Arbeitsrechtliche Pflichten zum Arbeitsschutz und die Folgen ihrer Nichtbeachtung
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- Damian Fromm
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1 Arbeitsrechtliche Pflichten zum Arbeitsschutz und die Folgen ihrer Nichtbeachtung Andernach, den 25. Februar 2010 Rechtsanwalt u. Fachanwalt für Arbeitsrecht Prof. Dr. D. Knickenberg Anwaltssozietät Leinen & Derichs, Köln Cleverstr. 16, Köln, Tel , Fax , 1
2 Überblick I. Gründe für den Arbeitsschutz II. Grundlagen/Rechtsquellen des Arbeitsschutzrechtes III. Generelle Obliegenheiten des Arbeitgebers IV. Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes V. Grundsätze der Delegationsmöglichkeiten VI. Arbeitsrechtliche Instrumente zur Sicherstellung/Durchsetzung von Arbeitsschutz VII. Spezielle Problemfelder in Klinikbereich VIII. Rechtsfolgen bei Verstößen gegen den Arbeitsschutz IX. Fazit 2
3 I. Gründe für den Arbeitsschutz sichere, qualitativ hochwertige Produkte und Leistungen durch zuverlässige Arbeitsverfahren, weniger physische Belastungen und Beanspruchungen, gesunde Arbeitsbedingungen, Verringerung der Fehlzeiten, weniger Unfällen und arbeitsbedingten Erkrankungen, Rechtssicherheit bei Personen- und Sachschäden, Förderung der Arbeitszufriedenheit und Leistungsfähigkeit der Beschäftigten, Sicherstellung einer gerichtsfeste Organisation bei Personen- und Sachschäden. 3
4 II. Grundlagen/Rechtsquellen des Arbeitsschutzrechtes Bürgerliches Gesetzbuch 618 Pflicht zu Schutzmaßnahmen (1) Der Dienstberechtigte hat Räume, Vorrichtungen oder Gerätschaften, die er zur Verrichtung der Dienste zu beschaffen hat, so einzurichten und zu unterhalten und Dienstleistungen, die unter seiner Anordnung oder seiner Leitung vorzunehmen sind, so zu regeln, dass der Verpflichtete gegen Gefahr für Leben und Gesundheit soweit geschützt ist, als die Natur der Dienstleistung es gestattet. (2) (3) Erfüllt der Dienstberechtigte die ihm in Ansehung des Lebens und der Gesundheit des Verpflichteten obliegenden Verpflichtungen nicht, so finden auf seine Verpflichtung zum Schadensersatz die für unerlaubte Handlungen geltenden Vorschriften der 842 bis 846 entsprechende Anwendung. 4
5 Auswahl öffentlichrechtlicher Arbeitsschutzgesetze Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) Arbeitsstättenverordnung (ArbStättVO) Arbeitszeitgesetz (ArbZG) BetriebssicherheitsVO BildschirmarbeitsplatzG DatenschutzG GefahrstoffVO Geräte- und ProduktsicherheitsG StrahlenschutzG Mutterschutzgesetz (MuSchG) Landeskrankenhausgesetze - Hygienekommission BrandschutzVO Öffentlich-rechtliche Arbeitsschutzbestimmungen regeln einen generell einzuhaltenden Mindeststandard. Ansprüche des Arbeitnehmers darüber hinaus können sich ausnahmsweise nur bei besonders schutzbedürftigen Mitarbeitern oder aus kollektivrechtlichen Vereinbarungen (TV, DV) ergeben. 5
6 betriebliche / individualvertragliche Grundlagen Dienstvereinbarungen (z.b.suchtprävention) Arbeitsvertrag, Nebenabreden als dokumentierte Belehrungsnachweise Hausordnung/Verhaltensrichtlinien/Organisationshandbuch Arbeitssicherheit Compliance Policy - Selbstverpflichtungserklärung 6
7 III. Generelle Obliegenheiten des Arbeitgebers Fürsorgepflichten Handlungs-/Unterlassungspflichten Aufklärungspflichten/Unterrichtungspflichten Präventionspflichten Sanktionspflichten Schulungspflichten/Kostentragung 7
