Klasse: WG Wirtschafts-Gymnasium an der Kaufmännischen Schule Tauberbischofsheim

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1 Biographische Bezüge zum Prozess Psychoanalyse (Vater-Sohn-Konflikt / Verhältnis zu den Frauen) Verfasser: Isabel Klebes Klasse: WG 12.1 Schule: Wirtschafts-Gymnasium an der Kaufmännischen Schule Tauberbischofsheim Fach: Deutsch Lehrer: OSR. Schenck Abgabetermin: Donnerstag,

2 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 2 von 92 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung Biographische Bezüge zum Prozess Biographischer Aufbau des Prozesses Parallelen zwischen Franz Kafka und Josef K Auffälligkeiten der Namensgebung Die Dienstmädchenthese Frauen Gerichtsparallelen / Gerichtshof im Hotel Darstellung der Moral Die Parallelen im Überblick Psychoanalyse Vater-Sohn-Konflikt Das Leben Hermann Kafkas Die Erziehung durch den Vater Sexuelle Unmündigkeit Physische Differenzen Psychische Differenzen Die familiären Betriebe Heiraten als Konfliktpunkt Die andere Seite Hermann Kafkas Die Schuldfrage im Vater-Sohn-Konflikt Fazit im Vater-Sohn-Konflikt Verhältnis zu den Frauen Die Ehe / Sexualität Gründung einer Familie Die Frauen in Kafkas Leben Kafkas wichtigste Frauenbeziehungen Julie Kafka Ottilie Kafka 80-83

3 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 3 von Eigene Meinung Meinung über Franz Kafka Parallelität: Kafkas Leben Der Prozess Verfassen der Hausarbeit Literaturverzeichnis Selbstständigkeitserklärung 97

4 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 4 von Einleitung Ein solcher Mensch kann nie glücklich werden: Weil, er ist nur glücklich, wenn er schreibt und er schreibt nur, wenn er unglücklich ist, das ist eine Situation, aus der Kafka selten herausgekommen ist. 1 Thomas Anz, Germanist aus Marburg Das Zitat von Thomas Anz sprang mir beim erstmaligen Recherchieren um geeignete Informationsquellen sofort ins Auge. Die Äußerung birgt einen ungewöhnlichen Widerspruch in sich selbst. Lautet doch die zentrale Behauptung des Zitates: Kafka ist nur glücklich, wenn er unglücklich ist. Diese, fast schon provokante, Aussage machte mich sofort neugierig auf die Persönlichkeit Franz Kafkas. Denn wer ist glücklich, wenn er unglücklich ist? Im Vorfeld war mir die Möglichkeit gegeben zwischen der Tragikomödie Der Besuch der alten Dame von Dürrenmatt und dem Roman Der Prozess von Franz Kafka zu wählen. Da ich bereits in Jahrgangsstufe 11 eine Hausarbeit über Kafkas Prozess angefertigt hatte, entschied ich mich ein weiteres Mal, die Herausforderung in der Person Franz Kafka und dessen Werk zu suchen. Die mir zugeteilte Thematik Biographische Bezüge zum Prozess / Psychoanalyse (Vater-Sohn-Konflikt / Verhältnis zu den Frauen) erweckte die Neugier, auf welches ungewohnte Terrain ich mich begeben müsste, um ein psychologisches Profil des Franz Kafka zu erstellen. Schon allein das Wort Psychoanalyse hat für mich einen abschreckenden Beigeschmack, da es für mich nur schwer vorstellbar ist, sich in die Psyche eines Menschen einzuklinken. 1 ID xml ( )

5 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 5 von 92 Eine weitere Herausforderung war der Umstand, dass es sich bei der ersten Hausarbeit um eine Auseinandersetzung mit frei erfundenen Romanfiguren, deren Gefühle und Persönlichkeiten sowie deren Handlungsweisen und Charaktereigenschaften handelten. Nun aber soll diese Aufgabe an einer real existierenden Person stattfinden, deren Gefühlswelt, Denken und Handeln den gesamten Herstellungsprozess mehrerer Romane und Geschichten beeinflussten. Die Aussicht, mich noch intensiver mit der Materie Kafka zu befassen, bereitet mir einerseits Kopfzerbrechen zwecks des anzunehmenden, enormen Zeitaufwandes, andererseits freue ich mich auf diese neue Herausforderung. Diese neue Hausarbeit bedeutet für mich, am bereits Begonnenen anzuknüpfen. Niemand weiß, was in ihm drinsteckt, solange er nicht versucht hat, es herauszufinden. 2 Ernest Hemingway 2 ( )

