevölkerungswachstum Seite 3 von 6
4 Befreiung des Welthandels, soll ungeahnten Aufschwung der Weltwirtschaft mit sich bringen. Fakten: Der Welthandel hat wie versprochen zugenommen, ABER Weltsozialprodukt: o Seit 1985 ist das Weltsozialprodukt um das Zweieinhalbfache gewachsen. o Die Summe aller exportierten Güter und Dienstleistungen stieg im gleichen Zeitraum um das Dreieinhalbfache, o die Summe aller ausländischen Direktinvestitionen sogar um das Sechzehnfache. o lineares Wachstum bedeutet jährliche Gewinne des WSP in jedem Jahr gleich. o --> abnehmende jährliche Zuwachsraten o --> statistisch kein Zuwachs wie versprochen feststellbar (Gegenteil) Seite 4 von 6
5 beim BIP-Deutschland ist der gleiche Trend zu beobachten externe Effekte des Wirtschaftssystems (die humanen sozialen und ökologischen Kosten des Wirtschaftens) o wir arbeiten länger, härter und stressiger als je zuvor o hohe Arbeitslosigkeit o soziale Spaltung der Gesellschaft Asienkrise o Von Südostasien über Russland bis Lateinamerika o fehlender Sozialstaat o Fall ins Nichts o Hohe Arbeitslosigkeit (1999 bereits 24 Mio. Plätze vernichtet) o Kinderarbeit steigt wegen fallender Löhne Ricardos Gesetz der komparativen Kosten wird durch Globalisierung außer Kraft gesetzt, da die Länder keinen Handel mehr in seinem Sinne miteinander betreiben Fragen: Ist die immer steilere Wohlstandsverteilung noch zu rechtfertigen? Wollen wir den Zerfall der sozialen und moralischen Bindungskräfte der Gesellschaft, soziale Verwerfungen, wachsende Kriminalität etc. in Kauf nehmen? Sollte es nicht zum Selbstverständnis einer fortgeschrittenen, produktiven Volkswirtschaft gehören, dass die solidarische Versorgung aller Gesellschaftsmitglieder mit dem Lebensnotwendigen Vorrang vor allen anderen wirtschaftlichen Zielen verdient? Seite 5 von 6
6 Republikanischer Liberalismus: Rat- und Orientierungslosigkeit unter reinen Systemökonomen Aber Wirtschaftsethik betrachtet Wirtschaft hinsichtlich ihrer Rolle in der Gesellschaft Zu unterscheiden ist zwischen MARKT- und BÜRGERFREIHEIT Wirtschaftsliberalismus: Freiheit nur Kapitalverwertungs-, Handels- und Gewerbefreiheit am Markt Republikanischer Liberalismus: gleiche größtmögliche und lebbare Freiheit aller Bürgerinnen und Bürger Vorrang der Bürgerfreiheit vor der Marktfreiheit oder dem staatlich administrativen Apparat Republikanischer Liberalismus Autonomes, soziales Selbst Politisch zu verwirklichende Freiheit aller Staats- und Wirtschaftsbürger (Citoyen) Bürgertugend Voraussetzung und Ergebnis des politischen Prozesses Wirtschaft in der Gesellschaft Neoliberalismus ungebundenes asoziales Selbst natürliche private Freiheit Besitzbürger (Bourgeois) nicht nötig, eher schädlich, ineffizient Wirtschaft gleich Gesellschaft Abschließende Diskussion: In der Diskussion über das Thema wurde ersichtlich, dass der Übergang zu einer neuen Wirtschaftsordnung zurzeit noch nicht möglich ist. Vielmehr herrsche momentan noch eine weltweite Zufriedenheit über den Sprung zur Marktwirtschaft (siehe China etc.). Außerdem wäre ein Wechsel zu einer anderen Wirtschaftsordnung nur sehr schwer zu gestalten, da er sich global vollziehen müsste. Eventuell würde ein geschichtliches Ereignis von großer Bedeutung solch einen Wandel nach sich ziehen. Der im Vortrag angesprochene Republikanische Liberalismus wurde nicht als Möglichkeit in Betracht gezogen, da die Ähnlichkeiten zum Kommunismus als zu groß angesehen wurden. Eher wurde das System der sozialen Marktwirtschaft als Ausweg gesehen. Als weiterer Punkt wurde die Machtlosigkeit der Allgemeinheit gegen die Konzerne angesprochen. Als Beispiel sollten die USA als Wirtschaftsmacht genannt sein, die die Unterzeichnung des Kyoto-Abkommen einfach verweigerten. Auf die Frage, was wir als Wirtschaftsinformatiker gegen die schlechten Auswirkungen der Globalisierung tun können wurden folgende Antworten gegeben: Deutsche Produkte einkaufen Erstellen öffentlicher Internetseiten Von Dozenten verlangen, in den Vorlesungen etwas über nachhaltige Entwicklung zu hören Der Punkt der nachhaltigen Entwicklung wurde dann am Beispiel des Otto-Versandes noch vertieft. Der Otto-Versand hat eine Abteilung für nachhaltige Entwicklung. Über ein Kontrollsystem wird unter anderem in den Ostblockstaaten geprüft, ob dort Kinder arbeiten oder ob für die Produktion Giftstoffe verwendet werden. Die Preise für die kontrollierten Produkte sind natürlich entsprechend teurer. Auf der einen Seite könnte dies für manche Menschen ein Grund sein, diese Produkte nicht mehr zu kaufen, auf der anderen Seite haben Käufer ein gutes Gewissen. Seite 6 von 6
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