8 IV. Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes Beteiligte im Unternehmen Betriebarzt Sicherheitsbeauftragter Fachkraft f. Arbeitssicherheit 2-4 ASiG 22 SGB VII 5-7 ASiG Arbeitsschutzausschuss 11 ASiG BR/PersRat Unternehmer 87 I Nr. 7 BetrVG 3 I ArbSchG 86 LPersVG RP - Datenschutzbeauftragter - Brandschutzbeauftragter - Strahlenschutzbeauftragter - Ersthelfer 8
9 1. Aktiv Handelnde Unternehmer Der Unternehmer trägt die Verantwortung für den innerbetrieblichen Arbeitsschutz. Er hat die erforderlichen Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren zu treffen. Er muss die Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit hin überprüfen und erforderlichenfalls sich ändernden Gegebenheiten anpassen. Adressat von staatlichen Arbeitsschutzvorschriften oder Unfallverhütungsvorschriften ist meistens der Unternehmer mit der Folge, dass er die dort genannten Aufgaben erfüllen oder andernfalls mit rechtlichen Konsequenzen rechnen muss. Der Unternehmer kann bestimmte Aufgaben auf geeignete Personen übertragen, bleibt jedoch in der Pflicht, die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung dieser Personen zu überwachen. ( 13 II ArbSchG) 9
10 Fachkraft für Arbeitssicherheit (Sifa) In Deutschland muss sich grundsätzlich jedes Unternehmen ab einem Mitarbeiter durch eine Sifa sicherheitstechnisch betreuen lassen (siehe 5-7 ASiG). Die Betreuung kann durch einen eigenen Mitarbeiter erfolgen oder aber durch einen überbetrieblichen Dienst bzw. ein selbständiges Ingenieurbüro (Vorteil: uneingeschränkte Haftung, da Haftungsbeschränkung im Arbeitsverhältnis entfällt) Die Fachkräfte haben die Aufgabe, den Arbeitgeber beim Arbeitsschutz und bei der Unfallverhütung in allen Fragen der Arbeitssicherheit einschließlich der menschengerechten Gestaltung der Arbeit zu unterstützen. Insbesondere beraten sie den Arbeitgeber bei der Beurteilung der Arbeitsbedingungen. Die Sifa ist in dieser Eigenschaft nicht an Weisungen des Arbeitgebers gebunden, sie hat allerdings auch kein unmittelbares Weisungsrecht gegenüber Mitarbeitern. Für Fehlberatungen, die zu einem Schaden führen, kann die Sifa zur Verantwortung gezogen werden. 10
11 Der Sicherheitsbeauftragter (SiB) Unternehmen mit mehr als 20 Beschäftigten sind nach 22 SGB VII verpflichtet, Sicherheitsbeauftragte unter Mitwirkung des Betriebs- oder Personalrates zu bestellen. 22 (2): Die Sicherheitsbeauftragten haben den Unternehmer bei der Durchführung der Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten zu unterstützen, insbesondere sich von dem Vorhandensein und der ordnungsgemäßen Benutzung der vorgeschriebenen Schutzeinrichtung und persönlichen Schutzausrüstung zu überzeugen und auf Unfall- und Gesundheitsgefahren für die Versicherten aufmerksam zu machen. Sicherheitsbeauftragte stellen sich freiwillig und ehrenamtlich zur Verfügung. Arbeitsschutz ist für sie eine zusätzliche Aufgabe, der sie neben ihrer üblichen Tätigkeit nachgehen. Sie sind - ohne festgeschriebenen Zeitaufwand - auf ihrer jeweiligen Arbeitsebene unterstützend tätig. Sicherheitsbeauftragte dürfen wegen der Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben nicht benachteiligt werden ( 22 Abs. 3 SGB VII). z.b. Beförderung 11