6 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 6 von Biographische Bezüge zum Prozess Der Zeitpunkt an dem Franz Kafka mit der Niederschrift seines Romans Der Prozess begann, fällt 1914 mit der endgültigen Trennung von Felice Bauer zusammen. Die immer wiederkehrende Frage, ob sich ein biographischer Bezug zum Werk Der Prozess herstellen lasse, kann durch folgende Punkte untermauert werden: 2.1 Biographischer Aufbau des Prozesses Schaut man sich den Aufbau des Werkes Der Prozess an, so fällt auf, dass, obwohl Kafka diesen Roman fragmentweise schuf, sowohl am Anfang als auch am Ende der Hauptcharakter auf sich allein gestellt ist. Diese Tatsache lässt sich zweifelsohne auf Franz Kafka übertragen. Seine Kindheit bestand aus dem Kampf um Liebe und Anerkennung seiner Eltern und er fühlte sich einsam und allein gelassen. Dies änderte sich erst, als sich das Verhältnis zu seiner Schwester Ottla intensivierte. Am Ende seines Lebens hatte er zwar seine Lebensgefährtin Dora Diamant und seinen Freund Klopstock zur Seite, jedoch mit der Frage, ob diese Krankheit als Strafe für eine imaginäre Schuld zu sehen war, blieb Kafka allein. In dieser Lektüre werden die Nebencharaktere, wie beispielsweise Fräulein Bürstner, die Zimmervermieterin Frau Grubach, K. s Kollegen und Titorelli, Kapitel für Kapitel abgehandelt. Einige dieser Darsteller aber tauchen auf und sind über das gesamte Werk hinweg präsent. Dazu zählen der Onkel K. s und der Advokat Huld. Die Parallele zu Kafkas Leben ist hierzu sehr auffallend: Auch bei ihm ist eine gewisse Reihenfolge von Abhandlungen in seinen Frauen- und Liebesbeziehungen erkennbar. Die jungen Mädchen aus seiner Jugendzeit streifen nur kurz seinen Lebenshorizont. Mit einigen anderen, wie Minze Eisner, aber bleibt er über Jahre hinweg in Briefkontakt. Bedeutende Frauen, wie Vgl. Mittelberg, Ekkehart: Franz Kafka - Der Prozeß. Cornelsen, Berlin 2003, S.38 Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008, S.45

7 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 7 von 92 Felice Bauer, Milena Jesenská und Dora Diamant, nehmen jeweils eine Sonderstellung ein. Sie begleiten Kafka jeweils über eine bestimmte, abgegrenzte Lebensperiode. 2.2 Parallelen zwischen Franz Kafka und Josef K. Franz Kafka geht in der Namensgebung soweit, dass er einen Wächter bei seinem eigenen Vornamen nennt. Man könnte annehmen, dass sich Franz Kafka sowohl mit dem Angeklagten Josef K. als auch mit dessen Wächter Franz identifiziert. Kafka geht sogar noch weiter, indem dieser Wächter, der dem Angeklagten unrechtmäßig die Kleidung abnahm und sein Frühstück aß, wegen K.s Beschwerde geprügelt wird. Dies bedeutet indirekt, dass Franz Kafka, der meint, Schuld in Form von sexueller Begierde auf sich geladen zu haben, sich selbst bestraft, indem er in der Person des Wächters Franz verprügelt wird. Er züchtigt sich sozusagen imaginär selbst, indem er sich durch den Prügler bestrafen lässt. Erregte für Franz Kafka der bloße Anblick des Nachthemdes seiner Mutter auf dem Ehebett einen Brechreiz, da die Vorstellung des Geschlechtsaktes seiner Eltern für ihn widerlich erschien, so versuchte er im Prozess, seinen diesbezüglichen Ekel zu verdeutlichen. Um die Verhaftung Josef K.s vermutlich noch tragischer darzustellen, lässt er den Protagonisten im Nachthemd auf seine Wächter treffen. Es schien, als wolle er in dieser Parallele die Dramatik dieser Verhaftung im Nachthemd unterstreichen. Vgl. Kafka, Franz: Der Prozess. Hamburger Leseheft Verlag, Husum 2008, S.6, S.58 Düsseldorf 2007, S.286 Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008, S.45 Vgl. Kafka, Franz: Der Prozess. Hamburger Leseheft Verlag, Husum 2008, S.6, S.57f

