ihn nur auf einen Stuhl setzen und ermahnen, still sitzen zu bleiben und weg war er. Solange sie ihren flinken Jungen nicht fest an der Hand hielt,
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- Kilian Klein
- vor 6 Jahren
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2 ihn nur auf einen Stuhl setzen und ermahnen, still sitzen zu bleiben und weg war er. Solange sie ihren flinken Jungen nicht fest an der Hand hielt, hatte sie meistens keine Ahnung, wo er sich gerade herumtrieb musste der zweijährige Louie wegen einer Lungenentzündung im Bett bleiben. Er aber büxte aus, kletterte aus dem Kinderzimmerfenster im ersten Stock hinaus ins Freie und sauste nackt die Straße hinunter, mit einem Polizisten auf den Fersen und einer Menschenmenge, die in amüsiertem Erstaunen zuschaute. Kurz danach beschlossen Louise und Anthony auf Anraten eines Kinderarztes, mit ihren Kindern in das wärmere Kalifornien umzuziehen. Der Zug hatte die Central Station gerade verlassen, als Louie
3 hochschoss, durch den gesamten Zug rannte und vom letzten Wagen hinuntersprang. Sein älterer Bruder Pete stand neben seiner völlig aufgelösten Mutter, als der Zug zurückrollte, um den entwischten Jungen wieder aufzulesen. Pete entdeckte Louie, der ihnen ganz entspannt auf den Schienen entgegenschlenderte. Nachdem seine Mutter ihn wieder sicher in die Arme geschlossen hatte, meinte er lächelnd auf Italienisch:»Ich wusste, dass ihr wiederkommt.«in Kalifornien bekam Anthony eine Arbeit als Elektrotechniker bei der Eisenbahn und kaufte ein 20 Ar großes Grundstück am Stadtrand von Torrance, einem Ort mit 1800 Einwohnern. Gemeinsam mit Louise zimmerte er eine Hütte zusammen, die nur aus einem Raum bestand, ohne fließendes Wasser, mit einem Plumpsklo-Verschlag
4 hinter dem Haus und einem Dach, das dermaßen leckte, dass sie auf den Betten Eimer aufstellen mussten. Weil es zum Abschließen des Hauses nur einfache Riegel gab, saß Louise normalerweise mit einem Nudelholz bewaffnet auf einer Apfelkiste an der Vordertür, um eventuellen Herumtreibern, die es wagten, ihre Kinder zu bedrohen, eins überzubraten. Louise schaffte es hier und auch im Haus in der Gramercy Avenue, in das die Familie ein Jahr später umzog, Herumtreiber draußen zu halten, aber es gelang ihr nicht, ihren Sohn Louie zu bändigen. Bei einem Wettrennen auf einer stark befahrenen Autostraße entkam er nur knapp dem Zusammenstoß mit einem klapprigen Lieferwagen. Mit fünf Jahren fing er an zu rauchen: Auf dem Weg zum
5 Kindergarten las er weggeworfene Zigarettenkippen von der Straße auf. Mit dem Alkohol ging es im Alter von acht Jahren los. Louie versteckte sich unter dem Esstisch, stibitzte die Weingläser vom Tisch, trank sie bis auf den letzten Tropfen leer, wankte ins Freie und fiel in einen Rosenstrauch. Der Mutter blieb nichts erspart: Einmal musste sie entdecken, dass ihr Sohn sich das Bein auf einen Bambusstab gespießt hatte; ein andermal musste sie einen Nachbarn bitten, Louie einen abgerissenen Zeh wieder anzunähen. Eines Tages kam er öltriefend nach Hause: Er war auf einen Ölturm geklettert, in den Pumpensumpf gefallen und wäre dabei beinahe ertrunken wäre; erst nach stundenlangem Schrubben mit literweise Terpentin war es Anthony wieder möglich, seinen Sohn zu erkennen.
6 Louie war in seiner Leidenschaft, Grenzen zu sprengen, nicht zu bremsen. Mit den Jahren wurde seine Findigkeit immer bemerkenswerter; bloße Waghalsigkeit war bald nicht mehr prickelnd genug. Und so nahm die Geschichte von Louies Aufstand gegen alles und jeden ihren Lauf. 7 Louie stahl alles, was essbar war. Mit einem Draht zum Schlösserknacken in der Tasche schlich er hinter den Häusern entlang. Hausfrauen brauchten nur kurz ihre Küche zu verlassen, um bei der Rückkehr feststellen zu müssen, dass ihr Mittagessen verschwunden war. Beim Blick aus dem Fenster war es dann durchaus denkbar, dass die Anwohner einen langbeinigen Jungen den Weg hinuntersausen sahen, der einen ganzen
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