Bernhard Waldenfels: TOPOGRAPHIE DES FREMDEN

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1 Bernhard Waldenfels: TOPOGRAPHIE DES FREMDEN I. FREMDERFAHRUNG UND FREMDANSPRUCH 1. DER AUFTRITT DES FREMDEN IN DER GESCHICHTE Zunächst ist das Fremde für uns etwas Alltägliches, Altvertrautes. Dazu gehört das Gastrecht, das dem Fremden, das Asylrecht, das dem Verfolgten zuteil wird; die Vielfalt fremder Sprachen, aus der sich die Muttersprache aussondert; das Fremdeln beim Kind, wenn es lernt, vertraute von fremden Gestalten zu unterscheiden; das klinische Phänomen der Entfremdung vom eigenen Körper, in der die eigene Hand wie ein lebloses Ding erscheint, und vieles andere mehr. Das Fremde, das hier und dort aufflackert, bleibt allerdings gebändigt, solange ein mythischer Rahmen oder - wie bei den klassischen Griechen - ein kosmisches Ordnungsgefüge Eigenes und Fremdes umgreift. Es gibt nur relativ Fremdes, bezogen auf bestimmte Standorte; ein radikal Fremdes, das das Sein als solches und im ganzen unterhöhlt, suchen wir vergebens. Hierfür gibt es ein deutliches Kriterium. Das Fremde (ξενον) bildet keinen Grundbegriff der klassischen Philosophie. Es gibt hier nichts, was, sofern es überhaupt ist und so oder so ist, sich als fremd erweist. Auch der Mensch hat seinem Wesen gemäß einen Logos, der allen Menschen gemeinsam ist; je mehr der Mensch sich von seinem Tun und Denken vom Logos leiten läßt, um so weniger unterscheidet er sich von seinen Mitmenschen. Im 5. Jahrhundert v. Chr. kommt bei den Griechen zwar der Unterschied zwischen Griechen und Barbaren auf, doch dabei handelt es sich um einen vertikalen, nicht um einen horizontalen Unterschied. Der Fremdheitskegel verjüngt sich nach oben hin, je mehr man sich der Vernunft annähert. Die Situation ändert sich, wenn zu Beginn der Neuzeit die große Gesamtordnung zersplittert, wenn die >Kette des Seins<, die einstmals alles mit allem verknüpfte, zerreißt und wenn das Subjekt, in dem die Gesamtordnung ihr Zentrum und ihren Gipfelpunkt zu finden schien, allmählich aus dem Zentrum rückt. Diese Zersplitterung der Vernunft und diese Dezentrierung des Subjekts gehören zu den Abenteuern der westlichen Moderne. Diese Abenteuer, die von Entdeckungsfahrten und Eroberungszügen begleitet waren, auf denen sich neue und ferne Welten erschlossen und >wunderbare Besitztümer ansammelten, dauern schon lange an; doch erst im 18. und 19. und vollends im 20. Jahrhundert dringt das Fremde ausdrücklich und unwiderruflich in den Kern der Vernunft und in den Kern des Eigenen ein. Die Herausforderung durch ein radikales Fremdes, mit der wir uns konfrontiert sehen, bedeutet, daß es keine Welt gibt, in der wir heimisch sind, und daß es kein Subjekt gibt, das Herr im eigenen Hause wäre. Bis heute stellte sich allerdings die Frage, wieweit diese Herausforderung angenommen, wieweit sie verdrängt wird. Es gibt sprachliche Indizien, die ein Umdenken ankündigen. In der Hegel-Marxschen Tradition begegnet uns an zentraler Stelle die >Entfremdung<, eine Entfremdung des Geistes bzw. der Praxis. Doch hier erscheint das Fremde immer noch als bloßes Durchgangsstadium zu einem Allgemeinen, in dem die Differenz von Eigenem und Fremdem aufgehoben ist. Radikalere Züge trägt das literarische Verfahren der >Verfremdung<, das auf das ξενιχον der aristotelischen Rhetorik (III, 2-3) zurückgeht und bei den russischen Formalisten wie bei Brecht durch Abweichung von normalen Ausdrucksformen Neuartiges entstehen läßt (vgl. Hansen-Löve 1978, S. 24 ff., dazu Waldenfels 1987, S. 230). Auch in den Geisteswissenschaften des 19. Jahrhunderts, die zunächst eine kritische Erbschaft des idealistischen Geistes antreten, wird die Fremdheit zu einem konstitutiven Moment, doch geschieht dies auf halbherzige Weise. Für die Väter der neueren Hermeneutik haben Verstehen und Auslegung zwar ihren Ort nicht jenseits von, sondern zwischen Eigenem und Fremdem. Dilthey (GS, Bd. VII, S. 225) knüpft an Schleiermacher an, wenn er feststellt:»die Auslegung wäre unmöglich, wenn die

2 Lebensäußerungen gänzlich fremd wären. Sie wäre unnötig, wenn in ihnen nichts fremd wäre.«ähnlich liegt für Gadamer (1965, S.279) der wahre Ort der Hermeneutik im»zwischen«von Fremdheit und Vertrautheit. Es fragt sich jedoch, wie dieses Zwischen zu denken ist, als spekulative, vermittelnde Mitte oder als ein Hiatus, der Eigenes und Fremdes unwiderruflich voneinander trennt. An dieser Alternative entscheidet sich, welche Ausmaße die Historisierung und Kulturalisierung des Geistes, seine Zerstreuung in die historische Zeit und den geographischen Raum annimmt. Auch für die Philosophie stellt sich die Frage, ob sie sich angesichts der historisch-kulturellen Vielfalt nur zu erweitern hat oder ob die Vielfalt zu einer Vervielfältigung führt in Form einer Philosophie, die sich selbst als interkulturell darstellt. 1 Schließlich werden hinter den Bemühungen, die sich auf ein Verstehen des Fremden richten, die Schatten einer Politik des Fremden sichtbar, die in den hochindustrialisierten Ländern aus der Öffnung der Ländergrenzen, aus der unmittelbaren Nachbarschaft und weitgehenden Vermischung kultureller Lebensformen hervorgegangen sind und inzwischen zum politischen Alltag gehören. Vor dem Hintergrund dieser weit ausgreifenden Tendenzen, die längst Gegenstand vielfältiger historischer und fachspezifischer Forschungen geworden sind, soll im folgenden das Phänomen des Fremden befragt werden, und dies bis zu dem Punkt hin, wo das Fremde seine Phänomenalität, seine Sinngestalten und Regelstrukturen, sein Fürunssein sprengt und uns selbst in unserer Eigenheit in Frage stellt. Ein solches Phänomen wäre als Hyperphänomen zu charakterisieren, das über die Bedingungen seines Erscheinens hinausgeht. In dieser Hinsicht zielen unsere Überlegungen ab auf Ansprüche seitens des Fremden, die eine Erfahrung von Fremdem in Gang setzen und immer schon in Gang gesetzt haben. 2. PHÄNOMENOLOGIE DER ERFAHRUNG Wenn wir von einem Phänomen des Fremden reden, das seiner theoretischen Verarbeitung vorausgeht, so folgen wir den Anregungen, die von Husserl ausgegangen sind und die bei Heidegger, Alfred Schütz und den französischen Phänomenologen eine beträchtliche Bereicherung und Radikalisierung erfahren haben. Bevor die spezielle Erfahrung des Fremden ausführlich zur Sprache kommt, soll in einigen Worten angedeutet werden, was in den folgenden phänomenologischen Erörterungen unter Erfahrung zu verstehen ist. 2 Erfahrung bedeutet zunächst ein Geschehen, in dem die >Sachen selbst<, von denen jeweils die Rede ist, zutage zu treten.»empirie, nicht Empirismus«, hißt es schon bei Dilthey (GS, Bd. XIX, S. 17). Empirie meint hier nicht das Vorhandensein von Daten und auch nicht deren Sammlung in Datenbanken, sondern diese Vokabel weist zurück auf die aristotelische εµπειρια, die im wiederholten Umgang mit den Dingen Gestalt annimmt. Dazu gehört auch, daß wir durch Leiden und Enttäuschungen lernen. >Erfahrungen machen< heißt etwas durchmachen und nicht etwas herstellen. Diese Erfahrungskonzeption richtet sich aber nicht nur gegen einen Empirismus, der sich auf vorgefundene oder hergestellte Tatsachen verläßt, sondern ebenso gegen einen Rationalismus, der von vorentworfenen Denkschemata und Kategorien ausgeht. Erfahrung bedeutet demgegenüber einen Prozeß, in dem sich Sinn bildet und artikuliert und in dem die Dinge Struktur und Gestalt annehmen. Die Phänomenologie hat es, wie es bei Merleau-Ponty heißt, mit einem Sinn in statu nascendi zu tun und nicht mit den Gegebenheiten einer fertigen Welt. Das Erfahrungsgeschehen findet seine durchgehende Struktur in dem, was Husserl Intentionalität nennt. Abgelöst von den fragwürdigen Voraussetzungen einer Bewußtseinslehre und von den allzu engen Vorgaben 1 Vgl. die von R. A. Mall zusammen mit der Gründung einer»gesellschaft für interkulturelle Philosophie«initiierten Studien zur interkulturellen Philosophie (1993 ff.), seine Einführungsschrift Philosophie im Vergleich der Kulturen (1995) sowie F. Wimmer, Interkultulturelle Philosophie (1990). 2 Ausführlicher hierzu: mein Nachwort zu E. Husserl, Arbeit an den Phänomenen (1993). Zur allgemeinen phänomenologischen Methodik vgl. das Kapitel»Phänomenologie unter eidetischen, transzendentalen und strukturalen Gesichtspunkten«in Band 2 dieser Studien.

3 einer Sprachanalyse bedeutet Intentionalität, daß uns etwas als etwas, also in einem bestimmten Sinn, einer bestimmten Gestalt, Struktur oder Regelung erscheint. Diese signifikante Differenz ist unhintergehbar; ein pures Etwas, das nicht als etwas Bestimmtes gegeben und gemeint wäre, wäre ein Nichts, das sich jedem Blick und jeder Rede entzöge. Die Phänomenologie gelangt einzig dann auf ihren Weg, wenn sie in dem, was erscheint, die Art und Weise, wie es erscheint, und die Grenzen, in denen es erscheint, mit bedenkt. Eine Phänomenologie der Erfahrung steht und fällt mit der Voraussetzung, daß Sachverhalt und Zugangsart nicht voneinander zu trennen sind. Schließlich verweist die Erfahrung auf Ordnungen, die in bestimmten Grenzen variieren. Daß etwas als etwas erscheint, besagt zugleich, daß etwas so und nicht anders erscheint, daß also bestimmte Erfahrungsmöglichkeiten ausgesondert, andere ausgeschlossen sind. Die gleichzeitige Selektion und Exklusion führt dazu, daß es bestimmte Ordnungen gibt, nicht aber eine einzige Ordnung. Diese Kontingenz begrenzter Ordnungen bildet die Vorbedingung dafür, daß es Fremdes gibt, und zwar in dem präzisen Sinne, daß etwas sich dem Zugriff der Ordnung entzieht. 3. SPRACHLICHE UNTERSCHEIDUNGEN Hinter den deutschen Wörtern >fremd< oder >Fremdheit<, die in gängigen Wortverbindungen wie >Fremderfahrung< oder >Fremdsprache< auftauchen, verbirgt sich ein recht komplexer Bedeutungsgehalt. Dies zeigt sich deutlich, wenn man auf andere Sprachen rekurriert, die durchweg mehrere Wörter verwenden, um dieses vielfältige Phänomen zu bezeichnen. Fremd ist erstens was außerhalb des eigenen Bereichs vorkommt (vgl. externum, extraneum, peregrinum; ξενον; étranger; foreign) und was in der Form von >Fremdling< und >Fremdlingin< (so noch bei Schiller) personifiziert wird. Fremd ist zweitens, was einem Anderen gehört (vgl. αλλοτριον; alienum; alien). Als fremd erscheint drittens, was von fremder Art ist und als fremdartig gilt (vgl. insolitum; ξενον; etrange; strange). Es sind also die drei Aspekte des Ortes, des Besitzes und der Art, die das Fremde gegenüber dem Eigenen auszeichnen. Diese Merkmale können unabhängig voneinander variieren. Der Nachbar in der eigenen Stadt kann mir von seinen Sitten her fremd sein; umgekehrt mag mir das Nachbarhaus, das einem anderen gehört, vertraut sein; eine Fremdsprache wird selbst dann nicht zur Muttersprache, wenn ich sie fließend spreche. Unter den genannten drei Aspekten gibt der Ortsaspekt den Ton an. Das leibliche Hier, an dem ich meinen Ort habe, läßt sich zwar nicht denken ohne die Okkupation als Inbesitznahme und ohne die Ausübung einer Eigenart, doch genießt es einen gewissen Vorrang. Sprachliche Erwägungen zeigen, daß wir es im Falle des Fremden mit einem höchst komplexen Phänomen zu tun haben. Fremdes ist nicht einfach ein Anderes (ετερον; aliud), das - wie in Platons Sophistes - durch Abgrenzung vom Selben (ταυτον; idem) entsteht. Wenn wir zwischen Apfel und Birne oder zwischen Tisch und Bett unterscheiden, so werden wir schwerlich behaupten, daß all dies einander fremd ist; streng genommen gibt es hier gar kein wechselseitiges Einander. Das eine ist schlichtweg das andere des anderen, wenn wir es als dieses oder jenes bestimmen. Die Bestimmung»a = nicht b«läßt sich jederzeit vertauschen gegen die Bestimmung»b = nicht a«. Als Operation betrachtet sind beide Bestimmungen reversibel. Die Unterscheidung vollzieht sich im Medium eines Allgemeinen, das uns erlaubt, zwischen verschiedenen Früchten oder Möbelstücken zu unterscheiden. Dies gilt selbstverständlich auch für >Selbste< (selves) oder für Gruppen, sofern wir über sie reden, sie sortieren und klassifizieren. Eines ist in diesen Fällen von anderem verschieden, weil es von ihm unterschieden wird aufgrund einer spezifischen Differenz<, nicht aber weil es sich selbst von anderem unterscheidet. Fremdes, das nicht dem Selben, sondern dem Selbst (αυτος, ipse) und dem ihm Eigenen entgegensteht, geht dagegen hervor aus einer gleichzeitigen Ein- und Ausgrenzung (vgl. Waldenfels 1990, Kap. 2; 1994, Kap. II, 3.1). Das Fremde befindet sich nicht einfach anderswo, es ist ähnlich wie Schlafen vom Wachen, Gesundheit von der Krankheit, Alter von der Jugend durch eine Schwelle vom jeweils