8 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 8 von 92 Dem Hauptcharaktere Josef K. überkommt eine Übelkeit, als er die Gerichtskanzleien besichtigt. Die schlechte Luft und die stickige Atmosphäre, vielleicht aber auch die Angst vor dem Unbekannten, zwingt Josef K. regelrecht in die Knie. Seine Anklage bereitete ihm bisher noch wenige Sorgen und er hatte immer noch das Gefühl, alles wende sich zum Guten. Nach diesem Schwächeanfall war er jedoch in Sorge, sein Körper werde ihn im Stich lassen, was ihm wie ein neuer physischer Prozess vorkäme: Wollte etwa sein Körper revolutionieren und ihm einen neuen Prozess bereiten, da er den alten so mühelos ertrug? 3 Was Kafka zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnen konnte, er wurde einige Jahre später schwer lungenkrank. Er hatte seinen Prozess um die vielen Frauenbeziehungen halbwegs gut überstanden und man könnte meinen, das Schicksal hätte ihn später eingeholt und mit dieser schlimmen Krankheit bestraft. Die Gemütsverfassung, in der sich Kafka beim Schreiben befand, spiegelt sich im Inhalt des Werkes wider. Die Zerrissenheit um die Ehe mit Felice ließ Kafka in einem Gefühl der Schuld und der Hilflosigkeit zurück. Beide, Kafka sowie Josef K., können nicht genau definieren, für welches Vergehen sie zu büßen haben. Kafkas gesundheitlicher Allgemeinzustand ist nach der Trennung von Felice sehr angeschlagen und er glaubt an die Bestrafung durch eine höhere Macht für seine Verfehlungen. Josef K. versichert immer wieder, sich keiner Schuld bewusst zu sein, es ist jedoch anzunehmen, dass er sich sehr wohl seiner begangenen Fehler im Klaren ist. Wie sehr Franz Kafka sein Leben und seine Lebensumstände in seinen Werken verarbeitet, lässt sich am Umstand seiner ersten Verlobung mit Felice Bauer 3 Vgl. Kafka, Franz: Der Prozess. Hamburger Leseheft Verlag, Husum 2008, Z.7ff, S.58 p%3fid%3d5894+entlobung+felice+bauer+31&cd=1&hl=de&ct=clnk&gl=de ( ) Kafka, Franz: Der Prozess. Hamburger Leseheft Verlag, Husum 2008, S.10, S.15, S.162 Düsseldorf 2007, S.63, S.150, S.193

9 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 9 von 92 erkennen. Diese fand an seinem 30. Geburtstag statt. In seinem Roman Der Prozess erfolgt die Verhaftung des Josef K. an dessen 30. Geburtstag. Hier wird die Verlobung sozusagen mit einer Verhaftung gleichgesetzt. In beiden Fällen kann sich der Verhaftete noch frei bewegen. Kafka ist sinnbildlich an Felice Bauer gekettet und Josef K. ist zwar verhaftet, kann aber trotzdem noch zur Arbeit gehen. Franz Kafka und Josef K. sind also freie Gefangene. Eine ähnliche Gemeinsamkeit weist der Vortag des 31. Geburtstages beider Männer auf. Kafka löste an diesem Tag die Verlobung mit Felice Bauer, während Josef K. am Vorabend seines Geburtstages zu seiner Hinrichtung geführt wurde. Die berufliche Stellung der beiden Protagonisten weist weitere Parallelen auf. Während Kafka die Stelle eines hoch angesehenen und kompetenten Angestellten der Arbeiter-Unfall-Versicherungs-Anstalt für das Königreich Böhmen 4 bekleidet und von seinen Kollegen hoch geachtet wird, ist Josef K. als erster Prokurist einer großen Bank 5 angestellt. Auch er genießt großes Ansehen in der Firma. Waren sich Franz Kafka und Josef K. in ihrer Arbeitsmoral stets einig, indem sie ihre Arbeit immer korrekt und verantwortungsbewusst erledigten, sollte sich dies bei Beiden grundlegend ändern. Nachdem sich Kafka entschlossen hatte, eine Art Abrechnung mit seinem Vater anhand eines Briefes zu verfassen, scheute er nicht davor zurück, sich für diesen Zweck für zwei Wochen beurlauben zu lassen. In einer ähnlichen Situation befindet sich Josef K., als er sich Gedanken über seine geplante Eingabe bei Gericht macht. Falls die Nächte für die Ausarbeitung dieser Eingabe nicht ausreichen würden, zieht er in Erwägung, einen Urlaub dafür in Anspruch zu 4 5 Vgl. Düsseldorf 2007, S.62, Z.19f Kafka, Franz: Der Prozess. Hamburger Leseheft Verlag, Husum 2008, S.33, Z.22 Kafka, Franz: Der Prozess. Hamburger Leseheft Verlag, Husum 2008, S.27, S.91 Düsseldorf 2007, S.194, S.196, S.295f Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008, S.336, S.586

