8.2. Integrationsregeln
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- Gottlob Lang
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1 8.. Integrationsregeln Jeder Differentiationsregel entspricht wegen der Beziehung F ( x ) f( x ) <> F( x ) + C f( x ) dx eine Integrationsregel. Wir kennen schon die Additionsregel c f( x ) + d g( x ) dx c f( x) dx + d g( x ) dx. Beispiel 1: Additionstheoreme für Sinus und Cosinus Aufgrund des Additionstheorems für den Sinus sin ( x + y ) sin( x ) cos( y ) + cos( x ) sin( y ) und der Gleichung cos ( x + y ) sin ( x + y ) x gilt cos ( x + y ) + C - sin ( x + y) dx sin( y) cos( x ) dx cos( y ) dx sin( y ) sin( x ) + cos( y ) cos( x) + C, und das ist gerade das Additionstheorem für den Cosinus: cos ( x + y ) cos( x ) cos( y ) sin( x ) sin( y ). (Durch Vergleich des ersten und letzten Ausdrucks für x 0 sieht man, daß die Konstanten gleich sein müssen.) sin ( x + y) sin( x ) cos( y ) cos( x ) sin( y )
2 Bei der Suche nach Stammfunktionen lohnt es sich, erst einmal zu schauen, ob ein Ausdruck der Form d F ( g( x ) ) g ( x) dx F ( g( x ) ) vorliegt, denn dann ist die Menge der Stammfunktionen gegeben durch die der Kettenregel entsprechende 1. Substitutionsregel F ( g( x ) ) g ( x ) dx F ( g( x) ) + C. Insbesondere hat man die nützliche Formel g ( x ) dx ln ( g( x ) ) + C. g( x ) Beispiel : Tangens und Cotangens Das Integral der Tangens-Funktion ist im Bereich von π bis π : sin( x ) cos ( x ) tan( x ) dx dx dx ln ( cos( x )) + C. cos( x) cos( x) Entsprechend findet man als Integral der Cotangens-Funktion cos( x) sin ( x ) cot( x ) dx dx dx ln ( sin( x )) + C im Bereich von 0 bis π.
3 Leider ist die Anwendbarkeit der 1. Substitutionsregel recht begrenzt. Ersetzt man in ihr F ( x ) durch f( x ), x durch y, sowie F ( g( y ) ) durch S( y ), so wird aus ihr die vielseitiger anwendbare, ebenfalls auf Leibniz zurückgehende. Substitutionsregel Ist h eine differenzierbare und invertierbare (also streng monotone) Funktion mit Umkehrfunktion g, d.h. h( x) y <> x g( y ), so gilt für beliebige integrierbare Funktionen f : f( x ) dx S ( h( x )) <> f ( g( y ) ) g ( y) dy S( y ), bzw. mit k( y ) f ( g( y )) und folgerichtig f( x ) k ( h( x )): k ( h( x )) dx S ( h( x )) <> k( y ) g ( y) dy S( y ). Substitution und Rücksubstitution In der Praxis ersetzt man im linken Integral h( x ) durch y sowie dx durch g ( y ) dy, versucht das unbestimmte Integral S( y ) zu finden, und setzt am Schluß wieder y h( x ) ein. Beispiel 3: Nochmals der Arcussinus Zur Berechnung des unbestimmten Integrals 1 1 dx dx (mit einer reellen Konstante a > 0 ) a x x a 1 a setzen wir y h( x ) x a, g( y ) a y, k( y ) 1 und erhalten a 1 y 1 dx k ( h( x )) dx, a x k( y ) g ( y) dy 1 d y arcsin( y) + C 1 y bzw. nach Rücksubstitution 1 dx arcsin x + C. a x a
4 Beispiel 4: Kreissegmente Bei der Berechnung von Flächenstücken des Einheitskreises braucht man das Integral 1 x dx, da der obere Halbkreisbogen beschrieben wird durch y 1 x. Im offenen Intervall zwischen π und π ist die Sinusfunktion differenzierbar und streng monoton. Die Substitution x sin( y ), dx cos( y ) dy führt auf 1 sin( y) cos( y) dy cos( y) dy 1 + cos( y ) y sin( y ) y + sin( y ) cos( y ) dy + + C, 4 und Rücksubstitution y arcsin( x ) ergibt 1 x arcsin( x ) + x 1 x dx + C. Die Integration einer Wurzel kann also auf die Umkehrfunktion einer trigonometrischen Funktion führen. f( x ) 1 x x 1 x 1, F( x ) + arcsin( x ) Der Produktregel d dx ( f( x ) g( x ) ) f ( x ) g( x ) + f( x ) g ( x) für die Differentiation entspricht die Regel für die partielle Integration f ( x ) g( x ) dx f( x ) g( x ) f( x ) g ( x ) dx. Man merkt sich die Regel mit dem
5 Fahrstuhlprinzip zur Integration eines Produktes: 1.Schritt: Eine der beiden Funktionen integrieren ("Aufleiten"):.Schritt: Zur "Kompensation" die andere Funktion ableiten: 3. Schritt: Das so entstehende Produkt (falls möglich) integrieren und das Ergebnis abziehen. Beispiel 5: Gemischte Potenzfunktionen wie z. B. a x x n (mit natürlichen Exponenten n) integriert man partiell und erniedrigt dadurch die x -Potenz schrittweise um 1: Mit f ( x) a x und g( x ) x n bekommt man a x x n a x x n dx ln( a) na x x ( ) d ln( a) n 1 x.
