Auslandssemester mit Erasmus+ an der Istanbul Teknik Üniversitesi im Wintersemester 15/16

Transkript

1 Auslandssemester mit Erasmus+ an der Istanbul Teknik Üniversitesi im Wintersemester 15/16 Von Florian Müller Mit dem ESN und anderen Erasmus-Studenten vor der Hagia Sophia 1) Vorbereitungen: a) Visum / Aufenthaltserlaubnis: Als deutscher Staatsbürger braucht man kein Visum zur Einreise in die Türkei, sofern man sich nicht länger als 3 Monate dort aufhält. Diese Dauer wird bei einem Auslandssemester natürlich überschritten. Man braucht sich deswegen nicht gleich ein Visum zu holen, sondern es reicht eine Art Aufenthaltserlaubnis ( Residence Permit ). Selbst mit Visum muss man sich für diesen Zeitraum eine RP holen, also ist ein Visum quasi unnötig! Um diese RP zu erhalten, stellt die ITÜ einige Beamten zur Verfügung, die sämtliche Unterlagen der Studenten prüfen und die RP in Auftrag geben. Meines Wissens hat man hierfür Reisepass-Kopien und natürlich das Original (Personalausweis reicht nicht aus!) benötigt, 4 Passbilder, eine Bescheinigung der Krankenkasse, das Studentenzertifikat von der ITÜ... Informationen dazu erhaltet ihr rechtzeitig.

2 b) An der TU Kaiserslautern: Natürlich gab es im Vorfeld auch zahlreiche Formulare, die ausgefüllt bzw. unterschrieben werden mussten. Unser International Office und ISGS haben uns darüber sehr genau und vor allem frühzeitig informiert. Das International Office war außerdem sehr hilfreich, als wir nach Kursen der ITÜ suchten, die an der TU anerkannt werden. Die Anerkennung der Kurse an der TU durch Learning Agreements war wohl das, was die meiste Vorbereitungszeit in Anspruch nahm, da wir über Monate jeden Dienstag sämtliche Lehrstühle abklapperten. Somit hatten wir schon im Voraus alle Learning Agreements und wussten genau, welche Kurse anerkannt werden! Die meisten Lehrstühle zeigten sich sehr kooperativ, jedoch gab es auch ein paar wenige, von denen ich das leider nicht behaupten kann. Falls es dazu Fragen gibt, könnt ihr euch gerne melden! c) Allgemein: Da man für ein solches Auslandssemester eine Kreditkarte braucht, kann ich die DKB-Kreditkarte sehr empfehlen. Ich selbst hatte leider keine. DBK-Kartenbesitzer haben nur Positives berichtet. Meines Wissens ist diese für Studenten kostenlos und auch für Geldtransaktionen fallen keine Gebühren an! Ich habe ein paar Monate vor Beginn des Auslandssemesters noch eine Auslandskrankenzusatzversicherung abgeschlossen, weil ich mich auf meinen gesetzlichen Schutz nicht verlassen wollte. Da ich zum Glück ohne Arzt- bzw. Krankenhausbesuch wieder heimgekommen bin, kann ich weder über die Krankenhausstandards bei gesetzlich Versicherten noch bei Privatversicherten Auskunft geben. Flüge nach Istanbul sind relativ günstig und auch kurzfristig buchbar, weil täglich viele Maschinen in Richtung der größten türkischen Metropole starten. Empfehlen kann ich hierbei Turkish Airlines, weil man 30kg Gepäck mitführen darf. d) Wohnen: Ich habe vor Ort erst nach einer Wohnung gesucht, weil ich mich nicht auf irgendwelche Bilder etc. verlassen wollte. Nachdem ich 6 Nächte im #Bunk Hostel (Taksim) verbracht habe, wo ich viele andere Erasmusstudenten kennen gelernt habe, fand ich die passende Unterkunft. Bei der Wohnungssuche muss man ein wenig aufpassen, weil doch viele Vermieter Wohnungen zu deutlich erhöhten Preisen anbieten, die niemals ein Einheimischer bezahlen würde! Also lieber länger suchen und eine Nacht länger im Hostel verbringen.

3 2) Universität: a) Allgemein: Die ITÜ zählt zu den besten Universitäten der Türkei, insbesondere im technischen Bereich. Sie ist außerdem die drittälteste technische Universität der Welt. An insgesamt 5 verschiedenen Campussen, von denen ich 3 besuchen musste, wird unterrichtet. Vor allem der Hauptcampus Ayazaga ist sehr beeindruckend, da er über einen eigenen kleinen Wald, viele verschiedene Sportplätze, ein eigenes Stadion, einen eigenen Shop verfügt und ca. 2x2 km groß ist. ITÜ-Stadion für Fußball und American Football Ayazaga-Bibliothek bei Nacht Insgesamt waren im Wintersemester 15/16 knapp über 300 internationale Studenten an der ITÜ, davon waren ca. 280

