3 Der 1. Hauptsatz der Thermodynamik
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- Innozenz Brauer
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1 3 Der 1. Hauptsatz der Thermodynamik 3.1 Der Begriff der inneren Energie Wir betrachten zunächst ein isoliertes System, d. h. es können weder Teilchen noch Energie mit der Umgebung ausgetauscht werden. Im einfachsten Fall können wir die innere Energien als Summe von kinetischer und potentieller Energie schreiben. Für ein klassisches System von Teilchen gilt dann: U = E = 1 2m N i=1 N p 2 i + i ) + i=1ϕ(r 1 2 N i j v(r i r j ) (1) In der Mechanik wird gezeigt, dass E, die Gesamtenergie, eine Erhaltungsgröße ist. Hier ist ϕ(r i ) ein vorgegebenes Potential und v(r i r j ) eine Wechselwirkung zwischen den Teilchen. Im bereits betrachteten Fall des idealen Gases entfallen diese Terme und nur der erste Term der kinetischen Energie wird wichtig. Für das reale Gas (z. B. van der Waals Gas) ist die Wechselwirkung zwischen den Teilchen als zusätzlicher Term entscheidend. Er ist für die Ausbildung verschiedener Phasen verantwortlich. Im Prinzip sind über Gleichung 1 hinaus noch andere Energieformen möglich, z. B. wenn die Teilchen ein magnetisches Moment besitzen, dass sich in einem äusseren Feld ausrichten kann. 3.2 Der Begriff der Arbeit Die Arbeit ist diejenige Energie, die durch äußere makroskopische Kräfte auf das TD-System übertragen wird. Diese äußeren Kräfte koppeln an makroskopische Systemparameter. Beispiel: Volumenarbeit eines Gases bei infinitesimaler Volumenveränderung dv = adx Im Gleichgewicht: F = pa wobei F: äußere Kraft V,x: Systemparameter a: Fläche des Kolbens Infinitesimaler Prozess: Veränderung des Kolbens um dx Geleistete Arbeit (F ist der positive Betrag de Kraft, dx ist positiv, wenn x sich vergrößert) δa = Fdx = pdv dv = adx (2) Arbeit wird positiv gezählt, wenn sie am System geleistet wird. Die allgemeine Volumenarbeit bei einem Prozess mit endlicher Veränderung sei A. 1
2 Es gilt: δa ist ein unvollständiges Differential, d. h. es definiert keine Zustandsgröße A(p,V ). Daher die Bezeichnung A. Beweis: Betrachte zwei Wege in der die p-v-ebene, C 1 und C 2, die von Punkt 1 nach Punkt 2 führen. Wir betrachten das Integral: δa = δa δa = V 2 p 1 dv V2 C 1 C 2 C = V 2 p 2 dv (3) (p 1 p 2 )dv = schraffierte Fläche (4) = Arbeit, die das System bei einem Umlauf gewinnt. Da die Arbeit nicht nur vom Anfangs- und dem Enzustand abhängig ist sondern auch von der Prozessführung, nennt man sie auch eine Prozessfunktion. 2
3 3.3 Vollständiges und unvollständiges Differential Gegeben eine thermodynamische Zustandsgröße F(p,V ). Dann ist das Differential df(p,v ) = F(p,V )d p + F(p,V )dv = a(p,v )d p + b(p,v )dv (5) p V ein vollständiges Differential. Wegen 2 p V F(p,V ) = 2 F(p,V ) (6) V p ist Aus dieser Relation folgt V a(p,v ) = b(p,v ). (7) p df(p,v ) = 0. (8) C Das Veschwinden des letzteren Integrals über eine beliebige geschlossene Kurve ist äquivalent zur Aussage, dass df(p,v ) das vollständige Differential eine Zustandsfunktion F(p,V ) ist. Für das unvollständige Differential der Arbeit gilt a(p,v ) = 0 und b(p,v ) = p. Somit ( / p)b(p,v ) = 1 ( / V )a(p,v ). 3.4 Der Begriff der Wärme Die Wärme ist diejenige Energie, die von Außen auf das thermodynamische System übertragen wird, ohne das Arbeit (siehe vorheriges Kapitel) geleistet wird. Ähnlich wie bei der Arbeit definieren wir die, bei einem allgemeinen Prozess übertragene Wärme als Q und die bei einem infinitesimalen Prozess in Gleichgewicht übertragene Wärme δq. Wie im Fall der Arbeit, ist die Wärme kein vollständiges Differential, d. h. δq 0. (9) Ein Beispiel für einen Prozess in dem nur Wärme übertragen wird, hatten wir bereits im ersten Kapitel mit dem Nullten Hauptsatz der Thermodynamik. 3