4 Eigenen getrennt. 3 Dabei steht keiner von uns jemals auf beiden Seiten der Schwelle zugleich. Dies gilt auch für die Geschlechterdifferenz und die kulturellen Unterschiede. Es gibt keinen neutralen >dritten Menschens der voraussetzungslos zwischen Mann und Frau unterscheiden könnte, da doch zunächst der Mann sich von der Frau und diese sich vom Mann unterscheidet. Ebenso gibt es keinen kulturellen Schiedsrichter, der europäische und fernöstliche Kultur äußerlich voneinander unterscheiden könnte, da Europäer zunächst sich von Japanern und diese sich von Europäern unterschieden haben müssen, bevor ein Schiedsspruch einsetzen kann. Die Sache kompliziert sich weiterhin, wenn wir jenes Phänomen ins Auge fassen, das sich seit Freud Identifizierung nennt. Identifizierung bedeutet, daß ich ich selbst werde durch Einbeziehung anderer. Ich werde zu dem, der ich bin, indem ich mich mit einem Elternteil, den Vorfahren, einer Gruppe, mit einem social self im Sinne von William James identifiziere. Dieser Prozeß kann sich bis zu einer Überidentifizierung steigern, in der ich nahezu nichts bin, das soziale Selbst nahezu alles ist. Das Ziel wird immer nur näherungsweise erreicht, da jemand, der >wir< sagt und als Wir fühlt, denkt und handelt, nie völlig im Wir aufgeht. Identifizierungen führen jedoch dazu, daß die Fremdheit eine kollektive Form annimmt. Als fremd gilt das, was aus der jeweiligen kollektiven Eigenheitssphäre ausgeschlossen und von der kollektiven Existenz getrennt ist, was also nicht mit Anderen geteilt wird. Fremdheit bedeutet in diesem Sinne Nichtzugehörigkeit zu einem Wir. Das Sichunterscheiden vom Fremden zeigt selbst vielerlei historische und kulturelle Varianten. So sind für Homer die Troja-ner noch keine >Barbaren<, die Unverständliches stammeln und Gesetzloses tun; Hektor findet durchaus einen Ehrenplatz neben Achill. Umgekehrt galten Griechen als Fremde, solange sie nicht das Bürgerrecht der jeweiligen Polis besaßen und etwa als Metöken des angestammten Wohnsitzes entbehrten. Die spätere Schwarzweißmalerei ist nicht zu denken ohne eine bestimmte ethnische Monopolisierung des >Logos<, die dazu führt, daß Fremdheit als die des Barbaren jeden positiven Sinn einbüßt und daß die Beziehung zum Barbaren sich als»nicht-beziehung«darstellt (Simmel 1992, S. 77o). 4 Bei den Entdeckungsreisen und Eroberungszügen der frühen Neuzeit ist es nicht die Anders-sprachlichkeit, sondern die Schriftlosigkeit, die >Barbaren< von >Zivilisierten< trennt. 5 Auf einem ganz anderen Blatt steht die Abschirmung der japanischen Kultur gegen fremde Einflüsse aus der westlich-modernen Welt, die nach einer anfänglichen Phase der Aufgeschlossenheit gegen Mitte des 17. Jahrhunderts einsetzt und erst mit Beginn der Meiji-Periode endet. Hier überwiegt jahrhundertelang die Defensive, die inzwischen teilweise einer >japanozentrischen< Gegenoffensive gewichen ist (vgl. Hijiya-Kirschnereit 1996). Es gibt also nicht >das Fremdes es gibt vielmehr verschiedene Fremdheitsstile. Fremdheit bestimmt sich, wie Husserl sagen würde, okkasionell, bezogen auf das jeweilige Hier und Jetzt, von dem aus jemand spricht, handelt und denkt. Ein standortloses >Fremdes überhaupt gliche einem >Links überhaupt - ein monströser Gedanke, der Ortsangaben mit begrifflichen Bestimmungen vermengt. 6 Im Falle 3 Die»Liminalität«ist auch ein Problemtitel der Sozialwissenschaften, sofern diese sich mit der»flexibilität und Variabilität von Grenzziehungen«und mit entsprechenden»grauzonen«befassen; dabei wäre aber zu unterscheiden zwischen einer Beschreibung und Auslegung von Fremderfahrungen, die mit offenen Horizonten und Abwesenheiten rechnet, und Fremdheitskonstrukten, die eine»fremd- Eigen-Transformation«zulassen. Ich beziehe mich mit diesen Bemerkungen auf ein unveröffentlichtes Forschungskonzept (Juli 1994) der von Herfried Münkler geleiteten Arbeitsgruppe»Die Herausforderung durch das Fremde«, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, sowie auf Münkler/Ladwig 1997, S. 34. Zur Schwellenerfahrung vgl. meine Ausführungen in Ordnung im Zwielicht, Kap. A, 6. 4 Hierzu finden sich reiche historische Materialien bei Albrecht Dihle: Die Griechen und die Fremden (1994); philosophische Äußerungen zum Status und zur Eigenart des Fremden werden allerdings weitgehend ausgespart und durch einen allgemeinen Bildungshorizont ersetzt. Vgl. hierzu den kritisch philosophischen Kommentar von Wolfgang Detel, Griechen und Barbaren. Zu den Anfängen des abendländischen Rassismus (1995), der einer Genealogie abendländischer Fremdheitskonzeptionen zuzurechnen ist und landläufigen Verharmlosungen und Schönfärbereien entgegentritt. 5 Vgl. dazu Todorov 1985, S. 99, ferner zur Konzeption der >Barbaren< in der christlichen Neuzeit ebd., S. 177 ff. Der Autor erwähnt auf S. 227 auch die Relativierung des >Barbarischen< bei Las Casas, der sich hierbei auf /. Korinther 14 stützt, wo es wörtlich heißt:»wenn ich nun die Bedeutung der Sprache nicht kenne, werde ich für den Redenden ein Barbar sein, und der Redende wird für mich ein Barbar sein.«6 Von einem»anderen überhaupt«oder einem»fremden überhaupt«spricht Anke Thyen bei ihrem Versuch, die Differenz von Eigenem und Fremdem von einer Idee universeller Gerechtigkeit her zu unterlaufen. Der»Fremde überhaupt«ist wesentlich dadurch bestimmt, daß er

5 des Eigenen und Fremden handelt es sich also nicht um zwei bloße Terme, sondern um zwei Topoi. 4. ORTE DES FREMDEN IN DER ERFAHRUNG Der Ort des Fremden erweist sich zudem als Ort besonderer Art. Er läßt sich nicht in ein Ortsnetz einzeichnen, in dem wir uns frei bewegen, da er nur über eine Schwelle hinweg, also im vollen Sinne gar nicht zu erreichen ist. Bei dem Versuch, den Ort des Fremden in der Erfahrung zu bestimmen, werden wir einen ersten wichtigen Schritt zusammen mit Husserl tun. Seine Theorie der Fremderfahrung zeigt, trotz bestimmter Unzulänglichkeiten, eine größere Radikalität als die vielen Kommunikations- und Sprachtheorien, die von interindividuellen Wechselwirkungen, von einer schon bestehenden oder zu unterstellenden Verständigung und letztlich von einem vorgegebenen Boden der Gemeinsamkeit ausgehen. Derartige Theorien setzen voraus, was es gerade zu befragen gilt, nämlich den Kontrast zwischen Eigenem und Fremdem, ohne den es weder das eine noch das andere gäbe und ohne den auch die Frage nach der Bindekraft der Gesellschaft, wie sie etwa von Marcel Mauss im Zusammenhang mit der sozialen Funktion der Gabe aufgeworfen wird, ihre Fraglichkeit verlöre. Welche Orientierungsschwächen und Begriffsverengungen sich einstellen, wenn die ausdrückliche Frage nach der Seins- und Erscheinungsweise des Fremden übersprungen wird, zeigen Julia Kristevas Ausführungen zu dem Thema Fremde sind wir uns selbst (1990, frz. Orig. 1988). Diese Schrift, deren Intentionen meinen eigenen Bestrebungen in vielerlei Hinsicht nahekommen und der ich umgekehrt, trotz deutlicher Vorbehalte, einige verstärkende Anregungen verdanke, bietet nicht nur suggestive Bilder der Fremderfahrung, sondern auch eine»reise durch die historischen Figuren des Fremden«, die quer durch die disziplinen geht und an der Recht, Politik, Literatur, Religion und Psychoanalyse erwartungsgemäß weitaus stärker beteiligt sind als die Philosophie. Der Fremde taucht in diesen Analysen auf wie ein Irrwisch, der mir nichts, dir nichts seine Gestalt vertauscht, und auch die Begriffsnamen wechseln von >Fremdheit< über >Andersheit< zu >Verschiedenheit< und der überstrapazierten >Differenz<. Über weite Strecken regiert ein soziologischer Fremdheitsbegriff: Fremd ist, wer nicht Teil der eigenen Gruppe ist, wer nicht >dazugehört<;»er verschmilzt anfangs mit dem Feind«, heißt es dazu lapidar. Mit der Entstehung des Nationalstaates gelangen wir zu einer politischen Fremdheitsdefinition: Fremd ist, wer nicht zum eigenen Staat gehört und nicht die gleiche Nationalität besitzt (S. 104). Doch um diesen harten Bedeutungskern kreisen eine Menge weiterer Figuren: das Exil des auserwählten Volkes der Juden, der Status viatoris der christlichen Pilgerschaft, der aubain (alibi natus] des feudalen Mittelalters, das Zusammengewürfeltsein der modernen Welt, der Wilde als alter ego des einheimischen Menschen aber auch der sich und der Welt abhanden gekommene Fremde von Camus und schließlich Freuds Unheimliches als das Fremde in uns selbst. Es soll nicht geleugnet werden, daß es zwischen diesen Figuren einen Zusammenhang gibt, doch dieser wäre zu erörtern und zu explizieren. Da dies kaum geschieht, schieben sich immer wieder fragwürdige Voraussetzungen ein, auf die wir an anderen Stellen zu sprechen kommen. Schauen wir also, wie Husserl vorgeht, und lassen wir uns durch seine karge Begriffssprache nicht abschrecken. In den Car-tesianischen Meditationen, die auf Pariser Vorträge von 1929 zurückgehen und in Frankreich frühzeitig ihre Wirkung entfalteten, verortet Husserl das Wesen des Fremden in der»bewährbaren Zugänglichkeit des original Unzugänglichen«(Hua, Bd. I, S. I44). 7 Diese paradoxe Bestimmung, die eher einer Umschreibung als einer Definition gleichkommt, verdient alle Aufmerksamkeit, und wir werden immer wieder»überhaupt einer Gemeinschaft angehört«, und dies mit folgender Konsequenz:»Zwischen dem mir Nächsten und dem fernstehenden Fremden wird prinzipiell jede moralisch relevante Differenz eingezogen«(1994, S. 13). Diese Moralisierung der Fremderfahrung bringt das >Fremde<, das nur als Differenz zu fassen und sprachlich nur als Relationsausdruck zu gebrauchen ist, zum Verschwinden. Warum dann diese umständlichen Begriffsverrenkungen? Bezeichnend ist, daß die Autorin zwischen»anderem«und»fremdem«nicht unterscheidet und daß außerdem die ganze Polemik auf den Popanz eines»schlechthin Fremden«(S. 5) oder eines»absolut Fremden«(S. 8) zugeschnitten ist. 7 Zu den Stärken und Schwächen der Husserlschen Theorie habe ich mich an anderer Stelle geäußert. Vgl.»Erfahrung des Fremden in Husserls Phänomenologie«, in: Deutsch-Französische Gedankengange.