4 Erasmusstudenten. Im Sommersemester sind es in der Regel knapp 100 weniger. Das Erasmus Student Network (ESN), ca. 20 freiwillige, einheimische ITÜ-Studenten, helfen euch schnell Fuß zu fassen und man gewöhnt sich somit sehr schnell an diese nahezu endlose Stadt. b) Studium: Ich habe während meiner Zeit in Istanbul 6 Kurse belegt, was zwischenzeitlich schon sehr stressig war. Zweimal die Woche musste ich über Mittag den Campus wechseln, dazu waren Bus und Metro nötig. An der ITÜ werden pro Kurs meist 2 Zwischenprüfungen geschrieben, die, genau wie Hausaufgaben und andere Projekte, schon in die Endnote des Kurses miteinfließen. Insgesamt habe ich 28 ECTS erreicht, welche aber nur mit 21 ECTS in Kaiserslautern übernommen werden. Auf könnt ihr euch weitere Informationen zu Kursen etc. holen. Häufig werden Informationen aber nur sehr kurzfristig veröffentlicht, woran man sich aber im Laufe der Zeit recht gut gewöhnt. Die Veranstaltungen gehen in der Regel 3 Zeitstunden, werden jedoch von mehreren kurzen Pausen unterbrochen. Mich hat es ein wenig gestört, dass einige Kurse trotz der Kennzeichnung E (für Englisch) zu einem nicht geringen Anteil auf Türkisch gehalten wurden, weil das Englisch meiner türkischen Kommilitonen scheinbar nicht das Yellow From The Egg war. 3) Reise und Freizeit: a) Kosten und Finanzen: Obwohl das alltägliche Leben, Essen, Kleider und vieles andere kostengünstiger als in Deutschland sind, habe ich in Istanbul deutlich mehr Geld ausgegeben, als ich es in Kaiserslautern im gleichen Zeitraum getan hätte. Der Grund dafür ist zum einen, dass man nur noch sehr selten selbst zum Kochen kommt und zum anderen, weil man in einer Weltstadt mit ca. 15 Millionen Einwohnern ganz andere Möglichkeiten hat sein Geld zu investieren. b) Stadt: Istanbul ist wirklich keine gewöhnliche Stadt. Die ersten Tage noch etwas eingeschüchtert wegen der vielen Menschen immer und überall, hatte ich mich schon nach wenigen Wochen eingelebt. Einen großen Anteil daran hatten natürlich die Einheimischen selbst, die fast ausnahmslos nett, freundlich und offenherzig auf einen zu gehen. Die Stadt zwischen zwei Kontinenten hat viel Beeindruckendes zu bieten. Auf der Istiklal Caddesi, der Haupteinkaufsstraße, die direkt am Taksim Platz beginnt, tummeln sich zu jeder Tages- und Nachtzeit tausende von Menschen. Dort gibt es auch viele Clubs,

5 sowohl mit türkischer als auch mit englischer Musik. Besonders gefallen haben mir die vielen Rooftop-Bars oder Clubs, von denen man einen traumhaften Blick über die Dächer Istanbuls hatte. Auf dem Istanbul Sapphire Tower, dem größten Turm der Türkei, sollte man auf alle Fälle gewesen sein, weil man von dort wirklich die Grenzen dieser Metropole erahnen kann. Die weltberühmte Hagia Sophia und Blaue Moschee sind auch ein Muss, selbst wenn man nur wenige Tage in Istanbul ist. Im Zentrum der Stadt gibt es unzählige Shoppingmalls, welche den Eindruck vermitteln, dass man sich nicht in der Türkei, sondern in einer ganz normalen westlichen Großstadt befindet. Bei sonnigen Wetter gibt es fast nichts Schöneres, als mit der Fähre auf die asiatische Seite nach Kadiköy oder Üsküdar zu fahren und dort seine Zeit an einer Bosporus-Promenade mit Tavla, Shisha und Cay zu verbringen. Sonnenuntergang auf einer Fähre auf dem Bosporus c) Freizeitaktivitäten / Reisen: In einer Stadt mit rund 15 Millionen Einwohnern kommt wirklich keine Langeweile auf. Selbst ein halbes Jahr hat mir nicht gereicht, um alle Winkel und Facetten von Istanbul kennenzulernen. Das ESN organisiert in jedem Semester Fahrten nach Antalya und Cappadocia, welche kostengünstig angeboten werden und die ich wärmstens empfehlen kann!

6 Cappadocia Göreme National Park Da es in der Türkei unheimlich viel zu sehen gibt, kann ich euch nur raten so viel zu Reisen wie möglich. Dies ist durch billige Inlandsflüge oder Fernbusfahrten recht einfach. Ich war außerdem auf einigen Fußballspielen und habe alle Istanbuler Süperlig-Stadien gesehen. Dafür muss man jedoch einen sog. Passolig beantragen, wofür man wirklich alle persönlichen Daten preisgeben muss. Das Atatürk-Olympia-Stadion beim Derby von Besiktas Fenerbahce 4) Fazit: Ich persönlich bin in vielerlei Hinsicht sehr froh dieses Auslandssemester gemacht zu haben. Man hat internationale Freundschaften geschlossen. Man hat tiefe Einblicke in das alltägliche Leben in der türkischen Weltstadt bekommen und somit auch die türkische Kultur kennengelernt. Man konnte seine Sprachkenntnisse verbessern. Man konnte innerhalb von 10 Minuten zwischen Orient und Okzident wechseln Ob Istanbul oder irgendeine andere Stadt in einem anderen Land, ich kann jedem, der die Möglichkeit hat ein Auslandssemester zu machen, dies wirklich ans Herz legen.