10 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 10 von 92 nehmen. Beide sind entschlossen für ihr Hauptanliegen, das ihnen im Moment als das Wichtigste erscheint, ihre Arbeit zu unterbrechen oder zu vernachlässigen. Immer wieder fließen Situationen und Vorlieben, oder wie folgend Ablehnungen, aus dem täglichen Leben Kafkas in die Handlungen des Prozesses ein. Es ist bekannt, dass Kafka eine starke Ablehnung gegenüber Telefonen hegte. Um die Tragik der Verhaftung Josef K.s zu unterstreichen, lässt Kafka gerade deswegen die Vorladung zur ersten Untersuchung telefonisch erfolgen. Einen Einblick in die Gefühlswelt Kafkas zur Zeit des Tribunals im Askanischen Hof, der mit der Entlobung mit Felice endete, erhält der Leser durch den Todesschrei Josef K.s: Wie ein Hund!, sagte er, es war, als sollte die Scham ihn überleben 6. Josef K. befiel am Ende seines Lebens die Angst, er sterbe, seine Verfehlungen bestünden aber weiterhin. Das imaginäre Gericht sowie dessen höhere Angestellte wussten von seiner Schuld und selbst nach seinem Tod wäre sein Ruf beschmutzt. Aus diesem Grund wählte Kafka die Metapher zu einem Hund, dessen Leben in den Augen vieler Menschen nur von geringem Wert ist. Josef K. schämt sich anscheinend zutiefst für sein Vergehen. In dieser Feststellung liegt eine weitere Gemeinsamkeit der beiden Protagonisten. Indem er von Dora Diamant und Max Brod verlangte, sie sollten all seine Niederschriften und Korrespondenzen nach seinem Tod vernichten, liegt die Vermutung nahe, dass er für sein Schreiben Scham empfand. Niemand sollte von seinen Gedanken und intimen Gefühlen Einblick erhalten und darüber eventuell urteilen. Nur so sah er vermutlich seinen Ruf gewahrt. Vgl. 6 Düsseldorf 2007, S.196, S.295f Kafka, Franz: Der Prozess. Hamburger Leseheft Verlag, Husum 2008, S.166, Z.29f

11 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 11 von 92 Immer wieder tauchen im Leben Kafkas Situationen auf, die er augenscheinlich in seinem Werk Der Prozess miteinbezieht. So geht man davon aus, dass er von Reisenotizen, die er über den Mailänder Dom anfertigte, inspiriert wurde, um den Dom im Prozess zu beschreiben. Eine ganz besondere Situation, die die Parallelität zwischen Werk und realem Schriftstellerleben auf spezielle Weise heraushebt, ist für den Leser auf den ersten Blick nicht erkennbar. Erst bei genaueren Recherchen stößt man auf einen Textausschnitt aus dem Prozess, dessen Streichung Franz Kafka selbst vorgenommen hatte: Vor dem Hause ging ein Soldat mit dem regelmäßigen und starken Schritt eines Wachtpostens auf und ab. Nun stand also auch eine Wache vor dem Haus. K. mußte sich weit vorbeugen, um den Soldaten zu sehen, denn er ging nahe an der Häusermauer. >Hallo<, rief er ihm zu, aber nicht so laut, daß es dieser hätte hören können. Es zeigte sich übrigens bald, daß der Soldat nur auf ein Dienstmädchen wartete, die in das gegenüberliegende Gasthaus um Bier gegangen war und jetzt in der lichterfüllten Tür erschien. K. legte sich die Frage vor, ob er auch nur flüchtig geglaubt habe, daß der Wachtposten für ihn bestimmt sei; er konnte die Frage nicht beantworten. 7 Dem gegenüber steht ein Briefausschnitt an Milena vom 9. August 1920, in dem er ihr von seiner ersten sexuellen Begegnung erzählt: Ich erinnere mich an die erste Nacht. Wir wohnten damals in der Zeltnergasse, gegenüber war ein Konfektionsgeschäft, in der Tür stand immer ein Ladenmädchen, oben wanderte ich, etwas über 20 Jahre alt, unaufhörlich im Zimmer auf und ab mit dem nervenspannenden Einlernen für mich sinnloser Dinge zur ersten Staatsprüfung Vgl. Pawel, Ernst: Das Leben Franz Kafkas. Carl Hanser Verlag, Regensburg 1986, S.266 Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008, S eines+wachtpostens#v=onepage&q=schritt%20eines%20wachtpostens&f=fal se ( )