6 auf sie zurückkommen. Husserls Leitfrage lautet nicht: Was ist das Fremde? Mit dieser τι-εστιν-frage, die im Mittelpunkt der griechischen Ontotogie steht, wäre das Fremde vorweg schon in eine bestimmte Ordnung einbezogen. Die Ausgangsfrage lautet auch nicht: Wie erkenne ich das Fremde? Diese Frage, die in den cartesianisch gefärbten Theorien der Einfühlung und des Analogieschlusses den Ton angibt, setzt bereits voraus, daß es Fremdes gibt, das sich erkennen läßt oder nicht. Jede Reduktion der Frage nach dem Fremden auf bestimmte Verfahren des Erkennens macht sich, wie Scheler und andere nach ihm gezeigt haben, einer petitio principii schuldig. 8 Gegenüber solchen ontologischen oder gnoseologisehen Vorentscheidungen besteht Husserl darauf, daß sich die Fremdheit durch die Art ihrer Zugänglichkeit bestimmt. Wie alles, was ist, so läßt sich auch das Fremde nicht ablösen von seiner Gegebenheits- und Zugangsweise, also auch nicht von einer gewissen Örtlichkeit. Bei der Bestimmung der Phänometialität der Phänomene sind Was, Wie und Wo nicht voneinander zu rennen, so wie Nähe und Ferne auch aus dem Prozeß sachlicher Veranschaulichung nicht wegzudenken sind. Ähnlich wie Heidegger (1977, S. 82) von einer»topologie des Seins«spricht, können wir von Topologie des Fremden sprechen. Selbst die verfremdende Betrachtung, die»der distanzierten Sicht eines von außen kommenden Beobachters«folgt und in der Karl-Heinz Kohl die entscheidende Entdeckung der Ethnologie als einer Wissenschaft vom kulturell Fremden erblickt (1993, S. 95), setzt expressis verbis eine bestimmte Örtlichkeit voraus. Das Paradox der Husserlschen Bestimmung des Fremden liegt nun darin, daß die Zugänglichkeit sich als Zugänglichkeit eines Unzugänglichen erweist. Der Ort des Fremden in der Erfahrung ist streng genommen ein Nicht-Ort. Das Fremde ist nicht einfach anderswo, es ist das Anderswo, und zwar eine»originäre Form des Anderswo«(Merleau-Ponty 1964, S. 308, dt. S. 320). Das Nicht des Nicht-Ortes, die Un-zugänglichkeit oder der Ent-zug entspringen keiner schlichten Negation, die als Modifikation eine entsprechende Position voraussetzen würde. Wie Husserls natürlicher Wahrnehmungsglaube ist die Fremderfahrung als Erfahrung der Ferne vor dem Gegensatz von Ja und Nein anzusetzen (vgl. Hua, Bd. III,, 106). Insofern handelt es sich bei der Bestimmung des Fremden nicht, wie häufig angenommen (so etwa Kristeva 1990, S. 104), um eine negative Definition. Das Fremde stellt kein Defizit dar wie all das, was wir zwar noch nicht kennen, was aber auf seine Erkenntnis wartet und an sich erkennbar ist. Vielmehr haben wir es mit einer Art leibhaftiger Abwesenheit zu tun. Das Fremde gleicht dem Vergangenen, das nirgends anders zu finden ist als in seinen Nachwirkungen oder in der Erinnerung. Bei Adorno finden wir noch einen Nachklang des Hegelschen Versöhnungsdenkens, wenn er, unter Berufung auf das»schöne Fremde«bei Eichendorff, die Möglichkeit beschwört, daß das Fremde»in der gewährten Nähe das Ferne und Verschiedene bleibt, jenseits des Heterogenen wie des Eigenen«(Adorno 1966, S. 190). Französische Autoren wie Merleau-Ponty und Levinas radikalisieren dagegen das Motiv der leibhaftigen Abwesenheit, indem sie das Anderswo und die Abwesenheit ausdrücklich in die Bestimmung des Anderen und des Fremden aufnehmen. Ähnlich Roland Barthes, der in seinen Fragments d un discours amoureux (1977, S. 162, dt. S. 219) in Anspielung auf Erfahrungen der Mystik feststellt:»j'accède à la connaissance de l inconnaissance.«das Fremde erscheint hier also als das originär Unzugängliche und originär Unzugehörige; es tritt auf in einer besonderen Art von Bezug, der durch einen gleichzeitigen Entzug charakterisiert ist, in einer Beziehung, die nicht auf >Beziehungsfundamenten< ruht und deshalb, wie Levinas uns einschärft, eigentlich keine Beziehung darstellt. Was heißt hier >eigentlich<? Die Kategorie der Beziehung, so können wir feststellen, gehört zur Erwähnung des Fremden, in der ich auf mich und den Anderen zurückkomme, nicht zur genuinen Erfahrung des Fremden, in der der Andere ankommt. 5. FREMDES IN UNS SELBST Fremdheit, die durch die Art ihres Zugangs bestimmt ist und nicht vorweg ein gesichertes Terrain des Eigenen, 8 Eine umfassende Kritik an den cartesianisch angelegten Theorien der Fremderkenntnis, von denen Husserl, Scheler, Simmel und Heidegger sich absetzen, findet sich bei A. Gurwitsch, Die mitmenschlichen Begegnungen in der Milieuwelt, Abschnitt I.

7 eine >Eigen-heitssphäre< voraussetzt, begegnet uns nicht nur in Anderen, sie beginnt im eigenen Haus als Fremdheit meiner selbst oder als Fremdheit unserer selbst. Traditionell gesprochen handelt es sich um eine intrasubjektive Fremdheit im Gegensatz zur intersubjektiven Fremdheit, und ihr entspricht eine intrakulturelle Fremdheit im Gegensatz zur interkulturellen Fremdheit. Wie jede Erfahrung, so unterliegt auch die Selbsterfahrung bestimmten einschränkenden Bedingungen. Freud und andere vor ihm und nach ihm haben mit dem Gedanken aufgeräumt, das Ich sei Herr im eigenen Hause. 9 Rimbauds berühmte Formulierung»JE est un autre«, wörtlich also:»ich ist ein anderer«weist in der agrammatischen Verschränkung von erster und dritter Person darauf hin, daß es nicht nur ein alter ego, sondern auch eine Alterität des ego gibt, die der Fremdheit erst ihr eigentliches Siegel aufdrückt. Das Ich läßt sich nicht umstandslos als erste Person titulieren, weil es sich selbst in I und me, in je und moi verdoppelt. Das >Ich< des Aussagens deckt sich niemals mit dem >Ich< des Ausgesagten. Wenn aber das Fremde vor dem Eigenen nicht haltmacht und wenn das Eigene also durch Fremdes kontaminiert ist, so erheben sich eine Reihe von Problemen. Wenn ich selbst (entsprechend gilt auch: wir selbst), dem etwas fremd, das heißt unzugänglich ist und dem sich etwas entzieht, in meinem Eigensein durch Züge der Fremdheit gezeichnet bin, so scheint am Ende alles und nichts fremd. Es gäbe nichts mehr, mit dem das Fremde kontrastieren würde. Mit der Eigenheit hätten wir auch die Fremdheit abgeschafft. Wir wären m die Nacht zurückgekehrt, in 3er alle K'atzen grau sind. Würden wir uns angesichts dieser Schwierigkeit mit der Annahme aus der Affäre ziehen, jeder sei sich selbst auf andere Weise fremd, als die Anderen ihm fremd sind, so wäre jeder doch genötigt, bei sich selbst, im Bereich der >eigenen Fremdheit«, wiederum zwischen einer Eigenheits- und einer Fremdheitssphäre zu unterscheiden, um das Kontrastphänomen zu retten. Mit Husserl zu sprechen, gäbe es einen»kern«des Mir-Eigenen, der in seiner adäquaten Gegebenheit nicht von der Fremdheit berührt würde. 10 Ebensowenig wie ich laut Descartes daran zweifeln kann, daß ich ich bin, wäre ich mir selbst unzugänglich. In die Schwierigkeit einer sich selbst aufhebenden Verallgemeinerung der Fremdheit gerät Julia Kristeva, ohne es zu bemerken. Ihre Überlegungen, die ganz und gar auf das psychoanalytisch instrumentierte Motiv eines Fremden in uns selbst zugespitzt sind, überschlagen sich am Ende in der Feststellung:»Das Fremde ist in mir, also sind wir alle Fremde. Wenn ich Fremder bin, gibt es keine Fremden«, dazu der mehr als fragliche Nachsatz:»Deshalb spricht Freud nicht von ihnen«(1990, S. 209). Die Autorin ist bemüht, beides zu retten, die Universalität und die Differenz, aber wie? Die»radikale Fremdheit«sucht sie im Paradox einer»gemeinschaft von Fremden«(S. 213), die durch kein»gemeinschaftsstiftendes Band«zusammengehalten wird und doch zu einer»allianz von Einzigartigkeiten«zusammenfindet (S. 144). Die Idee, die in diesen Überlegungen steckt, ist nicht einfach von der Hand zu weisen, wohl aber ihre Ausgestaltung. Die angestrebte Versöhnung von Allem und Nichts besagt Aufhebung der Differenz in einem Ganzen - oder sie bleibt eine Beteuerung, die abwechselnd zurücknimmt, was sie einräumt, und einräumt, was sie zurücknimmt. Bei Merleau-Ponty hieß dies einmal»schlechte Ambiguität«. Wenn wir, wie es abschließend heißt, erstmals in der Geschichte gezwungen sind,»mit anderen, von uns gänzlich Verschiedenen zu leben«, so bleibt offen, was dieses >mit< ohne»gemeinschaftsstiftendes Band«bedeutet. Bevor wir uns in einem vagen Fremdheitsethos verlieren, empfiehlt es sich, einen Satz wie»wir sind alle Fremde«zu überprüfen. So wie er da steht, erinnert er an die Montaigne zugeschriebene Einsicht,»daß wir alle ein eigenes Ich haben«(s. 128). Die Äußerung»Ich sind wir alle«oder besser:»ich ist jeder von uns«krankt daran, daß wir mit diesem Satz über eine allgemeine Ichfunktion sprechen, aber nicht >ich< sagen und natürlich auch nicht >du<. Das Ich, das >wir alle sind«, ist ein Ich, das dem Gesagten angehört, nicht dem Sagen. Nicht viel anders verhält es sich mit dem Satz»Fremde sind wir alle«, und 9 Schon Georg Simmel stellt sich im Rahmen kulturphilosophischer Überlegungen, die das Spannungsverhältnis von Persönlichkeit und Sachlichkeit, von»personalem Wert«und»verdinglichtem Geist«betreffen, die Frage,»ob die Seele sozusagen Herr im eigenen Hause ist«(philosophie des Geldes, Gesamtausgabe, Bd. 6, S. 649). Zu der be rühmten Freudschen Formulierung, die sich auf das niemals völlig zu bändigende Triebleben und den unbewußten Anteil des Seelenlebens bezieht, vgl. GW, Bd. XII, S Vgl. Hua, Bd. I, S. 62, ferner ausdrücklich Hua, Bd. XV, S. 431:»Freilich alles noch so Fremde, noch so Unverständliche hat einen Kern der Bekanntheu, ohne das (sie!) es überhaupt nicht, auch nicht als Fremdes, erfahren werden könnte.«

8 eben darin liegt seine Halbwahrheit. Das schlechte Paradox«, das nicht in der Sache liegt, sondern in einer unzulänglichen Behandlung der Sache, resultiert daraus, daß der Anspruch des Fremden, auf den ich antworte, und die Eigenarten des Fremden, über die ich mich äußere, vermengt werden. Wenn es Auswege gibt aus den zuvor erwähnten Aporien, dann sind sie anderswo zu suchen. Fremderfahrung besagt nicht, daß es etwas gibt, das unzugänglich ist, im Gegensatz zu anderem, das zugänglich ist, vielmehr legt Husserls paradoxe Kennzeichnung die Annahme nahe, daß etwas da ist, indem es nicht da ist und sich uns entzieht. Warum sollte dies nicht auch für das eigene Ich gelten? Zum anderen ist keineswegs ausgemacht, daß wir es mit zwei Typen von Fremdheit zu tun haben, sozusagen mit einer >eigenen Fremdheit< und einer >fremden Fremdheit<, die unabhängig voneinander auftreten können. Das Antworten auf Fremdes, von dem im folgenden noch die Rede sein wird, stellt ein Doppelereignis dar, an dem ich selbst ebenso beteiligt bin wie Andere; doch diese Beteiligung geschieht nicht pari passu, sondern in der Weise, daß ich selbst nicht bei mir selbst, sondern mit dem Anspruch des Anderen beginne. Die Fremdheit meiner selbst wäre dann keine okkulte Form der Eigenheit, die einem Keller-Ich zuzuschreiben wäre, sie bestünde vielmehr in der Anwesenheit des Anderen in mir, die mit einer Abwesenheit meiner selbst für mich selbst Hand in Hand ginge. 11 Daß Eigenes nie in reiner Form faßbar ist, besagt nicht - wie schnelle Abbaumonteure meinen -, daß es nichts Eigenes gibt, so wie die Tatsache, daß Ursprünge nie als reiner Ursprung zu fassen sind, nicht besagt, daß es sie nicht gibt. Fremderfahrung ist und bleibt eine Form der Erfahrung, nur eben in der paradoxen Form einer originären Unzugänglichkeit, einer abwesenden Anwesenheit. Daß die Fremdheit unserer selbst keiner bloßen Vorliebe für das Okkulte oder Exotische entstammt, erweist sich an bestimmten Schlüsselerfahrungen, die jeder an sich selbst macht. So deutet meine Zeiterfahrung zurück auf das Urfaktum der Geburt, auf eine Urvergangenheit, eine»vergangenheit, die nie Gegenwart war«(merleau- Ponty 1945, S. 280, dt. S. 283) und die schon gar nicht meine Gegenwart ist, da ich immer zu spät komme, um sie in flagranti zu erfassen, und dies gilt unabhängig von der Tatsache, daß Andere an meiner >Natalität< beteiligt sind. Auch den Namen, den ich trage und auf den ich höre, habe ich von Anderen empfangen wie ein Brandmal; zu mir wurde gesprochen, bevor ich zu Anderen sprach. Der Rufname, auf den wir hören, ist früher als die Namensbezeichnung, die wir einer Person oder einer Sache beilegen. Schließlich konfrontiert uns der Spiegel mit einem Bild, in dem wir uns wiedererkennen und doch nicht wiedererkennen, da Sehender und Gesehener nie zusammenfallen. Das Erschrecken vor dem eigenen Bild, das vom Spiegelbild oder vom Foto ausgehen und in extremen Fällen bis zu Suizidversuchen führen kann, wäre unbegreiflich, wenn >ich< einfachhin >ich< wäre oder wenn ich je völlig zu mir selbst zurückkehren könnte. Ich begegne mir im Blick der Anderen. Das vielzitierte Vergilsche»risu cognoscere matrem«bedeutet gleichzeitig den Beginn eines»cognoscere se ipsum«. Verweilen wir einen Augenblick bei dem Spiegelphänomen. Roderick Chis-holm berichtet in seiner Studie Die erste Person (1992, S. 37), in der er einen sprachlogisch aufgeklärten Cartesianismus vertritt, von einem Erlebnis, das einst Ernst Mach widerfuhr und das dieser mit folgenden Worten wiedergibt:»ich stieg einmal nach einer anstrengenden nächtlichen Eisenbahnfahrt sehr ermüdet in einen Omnibus, eben als von der anderen Seite auch ein Mann hereinkam. >Was steigt doch da für ein herabgekommener Schulmeister eins dachte ich. Ich war es selbst, denn mir gegenüber befand sich ein großer Spiegel. Der Klassenhabitus war mir also viel geläufiger, als mein Specialhabitus.«Hat der Spiegel Mach etwas über sich selbst verraten, was er an Anderen, aber nicht an sich selbst wahrzunehmen pflegte? Ist Mach bewußt geworden, daß dem Selbsterkennen ein Moment des Selbstverkennens innewohnt? Nein, so unser Kommentator, Mach unterlag einer schlichten Selbsttäuschung. Indem er nicht erkannte, daß er sich im Spiegel und daß er also sich selbst sah, schrieb er sich indirekt eine Zu dieser Verquickung von Selbst- und Fremdbezug vgl. Antwortregister, Kap. II, 3.1 sowie die Ausführungen zu Verschränkung und Verflechtung in Kap. 3 dieses Bandes.