12 Aufgrund ihrer Orts-, Fach- und Sachkenntnis kommt ihnen auch die Aufgabe zu, Unfall- und Gesundheitsgefahren in ihrem Arbeitsbereich zu erkennen und adäquat darauf zu reagieren. Können sie die erkannte Defizite nicht selbst abstellen, so informieren Sicherheitsbeauftragte ihren direkten Vorgesetzten, die Fachkraft für Arbeitssicherheit oder den Betriebsarzt, damit diese die erforderlichen Maßnahmen einleiten können. Zusammen mit den übrigen Akteuren des Arbeitschutzes nehmen Sicherheitsbeauftragte an den Sitzungen des Arbeitsschutzausschusses teil. Für alle Sicherheitsbeauftragten gilt jedoch: Sie haben weder Weisungsbefugnis noch zivil- oder strafrechtliche Verantwortung für den Arbeitsschutz! (Ausnahme: allgemeine deliktische Haftungstagbestände) Kein besonderer Kündigungsschutz 12
13 Betriebsarzt (BA) In Deutschland muss sich grundsätzlich jedes Unternehmen ab einem Mitarbeiter arbeitsmedizinisch betreuen lassen ( 2-4 ASiG). Die Betriebsärzte haben die Aufgabe, den Arbeitgeber beim Arbeitsschutz und bei der Unfallverhütung in allen Fragen des Gesundheitsschutzes zu beraten. Auch werden die für die Arbeit erforderlichen Vorsorgeuntersuchung in aller Regel von einem Betriebsarzt durchgeführt. Weitere Aufgaben des Betriebsarztes sind: Fortbildung und Erfahrungsaustausch Beobachtung der Durchführung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes durch Betriebsbegehungen Gesundheitliche Betreuung und arbeitsmedizinische Beratung der Beschäftigten Betriebsärztliche Sprechstunde Beratung des Arbeitgebers und der für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz Verantwortlichen Allgemeine und spezielle arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen BA darf dem Arbeitgeber keine personenbezogenen Untersuchungsbefunde mitteilen! BA ist weder weisungsbefugt noch weisungsgebunden 13
14 Ersthelfer Arbeitgeber sind weiterhin gesetzlich verpflichtet, Ersthelfer in Ihrem Betrieb auszubilden und zu beschäftigen. Rechtsgrundlagen für die Anzahl der Ersthelfer sind 10 ArbSchG und 26 der Berufsgenossenschaftlichen Vorschrift für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit. Aufgabenübertragung im bestehenden Arbeitsverhältnis - Zustimmungsvorbehalt des Arbeitnehmers 14
15 Datenschutzbeauftragter (nicht nur Patienten, auch Mitarbeiter werden von Schutzzweck erfasst) Pflicht zur Bestellung: Jede nichtöffentliche Stelle, die personenbezogene Daten von Arbeitnehmern oder anderen Personen automatisiert erhebt, verarbeitet oder nutzt, hat innerhalb eines Monats nach Aufnahme ihrer Tätigkeit einen betrieblichen Beauftragten für Datenschutz schriftlich zu bestellen, wenn insbesondere die Verarbeitung automatisiert erfolgt (EDV) und damit in der Regel mindestens zehn Arbeitnehmer ständig beschäftigt sind ( 4f BDSG). Zuwiderhandlungen können mit Geldbuße bis zu EUR geahndet werden. Der Datenschutzbeauftragte kann, muss aber nicht Arbeitnehmer des Unternehmens sein. Zum Datenschutzbeauftragten darf nur bestellt werden, wer die erforderliche Fachkunde und Zuverlässigkeit besitzt ( 4f Abs. 2 BDSG). Der Beauftragte hat die Ausführung des Bundesdatenschutzgesetzes sowie anderer Vorschriften über den Datenschutz (insbesondere auch arbeitsrechtlicher Art, z. B. Personalakten und Einstellung) sicherzustellen. Ferner hat er bei der Auswahl der Personen beratend mitzuwirken, die bei der Verarbeitung personenbezogener Daten tätig sind ( 4 g BDSG). 15