12 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 12 von 92 beschäftigt. Es war im Sommer, sehr heiß, diese Zeit wohl, es war ganz unerträglich, beim Fenster blieb ich, die widerliche römische Rechtsgeschichte zwischen den Zähnen, immer stehn, schließlich verständigten wir uns durch Zeichen. 8 Das Ladenmädchen, mit dem Franz Kafka in Prag zwei Nächte in einem Hotel verbrachte, gleicht dem Dienstmädchen in der herausgestrichenen Romantextstelle. Josef K. und Franz Kafka sind in der gleichen Situation, als sie sich in ihren Zimmern befinden und durch das Fenster das gegenüberliegende Gasthaus beziehungsweise Konfektionsgeschäft beobachten. Stellt man nun folgende Hypothese auf, dass Franz Kafka um 18 Uhr per Handzeichen das Rendezvous mit dem Ladenmädchen auf 20 Uhr arrangierte, so kann man darauf schließen, dass der Blickwinkel von Josef K. aus dem Fenster erst zu dieser arrangierten Zeit stattfand. Das heißt, er sah die Situation >Warten Kafkas auf das Ladenmädchen<. Einerseits ist Franz Kafka mit dem wartenden Soldaten identisch, andererseits lässt er sich aber auch mit Josef K. identifizieren. Dass Franz Kafka die oben genannte Passage aus seinem Werk herausstrich, lässt darauf schließen, dass ihm die Parallelität zu seinem Leben zu offensichtlich war. Es ist anzunehmen, dass diese Textstelle den Versuch darstellte, sein Erstes Mal, das er als schmutzige Angelegenheit in Erinnerung behalten hatte, im Schreiben verarbeiten wollte. 8 Vgl. ( ) Schritt+eines+Wachtpostens#v=onepage&q=Schritt%20eines%20Wachtposte ns&f=false ( ) ( )

13 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 13 von Auffälligkeiten der Namensgebung In seinem Werk, herausgegeben vom Hamburger Lesehefte Verlag, wird auf Seite 63 der Onkel K.s als Onkel Karl betitelt. Wie nah er sich beim Schreiben in seiner realen Welt befunden haben muss, zeigt der Umstand, dass auf den Seiten 70 sowie 74 der Name des Onkels plötzlich Albert lautet. Hier ist geradewegs ein Bezug zu seinem Onkel aus Madrid erkennbar, der ebenfalls den Namen Albert trägt. Dieser besagte Onkel Albert wird um Rat und finanzielle Unterstützung bei den Problemen um die Prager Asbestwerke gebeten. In K.s Fall wird dieser Onkel Karl/Albert von seiner Tochter Erna auf K.s Prozess hingewiesen und aufgefordert ihm zu helfen. Ebenso erscheint der Name Karl in Kafkas privatem Leben, nämlich als Ehemann seiner Schwester Elli. Es ist daher nur zu verständlich anzunehmen, dass Kafka irgendwann den Überblick über die Namen seiner Charaktere, seiner Verwandtschaft und Bekanntschaft verlor. Überdies ist auffällig, dass Kafka viele Namen seiner Charaktere aus dem familiären oder bekanntschaftlichen Umfeld wählte. Hierzu zählt beispielsweise der Vorname Erna, auf dessen Ruf Felice Bauers Schwester hört, andererseits verwendet Kafka ihn als Name für die Cousine seines Hauptcharakteres K.. Zu dieser Namensgleichheit zählt auch Elsa, womit die Frau seines besten Freundes Max Brod gemeint ist, sowie Josef K.s Geliebte, die er in einem Weinlokal kennengelernt hatte. Die wichtigste Übereinstimmung ist sicherlich die Gleichheit der Initialen F. B. von Felice Bauer und Fräulein Bürstner. Zudem üben beide den Beruf der Schreibmaschinistin aus. Ob Franz Kafka diese Gemeinsamkeiten zwischen literarischem Schreiben und seiner realen Welt bewusst oder unbewusst wählte, lässt Vgl. Kafka, Franz: Der Prozess. Hamburger Leseheft Verlag, Husum 2008, S.64f, S.77 Düsseldorf 2007, S.14 Stach, Rainer: Kafka - Die Jahre der Entscheidungen. S. Fischer Verlag, Nördlingen 2008, S.97, S.130