9 Eigenschaft zu, von deren Nichtvorhandensein ihn der»privilegierte Zugang zu sich selbst«, der durch direkte Zuschreibungen definiert ist, jederzeit überzeugen könnte (vgl. Chisholm 1992, S. 39, 59, 69). Die Frage, ob nicht der Blick auf mich selbst immer schon ein durch Anderes gebrochener Blick ist, wobei das Andere auch ein Tier sein kann wie im Falle des Bororo, der von sich sagt:»ich bin ein Sittich«(vgl. Geertz 1987, S. 89 f.), diese Frage stellt sich nicht, wenn Sehender und Gesehener schlicht in eins gesetzt werden. Bemerkenswert ist, daß selbst solche Grundphänomene kulturell variieren, wie einige Beispiele zeigen. Schon die Funktion des Spiegels zeigt eine Funktionsbreite, die vom Zauberspiegel bis zum optischen Gerät reicht. Der Spiegel, der im Tempel zu Ise, dem japanischen Nationalheiligtum, verwahrt und seinerseits dem Blick der Besucher entzogen ist, mag mancherlei bedeuten; sicherlich ist er mehr und anderes als ein Medium für indirekte Zuschreibungen. 12 Die Entzauberung des Spiegels, die in der Philosophie mit Platon einsetzt, bildet ein fesselndes Stück Kulturgeschichte, sie ist kein fait accompli. Was die eigene Herkunft angeht, so kann man im Anschluß an den japanischen Psychiater Kimura Bin (1995, S. 148 f.) zwischen einem >Abstammungswahn< und einem >Adoptionswahn< (moraigo mõsõ) unterscheiden. Der Abstammungswahn, der bei Europäern häufiger anzutreffen ist, besteht darin, daß jemand annimmt, die eigenen Eltern seien andere als seine jetzigen Eltern; diese Wahnvorstellung trägt also einen positiven Aspekt, der in der etwaigen Suche nach kaiserlichen Vorfahren Züge des Größenwahnsinns annimmt. Bei Japanern findet sich dagegen häufiger der Adoptionswahn, der auf der Annahme beruht, die jetzigen Eltern seien nicht die wahren Eltern; diese Wahnvorstellung zeigt also einen negativen Aspekt. Das Verlustgefühl wird also hier und dort verschieden verarbeitet, und dies führt zu konträren Kompensationen. Ähnliche Unterschiede zeigen sich bei der Namensgebung. Die Generationenfolge kann bei der Namensgebung mehr oder weniger stark berücksichtigt werden; sie erhält ein besonderes Gewicht, wenn etwa Spanier zwei Zunamen verwenden, den des Vaters und den der Mutter. In der Tradition der jüdischen Namensgebung schwingt ein Hauch von Erwählung mit, da die Generationenfolge von alters her mit messianischen Verheißungen verknüpft ist. Was schließlich die Verwendung des Personalpronomens >ich< angeht, so wird immer wieder auf die kontextu-elle Vielfalt des japanischen >ich< hingewiesen, desgleichen auf die Verwendung schwächer personalisierter Ausdrucksweisen. Der Rat von Lichtenberg:»Es denkt sollte man sagen, wie man sagt: es blitzt«, bedeutet für den Japaner keine sonderliche Zumutung. Der Japaner könnte den Cartesianer, der auf sein Cogito pocht, mit der Frage konfrontieren:»welches Ich denkt, wenn ich sage: Ich denke?«dies alles weist also darauf hin, daß die Fremdheit bei mir selbst beginnt, bei mir selbst, das heißt auch im eigenen Hause und im eigenen Lande. In diesem Sinne ist der Ausspruch des japanischen Wanderdichters Bashõ zu verstehen:»in Kyõto wohnend sehne ich mich, beim Schrei des Kuckucks, nach Kyōto.«13 Ich bin also nie ganz und gar da, wo ich bin; ich bin nicht da wie ein Stein oder wie ein eingewurzelter Baum. Sich hier aufhalten heißt immer auch, anderswo sein.»der vollendete Mensch muß gleichsam zugleich an mehreren Orten und in mehreren Menschen leben«, so die europäische Gegenstimme von Novalis (Schriften, Bd. 3, S. 560). 6. ZONEN UND TYPEN KOLLEKTIVER FREMDHEIT Wenn wir vom >Fremden< sprechen, so gilt es viele Nuancen zu unterscheiden. Die»Zugänglichkeit des Unzugänglichen«, von der schon die Rede war, hängt ab von bestimmten Zugangsbedingungen, also von bestimmten 12 Zum Spiegel in Japan, der dort im 9. Jahrhundert eingeführt wurde, zunächst aus Nickel bestand, also nicht das uns gewohnt klare Spie gelbild ergab und der, den literarischen Zeugnissen nach, lange Zeit dazu diente, Durchblick in eine fremde Welt zu gewähren und andere, also auch sich als anderen im Spiegel zu erblicken, vgl. Tawada Yoko, Kagami - Der»Spiegel in Japan (1990). Zur westlichen Kulturgeschichte des Spiegels vgl. die Monographie von Ralf Koners-mann (1991). 13 Zum Ruf des Bergkuckucks als einem Symbol für das Einsamkeitsgefühl in der Fremde vgl. den Kommentar zu Bashos berühmtem Wanderbuch aus dem 17. Jahrhundert: Auf schmalen Pfaden durchs Hinterland (198;, S. 285 f.). Die unbestreitbare Tatsache, daß diese und ähnliche kulturelle Phänomene ideologisch eingesetzt werden können, so wenn etwa die alljährlich gefeierten Kirschblüten den Kamikaze- Flieger als vergängliches Leibsymbol in den Todessturz begleiten (vgl. Mishima Ken ichi in: Hijiya-Kirschnereit 1996, S. 109), gehört zur Ambivalenz aller kulturellen Phänomene, der fremden wie der eigenen; auch Zarathustra oder Hyperion fanden sich in Schützengräben wieder.

10 Ordnungen, die jeweils dieses erschließen, jenes verschließen. Das Zugänglichmachen bedeutet gleichzeitig ein Unzugänglichmachen. Der imposante bedanke eines umfassenden Dialogs dem alle in gleicher Weise Zugang haben und in dem alles, wenigstens auf die Dauer, in gleicher Weise zur Sprache kommen kann, gehört zu den Illusionen eines Totalitätsdenkens. Der Dialog zerteilt sich in Diskurse im Sinne Foucaults, die jeweils spezifischen Ordnungen unterliegen. Es gilt also der Satz: So viele Ordnungen, soviele Fremdheiten. Das Äußer-ordentliche begleitet, die Ordnungen wie ein Schatten. Wenn von Fremderfahrung die Rede ist, so haben wir nicht nur an vorübergehende Fremdheitsschübe oder an zerstreute Fremdheitsinseln zu denken, vielmehr scheidet sich, wie Husserl feststellt, die Lebenswelt selbst in Heimwelt und Fremdwelt, ähnlich wie im sozialen Bereich Eigengruppe und Fremdgruppe auseinandertreten. Fremdwelt ist kein bloßes Augenblicksmerkmal. So muß der Wagen, den ich gerade fahre, nicht mir gehören; er kann geliehen oder gestohlen sein. Der Ort, an dem ich mich gerade befinde, ist nicht unbedingt meine Heimat, und die Sprache, die ich gerade spreche, muß nicht meine Muttersprache sein. Über solche augenblicklichen Fremdheitslagen hinaus nehmen Eigenheit und Fremdheit dauerhafte Formen an. Dies führt zunächst zu einer Pluralisierung der Fremdheit entsprechend den Ordnungen, die sich in den spezifischen Sonderwelten einer bestimmten Lebenswelt oder in verschiedenen historisch und geographisch variierenden Kulturwelten, niederschlagen. Da jede Tätigkeits- oder Lebensordnung spezifischen Selektionen und Exklusionen unterliegt, schafft sie bestimmte Bedingungen der Zugänglichkeit und Unzugänglichkeit, also auch der Eigenheit und Fremdheit. Bei den verschiedenen Zonen der Fremdheit, die sich auf diese Weise herausbilden, denken wir zunächst an funktionale Ordnungen wie Gesundheitswesen, Rechtswesen und verschiedene Berufswelten. Die Herausbildung derartiger Sonderwelten führt zu einer Scheidung in Experten und Laien, die Alfred Schütz in Form einer Distribution des Wissens thematisiert. Bei Michel Foucault verkörpern diese Sonderwelten sich in diskursiv verfaßten Institutionen wie Klinik, Gefängnis oder Sexualhygiene, die jeweils bestimmte Erfahrungen ermöglichen, andere verunmöglichen. Die vielfältigen Zonen funktionaler Ordnungen werden durchzogen von segmentären Ordnungen, die durch ein»wechselspiel von Fission und Fusion«gekennzeichnet sind (Kohl 1993, S. 5 5). Sie werden durchschnitten von hierarchischen Ordnungen, die herkömmlicherweise in Standes- und Klassenunterschieden zum Ausdruck kommen. Mit zunehmender Funk-tionalisierung der Gesellschaft verwandeln sich solche Unterschiede, die auf einem zugeschriebenen Status beruhen, in Über-und Unterordnungen, die von erworbenen Positionen abhängen und ihrerseits mehr und mehr durch die Abhängigkeit von anonymen und synergetischen Mechanismen ersetzt werden. Schließlich sind solche horizontalen und vertikalen Ordnungen eingebettet in umfassende Lehensordnungen. Die Fremdheit betrifft nun nicht mehr nur das Expertentum oder die Klassenzugehörigkeit des Anderen, sie greift auf das Leben im ganzen über. Es bilden sich Fremdheitszonen heraus, die in zunehmender Extension vom fremden Milieu und der fremden Provinz über das Ausland bis zur Fremdkultur reichen. Mit dieser schlichten Typologie ist es allerdings nicht getan. Schon die Art der Grenzziehung variiert beträchtlich je nach Offenheit oder Geschlossenheit von Gruppen und Gesellschaften. Hinzu kommen Ungleichzeitigkeiten der Entwicklung, die es ausschließen, daß alle Lebenswelten sich auf der Höhe einer einzigen Zeit bewegen. Es gibt eine spezifische Fremdheit, die daraus resultiert, daß die Uhren verschieden gehen. Der Gedanke, es gäbe eine einheitliche Menschheitsentwicklung nach Art einer Polygenese, innerhalb deren alle Individualitäten dieselben Stadien durchlaufen, gehört bereits zu den Ordnungsschemata, die dazu beitragen, Fremdes zu reduzieren oder zu eliminieren. Dies geschieht beispielsweise, wenn wir >Ureinwohner< als >Primitive< abstempeln und >wildes Denken< als rohe Vorstufe der Zivilisation betrachten. 14 Schließlich bleibt zu 14 Zu der fragwürdigen Nomenklatur, die sich hier im Laufe von Jahrhunderten herausgebildet hat und die zur Vor- und Frühgeschichte der Ethnologie gehört, vgl. das Kapitel»Wilde, Primitive und Naturvölker«in: Kohl 1993, S. 17 ff., ferner Wimmer 1990, S. 80 ff.:»die Einschätzung der Anderen: Barbaren, Exoten und Heiden«.