16 Der Datenschutzbeauftragte ist dem Leiter des Unternehmens unmittelbar zu unterstellen ( 4f Abs. 3 S. 1 BDSG). Dieser hat den Beauftragten bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen und ihm insbesondere, soweit dies zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist, Hilfspersonal sowie Räume, Einrichtungen, Geräte und Mittel zur Verfügung zu stellen ( 4f Abs. 5 BDSG). Der Datenschutzbeauftragte ist auf dem Gebiet des Datenschutzes weisungsfrei ( 4f Abs. 3 S. 2 BDSG). Der Beauftragte darf wegen der Erfüllung seiner Aufgaben nicht benachteiligt werden ( 4f Abs. 3 S. 3 BDSG). Die Bestellung zum Datenschutzbeauftragten kann nur auf Verlangen der Aufsichtsbehörde oder in entsprechender Anwendung von 626 BGB (Außerordentliche Kündigung) widerrufen werden ( 4f Abs. 3 BDSG). Allerdings endet die Bestellung zum Datenschutzbeauftragten nach wie vor auch bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses, etwa durch eine ordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber. Einen besonderen Kündigungsschutz genießt der Datenschutzbeauftragte also nicht. 16
17 Brandschutzbeauftragter Ist der Geschäftsführung unterstellt, unterliegt i.s. Brandschutz keinem Weisungsrecht des Arbeitgebers muss im Falle eines Brandes - ohne Gefahr für sein Leben einzugehen - Räumung der Arbeitsplätze kontrollieren/sicherstellen. Trägt keine Eigenverantwortung für Brandschutz, muss aufgrund seiner Fachkunde aber auf Gefahrenherde hinweisen (gesteigerter Mitwirkungspflicht) Schulungspflicht 17
18 Strahlenschutzbeauftragter Rechtsgrundlage StrahlenschutzVO, 13 RöntgenVO Regelmäßige Nach-/Schulungspflichten Ist der Geschäftsführung unterstellt, unterliegt i.s. Strahlenschutz keinem Weisungsrecht des Arbeitgebers Eingriffsverpflichtung bei Gefahrentatbestand Trägt Eigenverantwortung für Schutzvorschriften im Rahmen seiner Bestellung 18
19 2. Die Gremien Der Arbeitsschutzausschuss (ASA) Um Anliegen des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung zu beraten, muss in Betrieben mit mehr als 20 Beschäftigten ein Arbeitsschutzausschuss mindestens einmal vierteljährlich zusammentreten. (Tipp: 1 x monatlich mit fixer zeitlicher Begrenzung) Tagesordnung, Protokoll Der ASA setzt sich zusammen aus Arbeitgeber oder einem von ihm Beauftragten, zwei Betriebsratsmitgliedern, der Sifa, dem Betriebsarzt sowie dem Sicherheitsbeauftragten. Beteiligung weiterer mit Arbeitsschutzaufgaben betrauter Personen möglich, aber nicht empfehlenswert. Sinn des ASA ist es, den innerbetrieblichen Arbeitsschutz zu koordinieren und gemeinsam mit den anderen Akteuren zu einer Problemlösung zu kommen. Beschlussfassungen des ASA haben nur empfehlenden, nicht zwingenden Charakter 19
20 Betriebs- und Personalrat (BR/PR) Betriebs- und Personalrat dienen dem Zweck, die Interessen der Mitarbeiterschaft zu vertreten. Speziell im Arbeitsschutz haben sie die Aufgabe, die Durchführung der Arbeitsschutzvorschriften zu überwachen. Dafür werden dem Betriebs- bzw. Personalrat weitreichende Rechte an die Hand gegeben. Insbesondere in Bereichen in denen der Staat den Arbeitsschutz nicht konkret, sondern in Form von Schutzzielbestimmungen geregelt hat, können die Mitarbeitervertretungen zur Konkretisierung dieser Schutzziele mitbestimmen. In solchen Fällen wären Alleinentscheidungen des Unternehmers unwirksam. Betriebs- und Personalräte sind wichtige Ansprechpartner für die Mitarbeiter und den Sicherheitsbeauftragten. Mitwirkungsrechte gemäß 87 I Nr. 7 BetrVG bzw. 86 LPersVG RP 20
