Vorlesung Sanktionenrecht (7) Dr. Michael Kilchling
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1 Vorlesung Sanktionenrecht (7) Dr. Michael Kilchling
2 Bedeutungsverlust der formellen Sanktionen Michael Kilchling: Vorlesung Sanktionenrecht SS 2007 Seite 2
3 Problem: (Un-) Gleichbehandlung Michael Kilchling: Vorlesung Sanktionenrecht SS 2007 Seite 3
4 Problem: (Un-) Gleichbehandlung Michael Kilchling: Vorlesung Sanktionenrecht SS 2007 Seite 4
5 Problem: (Un-) Gleichbehandlung Michael Kilchling: Vorlesung Sanktionenrecht SS 2007 Seite 5
6 Problem: (Un-) Gleichbehandlung Michael Kilchling: Vorlesung Sanktionenrecht SS 2007 Seite 6
7 Strafbefehl ( 407 StPO) (1) Im Verfahren vor dem Strafrichter und im Verfahren, das zur Zuständigkeit des Schöffengerichts gehört, können bei Vergehen auf schriftlichen Antrag der Staatsanwaltschaft die Rechtsfolgen der Tat durch schriftlichen Strafbefehl ohne Hauptverhandlung festgesetzt werden. Die Staatsanwaltschaft stellt diesen Antrag, wenn sie nach dem Ergebnis der Ermittlungen eine Hauptverhandlung nicht für erforderlich erachtet. Der Antrag ist auf bestimmte Rechtsfolgen zu richten. Durch ihn wird die öffentliche Klage erhoben. Michael Kilchling: Vorlesung Sanktionenrecht SS 2007 Seite 7
8 Strafbefehl ( 407 StPO) (2) Durch Strafbefehl dürfen nur die folgenden Rechtsfolgen der Tat, allein oder nebeneinander, festgesetzt werden: 1. Geldstrafe, Verwarnung mit Strafvorbehalt, Fahrverbot, Verfall, Einziehung, Vernichtung, Unbrauchbarmachung, Bekanntgabe der Verurteilung und Geldbuße gegen eine juristische Person oder Personenvereinigung, 2. Entziehung der Fahrerlaubnis, bei der die Sperre nicht mehr als zwei Jahre beträgt, sowie 3. Absehen von Strafe. Hat der Angeschuldigte einen Verteidiger, so kann auch Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr festgesetzt werden, wenn deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird. Michael Kilchling: Vorlesung Sanktionenrecht SS 2007 Seite 8
9 Strafbefehl ( 407 StPO) (3) Der vorherigen Anhörung des Angeschuldigten durch das Gericht bedarf es nicht. Michael Kilchling: Vorlesung Sanktionenrecht SS 2007 Seite 9
10 Strafbefehl ( 407 StPO) Michael Kilchling: Vorlesung Sanktionenrecht SS 2007 Seite 10
11 Strafbefehl ( 407 StPO) Einige statistische Kennzahlen (2002): Zahl der Anträge: davon mit Freiheitsstrafe a.b (0,7 %) Einsprüche: (27,6 %) Zurücknahme am Ende der Hauptverhandlung: Michael Kilchling: Vorlesung Sanktionenrecht SS 2007 Seite 11
12 Trends in Verfahrensarten (%) Anklage Strafbefehl a Michael Kilchling: Vorlesung Sanktionenrecht SS 2007 Seite 12
13 Träger der Sanktionierungskompetenz Richter formelle Sanktion (Staatsanwalt und) Richter formelle Sanktion (Strafbefehl) Staatsanwalt und Richter informelle Sanktion (Diversion) Staatsanwalt informelle Sanktion (Diversion) Michael Kilchling: Vorlesung Sanktionenrecht SS 2007 Seite 13
14 Marginalisierung des Gerichts Struktur staatsanwaltlicher Erledigungen (2003) 30 26, ,7 10 5,6 5 0 Anklage Strafbefehl 153a Abs. 2 sonstiges Michael Kilchling: Vorlesung Sanktionenrecht SS 2007 Seite 14
15 Marginalisierung des Gerichts Michael Kilchling: Vorlesung Sanktionenrecht SS 2007 Seite 15
16 Marginalisierung des Gerichts Michael Kilchling: Vorlesung Sanktionenrecht SS 2007 Seite 16
17 Marginalisierung des Gerichts - Michael Kilchling: Vorlesung Sanktionenrecht SS 2007 Seite 17