11 beachten, daß zwischen den verschiedenen synchron und diachron angeordneten Fremdheitszonen vielfache Überschneidungen auftreten. So kann ein und dieselbe Person sich zugleich als einheimisch und fremdländisch, als vertraut und fremdartig entpuppen, und dies um so mehr, je heterogener unsere Gesellschaften werden. 7. STEIGERUNGSGRADE DES FREMDSEINS So viele Ordnungen, so viele Fremdheiten. Diese Pluralisierung der Fremdheit erhält eine neue Tiefendimension, wenn wir Steigerungsformen in Betracht ziehen, die jedes Ordnungsgeschehen durchziehen. Fremdheit kann zunächst auftreten als alltägliche und normale Fremdheit, die innerhalb der jeweiligen Ordnung verbleibt, so etwa die Fremdheit von Nachbarn oder Straßenpassantinnen, mit denen wir uns auf alltägliche Weise verständigen können. Wie Alfred Schütz (1974, 37-3?) zeigt, bleibt der Postbote oder der Schalterbeamte einer gewissen Anonymität verhaftet; doch die Rolle, die er spielt, ist uns bekannt, wir könnten sie notfalls selber übernehmen. Hier bewegen wir uns in einem Vertrautheitshorizont, selbst wenn dieser immer wieder Leerstellen aufweist. Wir verfügen über Landkarten und Geschichtskalender, die verbürgen, daß alles seinen Platz und seine Zeit hat. Selbst wenn topologische und chronologische Markierungen sich ins Unbestimmte verlaufen, so sind doch Bestimmungsraster vorhanden, die verhindern, daß etwas völlig aus der Welt ist. Es gibt Nachschlagewerke, Auskunftsbüros und Lernprogramme, die uns im Notfall weiterhelfen, ohne daß wir unseren Lebensstil ändern müssen. Die Fremdheit steigert sich mit dem Auftreten einer strukturellen Fremdheit, die all das betrifft, was außerhalb einer bestimmten Ordnung anzutreffen ist, so etwa der fremde Festkalender, die fremde Sprache, die wir nicht verstehen, das fremde Ritual oder selbst nur der Ausdruck eines Lächelns, dessen Sinn und Funktion uns verschlossen bleibt, oder ein vergangener Zeitgeist, der uns nichts mehr sagt. Nicht nur in der Naturgeschichte, auch in der Kulturgeschichte gibt es Fossilien und Sedimentierungen, deren Sinn verschwunden ist. Blicken wir auf Ordnungen, die das Leben im ganzen betreffen, indem sie eine bestimmte Lebenswelt oder Lebensform erzeugen, so stoßen wir auf eine Scheidung der Lebenswelt in >Heimwelt< und >Fremdwelt<. Diese Unterscheidung, die Husserl eingeführt hat, entspricht der bekannten Zweiheit von Eigen- und Fremdgruppe. Die strukturelle Fremdheit, die aus der Scheidung der Lebenswelt in Heimwelt und Fremdwelt resultiert, beginnt nicht erst mit der fremden Sprache. Schon der Blickkontakt kann variieren, je nachdem, ob der Gesprächspartner frontal fixiert oder in einer lateralen Blick-und Schutzzone belassen wird. Die Rätselhaftigkeit des Lächelns verweist nicht-nur auf Lebensabgründe, sondern auch auf interkulturelle Ausdrucksdifferenzen. Mißverständnisse, die hier aufkommen und die durch keine Alltagsverständigung abgepolstert sind, können in kritischen Situationen tödlich ausgehen. Schließlich variieren auch geläufige Hantierungen wie Schreiben und Malen, wofür das Altchinesische und teilweise auch das Altgriechische (vgl. ζω-γραφος = Maler) ein einziges Wort verwenden, je nach Art des Schreibsystems und Stand der Schreibtechnik. Die Fremdheit findet schließlich ihre höchste Steigerung in einer radikalen Form. Diese betrifft all das, was außerhalb jeder Ordnung bleibt und uns mit Ereignissen konfrontiert, die nicht nur eine bestimmte Interpretation, sondern die bloße»interpretationsmöglichkeit«in Frage stellen (Geertz 1987, S. 61). Hierher gehören Grenzphänomene wie Eros, Rausch, Schlaf oder Tod, die den Gang der Dinge, auch die Raum- und Zeitordnung durchbrechen, verdichtet zu einem Augenblick, der die Raum-und Zeitlosigkeit streift. Niemand wird je in seinen Träumen heimisch, selbst wenn sie ihn wiederholt heimsuchen, Hierher gehören ferner Umbruchphänomene wie Revolution, Sezession oder Konversion, wo Lebensformen aufeinanderprallen oder sich abspalten, ohne daß eine übergreifende Ordnung den Übergang regelt wie etwa dann, wenn eine Veränderung der politischen Verfassung gesetzlich abläuft. Wohlgemerkt, radikale Fremdheit ist nicht zu verwechseln mit absoluter und totaler Fremdheit; denn alles Äußer-ordentliche bleibt bezogen auf bestimmte Ordnungen, über die es hinausgeht. In diesem Sinne kann man mit Karl-Heinz Kohl (1993, S. 95) von einer

12 »relationalen Fremdheit«sprechen. 15 Das radikal Fremde läßt sich nur fassen als Überschuß, als Exzeß, der einen bestehenden Sinnhorizont überschreitet. Um ein Beispiel aus dem Bereich der Sprache zu wählen: eine fremde Sprache, die ganz anders wäre als die eigene Sprache, würde aufhören, eine fremde Sprache zu sein; sie würde als bloßes Geräusch den Bereich möglicher Verständigung hinter sich lassen. Dies schließt nicht aus, daß sich eine besonders fremdartige Sprache einem Vogelgezwitscher annähert. Doch das schlechthin Fremde wäre das Gegenstück zum schlechthin Eigenen und würde wie dieses auf einem purifikatorischen Gewaltakt beruhen. 8. VEKTOREN DES FREMDWERDENS Die Bewegung des Fremdwerdens kann nicht nur wechselnde Steigerungsgrade durchlaufen, sie kann auch verschiedene Richtungen einschlagen. Daraus entstehen verschiedene Fremdheitsvektoren. Fremdwerden kann darin bestehen, daß ich, getragen durch eine Wir-Gruppe, die Anderen als Fremde erfahre, oder darin, daß ich mich selbst Anderen gegenüber als Fremder fühle, so wie ich mich primär um meinen eigenen Tod oder um den Tod Anderer ängstigen kann. Die Richtungsdifferenz macht sich schon auf der Ebene sprachlicher Verständigung und institutioneller Sprachspiele bemerkbar. Wer spricht wessen Sprache, wer hält sich an wessen Spielregeln? Der Vertreter einer dominierenden Sprache, die eine Amts- oder eine Kultursprache sein kann, neigt dazu, es dem Fremden anzulasten, wenn dieser die fremde Sprache überhaupt nicht oder nicht wie seine eigene spricht, 16 und am Ende sieht es so aus, als sei die Fremdheit eine Eigenschaft, die dem Ankömmling oder dem Flüchtling anhaftet wie ein Brandmal, obwohl sie doch eine instabile Relation darstellt, die in beiden Richtungen schillert. Mehr noch, die Relation schillert in sich selbst, da der Einwanderer zugleich ein Auswanderer, der Flüchtling zugleich ein Vertriebener ist. Der Status viatoris, wie er einst hieß, zeigt eine innere Mehrdeutigkeit, die einer Deutungspolitik und ihren Sprachregelungen mannigfaltige Handhaben bietet. Dieses vieldeutige Schillern läßt sich auch nicht durch den Einsatz von Dolmetschern und Schiedsrichtern zur Ruhe bringen. Verdoppelung der Fremdheit bedeutet keine bloße Umkehrung der Perspektiven. Diese würde nämlich voraussetzen, daß ich mich wie einen Anderen und den Anderen wie mich selbst und so uns beide mit den Augen eines Dritten betrachte, der zu beiden Positionen in gleicher Weise Zugang hätte. Fremdheit und Eigenheit wären bloß relative Differenzen innerhalb einer Sphäre des umfassenden Allgemeinen. Von einer radikalen Form der Fremdheit, die - wie Levinas immer wieder betont - mit einer originären und irreduziblen Form der Asymmetrie einhergeht, bliebe nichts übrig. Was den erwähnten Richtungsunterschied angeht, so schlägt Georg Simmel in dem berühmten»exkurs über den Fremden«. den er seiner Soziologie eingefügt hat (Gesamtausgabe, Bd. 11, S ), einen Mittelweg ein, indem er den»gruppenfremden«als jemanden bestimmt,»der heute kommt und morgen bleibt«. Als der»potenziell Wandernde«bildet der Fremde zwar ein»element der Gruppe«, aber ein Element besonderer Art, das ein»außerhalb und Gegenüber«einschließt. Die Zugehörigkeit in der Nichtzugehörigkeit, diese gleichzeitige Ferne des Nahen und Nähe des Fernen wird durch historisch entstandene Kontrastphänomene illustriert, durch den Kontrast von Händlertum und Bodenbesitz, von Teilhabe und neutralem Unbeteiligtsein, von Wärme, die aus organischer Verbundenheit stammt, und Kühle, die einem Gefühl für die Zufälligkeit der jeweiligen Beziehung entspringt. Das klassische Beispiel, das Simmel uns nicht ohne autobiographische Beiklänge präsentiert, ist das des europäischen Juden. Allerdings finden sich in der Beschreibung des Fremden auch 15 >Relational< ist allerdings nicht mit >relativ< zu verwechseln; während ersteres bedeutet, daß etwas sich in bezug auf anderes bestimmt, bedeutet letzteres, daß es nur für mich oder für uns (προς ηµας) so ist, nicht aber schlechthin (απλως). Darauf, daß die Relationslogik auf die Fremderfahrung nur bedingt anwendbar ist, wurde schon hingewiesen. 16»Die Sprache war schon immer Begleiterin des Imperiums«, so heißt es im Vorwort der von Antonio de Nebrija herausgegebenen spanischen Grammatik, die 1492 in bemerkenswerter Koinzidenz als erste Grammatik einer modernen europäischen Sprache erschien (zit. nach Todorov 1985,5. 151). Daß selbst die Hispanisierung Amerikas hierbei nicht stehenblieb, zeigt sich am Beispiel von Bernardino de Sahagún, bei dem Bekehrungseifer sich mit Lern- und Lehreifer verbindet (vgl. ebd., S. 260 ff.).

13 Elemente des christlichen peregrinus. Nach antikem Verständnis ist dies der»ansässige Fremde«, der in der christlichen Tradition die Gestalt des.pilgers annimmt (vgl. Kristeva 1990, S ). Wir haben es hier mit sozialen, auch ökonomischen und rechtlichen Fremdheitsfiguren zu tun, die von ihrer Herkunft her religiöse Untertöne aufweisen. Der partiellen»entfremdung«, die Simmel nun in säkularem Gewände beschreibt, wird man nicht gerecht, wenn man sie als bloßen Funktionswechsel deutet, den jeder reihum vollziehen kann. Vielmehr handelt es sich um eine gemischte Lebenform, die man in Anlehnung an den klassischen βιος θεωρπητικος als βιος σκεπτικος bezeichnen könnte, als ein Beobachtungsleben, das dem beobachteten Leben bei aller Wendigkeit und Distanz verbunden bleibt. Auf diese Weise zeichnet sich eine Geburt der Soziologie aus dem Geist der Fremdheit ab. Der Wandernde wohnt, wie Platons Philosoph, in der Stadt, doch wohnt er dort nicht mit Leib und Seele. Seine Position, die nicht einfach eine»gliedstellung«in der Gruppe, sondern einen gleichzeitigen Abstand zur Gruppe markiert, verschafft ihm die Möglichkeit, das Gruppengefüge mitsamt der ihm innewohnenden Fremdheit als solches zu erfassen. Alfred Schütz, der mittels einer Reziprozität der Perspektiven die Zentrierung auf das Eigene überwindet, aber gleichzeitig die Fremdheit entschärft, hat doch in der Figur des Auswanderers oder des Vertriebenen einerseits, des Heimkehrers andererseits zwei komplementäre Weisen des Fremdwerdens beschrieben, die in mancherlei Hinsicht an Simmels Fremdenporträt erinnern und die ebenfalls nicht der autobiographischen Züge entbehren. Sie finden ihre Ergänzung in der Figur des Don Quijote, der sich in seiner eigenen Zeit fremd fühlt und dessen Weltund Lebenseinstellung für seine Zeitgenossen zum lebendigen Anachronismus erstarrt. 17 Auswanderung und Heimkehr lassen sich also nicht nur geographisch, sondern auch historisch deuten. Während der Auswanderer oder Vertriebene in eine fremde Heimwelt gerät, in der er sich noch nicht auskennt, gerät der Heimkehrer in seine eigene, inzwischen fremd gewordene Heimwelt, in der er sich nicht mehr auskennt. Bei der Heimkehr des Odysseus ist es zunächst der Hund, der auf einer inter-animalischen Ebene den alten Kontakt wiederherstellt. Schließlich finden wir aus jüngster Gegenwart in der schon mehrfach erwähnten Schrift von Julia Kristeva, ebenfalls mit autobiographischen Untertönen versehen, ein Fremdenporträt, das zersplittert wirkt wie die Figurenbildnisse von Picasso. Während Simmel in der moderierten Sprache des Halbassimilierten die gesellschaftliche Figur des Fremden umreißt und während Schütz die Außenstellung des Vertriebenen und des Heimkehrers in die pragmatische Perspektive des zumeist nur halb gelingenden Umlernens rückt, zieht Kristeva in ihrer»toccata und Fuge für den Fremden«alle Register einer Selbstfremderfahrung, wie wir es nennen können. Darin kommen Fragen zur Sprache wie familiäre Ablösung, sexuelle Tabus und Libertinage, Arbeitssuche und Übersoll an Leistung, die Spaltung von Körper- und Wortsprache, das»polymorphe Gedächtnis«, das»fremdartige Glück«des Fremden und einiges mehr, und dies in einer stark evokati-ven, auch exaltierten und psychoanalytisch gefärbten Diktion, die sich mimikryartig ihrem Sujet anschmiegt. In der Einseitigkeit wohnen Stärke und Schwäche eng beieinander. Die Situation des Fremden, die zwischen einem Gefühl der Auserwähltheit und des Ausgestoßenseins oszilliert, wechselt zwischen einem Stand der Gnade und einem Stand der Gnadenlosigkeit. Die Ironie, die als Stoßdämpfer dienen könnte, wird zwar benannt, aber kaum eingesetzt. Die Überhitztheit eines Treibhausklimas mag daher rühren, daß der Hintergrund der Normalität sich bis zur Kulisse abschwächt. So heißt es an einer Stelle:»In den Augen des Fremden haben die, die es nicht sind, kein Leben: sie existieren gerade nur, prachtvoll oder kümmerlich, aber außerhalb des Rennens und daher beinahe schon in Leblosigkeit erstarrt«(s. 17). Der Fremde rächt sich an der Nichtzugehörigkeit, indem er die 17 Die erwähnten Aufsätze von Alfred Schütz finden sich in Band 3 der Gesammelten Aufsätze. Für Foucault ist Don Quijote eine der literarischen Gestalten des 16. und 17. Jahrhunderts, bei denen der Versuch,»die sich suchende Vernunft zu zähmen«, an den Wahnsinn rührt (vgl. Wahnsinn und Gesellschaft, S. 58 f.). Die Soziologie des Fremden, die Schütz ins Auge faßt, hätte es nicht mit einer >conversa-tion of mankind< zu tun, sondern beispielsweise mit den Aufnahmeprozeduren und Befragungspraktiken, denen Flüchtlinge beim Passieren von Einwanderungsbehörden unterworfen werden. Vgl. dazu den mit Hilfe von Bachtin, Goffman und Bourdieu durchgeführten Versuch von Robert F. Barsky,»The Construction of the Other and the Destruction of the Self: The Gase of the Convention Hearings«(in: Brinlker-Gabler 1995).