21 V. Grundsätze der Delegationsmöglichkeiten Grundsätzlich trägt der Arbeitgeber (Unternehmer) die Verantwortung für die Einhaltung aller Pflichten, die sich aus Arbeitsschutzvorschriften ergeben. Gleichgestellte = nach dem Gesetz verantwortlichen Personen ( 13 I ArbSchG): gesetzliche Vertreter vertretungsberechtigte Organe vertretungsberechtigte Gesellschafter Unternehmens- oder Betriebsleiter Verantwortung für Beschäftigte fremder Arbeitgeber Grundsatz: Jeder Arbeitgeber bleibt nur für seine Beschäftigten verantwortlich. Aber: 8 ArbSchG: Pflicht zur Zusammenarbeit der Arbeitgeber zur Gewährleistung des Arbeitsschutzes und Überprüfung fremder Arbeitnehmer 21
22 Pflichtenübertragung gem. 13 II ArbSchG grds. möglich, da die Geschäftsführung nicht alle Pflichten selbst erfüllen kann. Aber: Die Oberaufsichtspflicht und Organisationsverantwortung des Arbeitgebers und der ihm gleichgestellten Personen bleibt immer bestehen und kann nicht übertragen werden. Arbeitgeber u. Gleichgestellte gem. 13 I ArbSchG Verantwortliche gem. 13 II ArbSchG Schutzbeauftragte 22
23 Anforderungen an eine wirksame Aufgabenübertragung gem. 13 II ArbSchG Auf wen kann übertragen werden? Zuverlässige und sachkundige Personen (z. B. Betriebsleiter, Teilbetriebsleiter, Direktor, Prokurist, Chefarzt, Oberarzt) Schutzbeauftragten, d.h. Fachkräften für Arbeitssicherheit, Sicherheitsbeauftrag-ten und Betriebs-/Personalratsmitgliedern sollten aufgrund ihrer besonderen Stellung solche Pflichten nicht übertragen werden. Wie erfolgt die Übertragung? Durch zweiseitige schriftliche Willenserklärung ( 13 II ArbSchG). Einseitig können Pflichten durch den Unternehmer nicht übertragen werden. Folgen der Übertragung? Der Beauftragte tritt mit allen Rechten und Pflichten an die Stelle des Arbeitgebers. 23
24 VI. Arbeitsrechtliche Instrumente zur Sicherstellung/Durchsetzung von Arbeitsschutz Auswahl Verantwortlicher i.s.d. 13 II ArbSchG Prüfung der fachlichen Geeignetheit und Zuverlässigkeit Verankerung der Pflichtübernahme im Arbeitsvertrag Auswahl beauftragter Personen Pflicht des Mitarbeiters zur Amtsübernahme als arbeitsvertragliche Nebenpflicht? Ehrenamt Freistellungsanspruch ggfs. Aufteilung der Zuständigkeitsbereiche auf mehrere Personen (Risiko der Überbelastung) Schriftlich dokumentierte Aufgabenübertragung Schulungsanspruch/Kostentragung Vertretungsregelungen 24
25 Kontrolle/Maßregelung verantwortlicher Personen Arbeitgeberseitiges Direktionsrecht / Erteilung von Weisungen betreffend ob und wie der Aufgabenwahrnehmung Ermahnung/Abmahnung Kündigung/Entziehung der zusätzlich übertragenen Aufgabe Kontrolle/Maßregelung beauftragter Personen Dokumentiertes Kontrollsystem Arbeitgeberseitiges Direktionsrecht / Erteilung von Weisungen betreffend ob der Pflichtwahrnehmung Ermahnung/Abmahnung Kündigung/Entziehung der zusätzlich übertragenen Aufgabe 25
26 Kontrolle/Maßregelung Mitarbeiter Kontrollaufgaben können wirksam delegiert werden (Ausnahme: Organisationsverantwortung, Oberaufsicht) Arbeitgeberseitiges Direktionsrecht / Erteilung von Weisungen auf Einhaltung der Arbeitsschutzvorschriften Ermahnung/Abmahnung (setzt klare Anweisungen / dokumentierte Kenntnis der einschlägigen Vorschriften voraus Kündigung Compliance Policy 26
