INVESTITIONSKLIMA UND -RISIKEN RUSSLAND
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- Catharina Franke
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1 INVESTITIONSKLIMA UND -RISIKEN RUSSLAND
2 Russland (April 2015) Russland hat mit Ukrainepolitik Vertrauen verspielt / Weltbank mahnt Reformen an, um Investoren zurückzugewinnen Moskau (gtai) - Protektionismus, Importsubstitution, fehlende Reformen zum Reduzieren der Abhängigkeit von Öl und Gas, Sanktionen und Konfrontation mit der NATO - Russland hat zuletzt viel Vertrauen verspielt. Wer kann, fährt seine Investitionen in Russland zurück. Das ist umso bitterer, als sich die Investitionsbedingungen in vielen Regionen verbessert haben. Während deutsche Investoren bei PPP- Projekten vorsichtig sein sollten, gibt es im Lebensmittelbereich gutes Geschäftspotenzial. Investitionsklima Die Ansiedlung ausländischer Investoren genießt in Russland einen hohen Stellenwert. Entsprechende Lippenbekenntnisse gibt es zwar schon seit längerem. Aber mittlerweile finden Investoren tatsächlich ordentliche Bedingungen vor. Nicht flächendeckend und nicht ohne Abstriche. Aber insgesamt hat sich Russland als Investitionsstandort in den vergangenen fünf Jahren eindeutig positiv entwickelt. Das geht los bei der Infrastruktur für neue Werke. In ausgewiesenen Gewerbegebieten gibt es Grundstücke mit den nötigen Strom-, Gas- und Wasseranschlüssen. Diese Anschlüsse gibt es vielerorts sogar zum Nulltarif. Aber selbst wenn sich eine Firma außerhalb solcher Industriecluster ansiedeln möchte, sind manche Regionen an neuen Investoren so stark interessiert, dass sie die Kosten für den Infrastrukturausbau tragen: für den Straßen- oder Gleisanschluss, die Strom-, Gas-, Wasserund Abwasserleitungen. Darüber hinaus lockt Russland mit finanziellen Anreizen. Befreiung von Gewinn- und Vermögensteuer über mehrere Jahre, Zulagen für Forschungs- und Entwicklungsausgaben, für Arbeitsplätze und für Energiekosten. Diese Subventionen variieren von Branche zu Branche und von Region zu Region. Auch der Subventionsgeber wechselt: Es gibt entsprechende Maßnahmen von föderaler, regionaler und kommunaler Ebene. Von der föderalen Ebene wurden bis heute zahlreiche Sonderwirtschaftszonen (SWZ) ins Leben gerufen. Sie teilen sich in vier Rubriken: es gibt sechs Industrie-SWZ, zwei Logistik-SWZ, vier Tourismus-SWZ und fünf Technologie-SWZ. Die Betreibergesellschaft Rossez ( wirbt damit, dass auf dem Territorium der Sonderwirtschaftszonen typische Investitionsrisiken Russlands behoben worden seien. Dies seien die ineffiziente Administration und die Beeinflussung des Geschäftes durch Faktoren außerhalb des Marktes. In der Tat haben die Sonderwirtschaftszonen eine Reihe von namhaften Unternehmen angelockt. Positiv zu bewerten ist auch die ständig steigende Rechtssicherheit. Bestes Beispiel: Deutsche Firmen sind in der Regel erfolgreich mit Klagen gegen Steuer- und Zollbehörden. Auch der russische Zoll wird reformiert - langsam, aber beständig. Das spiegelt sich im Ease of doing Business-Index der Weltbank wider. Russland liegt mittlerweile auf Platz 62. Noch vor fünf Jahren belegte das größte Land der Welt Platz 120. Doch Russland setzt all diese Errungenschaften geradezu fahrlässig aufs Spiel. Die Annexion der Krim, die Interventionen in der Ostukraine, anhaltender Protektionismus, fehlende Reformen - das alles schadet nicht nur dem Image Russlands, sondern auch seiner Wirtschaft. Im Jahr 2015 dürfte Germany Trade & Invest 1
3 Russland (April 2015) das Bruttoinlandsprodukt um bis zu 5% sinken. Eine nachhaltige Erholung ist auch in den Folgejahren nicht in Sicht. Die Inflation grassiert, erwartet wird eine Rate von bis zu 17%. Dem Pkw-Markt droht ein Einbruch von einem Viertel oder mehr. Die Baubranche darbt. In der Gesundheitswirtschaft, vor allem bei Medizintechnik, gibt es nur noch Negativschlagzeilen. Die Folge: Viele ausländische Investoren strecken ihre Projekte zeitlich oder stornieren diese. Entsprechende Meldungen gibt es zuhauf. Eine Umfrage der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer in Moskau zeigt, dass deutsche Unternehmen auf die schlechte Situation reagieren müssen (Ergebnisse der Umfrage: siehe Kontaktanschriften). Kurzarbeit, Entlassung von Mitarbeitern, Kosten senken - damit beschäftigen sich