4 Auf Grund der Temperaturunterschiede muss bei der Zusammenführung der Energie von S 1 nach S II fließen. Diese Energie fließt durch die starre Wand, die aber nicht zulässt, dass irgendwelche Arbeit verrichtet wird (die beteiligten Volumina sind konstant). Nach unserer Definition ist die gesamte von S I nach S II übertragene Energie Wärme. 3.5 Formulierungen des ersten Hauptsatzes Erste Formulierung Wenn ein System von einem Zustand 1 in einen anderen Zustand 2 überführt wird, ist die Summe der zugeführten Wärme Q und der zugeführten Arbeit A unabhängig vom Weg der Veränderung, also allein bestimmt durch die beiden Zustände 1 und 2. Es existiert dem zu Folge eine Zustandsfunktion U, die innere Energie, deren totale Veränderung durch folgende Gleichung gegeben wird: oder infenitesimal U(2) U(1) = Q + A du = δq + δa (10) Aus unseren Definitionen für die innere Energie, Arbeit und Wärme folgt direkt, dass der erste Hauptsatz eine Umformulierung der Energieerhaltung ist. Zweite Formulierung Es gibt kein perpetuum erster Art, d. h. Arbeit kann nicht aus dem Nichts geschaffen werden. Betrachten wir wieder den Kreisprozess in Kap Da Anfangs- und Endzustand identisch sind, muss die innere Energie unverändert bleiben: 4
5 0 = U(1) U(1) = du = δq + δa = Q + A (11) C C A = Q (12) Auf der linken Seite des Zeichens steht die Aussage der ersten Formulierung des 1. Hauptsatzes. Auf der rechten Seite des Zeichens steht die Aussage des ersten Hauptsatzes nach der zweiten Formulierung. (Die von Systemen aufgenommene Wärme ist gleich der geleisteten Arbeit.) 3.6 Energiebilanzen und Wärmekapazitäten bei ausgewählten Prozessen Der isochore quasistatische Prozess Isochor: Volumen konstant Aus dem ersten Hauptsatz folgt wegen dv = 0 δa = 0 (13) δq V = du V (14) Wir definieren daher die Wärmekapazität C V bei konstantem Volumen ( ) ( ) δq du = = C V. dt dt Im Allgemeinen C V = C V (V,T ), jedoch im idealen Gas: V V U = 3 2 nrt, du = 3 NkdT (15) 2 C V = 3 nr (16) 2 Definiere Molwärme C V n = c v = 3 R, (17) 2 für das ideale Gas unabhängig von T und V 5
6 3.6.2 Der isobare quasistatische Prozess isobar: Druck ist gegeben Benutze p und T als unabhängige Variablen mit d p = 0 ( ) U δq p = du p + pdv p = T Wir erhalten C p = dt + p p ( ) ( ) U V + p 5 T p T p 2 nr, ( ) V dt C p dt T p wobei im letzten Schritt der allgemeine Ausdruck für ein ideales Gas ausgerwertet wurde (s. Übungen) Experimentelle Befunde Molare Wärmekapazitäten einiger Gase um 0 o C Stoff c p c V c p c V [J mol 1 K 1 ] He Ar Luft O N H CO N 2 O Aus unseren Berechnungen für das ideale Gas folgt c p c v = R = 8,31Jmol 1 K 1. Nach kinetischer Theorie folgt unter der Annahme, dass wobei f die Anzahl der Freiheitsgrade ist: U = f nrt, (18) 2 6