14 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 14 von 92 sich jedoch nur erahnen. Die Vermutung des bewussten Einbringens seiner Lebensumstände kann jedoch nicht von der Hand gewiesen werden. 2.4 Die Dienstmädchenthese Bei der Suche nach einem biographischen Hintergrund stößt man des Öfteren auf die Dienstmädchenthese. Dieser These zufolge war die 21-jährige Anna Pouzarová vom Spätjahr 1902 bis Spätjahr 1903 Dienstmädchen bei der Familie Kafka in Prag. Als Dienstmädchen bezeichnete man damals alle Beschäftigten, die als Köchinnen, Küchengehilfinnen, Gouvernanten und Stubenmädchen angestellt waren. Franz Kafka war zu diesem Zeitpunkt bereits 19 Jahre alt. Aufgrund des geringen Altersunterschiedes wäre es nicht abwegig zu behaupten, dass sich durch diese erotische Nähe eine Dienstmädchenliebe entwickelt hätte. Nur so lässt es sich erklären, dass in einigen seiner Werke, wie beispielsweise Der Prozess, Der Verschollene, Die Verwandlung und Das Schloss, jeweils ein Dienstmädchen namens Anna 9 oder Johanna eine entscheidende und tragende Rolle spielt. Im Roman Der Prozess wird nach dem imaginativen Grund für die Verhaftung des Josef K. gesucht, dabei könnte es angehen, dass Franz Kafka die Antwort bereits im zweiten Satz preisgibt, der lautet: Die Köchin der Frau Grubach, seiner Zimmervermieterin, die ihm jeden Tag gegen acht Uhr früh das Frühstück brachte, kam diesmal nicht. 10 Statt der erwarteten Köchin, oder wie später bezeichnet, das Dienstmädchen, betreten zwei Wächter das Zimmer und verhaften den im Bett wartenden Josef K.. Der Tatbestand, dass dieses Dienstmädchen ihm jeden Morgen das Frühstück ans Bett brachte und dadurch eventuell eine erotische Beziehung zu Vgl Kafka, Franz: Der Prozess. Hamburger Leseheft Verlag, Husum 2008, S.64f, S.77 Düsseldorf 2007, S.14 Stach, Rainer: Kafka - Die Jahre der Entscheidungen. S. Fischer Verlag, Nördlingen 2008, S.97, S.130 Kafka, Franz: Der Prozess. Hamburger Leseheft Verlag, Husum 2008, S.5, Z.24 Kafka, Franz: Der Prozess. Hamburger Leseheft Verlag, Husum 2008, S.5, Z.2ff

15 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 15 von 92 ihm aufbaute, könnte der Grund sein, warum Josef K. der Prozess gemacht wurde. Ein Indiz dafür könnte sein, dass die Verhaftung zur gleichen Zeit und in dem Raum stattfand, indem auch das Vergehen stattgefunden hatte. Dass sich durch seine Werke die Charaktere eines Dienstmädchens wie ein roter Faden ziehen, lässt die Interpretation zu, dass Kafka selbst von der erotischen Anziehung dieses Mädchens beeinflusst war. Was auch immer damals im Hause Kafka vorgefallen war, es trug dazu bei, die Schuldgefühle Franz, der geprägt durch das Sexualleben seiner Eltern Sex als ekelhaft und schmutzig ansah, anwachsen zu lassen. Dass ihn dieses Thema offensichtlich weiterhin beschäftigte, lässt sich daran erkennen, dass er Felice Bauer beim Kennenlernen als Dienstmädchen 11 wahrnahm. Vielleicht war es Franz Kafka selbst nicht bewusst, dass er noch Jahre später einen Vergleich zwischen Anna und Felice Bauer aufstellte. Nebenbei erwähnt hieß Felices Mutter, zu der sie eine sehr enge Bindung pflegte, ebenfalls Anna. 2.5 Frauen Das Thema Frauen nimmt sowohl im Leben Franz Kafkas als auch bei Josef K. eine wichtige Rolle ein. Auf der Suche nach Unterstützung und Halt ist auffällig, dass Kafka oft Hilfe bei Frauen suchte. Sei es bei seiner Schwester Ottla, die sich immer wieder aufopferungsvoll um ihn kümmerte, oder bei Grete Bloch, welche bei der Verbindung zu Felice Bauer intervenieren sollte. Kafkas Hauptcharaktere im Vgl. ( ) Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Entscheidungen. S. Fischer Verlag, Nördlingen 2008, S Düsseldorf 2007, S.102, Z.32 Vgl. ( ) Kafka, Franz: Der Prozess. Hamburger Leseheft Verlag, Husum 2008, S.154 Düsseldorf 2007, S.161, S.168 Pawel, Ernst: Das Leben Franz Kafkas. Carl Hanser Verlag, Regensburg 1986, S.409 Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Entscheidungen. S. Fischer Verlag, Nördlingen 2008, S.111