27 VII. Spezielle Problemfelder in Klinikbereich Rauchverbote 5 ArbStättVO (Nichtraucherschutz) (1) Der Arbeitgeber hat die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit die nicht rauchenden Beschäftigten in Arbeitsstätten wirksam vor den Gesundheitsgefahren durch Tabakrauch geschützt sind. Soweit erforderlich, hat der Arbeitgeber ein allgemeines oder auf einzelne Bereiche der Arbeitsstätte beschränktes Rauchverbot zu erlassen. (2) In Arbeitsstätten mit Publikumsverkehr hat der Arbeitgeber Schutzmaßnahmen nach Absatz 1 nur insoweit zu treffen, als die Natur des Betriebes und die Art der Beschäftigung es zulassen. 27
28 Genereller Anspruch auf rauchfreien Arbeitsplatz Aber wohl Anspruch auf Gelegenheit zum Tabakkonsum außerhalb der Arbeitszeit Spannungsfeld Rechte der Patienten Rechte der Arbeitnehmer (LAG Berlin, Urteil vom ; BAG, Urteil vom ) Anordnung eines generellen oder Konkretisierung eines bestehenden Rauchverbotes wird durch arbeitgeberseitigen Direktionsrecht gedeckt ggfs. Mitbestimmungspflichtig gem. 80 I Nr. 6, 11 LPersVG RP, 87 I Nr. 1 BetrVG Verstöße = vertragliche Nebenpflichtverletzung Sonderprobleme bei elektronischer Zeiterfassung 28
29 Hygienevorschriften (nicht nur Patienten, auch Mitarbeiter werden von Schutzzweck erfasst) Rechtsquelle 32 Landeskrankenhausgesetz Impfpflicht (Bsp. Schweinegrippe) für Mitarbeiter, bzw. besondere Mitarbeitergruppen Untersuchungspflicht (Hepathis) Aids-Test Kostentragung, 3 III ArbSchG 29
30 StrahlenschutzVO Pflichtuntersuchung Dosisplakette Dokumentationspflichten 30
31 Arbeitszeitgesetz 3 ArbZG Höchstarbeitszeiten Problem : häufig sind Arbeitgeber und Arbeitnehmer an Mehrarbeit interessiert Bereitschaftsdienst, Arbeitsbereitschaft, Rufbereitschaft = Arbeitszeit i.s.d. ArbZG 6 ArbZG Nacht-/Schichtarbeit, 4, 5 ArbZG Ruhepausen/Ruhezeiten Gesundheitsschonende Gestaltung von Dienstplänen auch entgegen den Wünschen des Arbeitnehmers Lage der Arbeitszeit unterliegt generell den arbeitgeberseitigen Direktionsrecht 31
32 MutterschutzG, MutterArbeitsschutzVO Umfassende Beschäftigungsverbote Straf- und OWi-bedroht 32
33 Schäden durch Arbeitsmittel Sicherheitskanülen Qualität Schutzkleidung/Handschuhe Allergiker 33
34 Bildschirmarbeitsplätze Die Organisation der Arbeit z.b. klar festgelegte Verantwortungen, eindeutige Arbeitsanweisungen, funktionierende Kommunikations- und Informationswege, Beteiligung der Mitarbeiter bei der Verbesserung der Arbeitssituation, Die Arbeitsumgebung ergonomisch gestaltete Arbeitsplätze, ausreichend unverstellte Verkehrswege, ein gesundes Raumklima und die optimale Beleuchtung. Die Arbeitsmittel Zu den Arbeitsmittel zählt sowohl die Büroeinrichtung als auch eine funktionsgerechte Software und Hardware am Bildschirmarbeitsplatz. Die rechtliche Grundlage für die ergonomische und gesundheitsgerechte Gestaltung der Bildschirmarbeit ist die Bildschirmarbeitsverordnung. Augenvorsorgeuntersuchungen sind regelmäßig vom Unternehmer anzubieten und die Tätigkeit muss durch Bildschirmpausen unterbrochen werden. 34
35 Sturz- und Stolperunfälle SRS-Unfälle (Stürzen-Rutschen-Stolpern) stellen in der Arbeitswelt von heute ein wesentliches Verletzungsrisiko dar. SRS-Unfälle geschehen jährlich ca mal und kosten die Deutsche Wirtschaft jährlich ca. 8 Milliarden Euro Ausfallkosten Eine Rolle bei SRS-Unfällen spielen Unebenheiten (Löcher, Schrägen, Absätze, Stufen, feste Hindernisse) Gegenstände (Stolperstellen durch Kabel und andere Gegenstände) Treppen und Handläufe Fußbodengestaltung (Material im Zusammenhang mit Nutzung, Nässe und Glätte) Höhenunterschiede (hochgelegene Arbeitsplätze und Verkehrswege, Rampen, Gruben, Leitern, Gerüste) Konkrete Aufgabenstellungen für Sifa und SiB 35