7 Stoff/Freiheitsgrade f (Trans+Rot) c p c V 1 Atom / 3 (3+0) [J mol 1 K 1 ] 2 Atome / 5 (3+2) Atome / 6 (3+3) Vibrationsfreiheitsgrade sind bei 0 o C quantenmechanisch ausgefroren. Bei zweiatomigen Molekülen kann die durch die interatomare Verbindungsgrade gegebene Drehachse keine Energie aufnehmen Der isotherme quasistatische Prozess Temperatur gegeben Druck als Funktion des Volumens aus thermischer Zustandsgleichung Bsp.: Ideales Gas p = nrt V Der Druck erniedrigt sich bei vergrößertem Volumen. Die am System geleistete Arbeit ist Anwendung auf ideales Gas: V 2 A = dv p(v,t ) = braune Fläche A = nrt V 2 dv V = nrt lnv 2 7
8 Weiterhin δu T = dv ( / V )U(V,T ). Für ideales Gas U = 3 2 nrt ist während des Prozesses konstant Q = A (19) Der adiabatische quasistatische Prozess Aus dem ersten Hauptsatz folgt aus δq = 0 du = pdv (20) Betrachte das ideale Gas mit den unabhängigen Zustandsvariablen V und T (formal du(v, T ) = ( U/ V )dv + ( U/ T )dt C V dt ) Definiere Die Integration der Gleichung bringt: C V dt = nrt V dv (21) dt T = R c v dv V R c v TV γ 1 = const. für gegebenen p oder pv γ = const. für gegebene T = c p c v c v = (γ 1) dv V (22) = c p c v 1 = γ 1 (23) mit γ = c p c v > 1 (24) Wegen γ > 1 sind die Adiabaten im p V Diagramm stets steiler als die Isothermen. Die längs einer Adiabten geleistete Arbeit ergibt sich wie folgt: C V dt = du = pdv A = V 2 pdv = T2 dtc V T 1 (25) = C V (T 2 T 1 ) (26) und hängt nur von der Temperaturdifferenz ab. Die geleistete Arbeit kommt aus der inneren Energie. 8
9 3.6.6 Freie Expansion: Übergang ohne zwischenzeitiges Gleichgewicht i. Experimentelle Realisierung Freie Expansion ins Vakuum: Versuch von Joule und Gay-Lussac T 1 = T 2 = T U 1 = U 2 U = 0 Weiterhin Q = A = 0 ii. Quasistatischer Ersatzprozess Während der freien Expansion wird weder Arbeit noch Energie ausgetauscht, die Zustandsgöße innere Energie ist also konstant. Daher gilt U = U 0 = const.. Aus der kalorischen Zustandsgleichung ergibt sich T = T (V,U = U 0 ), sodass T2 ( ) T T 2 = T 1 + dv T 1 V U Ideales Gas: U = 3 ( ) T 2 nrt = 0, V U sodass T 2 = T 1. Für das ideale Gas ist isotherme Expansion der quasistatische Ersatzpozess 9
10 3.7 Joule-Thompson-Experiment Es handelt sich um einen Übergang ohne zwischenzeitiges Gleichgewicht V l = Volumen auf linker Seite V r = Volumen auf rechter Seite F 1 > F 2 p 1 = F 1 a 1 = const > p 2 = F 2 a 2 = const Zum Anfang ist das Gas vollständig auf der linken Seite mit Volumen V l = und V r = 0 U = U 1, innere Energie im Anfangszustand. Das Gas wird durch das poröse Medium gedrückt. Zum Ende befindet sich das Gas vollständig auf der rechten Seite, V r = V 2 und V l = 0 U = U 2, innere Energie im Endzustand. 1. Hauptsatz: du = δq + δa Im realen Prozess kein Wärmeaustausch, δq = 0. Dann U = U 2 U 1 = A 1 + A 2 Es folgt A 1 = auf der linken Seite hereingesteckte Arbeit 0 = p 1 dv l = p 1 A 2 = auf der rechten Seite hereingesteckte Arbeit V 2 = p 2 dv r = p 2 V
11 U 2 U 1 = p 1 p 2 V 2 H U + pv : Enthalpie, ist Zustandsfunktion H 1 U 1 + p 1 = U 2 + p 2 V 2 H 2 Der quasistatische Ersatzprozess ist daher die sogenannte isenthalpische (bei konstanter Enthalpie) Expansion Für ideales Gas: U = 3 2 nrt pv = nrt H = 5 2 nrt Für ideales Gas ist also auch hier die isotherme Expansion der Ersatzprozess die Tempertur ändert sich beim Joule-Thompson Experiment nicht. Reales Gas: Außer Volumenarbeit muss bei Expansion auf der rechten Seite Volumenarbeit gegen die inneren Kräfte aufgebracht werden Innere Energie sinkt stärker als beim idealen Gas Kühlung technisch (Linde Prozess mit Verfüssigung). 11
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