Russlandmanager im Augenblick. An neue Investitionen im größten Land der Welt denken nur wenige. Ein weiterer wunder Punkt in Russland ist die Korruption. Im Korruptionsindex von Transparency International landete das Land 2014 auf Platz hinter Ländern wie Pakistan und Iran. Viele deutsche Unternehmer in Russland spüren die Umorientierung der Regierung in Moskau hin zu Ländern, die keine Sanktionen erlassen haben. Auffällig ist die Hinwendung zu Asien, vor allem zur VR China. Chinesische Investoren sind zurzeit besonders aktiv am russischen Markt. Selbst deutsche Unternehmen mit Produktion vor Ort berichten, dass sie von russischen Staatskonzernen gemieden werden, wie von Gazprom. Der Konzern hat ein Verzeichnis der nicht mehr zugelassenen Anbieter, eine Art schwarze Liste, erstellt: Für 410 ausländische Lieferanten aus 20 Ländern wird Ersatz gesucht. Dagegen liegen Germany Trade & Invest Informationen vor, wonach Schweizer Unternehmen dank lukrativer Gazprom-Aufträge schon im 1. Quartal 2015 die Ziele fürs Gesamtjahr erreicht haben. Die Schweiz und die VR China haben sich den westlichen Sanktionen gegen Russland nicht angeschlossen und stehen zurzeit in der Gunst staatsnaher Betriebe. Für exportorientierte Wirtschaftszweige ist der schwache Rubel ein kleiner Hoffnungsschimmer: für die Hersteller von Kunststoffen, Agrarchemikalien, Stahl und andere rohstoffintensive Branchen. Aufgrund der Rubelschwäche können sie ihre Exportgüter vergleichsweise billiger auf Auslandsmärkten anbieten und sich dort besser behaupten. Investoren profitieren von den günstigen Preisen im Inland und den relativ höheren Einnahmen auf Euro- und US-Dollar-Basis. Auch Personal lässt sich im Augenblick so leicht finden wie lange nicht mehr in Russland. Aufgrund der augenblicklichen Entlassungswelle finden sich gut ausgebildete Mitarbeiter zu relativ niedrigen Kosten. WEF-Länderrating für Russland (wirtschaftlicher Rang von insgesamt 144 Ländern) Kriterien Russland Kasachstan Deutschland Gesamtrang Institutionen (bewertet unter anderem Eigentumsrechte, Unabhän- gigkeit der Justiz, Intensität der Auditierung) 2 Infrastruktur Makroökonomisches Umfeld (Macroeconomic environment) 4 Gesundheit und Grundschule Investitionsklima und -risiken
4 WEF-Länderrating für Russland (wirtschaftlicher Rang von insgesamt 144 Ländern) (Forts.) Kriterien Russland Kasachstan Deutschland 5 Höhere Bildung und Ausbildung Effizienz der Gütermärkte (bewertet unter anderem benötigte Zeit für die Unternehmensgründung, Wettbewerbsintensität, Besteuerung, Zollvorschriften) 7 Effizienz des Arbeitsmarkts Entwicklung des Finanzmarkts (bewertet unter anderem Beschränkungen der Kapitalströme) 9 Technologische Reife Marktgröße Qualität des Geschäftsumfeldes Innovation Quelle: World Economic Forum Global Competitiveness Report ( Im Ranking des Weltwirtschaftsforums, an dem 144 Länder teilnehmen, steht Russland auf dem 53. Platz. Einzig bei der Entwicklung des Finanzmarktes ist Russland nicht unter den Top-100. Kein Wunder: Die Finanzsanktionen von EU und USA isolieren den Finanzmarkt Russland. Dies - gekoppelt mit einem Leitzins von 14% (Stand: ) und einer dramatischen Kapitalflucht (2014: 151,5 Mrd. US$ laut Zentralbank der Russischen Föderation) - führt zu massiven Liquiditätsengpässen in der russischen Realwirtschaft. Laut deutschen Firmen in Russland ist dies zurzeit das größte Problem der Volkswirtschaft. Schwach bewertet werden außerdem die Leistungsfähigkeit der Verwaltung und das Geschäftsumfeld in Russland. Stand und Perspektiven für ausländische Direktinvestitionen Seit drei Jahren sinken die nach Russland fließenden ausländischen Investitionen. Von 2013 bis 2015 hat das größte Land der Welt ein Drittel seiner Bruttokapitalanlagen verloren (nach Berechnungen der Weltbank). Dies trotz des schwachen Rubels, der zu einer höheren Wettbewerbsfähigkeit führen müsste. Was fehlt ist Vertrauen. Die Sanktionen und die ausbleibenden Reformen helfen nicht gerade Vertrauen zurückzugewinnen. Im Jahr 2013 flossen die meisten Direktinvestitionen ausländischer Kapitalgeber in den Bau von Handelszentren, in Autowerkstätten und in den Ausbau von Lagerstätten. Künftig könnten sich jedoch die Schwerpunkte ändern. Während ausländische Handelskonzerne nach wie vor investieren, dürfte künftig die Lebensmittelverarbeitung ausländische Investoren anziehen. Russland hat den Import von Lebensmitteln aus westlichen Ländern verboten und unterstützt die Lebensmittelerzeugung im eigenen Land nach Kräften. Germany Trade & Invest 3