36 VIII. Rechtsfolgen bei Verstößen gegen den Arbeitsschutz Zivilrechtliche Folgen Arbeitsrechtliche Folgen Rückgriff der Pflichtenverstoß Verlust des Versicherungsträger Versicherungsschutzes Straf-/OWi-rechtl. Folgen VerwaltungsZwang 36
37 1. Straf- und ordnungswidrigkeitsrechtliche Folgen Behördliche Aufsicht: Ämter für Arbeitsschutz werden i.d.r. nur auf (meist anonyme) Anzeigen hin oder im Unglücksfall tätig Strafende Sanktionen setzen immer ein schuldhaftes, d.h. vorwerfbares Verhalten voraus. Vorsatz ist immer sanktionierbar, Fahrlässigkeit nur, wenn ausdrücklich gesetzlich genannt, was aber im Bereich Arbeitsschutz vollständig der Fall ist. Vorsatz: Handeln mit Wissen und Wollen Fahrlässigkeit: Außerachtlassen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt 37
38 Verwarnungs- und Bußgelder sind keine Strafen i.s. einer Kriminalstrafe (keine Vorstrafenfähigkeit) Können durch BG, Arbeitsschutzbehörden oder Ordnungsbehörden verhängt werden, wenn gegen Verordnung verstoßen wird, die eine Bußgeldandrohung vorsieht gegen eine ergangene Anordnung verstoßen wird. Verwarnungs- und Bußgeld stehen im Ermessen der Behörden, d. h. sie können, müssen aber nicht verhängt werden. Höhe ist abhängig von der Schwere des Verstoßes, dem Grad der Vorwerfbarkeit und den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen. Verwarnungsgeld für kleinere Verstöße / Bußgeld für schwerwiegendere Verstöße Kriminalstrafe (Geld oder Freiheitsstrafe) Schwerste Sanktion, wenn Verhalten den Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllt (z.b. fahrlässige Tötung, fahrlässige Körperverletzung o. ä.) 38
39 Verwaltungszwang (Geregelt in Verwaltungsvollstreckungsgesetzen (VwVG)) zuständig für die Durchsetzung ist jeweils die Behörde, die die Anordnung erlassen hat. dient zur Durchsetzung von Verwaltungsrnaßnahmen, stellt keine Strafe o. ä. dar. Nur unter engen Voraussetzungen ( 6 II VwVG) ist Verwaltungszwang ohne vorherige Anordnung möglich. Zulässige Zwangsmittel sind: Ersatzvornahme: Behörde nimmt die Handlung auf Kosten des Pflichtigen selbst vor bzw. lässt sie vornehmen Zwangsgeld: Behörde setzt Geldzahlung für den Fall des Nichtbefolgens einer Anordnung fest. Unmittelbarer Zwang: Behörde setzt die Maßnahme durch körperliche Gewalt durch (nur letztes Mittel, nur möglich durch örtliche Polizeibehörden) Ablauf des Verwaltungszwangs Verwaltungsakt (zumeist Anordnung) Bestandskraft (unanfechtbar oder sofort vollziehbar) Androhung (konkretes Zwangsmittel wird in Aussicht gestellt) Festsetzung des Zwangsmittels 39
40 2. Zivilrechtliche Haftung Haftung des Arbeitnehmers Grundsatz: Aber: AN haftet gegenüber dem AG, sofern durch die Verletzung arbeitsschutzrechtlicher Vorschriften Schäden entstehen. Da der AN Tätigkeiten mit hohem Schadenspotential nur durchführt, weil er dies für den AG tun muss, gelten die Grundsätze der gefahrgeneigten Arbeit, d. h. für fahrlässige Schädigungen gilt: Leicht fahrlässiges Verhalten = keine Haftung des AN normal fahrlässiges Verhalten = anteilige Haftung des AN grob fahrlässiges Verhalten = volle Haftung des AN Bei der Schädigung Dritter führt die o.g. Haftungserleichterung dazu, dass der AN einen entsprechenden Freistellungsanspruch gegen den AG hat. Einschränkung der Haftung gibt es bei Verletzung von Arbeitern desselben Betriebes, da hier die BG Leistungen erbringt. Haftung setzt Kenntnis des Arbeitnehmers betreffenden der verletzten Norm voraus 40