14 Zugehörigen in Nicht-Fremde verwandelt. Frage: Wann schlägt das Pathos der Distanz in das Trugbild eines >guten Fremden< um? Hinzu kommt ein zweiter Aspekt. Die Autorin beschreibt die Fremdheit primär als Leiden unter der Fremdheit, und dies mit gutem Grund. Fremdheit hebt an mit Trennung, Spaltung, Absonderung, Ausschließung und nicht mit Muße, Genuß und gelehrige Neugier. Dennoch lauert auch hier eine Gefahr. Wann schlägt das Leiden unter der Fremdheit um in Wehleidigkeit? Wann steigert sich die jedem Fremdheitsgefühl beigemischte narzißtische Fremdheitslust in eine masochistische Fremdheitsverliebtheit? Wann stilisiert sich das Pathos zur Attitüde? Dies sind Fragen, die uns die Autorin geradezu in den Mund legt und die gewiß auch ihre eigenen sind. Doch die Vision eines Reichs der Fremdheit, das bei aller utopiescheuen Zurückhaltung an das berühmte Reich der Freiheit erinnert, bleibt nicht umsonst ein blasses Schemen. Dies mag damit zusammenhängen, daß die Fremderfahrung allzu einseitig im Gefühl der eigenen Fremdheit gesucht wird. Sie bleibt die eigene Fremdheit, auch wenn sie jedem zugestanden wird wie der»eigne Tod<. Gehört das Fremdwerden, das uns hier in verschiedener Tonlage begegnet ist, zum Geschick des Menschen? Das Elend der Millionen von Emigranten und Vertriebenen, die unser Jahrhundert der Migration bevölkern, sollte man gewiß nicht verharmlosen, indem man es als ein allgemein menschliches Phänomen behandelt. Dennoch bleibt festzustellen, daß bei einem solchen Fremdwerden nicht bloß historisch bedingte soziale und interkulturelle Prozesse ablaufen, sondern daß darin etwas zum Ausdruck kommt, das an die radikale Form der Fremdheit rührt, von der oben die Rede war. Wenn wir mit Platon annehmen dürfen, daß es eine bestimmte Phase im Leben gibt, wo jeder sich in seiner Familie fremd fühlt, als sei er ein unterschobenes oder angenommenes Kind (Politeia VII, 538 a-c), so öffnet sich ein Spalt der Fremdheit im Innersten der eigenen Welt, ohne daß dieser Spalt sich je wieder völlig schließt. Auch die Fremdheit ist eine Wunde, die nie völlig vernarbt. Jeder Heimatkult, der eine heile Welt des Eigenen suggeriert, gehört deshalb zur Kurpfuscherei, deren beträchtliche soziale und politische Folgen nicht zu übersehen sind. Daraus ergeben sich wichtige Konsequenzen für die phänome-nologische Konzeption der Lebenswelt. Dürfen wir voraussetzen, wie noch Husserl es vielfach tut, daß es eine Grundschicht oder einen Kern des Eigenen und Vertrauten gibt, so daß alle Fremdheit als Modifikation des Eigenen erscheint, oder müssen wir annehmen, daß Eigenes und Fremdes aus einer Urscheidung hervorgehen? Im letzteren Falle würde die Lebenswelt sich von Anfang an zugleich als Heimwelt und Fremdwelt darstellen. Heimischwerden und Fremdwerden wären auf unzertrennliche Weise ineinandergewirkt wie die Vorderseite und Rückseite eines Gewebes. 9. BEUNRUHIGUNG DURCH DAS FREMDE Das Fremde als das, was in seiner Unzugänglichkeit zugänglich ist, bedeutet kein unbestimmtes X, das auf seine Bestimmung wartet. Das Fremde zeigt sich, indem es sich uns entzieh. Es sucht uns heim und versetzt uns in Unruhe, noch bevor wir es einlassen oder uns seiner zu erwehren trachten. 18 Doch stellen wir abermals die Frage: Womit setzt das Fremdwerden ein? Setzt es damit ein, daß die Anderen mir als Fremde gegenübertreten, oder damit, daß ich mich unter Anderen als Fremder fühle und sehe? Die Entscheidung darüber hängt davon ab, wo wir den Maßstab der Normalität ansetzen, in der eigenen Welt oder in der Welt der Anderen. Das eine Mal 18 Die Unruhe der Seele, des Herzens oder des Geistes ist ein altes Motiv, das uns von Platon, Augustinus oder Hegel her vertraut ist und das uns auch bei neueren Autoren wie Merleau-Ponty (1960, S. 27), Levinas (1974, S. 72, dt. S. 135) oder Foucault (1984, S. 31, dt. S. 34) mit wechselnden Konnotationen begegnet. Dabei kommt es entscheidend darauf an, ob man mit Hegel von einer Ruhe des Gan zen ausgehen kann oder nicht. In der Vorrede zur Phänomenologie des Geistes (Werke, Bd. 3, S. 46) heißt es an der berühmten Stelle: Das Wahre ist der»bacchantische Taumel«, aber es ist»ebenso die durchsichtige und einfache Ruhe [...]. In dem Ganzen der Bewegung, es als Ruhe aufgefaßt, ist dasjenige, was sich in ihr unterscheidet und besonderes Dasein gibt, als ein solches, das sich erinnert, aufbewahrt, dessen Dasein das Wissen von sich selbst ist, wie dieses ebenso unmittelbares Dasein ist«. Dementsprechend gilt das Fremde als ein Durchgangsstadium der Entfremdung:»Und die Erfahrung wird eben diese Bewegung genannt, worin das Unmittelbare [...] sich entfremdet, und dann aus der Entfremdung zu sich zurückgeht und hiemit jetzt erst in seiner Wirklichkeit und Wahrheit darstellt wie auch Eigentum des Bewußtseins ist«(ebd., S. 38 f.). Zur Unruhe des Gedankens vgl. auch ebd., S. 75.

15 erschiene das Verhalten der Anderen, das andere Mal unser eigenes Verhalten als Anomalie, als Abweichung vom Normalen. Diese Bipolarität zeigt sich, wie schon angedeutet, in allen Bereichen der Fremdheit. Ist Sokrates, der ατολος, in seiner Seltenheit und Seltsamkeit fehl am Platz, oder trifft dies eher auf seine Mitbürger zu, die in einem Schattenreich leben und Spiegelfechtereien austragen? Wer ist in der Welt fremd, Don Quijote, der in seinem spätritterlichen Heroismus gegen Windmühlen kämpft, oder Sancho Pansa, der sich auf unerschütterliche Weise in der Wirklichkeit einrichtet, als sei diese das Sein selbst? Wer ist wem entfremdet, wenn Rameaus Neffe der höfischen Gesellschaft nach Art der Kyniker einen Zerrspiegel vorhält? Vielleicht liegt das Beunruhigende gerade darin, daß diese und ähnliche Fragen nicht vorweg zu entscheiden sind, daß Realität also von Derealisierung, Personalität von Depersonalisierung bedroht ist, ohne daß eine feste Ordnung auszumachen wäre, die den Streit ein für allemal schlichten könnte. Folgen wir Kants Mutmaßungen über den Anfang der Menschengeschichte und nehmen wir an, daß der Mensch zu Beginn, freigelassen aus der Obhut der Natur, am»rande eines Abgrundes«steht, konfrontiert mit einer offenen Unendlichkeit von Möglichkeiten, oder nehmen wir mit Nietzsche an, daß der Mensch ein»nicht festgestelltes Tier«ist, so bedeutet dies, daß der Mensch gezwungen ist, bestimmte Ordnungen zu finden und zu erfinden. Der Mensch wäre also niemals völlig in seiner Kultur zu Hause. Die Erfahrung des Fremden, die dieser Ursituation entspringt, zeigt von vornherein eine Ambivalenz erscheint als verlockend und bedrohlich zugleich und kann sich bis zu einem horror alieni steigern. Bedrohlich ist sie, da das Fremde dem Eigenen Konkurrenz macht, es zu überwältigen droht; verlockend ist sie, da das Fremde Möglichkeiten wachruft, die durch die Ordnungen des eigenen Lebens mehr oder weniger ausgeschlossen sind. Diese Ambivalenz durchdringt auch den Ursprung der Philosophie, die sowohl aus dem Staunen wie aus der Angst geboren ist und die mit dem Eros wie mit dem Tod im Bunde steht. In beiden Fällen entzieht sieh das Fremde der bestimmenden Einordnung. Das Worüber des Staunens reicht weiter als das Was des Fragens und Suchens, so wie laut Heidegger das Wovor der Angst tiefer reicht als das Was der bloßen Befürchtung (vgl. Sein und Zeit, 40). Wüßte ich, worüber ich staune oder wovor ich mich ängstige, so würden Staunen und Angst verschwinden wie ein Phantom. In jedem Fall bringt die Erfahrung des Fremden die Grenzen zwischen Eigenem und Fremden in Bewegung, und dies um so mehr, je näher uns das Fremde rückt. Das halbvertraute Grinsen eines Schimpansen löst eine stärkere Beunruhigung aus als das Hüpfen einer Grasmücke, und die gespenstischen Bewegungen eines Roboters, der in der Figur des Golem oder in Goethes Zauberlehrling mythische Gestalt annimmt, erscheinen uns fremder als Hammer oder Besen, die ruhig auf ihre Handhabung warten. Das Unheimliche, das sich in Form des >Heimlichen< bereits im >Heim< einnistet, ist, wie Freud (GW, Bd. XII, S. 231) bemerkt,»jene Art des Schreckhaften, welche auf das Altbekannte, Längstvertraute zurückgeht«, und auch dieses Umheimlich-Fremde ist - entsprechend unserer Ausgangsbestimmung - durch eine spezifische Form der zugänglichen Unzugänglichkeit bestimmt. Heidegger übersetzt das Unheimliche zurück in ein»un-zuhause«(1953, S. 189), Plessner faßt das Fremde, in ausdrücklicher Erinnerung an Freud, als»das Eigene, Vertraute, Heimliche im Anderen und als das Andere und darum [...] das Unheimliche«. Indem der Mensch sich im»dort des Anderen«sieht, begegnet ihm»die Unheimlichkeit des Anderen in der unbegreiflichen Verschränkung des Eigenen mit dem Anderen«(Gesammelte Schriften, Bd. V, S. 193). Die Ambivalenz des Fremden zeigt sich bis in die Sprache hinein. Man hat oft darauf hingewiesen, daß das lateinische Wort >hostis< zwischen Gastfreundschaft und Feinschaft schillert Zur transitorischen Figur des Gastes, der»weder nur zu Hause, bei sich selbst, noch nur unterwegs, außer sich ist«und der uns im buchstäblichen Sinne heimsucht, vgl. Hans-Dieter Bahr, Die Sprache des Gastes (1994), ferner die entsprechenden Passagen in Kristeva (1990). Bei Platon wird die Reise ins Ausland wie der Empfang ausländischer Gäste im Rahmen der öffentlichen Gesetze ausführlich berücksichtigt, unter sorglicher Beachtung von Kontaktregeln, die der Einführung ungeprüfter Neuerungen entgegenwirken (vgl. Nomoi XII, 949 e- 953 e). Aristoteles gibt der Gastfreundschaft (ξενικη) einen Verlegenheitsplatz, indem er sie der sekundären Freundschaft um des Nutzens willen zuzählt (Nik. Ethik VIII, 3, 11 j6 a 31), aber gleichzeitig auf Großzügigkeit bei Empfang und Verabschiedung Wert legt (IV, 2, 1123 a 3 f.).