5 Russland (April 2015) Entwicklung ausländischer Direktinvestitionen in Russland (in Mio. US$) *) Ausländische Direktinvestitionen Kumulierter Bestand (zum Periodenende, in US$) *) Angaben für das Jahr 2014 waren zum Redaktionszeitpunkt nicht verfügbar Quelle: Föderaler Statistikdienst der Russischen Föderation Entwicklung ausländischer Direktinvestitionen in Russland (in Mio. US$) *) Ausländische Direktinvestitionen Nettotransfers (Zunahme / Kapitalausfuhr: -; in US$) *) Saldo der Operationen der Zahlungsbilanz Quelle: Zentralbank der Russischen Föderation Deutsche Firmen gehören zu den wichtigsten internationalen Investoren in Russland. Nach russischer Statistik ist der Bestand ausländischer Direktinvestitionen aus Zypern zwar fast fünfmal so hoch wie der aus Deutschland. Aber der Inselstaat gilt als Offshore-Paradies für russische Unternehmen. Von dort aus investieren sie ihr Kapital dann wieder in Russland. Die deutschen kumulierten Direktinvestitionen waren Ende 2013 höher als die aus den USA, Japan, der VR China, Frankreich, Italien und dem Vereinigten Königreich zusammen. Deutsche Direktinvestitionen (mittelbare und unmittelbare) Direktinvestitionen Kumulierter Bestand k.a. (zum Periodenende, in Euro) Nettotransfers (Zunahme / Kapitalausfuhr: -; in Euro) Quelle: Deutsche Bundesbank Auswahl deutscher Investoren in Russland (2014) Unternehmen Branche Eon 5,4 Mrd. Euro Investitionen bis 2014; Modernisierung und Betrieb eines staatlichen Kraftwerksparks Volkswagen 1,3 Mrd. Euro in Automobilwerk in Kaluga investiert, weitere 1,2 Mrd. Euro Investition geplant Siemens Siemens betreibt in Russland Werke für Transformatoren, Gasturbinen, den Regionalexpresszug Lastotschka, Lokomotiven (Joint Venture mit Sinara) Metro Group Metro Cash und Carry hat 73 Großhandelsmärkte in Russland und will 2005 neun neue bauen Knauf Gipsproduktion und Verarbeitung zu Baumaterialien, Investitionen von über 1 Mrd. Euro Quellen: Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft, Recherchen von Germany Trade & Invest 4 Investitionsklima und -risiken
6 PPP-Projekte entwickeln sich in Russland nur sehr schleppend. Im Straßenbau gibt es vereinzelt Beispiele, in denen ausländische Investoren Straßen gebaut haben, um diese später als Mautautobahn zu betreiben. Einer davon ist der französische Baukonzern Vinci. Im Kommunalsektor sind PPP-Projekte noch viel schwieriger. Es mangelt nicht nur an einer vernünftigen russlandweiten Gesetzgebung dafür. Die Gebühren für kommunale Dienstleistungen (Wasserver- und Abwasserentsorgung, Abfallentsorgung) in Russland sind so niedrig, dass sich kaum solide Geschäftschancen ableiten lassen. Außerdem haben damit bereits zwei deutsche Unternehmen eher negative Erfahrungen gemacht. Über konkrete Projekte - aus den Regionen und zu unterschiedlichen Branchen - informieren wir Sie detailliert und aktuell auf Kontaktanschriften Deutsch-Russische Auslandshandelskammer Moskau, 1. Kasatschi pereulok 7 Tel.: / , Fax: ahk@dihk.ru, Internet: Umfrage der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer unter deutschen Investoren: Ost-Ausschuss der deutschen Wirtschaft Haus der Deutschen Wirtschaft, Breite Straße 29, Berlin Tel: / , Fax: ost-ausschuss@bdi.eu, Internet: Russlands Sonderwirtschaftszonen Germany Trade & Invest 5
7 Kontakt Impressum Herausgeber: Germany Trade and Invest Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing mbh Villemombler Straße Bonn Tel.: +49 (0)228/ Fax: +49 (0)228/ Internet: Hauptsitz der Gesellschaft: Friedrichstraße 60, Berlin Geschäftsführung: Dr. Benno Bunse, Erster Geschäftsführer Dr. Jürgen Friedrich, Geschäftsführer Autor: Bernd Hones, Moskau Redaktion/Ansprechpartnerin: Edda Wolf, Tel.: +49 (0)228/ , Redaktionsschluss: April 2015 Bestell-Nr.: Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck - auch teilweise - nur mit vorheriger ausdrücklicher Genehmigung. Trotz größtmöglicher Sorgfalt keine Haftung für den Inhalt. Layout: Germany Trade & Invest Gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages.
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