16 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 16 von 92 Prozess, Josef K., sucht in seiner Zwangslage als Angeklagter ebenfalls Hilfe bei Frauen, wie beispielsweise bei Leni, die ihm nahelegt, ein Geständnis abzulegen, Fräulein Bürstner und der Frau des Gerichtsdieners. Josef K. ist der Meinung, Frauen [hätten] eine große Macht 12. Im Kapitel Im Dom beschreibt Franz Kafka eine Situation, in der Josef K. auf einen Geistlichen stößt, der ihm Folgendes mitteilt: Du suchst zu viel fremde Hilfe [ ] und besonders bei Frauen. Merkst du denn nicht, dass es nicht die wahre Hilfe ist. 13. Im Nachhinein musste Josef K. tatsächlich einsehen, dass durch diese Frauen keinerlei Vorteile in Bezug auf seinen Prozess eingetreten waren. Ebenso ähnlich verhielt es sich im Fall Franz Kafka mit Grete Bloch. War er anfangs noch der Meinung, dass diese in der schwierigen Beziehung zu Felice vermitteln könne, war gerade sie es, die für den Prozess im Askanischen Hof verantwortlich zeichnete. In beiden Fällen wurden die Erwartungen der Hilfesuchenden nicht erfüllt. Einige Frauencharaktere, wie beispielsweise Leni und die Frau des Gerichtsdieners, werden im Prozess als sexuelle Objekte dargestellt. In Kafkas realem Leben war diese Bezeichnung auch bei Frauen, welche im Rotlichtmilieu tätig waren, üblich. In beiden Fällen galt das Aufsuchen solcher Frauen nicht als Störfaktor für die Gesellschaft. Vgl. Kafka, Franz: Der Prozess. Hamburger Leseheft Verlag, Husum 2008, S.77 Düsseldorf 2007, S.178f Pawel, Ernst: Das Leben Franz Kafkas. Carl Hanser Verlag, Regensburg 1986, S Kafka, Franz: Der Prozess. Hamburger Leseheft Verlag, Husum 2008, S.154, Z.19f 13 Kafka, Franz: Der Prozess. Hamburger Leseheft Verlag, Husum 2008, S.154, Z.16ff

17 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 17 von Gerichtsparallelen / Gerichtshof im Hotel Gerichtsparallelen Ab 1902 übernahm Professor Hans Groß die Vorlesungen für Strafrecht und Rechtsphilosophie an der Prager Universität. In seinen Seminaren, die Kafka während seines Jurastudiums besuchte, erzählte Groß von der Arbeit als Kriminologe, die er Jahre zuvor in Graz ausübte. Er war der Meinung, nicht die Tat an sich sei der wichtigste Umstand bei der Aufklärung eines Falles, sondern der Täter selbst. Hier fällt eindeutig der Zusammenhang zu dem Angeklagten Josef K. in Kafkas Prozess auf. In diesem Werk steht zweifelsohne die Person Josef K. im Vordergrund und nicht die imaginäre Schuld. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Informationen, die Kafka durch den Juradozenten Groß erhielt, in seinen Roman Der Prozess mit einflossen. Die eigene Arbeitswelt und die negativen Erfahrungen, die er in seinem eigenen Amt und anderen Behörden sammelte, beeinflussten ihn im Gestalten des Romans Der Prozess. Kafka begegnen in seinem Büroalltag viele Arbeiter, denen Unrecht geschah und die um Hilfe baten. Die Bürokratie jedoch verschlingt im Allgemeinen viel Zeit und auch in seiner Firma war dies der Fall: Akten über Akten. Als Josef K. die Gerichtskanzleien inspiziert, begegnet auch er jener Bürokratie, die jedoch auf keinerlei realer Geschäfts- oder Gerichtswelt basiert. Hier trifft er auf dem Gang viele wartende Angeklagte, die sich in der gleichen Situation befanden wie er. Josef K. befindet sich mit ihnen im gleichen Labyrinth der Undurchschaubarkeit dieses imaginären Gerichtes. Bei der Beschreibung der Gerichtskanzleien und der gesamten Gerichtswelt im Prozess standen vermutlich die Wohnungen der Familie Kafka Pate. Sie werden als düstere, gespenstige Aufenthaltsorte mit feuchten, verschimmelten Wänden Vgl. Kafka, Franz: Der Prozess. Hamburger Leseheft Verlag, Husum 2008, S.49ff Düsseldorf 2007, S.18, S.64 Pawel, Ernst: Das Leben Franz Kafkas. Carl Hanser Verlag, Regensburg 1986, S.140f