16 10. FREMDHEIT UND FEINDSCHAFT Doch an dieser Stelle sollte man keine voreiligen Schlüsse ziehen. Aus dem Umstand, daß Fremdes in seiner Unheimlichkeit zum Feindlichen hinüberschillert, daß Beunruhigung und Bedrohung eine unlösliche Verbindung eingehen, daß der Andere uns, wie wir ihm, als Feind gegenübertreten kann und daß dies immer wieder geschieht, folgt nicht, daß der Fremde unser Feind ist, und dies in einer Form, die jede Ambivalenz in eine eindeutige Bewertung verwandeln würde. Die Gleichsetzung von Fremdheit und Feindlichkeit beruht auf einer Annahme, die sich nicht von selbst versteht, die aber von einem Autor wie Carl Schmitt in seiner 1933 in dritter Fassung erschienenen Streitschrift Vom Begriff des Politischen geradezu axiomatisch an den Anfang tritt. 20 Als politische Leitdifferenz, wie man heute zu sagen pflegt, wird eine Unterscheidung von Freund und Feind eingeführt. Im Hintergrund steht die Annahme, in der Politik gehe es in erster und letzter Instanz um eine gemeinsame Selbsterhaltung gegenüber einer jederzeit möglichen Fremdbedrohung. Für eine»um ihre Existenz kämpfende Gesamtheit von Menschen«kommt es darauf an,»die eigene Existenz zu verteidigen und das eigene Sein zu wahren - in suo esse perseverare«(hervorhebung B.W.). Das eigene Dasein gilt als praktisches fundamentum inconcussum, an dem nicht zu rütteln ist. Es geht lediglich um die Frage, wie, nicht aber um die Frage, ob das eigene Sein zu wahren ist. In diesem Sinne erweisen Hobbes und sein zeitgenössischer Leser sich als Brüder von Descartes. Das Eigene wird nicht selbst wieder einer Deutung unterstellt in der Art, daß ich mir und wir uns als Seihst gegenübertreten und das Eigene uns als Eigenes begegnet. Vielmehr ist das eigene Dasein die Deutungsund Entscheidungsinstanz, die im viel berufenen Ernstfall zwischen Freund und Feind unterscheidet. Die Eigenheit des Eigenen wird keiner Befragung ausgesetzt, sie wird in Form einer praktischen Präsupposition vorausgesetzt. Dies geschieht beispielsweise in der Bestimmung des Feindseins als»negation der eigenen Art Existenz«oder in verallgemeinerter Form in der Bestimmung der Feindschaft als»seinsmäßige Negierung eines anderen Seins«. Jede Negierung ist, mit Husserl zu sprechen, eine Modifikation, die eine Urform voraussetzt; dies gilt auch für die praktische, ontologische Negierung, die das fremde Sein sozusagen ausstreicht und nicht nur eine vorhergehende Seinssetzung durchstreicht. Das eigene Sein ist ein Dasein, das keines fremden Seins bedarf, um das Interesse an sich selbst zu befriedigen. Das eigene Dasein ist jenes Sein, um das es im Ernstfall des Krieges geht, das fremde Sein ist jenes Sein, um das es im Ernstfall nicht geht. Dieses kategorische Seinsinteresse gilt für jedes Dasein, so daß des einen Freund des anderen Feind ist. Doch die Möglichkeit einer Reziprozität der Perspektiven, selbst die Sichtweise eines»>unparteiischen< Dritten«, entfällt, da keiner die praktische Perspektive des jeweils anderen einnehmen kann, ohne aufzuhören, er selbst zu sein. Die durchgängige Disjunktion von eigenem Sein und feindlichem Gegensein saugt zumindest im Bereich des Politischen den Begriff des Fremden völlig auf. Auf den ersten Blick scheint es zwar nicht so. Für Carl Schmitt ist derpolitische Feind»ein Anderer, ein Fremder«; also müßte es auch Andere und Fremde geben, die keine politischen Feinde sind. Dies könnten private Feinde, wirtschaftliche Konkurrenten oder Diskussionsgegner in einer gemeinsamen Debatte sein; doch diese Möglichkeiten werden dadurch abgeschwächt, daß der politische Gegensatz als der»intensivste und äußerste Gegensatz«begriffen wird, dem sich jede konkrete Gegensätzlichkeit mehr oder weniger annähert. - Zum anderen gibt es für jeden nicht nur politische Feinde, sondern auch politische Freunde. Doch die Andersheit der letzteren wird von unserem Autor ebenfalls deutlich heruntergespielt. Freunde sind»gleichgeartete und Verbündete«, mit denen ich das eigene Dasein teile in torm einer»echten participatio«; ähnlich wie der Freund bei Aristoteles erweitern sie die Eigenheitssphäre; die Andersheit des»anderen Selbst«bleibt in die gemeinsame Lebensführung eingebunden. Es fragt sich nur, woher die Bindekraft stammen soll, durch die Einzelne, denen es jeweils um ihr eigenes Sein geht, zu Verbündeten werden. Die >gleiche Artungs soweit es diese Homogenität überhaupt gibt, reicht gewiß nicht aus, da - wie schon die Alten wußten - Gleiches sich ebenso mit Gleichem wie mit Ungleichem befreunden kann. Sartre 20 Wir zitieren nach der dritten Fassung, die im Nachdruck von 1963 durch die zweite Fassung ersetzt wurde. Die Zitate finden sich in den Abschnitten 1-3, S

17 erscheint als der konsequentere Leser von Hobbes, wenn er das Subjekt-Wir als >seinshaftes< Objekt-Wir konstituiert. Die politische Freundschaft, die bei Carl Schmitt übrigbleibt, wäre höchstens eine Notfreundschaft, die von der geforderten»seinsmäßigen Ursprünglichkeit«weit entfernt ist und für eine nicht-feindliche Form der Fremdheit keine Nische bereithält. - Es bietet sich ein letzter Versuch an, die Differenz zwischen Fremdheit und Feindschaft aufrechtzuerhalten. Die entscheidende politische Aufgabe, die darin bestehen soll,»freund und Feind richtig zu unterscheiden«, ist auf die extreme Situation zugeschnitten, in der auszumachen gilt,»ob das Anderssein des Fremden im konkret vorliegenden Konfliktfall die Negation der eigenen Existenz bedeutet und deshalb abgewehrt oder bekämpft werden muß«. Doch dieser situative Spielraum besagt wenig, da immer schon das Damokles-Schwert drohender Feindschaft über ihm schwebt. Der Fremde ist der potentielle Feind, potentiell im Sinne jener»realen Möglichkeit«, die als»vorhandene Voraussetzung [...] das menschliche Handeln und Denken in eigenartiger Weise bestimmt«. Die Feindschaftserklärung, die ihn zum aktuellen Feind stempelt, macht ihn lediglich zu dem, was er latent schon ist. Es ist bemerkenswert zu sehen, wie eng ein anderer Autor, der mit der phänomenologischen und hermeneutischen Tradition verbunden ist, nämlich Helmut Plessner, sich in seinem frühen, 1931 erschienenen Essay Macht und menschliche Natur an Carl Schmitt anschließt. Zwar setzt er das Unvertraute und Unheimliche nicht einfach mit dem Feindlichen gleich:»feind wird dem Menschen, was seiner Interessen abträglich ist«(gesammelte Schriften, Bd. V, S.195), und dies ist oft das Natürlichste und Vertrauteste von der Welt; doch nähert der Autor den Gegensatz von Vertrautheit und Unvertrautheit der Freund-Feind-Relation bis zur Ununterscheidbarkeit an:»ein vertrauter Kreis setzt sich gegen eine unvertraute Fremde ab«, und dieser Absetzungsprozeß läßt sich bestimmen durch den Gegensatz von Freund und Feind, den Plessner zur»wesensverfassung des Menschen«zählt (S. 192). Ausgehend von einer offenen Machtfrage, die mit der konstitutiven Unbestimmtheit der menschlichen Verfassung zusammenhängt, wird»das Politische«, im Gegensatz zur spezifischen Sphäre der Politik, mit der Carl Schmitt sich befaßt, in einer»alle menschlichen Beziehungen durchdringenden Weite«angesetzt (S. 194). Die nicht zu leugnende Unbestimmtheit der conditio humana, die in der Beunruhigung durch das Fremde immer wieder virulent wird, findet ihre Antwort schließlich in politischen Machtsprüchen. Ähnlich wie bei Carl Schmitt wird das Fremde praktisch bewältigt»mit den Mitteln des mir Eigenen«. Einzig das Mißlingen aller entsprechenden Bewältigungsversuche läßt dem Fremden eine Chance im Rahmen eines Machtkampfes, der ganz und gar auf die Nutzung und Erweiterung eigener Möglichkeiten abgestellt ist, ohne daß dem Fremden ein genuiner Anspruch zugestanden würde. Immerhin jna-chen Texte wie die von Hobbes, Carl Schmitt oder dem frühen Plessner darauf aufmerksam, daß es eine Politik der Fremdheit gibt, die alle Verstehens- und Verständigungsbemühungen im buchstäblichen Sinne durchkreuzt. 11. ANEIGNUNG DES FREMDEN Es gibt ökonomischere Formen einer Bewältigung des Fremden als jene, die auf Ausscheidung des Andersartigen bedacht sind und ständig den Extremfall einer Vernichtung des Fremden einkalkulieren. Als wirksamere Form der Abwehr erweist sich auf die Dauer die Aneignung, die das Fremde zu wahren verspricht, indem sie es verarbeitet und absorbiert. Für Nietzsche steht im Hintergrund Jas Bedürfnis nach einem Erkennen, das die Unruhe, die vom Fremden ausgeht, beseitigt:»[...] eben dies Bedürfniss nach Bekanntem, der Wille, unter allem Fremden, Ungewöhnlichen, Fragwürdigen Etwas aufzudecken, das uns nicht mehr beunruhigt«(ksa, Bd. 3, S. 594). Das neuzeitlich-westliche Denken, das laut Max Weber weitgehend durch ein Projekt der»weltbeherrschung«bestimmt ist, gibt dieser Aneignung ein besonderes Gepräge. Entscheidend ist dabei die Voraussetzung eines possessive individualism, der sich nicht nur auf materiellen Besitz beschränkt. Dieser Individualismus besagt, daß einerseits die soziale Welt in atomare Individuen zersplittert und daß andererseits zwischen eigener und fremder Individualität Barrieren errichtet werden. Mit Norbert Elias (1987) können wir von einer»gesellschaft der Individuen«sprechen, die unter dem Patronat des Cartesianismus steht.