6 n 0, a x x n dx In vielen Fällen kann man f ( x) 1, also f( x) a x ln( a) n 1, a x x n a x ( ln( a ) x 1) dx ln( a ) n, a x x n a x ( ln( a) x ln( a ) x + ) dx ln( a ) 3 x wählen. Beispiel 6: Stammfunktionen der Logarithmus-Potenzen bekommt man durch iterierte partielle Integration: ln( x ) dx x ln( x ) d x x ( 1 ) x x ( ln( x) 1 ), und rekursiv ln( x ) n dx x ln( x) n x n ln( x ) x ( 1 ) dx x ln( x) n n ln( x ) dx, woraus sich induktiv die folgende explizite Formel ergibt: ln( x ) n dx ( 1) n n! x n j 0 (Die Konstanten haben wir weggelassen). j ( ln( x )). j! n 1, ln( x) n dx x ( 1 ln( x )) n, ln( x ) n dx x 1 1 ln( x ) + ln( x ) n 3, ln( x) n dx 6 x 1 1 ln( x ) + ln( x ) 1 ln( x ) 3 6 n 4, ln( x) n dx 4 x 1 1 ln( x) + ln( x) 1 ln( x ) ln( x) Näherungsweise ist n j 0 ( ln( x) ) j! j e ( ln( x )) 1 x. Die Folge der durch den Nullpunkt verlaufenden Stammfunktionen von konvergiert daher für gerades n gegen 1 und für ungerades n gegen -1. ln( x ) n n!
7 Beispiel 7: Stammfunktionen der Sinus-Potenzen Mittels partieller Integration ergibt sich zunächst n dx sin( x ) dx cos( x ) sin( x ) + cos( x ) sin( x ) ( n ) dx cos( x ) sin( x ) + ( n ) dx ( n 1) n dx. Das sieht so aus, als hätte man nichts gewonnen - aber der Schein trügt. Der Trick besteht darin, das gesuchte Integral auf die linke Seite zu bringen und dann die ganze Gleichung durch n zu teilen: n dx 1 n ( cos( x ) sin( x ) + ( n 1) ( n ) dx ). Mit dieser Rekursionsformel gelingt nun die Berechnung der gesuchten Integrale, indem man den Exponenten schrittweise um erniedrigt: Beginnend mit erhalten wir 0 dx 1 dx x und dx cos( x ) x cos( x ) sin( x ) dx 3 cos( x ) ( sin( x) + ) dx x 3 cos( x ) sin( x ) sin( x) 3 cos( x ) dx 8...
8 f( x ) sin( x ), F( x ) dx f( x ) sin( x ) 3, F( x ) 3 dx f( x ) sin( x ) 4, F( x ) 4 dx Eine entsprechende Rekursionsformel gilt für den Cosinus. Verifizieren Sie diese selbst! cos( x ) n dx 1 n ( sin( x ) cos( x ) + ( n 1) cos( x ) ( n ) dx ). Durch Kombination von Substitution und partieller Integration bekommen wir eine Formel zur
9 Integration von Umkehrfunktionen Ist g die Umkehrfunktion der differenzierbaren Funktion f, also f( x) y <> x g( y ), und hat f das unbestimmte Integral F( y ) Denn es ist ja g( y ) dy y g( y ) F ( g( y )). f( x ) dx, so gilt g( y ) dy y g( y ) y g ( y) dy und y ( ) d g y y f ( g( y ) ) g ( y ) d y F ( g( y ) ) g ( y ) dy F ( g( y ) ). Beispiel 8: Eine Stammfunktion des Arcussinus Wegen dx cos( x ) 1 sin( x) erhält man als Stammfunktion des Arcussinus F( x ) arcsin( x) dx x arcsin( x ) + 1 x. Vergleichen Sie dies mit den Funktionen sinh( x ) e x e ( x) und cosh( x ) e x + e ( x) sinh( x ) dx! f( x ) sinh( x ), F( x ) sinh( x ) dx
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