18 Literatur Konstanzer Inventar Sanktionsforschung: Bundsministerium der Justiz (Hg.): Strafrechtspflege in Deutschland Fakten und Zahlen, von Jörg-Martin Jehle, 4. Aufl. 2005: Beulke, W.: Kommentierung zu 153, 153, in: Löwe/Rosenberg, StPO, Band 3, 25. Aufl Rieß, P.: Entwicklung und Bedeutung der Einstellungen nach 153a StPO, ZRP 1983, S. 93 ff.; Zur weiteren Entwicklung der Einstellungen nach 153a StPO, ZRP 1985, S. 212 ff. Dahs, H.: 153a StPO ein Allheilmittel der Strafrechtspflege? NJW 1996, S ff. Michael Kilchling: Vorlesung Sanktionenrecht SS 2007 Seite 18
19 Kriminalpolitische Trends und Sanktionen Behandlung und Sanktionen» Verschiebung auf Maßregeln (grundsätzliche Anrechnung der bessernden Maßnahme, 67 Abs. 4 S. 1 StGB: bis zwei Drittel der Strafe)» Sozialtherapeutische Anstalt ( 65 a.f., 9 StVollzG)» 35, 37 BtMG: Verzicht auf Verfahren bzw. Vollstreckung bei Aufnahme einer Drogenabhängigkeitsbehandlung und Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahre» Reduzierung der Fahrerlaubnissperre bei erfolgreicher Nachschulung Opfer und Sanktionen» Wiedergutmachung ( 46a Nr. 2, 46 Abs. 2 StGB)» Täter-Opfer-Ausgleich ( 46a Nr. 1, 46 Abs. 2 StGB) Gewinnabschöpfung und Sanktionen» Vermögensstrafe (verfassungswidriger 43a StGB)» Verfall und erweiterter Verfall, Einziehung ( 73 ff. StGB) Juristische Personen und Sanktionen» Derzeit nur bei Ordnungswidrigkeiten ( 29a, 30 OWiG)» Potenzial für neue spezifische Sanktionsarten (vgl. z.b. EU-Rahmenbeschluss 2003/568/JI vom zur Bestechung im privaten Sektor, Artikel 6) Ökonomie der Hauptverhandlung» Absprachen (plea/sentence bargaining) Michael Kilchling: Vorlesung Sanktionenrecht SS 2007 Seite 19
20 Kriminalpolitische Trends und Sanktionen Michael Kilchling: Vorlesung Sanktionenrecht SS 2007 Seite 20
21 Die Geldstrafe Prinzip Entzug von Geldmitteln und dadurch bedingter Zwang zum zeitweisen Verzicht auf Konsum- und Bedürfnisbefriedigung Beschränkung der finanziellen anstelle der persönlichen (physischen) Bewegungsfreiheit Geld als "geronnene Freiheit" (H.-H. Jescheck) Probleme Höchstpersönlicher Charakter nicht kontrollierbar Strafübel ungeachtet des Tagessatzsystems zumindest für oberste Einkommensschichten potenziell geringer Im unteren Einkommensbereich Gefahr der Drittwirkung auf Angehörige Nur unbedingte Verhängung möglich Michael Kilchling: Vorlesung Sanktionenrecht SS 2007 Seite 21
22 Der historische 'Siegeszug' der Geldstrafe Michael Kilchling: Vorlesung Sanktionenrecht SS 2007 Seite 22
23 Die Geldstrafe 1. Strafrechtsreformgesetz StGB Priorität der Geldstrafe Freiheitsstrafen unter 6 Monaten dürfen nur dann verhängt werden, wenn besondere Umstände in Tat oder Täter Freiheitsstrafe» zur Einwirkung auf den Täter oder» zur Verteidigung der Rechtsordnung» unerlässlich machen Grundgedanken des Marburger Programms (F. v. Liszt) Kurze Freiheitsstrafe entsozialisiert Gelegenheits- oder Ersttäter sollten deshalb mit nicht freiheitsentziehenden Sanktionen bestraft werden Michael Kilchling: Vorlesung Sanktionenrecht SS 2007 Seite 23
24 Sanktionsstruktur 2003 (%) Geldstrafe 14 Freiheitsstrafe mit Bewährung 6 Freiheitsstrafe ohne Bewährung Michael Kilchling: Vorlesung Sanktionenrecht SS 2007 Seite 24
25 Straflänge und Strafstruktur (%) bis unter 6 Monaten 6-12 Monate bis 24 Monate Geldstrafe Freiheitsstrafe ohne Bewährung Freiheitsstrafe mit Bewährung Michael Kilchling: Vorlesung Sanktionenrecht SS 2007 Seite 25
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