41 Haftung des Arbeitsgebers Haftung für alle Schäden und Folgeschäden, die ihre Mit-/Ursache in der Verletzung von Arbeitsschutzvorschriften haben aus Arbeitsvertrag (vertragliche Nebenpflichtverletzung) über 280 BGB Gesetzliche Verschuldensvermutung Mitverschulden zu beachten ( 254 BGB) Haftung für Organe/Erfüllungsgehilfen über 31 / 278 BGB (keine Exkulpationsmöglichkeit) Haftung für Verletzungshandlungen durch Mitarbeiter nur über Organisationsverschulden bzw. Verletzung der Aufsichtspflicht Aus Delikt 823 I, 823 II BGB i.v.m. Schutzgesetz 826 BGB verschuldensabhängig Haftung für Verrichtungsgehilfen gem. 831 BGB (Exkulpationsmöglichkeit) 41
42 3. Arbeitsrechtliche Folgen Einhaltung des Arbeitsschutzes ist nicht nur aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften geboten (z. B. ArbSchG), sondern ist auch Nebenpflicht der Parteien aus dem Arbeitsvertrag. AG kann Einhaltung der arbeitschutzrechtlichen Vorschriften verlangen AN hat Anspruch auf arbeitsschutzrechtlich korrekte Arbeitsplatzgestaltung Bei Verstößen des Arbeitnehmers drohen: Abmahnung, d. h. ernsthaftes Inaussichtstellen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch verhaltensbedingte Kündigung für den Wiederholungsfall oder sogar fristlose Kündigung, d. h. sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei sehr schweren Verstößen (626 BGB) Bei Verstößen des Arbeitgebers drohen: Erfüllungsanspruch Leistungsverweigerungsrecht (Annahmeverzugslohnanspruch) Recht zur Arbeitseinstellung ( 9 III Satz 1 ArbSchG; 20 IV Satz 2 Nr. 3 GefStoffVO) Schadensersatz 42
43 4. Versicherungsrechtliche Folgen Grundsatz: Aber: Arbeitsschutzwidriges Verhalten allein führt nicht zum Verlust des Versicherungsschutzes für den verletzten Arbeitnehmer, d. h. selbst ein grob fahrlässig herbeigeführter Arbeitsunfall schließt einen Versicherungsfall nicht aus. Die Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung (z. B. Übergangsgeld, Rente, Berufshilfe) können versagt werden, wenn der Tod eines Versicherten vorsätzlich herbeigeführt wurde, ein Arbeitsunfall bei Volltrunkenheit entsteht, der Versicherte sich einer selbst geschaffenen Gefahrenlage aussetzt, ein Arbeitsunfall beim Begehen einer rechtskräftig verurteilten, vorsätzlichen Straftat geschieht. Praktisch sehr bedeutsam: Übermäßiger Alkoholgenuss! 43
44 Rückgriffsmöglichkeiten der Versicherungsträger Die Versicherungsträger können wegen der von Ihnen zu erbringenden Leistungen Rückgriff nehmen, wenn der Unfall durch einen anderen Betriebsangehörigen vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht wurde. Für Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Führungskräfte wird häufig eine betriebliche Haftpflichtversicherung abgeschlossen, aber grundsätzlich kann ein Rückgriff auch gegen normale Arbeitnehmer möglich sein, die in der Regel durch den AG nicht haftpflichtversichert werden. 44
45 IX. Fazit Straffe und transparente Organisation des Arbeitsschutzes Schriftliche Aufgabenübertragung Regelmäßige Erörterungen latenter und aktueller Arbeitsschutzthemen im Rahmen der ASA-Sitzungen Konsequente Sanktionierung von Verstößen gegen den Arbeitsschutz Bewusstsein schaffen durch compliance policy 45
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