18 Der Umgang mit dem Fremden ist so sehr durch das Ziel der Aneignung bestimmt, daß >Aneignung< vielfach als Synonym für >Erkennen<, >Erlernen< oder >Befreiung< gebraucht wird. Man denke an das einflußreiche Vokabular der Hegel-Marxschen Dialektik. das selbst wiederum den»possessiven Individualismus«der bürgerlichen Gesellschaft voraussetzt. Fremdheit scheint mit einem Makel behaftet, den es zu tilgen gilt. Bestenfalls wird der Entfremdung eine vorübergehende Rolle zugedacht als notwendiger Umweg auf dem Weg zu Freiheit und Vernunft. Aneignungsbestrebungen gehen mit bestimmten Formen der Zentrierung einher: dem Egozentrismus, der vom individuellen Eigenen ausgeht, dem Ethnozentnsmus, der sich auf das kollektiv Eigene versteift, und dem Logozentrismus der auf ein Eigenes und Fremdes übergreifendes Allgemeines setzt. In den beiden ersten Fällen wird das Fremde auf Eigenes zurückgeführt, auf eigene Bilder, Vorstellungen und Wertschätzungen, in letzterem Falle werden Eigenes und Fremdes einem Allgemeinsamen eingegliedert. Im Hintergrund steht eine spezifische Form des Euro-zentrismus, der das Wunder bewerkstelligt, im Eigenen das All-gemeine und im Allgemeinen das Eigene wiederzufinden. Daß auch hier immer wieder die Gewalt nachhilft, und dies oft auf camouflierte Weise, ist bekannt genug. Die Tendenz zur Angig-nung wird auch dann nicht durchbrochen, wenn Aneignung sich in pure Enteignung, Provinzialismus oder Nationalismus sich in bloßen Exotismus oder Kosmopolitismus verkehrt. Selbst der endlose Streit zwischen Universalisten und Kulturalisten, zwischen Vertretern einer universalen und denen einer lokalen Vernunft, verläßt nicht die Bahnen der Aneignung. Ob man ein Makrozentrum oder eine Vielzahl von Mikrozentren ansetzt, um Zentrierung handelt es sich allemal. Ob man die Vergleichbarkeit von Lebens- und Kulturformen betont oder deren Unvergleichbarkeit, man hält sich hier wie dort an das Vergleichen, also an ein Gleichmachen, das den Unterschied zwischen Eigenem und Fremdem einebnet. Wenn Fremdheit sich jedoch durch ihre Unzugänglichkeit bestimmt, so ist Fremdes nicht unvergleichlich, was immer noch eine komparative Qualität wäre, es ist vielmehr dem Vergleich entrückt, es ist über jeden Vergleich erhaben. Damit stellt sich die Frage, wie oder von woher wir vom Fremden sprechen können, ohne ihm seine Fremdheit zu rauben. Es fragt sich, wie Fremdes als Fremdes auftreten kann und wie es sich der Zudringlichkeit diverser Aneignungsversuche zu erwehren vermag. Die Phänomenologie des Fremden gerät hier an eine Grenze, die sich aus der >Sache selbst< ergibt. Wenn Merleau-Ponty versichert, letzte Aufgabe der Phänomenologie sei es, ihren Bezug zur Nicht-Phänomenologie zu bedenken, so gilt dies nicht nur für das natürliche Sein, jenes»barbarische Prinzip«, sondern auch für die Fremdheit des Anderen, die selbst der Natur ihr Siegel aufdrückt ANTWORTEN AUF DEN ANSPRUCH DES FREMDEN Der Ausweg aus dem Dilemma einer Fremderfahrung, die durch zunehmende Aneignung ihren Gegenstand aufzehrt, kann nicht darin liegen, daß das Fremde eine sachgemäßere Bestimmung erhält, sondern nur darin, daß die Stellung des Fremden in der Erfahrung und dementsprechend auch unsere Einstellung zum Fremden sich ändert. Die Aneignung beginnt damit, daß das Fremde, das uns anspricht, unterderhand zu etwas wird, das sich besprechen läßt, anfangs mit Zauberformeln, die wir aus Mythen und Märchen kennen, später dann mit Sprachformeln ' oder schließlich mit Rechenformeln. Das Unberechenbare wird berechenbar: Auf gewisse Weise ist dies unvermeidlich. Wie könnte es etwas geben, worüber sich nichts sagen ließe und wovon man nicht einmal schweigen könnte? Der Bann der Aneignung läßt sich nur brechen, wenn wir anders beginnen und anderswo als bei uns selbst. Statt direkt auf das Fremde zuzugehen und zu fragen, was es ist und wozu es gut ist, empfiehlt es sich, von der Beunruhigung durch das Fremde auszugehen. Das Fremde wäre das, worauf wir antworten und zu antworten haben, was immer wir sagen und tun. Das Fremde taucht also auf in einer Form von indirekter 21 Vgl. Signes, S. 225, dt.: Das Auge und der Geist, S. 64. Dazu das ungenierte Geständnis von Montaigne, der mit Latein als >Mutter-sprache< aufwuchs:»mein Französisch ist sowohl in der Aussprache wie sonst durch die Barbarei meiner Mundart verdorben [...]«(Essais, B. II, XVII, dt. 1953, S. 511). Doch gleichzeitig beginnt der Begriff des Barbarischen zu changieren (vgl. Kristeva 1990, S. 132).

19 Erfassungs- und Redeweise. Vom Fremden sprechen heißt von anderem und von mehr sprechen als von dem, was unsere vertrauten Konzepte und Projekte nahelegen. Das Worauf der Antwort begegnet uns als Aufforderung, Provokation, Stimulus, als Anspruch im doppelten Sinne dessen, was uns anspricht und im Anspruch einen Anspruch erhebt. Das Fremde ist nicht etwas, auf das unser Sagen und Tun abzielt, sondern etwas, von dem dieses ausgeht. Fremdes gehört zu dem, was wir Einfälle nennen. Was uns zustößt und widerfährt, wird erst nachträglich in seinen Wirkungen, auch in seinen Verletzungen faßbar; es wird also niemals völlig faßbar. Es erinnert uns an überraschende Geräusche, die uns aufschrecken lassen, wie das Läuten der Nachtglocke in Kafkas Landarzt; es gleicht jenen Gedanken, von denen Nietzsche sagt, daß sie nicht kommen, wenn wir wollen, sondern wenn sie wollen. Die Fremderfahrung bedeutet keinen Akt, den wir uns zuschreiben können, sie besteht aus singulären Ereignissen, die unseren Intentionen zuvorkommen, sie durchkreuzen, von ihnen abweichen, sie übersteigen und die deshalb den Zirkel von Besonderung und Verallgemeinerung, von Teilung und Verganzheitlichung sprengen. Das Fremde zeigt darin eine Nichtassimilierbarkeit, wie sie uns besonders eindringlich im Bereich von Kunst, Eros oder Religion, aber auch in historischen Desastern begegnet. Wie kommt es, so können wir fragen, daß Sophokles Ödipus die Zuschauer immer wieder erschüttert, selbst wenn sie Ablauf und Ausgang längst kennen? Wie kommt es, daß ein versierter Pianist sich und seine Zuhörer immer wieder mit Beethovens Klaviersonaten überrascht, obwohl er alle Handgriffe in den Fingerspitzen, alle Klänge im Ohr hat? Woher nimmt der Eros seine beflügelnde Kraft, etwa aus der Befriedigung sexueller Bedürfnisse<? Diese wäre mit weniger affektivem Aufwand zu haben. Wem widersetzt sich das jüdische Bildverbot, wenn nicht der Zudringlichkeit eines Blickes, der das, worauf er antwortet, im Bild dingfest macht? Und wie kommt es, daß von dem schon allzu sprichwörtlichen Ereignis >Auschwitz< alle Sinngebungsversuche abprallen? Nicht, als ob da nichts zu verstehen, zu erklären und zu vergleichen wäre, es fragt sich nur, ob das Unheilsgeschehen in diesen Bewältigungsversuchen seine adäquate Antwort findet, ob es überhaupt eine adäquate Antwort gibt. Selbst die Gepflogenheit, Hurrikans zu benennen und nicht nur zu zählen und zu klassifizieren, enthält noch Spurenelemente von Ereignissen, die uns überraschen und überfallen, ohne nach Programm abzulaufen. Die Widerständigkeit, die hier zutage tritt, verbindet sich schließlich mit einer besonderen Art von Unausweichlichkeit. Noch die Nichtantwort auf das Fremde ist eine Form der Antwort, so wie das Wegblicken eine Form des Hinblickens, das Verschweigen eine Form der Rede darstellt? Im Umgang mit dem Fremden meldet sich also eine Form der Responsivität zu Wort, die über jede Intentionalität und Regularität des Verhaltens hinausgeht in Form einer eigentümlichen Antwortlogik, die dem Fremden seine Ferne beläßt. Aufforderung und Anruf besagen mehr als Sinnintention und Sinnregelung. Die Aufforderung des Fremden hat keinen Sinn, und sie folgt keiner Regel, vielmehr provoziert sie Sinn, indem sie vorhandene Sinnbezüge stört und Regelsysteme, sprengt das déreglement des sens, das Rimbaud der Poesie zuschreibt, eignet allen genuinen Formen der Fremdheit. Hier stoßen wir auf eine Barriere gegen jene Formen der Aneignung, die darauf ausgehen, Fremdes auf Eigenes zurückzuführen oder Die Kluft zwischen Eigenem und Fremdem mit den Mitteln einer kommunikativen Vernunft zu schließen. Das Fremde wird zu dem, was es ist, nirgendwo anders als im Ereignis des Antwortens, das heißt, es läßt sich niemals vollständig und eindeutig bestimmen. Das, worauf wir antworten, übersteigt stets das, was wir zur Antwort geben. Fremdes läßt sich nicht beantworten wie eine bestimmte Frage oder lösen wie ein bestimmtes Problem. Diese Konfrontation mit dem Fremden schließt Konzeptionen und Interpretationen des Fremden nicht aus, doch sie geht ihnen allen voraus und geht über sie alle hinaus. Am Ende könnte man Folgendes einwenden: Es mag zwar sein, daß ich redend und handelnd auf Fremdes antworte, doch -eines gehört mir zu eigen: die Antwort, die ich gebe. Behielte dieser Einwand recht, so bliebe das Antworten letzten Endes zentriert im Sprecher, der im Antwortgeben etwas von der alten Rolle der Sinngebung bewahren würde. Wir müssen jedoch unterscheiden zwischen einer eher produktiven und einer eher reproduktiven Form des Antwortens. Berücksichtigen wir die Möglichkeit, daß im Antworten nicht bloß ein bereits existierender Sinn wiedergegeben, weitergegeben oder vervollständigt wird, sondern daß im -Gegenteil Sinn im

20 Antworten selbst entsteht, so stoßen wir auf das Paradox einer kreativen Antwort, in der wir sehen, was wir nicht haben. Kleists Verfertigung der Gedanken in der Rede entspräche eine Verfertigung von Gedanken im Antworten. Das Ereignis des Antwortens definiert sich nicht durch das Ich des Sprechers, sondern das Ich bestimmt sich umgekehrt durch das Antworten als Antwortender. Wo neuartige Gedanken entstehen, gehören sie weder mir noch dem Anderen. Sie entstehen zwischen uns. Ohne dieses Zwischen gäbe es keine Intersubjektivität und Interkulturalität, die ihren Namen verdient. Es bliebe bei der bloßen Erweiterung oder Verfielfältigung des Eigenen, das Fremde wäre immer schon zum Schweigen gebracht. II. LEBENSWELT ZWISCHEN ALLTÄGLICHEM UND UNALLTÄGLICHEM Von Welt ist in der abendländischen Tradition seit langem die Rede. Kosmos oder Universum, das bedeutet Ordnung oder Inbegriff alles Seienden, des niedrigsten wie des höchsten. In diesem Sinne ist die Welt ein grenzenloses Gebilde, das Weltgeschehen ein grenzenloses Geschehen, worin alles seinen Platz und seine Zeit findet und worin nichts Fremdes anzutreffen ist. Mit der Lehenswelt, die sich in unserem Jahrhundert mit besonderer Entschiedenheit bei Husserl zu Wort meldet, steht es nicht ganz so, und dieses»nicht ganz«wird uns eine Reihe von Aporien bescheren. Lebenswelt ist ein durchaus moderner Begriff. Die Welt als umfassendes Ganzes wird hier bezogen auf die besondere Gestalt des Lebens, die in der Lebensphilosophie auf beunruhigende Weise hin- und herschwankt zwischen dem Leben von Lebewesen und einem Leben des Geistes. Wie immer man dieses Leben bestimmt und unterscheidet, man hat es zu tun mit der modernen Wende zum Subjekt, selbst wenn das Leben mit Dilthey als pures Innesein oder mit Heidegger als Dasein gefaßt wird. Schließlich verbindet sich der emphatische Gebrauch des Wortes Lebenswelt mit einer Krise des Lebens, die bei Husserl von den europäischen Wissenschaften auf das europäische Menschentum übergreift. Das Jahresdatum der Wiener und Prager Vorträge, nämlich 1935, weist hin auf politische und soziale Umbrüche, denen sich auch eine»reine Phänomenologie«, die sich nicht als etablierte Einrichtung betrachtet, nicht entziehen konnte. Geschichte und Geographie dringen mit einem Mal in das Arcanum einer transzendental gereinigten Sinnsphäre ein und nötigen zu erneuter Selbstbesinnung. Der Name Husserl, mit dem sich ähnlich wie mit dem Namen Wittgenstein eine besondere Weise der Radikalität verbindet, steht hier stellvertretend für viele andere. Die Lebenswelt wird sichtbar als schwindende und verschwindende. Eine erste Schwierigkeit besteht nun darin, den Ort zu bestimmen, an dem über die Lebenswelt gesprochen werden kann, und die Art und Weise anzugeben, in der über sie gesprochen wird. Wenn die Lebenswelt auf gewisse Weise alles ist wie das Leben selber, so kann sie nicht von außen betrachtet und nicht gegen anderes abgehoben werden, was sie nicht ist. Wenn sie ferner, wie Husserl immer wieder betont, erst der Vergessenheit entrissen werden muß, so kann dies kein Vergessen von etwas sein, sondern nur eine Selbstvergessenheit des Lebens, die auch noch in Heideggers Seinsvergessenheit durchschimmert. Wie die Erfahrung so ist auch die Lebenswelt»zur Sprache ihres eigenen Sinnes«zu bringen. Soll der Wechsel von Selbstverdunkelung zur Selbsterleuchtung nicht dem Aufblitzen punktueller Einsichten vorbehalten bleiben, so bleibt nur der Prozeß einer Selbstaufklärung des Lebens, innerhalb dessen die Lebenswelt Gestalt annimmt. Doch wo soll dieser Prozeß beginnen, wenn nicht in einer Art von Schlummer, wo das Leben schon gelebt wird, aber noch nicht zu sich selbst erwacht ist? Die Aporie des Suchens, die wir aus Platons Menon kennen, wiederholt sich auch hier. Wäre das Leben ganz und gar außer sich, so könnte es nicht zu sich kommen, wäre es ganz und gar bei sich, so brauchte es nicht zu sich zu kommen. Husserl nennt diesen Zustand, in dem wir eine Welt haben, ohne sie als Welt zu haben, natürliche Einstellung und bezeichnet die entsprechende Wissensform mit Platon als Doxa oder auch mit einem gebräuchlichen Wort als Alltag. Der Alltag ist eine bestimmte Form, in der sich die Lebenswelt darstellt. So spricht Husserl in der Krisis wechselweise von alltäglicher Welt, alltäglicher Lebensumwelt, von alltäglichem Leben, Alltagserkenntnis und Alltagswahrheit; die ordinary langttage läßt sich mühelos als Alltagssprache in

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