18 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 18 von 92 beschrieben. Die dunklen Flure und der Kohlegeruch der Heizöfen blieben Kafka sicherlich ein Leben lang in Erinnerung. Diese Eindrücke übernahm er bei der Beschreibung des Gerichtes und dessen Räume in seinem Roman. Sobald Kafka an ungelüftete und modrige Zimmer denkt, zwingt sich ein negatives Erlebnisbild der elterlichen Wohnung auf. Diese negative Empfindung assoziiert er mit dem Gerichtsdachboden, der, da es dort keine Fenster, lediglich Dachluken, gab, so schlecht belüftet war, dass es Josef K. sogar übel wurde. Gerichtshof im Hotel Mit der Absicht einen Urlaub mit Felice und Grete in Gleschendorf an der Kieler Bucht zu verbringen, fuhr Franz Kafka am 11. Juli 1914 nach Berlin. Am nächsten Tag war ein Zusammentreffen mit Felice im Askanischen Hof geplant, der jedoch in einem regelrechten Anklageplädoyer seitens seiner Verlobten gipfelte. Bei diesem Gerichtstermin erschienen zudem Felices Schwester Erna und Grete Bloch, die dem Angeklagten Franz Kafka wie in einem wirklichen Gerichtssaal gegenübersaßen. Ihm selbst stellte man seinen Freund Ernst Weiß als Verteidiger zur Seite, der diese Aufgabe jedoch nur halbherzig wahrnahm, da er der Beziehung der Beiden von Anfang an skeptisch gegenüberstand. Felices Freundin Grete Bloch, die eigentlich in der festgefahrenen Beziehung zwischen Kafka und Felice eine vermittelnde Rolle einnehmen sollte, hatte von Kafka zahlreiche Briefe erhalten. In diesen hatte er sich zweifelnd über die Ehe mit Felice geäußert und Grete war sich nun nicht mehr sicher, ob Kafka der richtige Ehemann für ihre Freundin wäre. Felice, welche die Briefe mit den vermeintlichen Zweifeln über die Ehe von Grete erhielt, las aus diesen bei dem Gerichtstermin vor. Kafka war so geschockt und ließ die Anklage stumm über sich ergehen. Er war nicht in der Lage, sich in irgendeiner Vgl. Kafka, Franz: Der Prozess. Hamburger Leseheft Verlag, Husum 2008, S.54 Düsseldorf 2007, S.179f, S.194 Pawel, Ernst: Das Leben Franz Kafkas. Carl Hanser Verlag, Regensburg 1986, S.18, S.350ff

19 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 19 von 92 Form zu verteidigen, da ihm nicht bewusst war, welches Vergehen er in brieflicher Form begangen haben sollte. Die gemeinsamen Wurzeln zu Josef K.s Prozess sind sofort erkennbar. Auch er ist angeklagt, ist sich jedoch keiner Schuld bewusst. Der Advokat Huld, der ihm bei seiner Verteidigung behilflich sein sollte, ist nicht wirklich eine Hilfe, da das Verfahren in K.s Augen eher stagniert als vorankommt. Somit lässt sich erkennen, dass sich Huld als Verteidiger ähnlich wie Ernst Weiß in Kafkas Anklage verhält, da beide keine wirkliche Verbesserung der Lage erreichen. Der viel zitierte erste Satz des Romans Der Prozess Jemand mußte Josef K. verleumdet haben, denn ohne daß er etwas Bösen getan hätte, wurde er eines Morgens verhaftet. 14 lässt gleichsam eine Gemeinsamkeit aufzeigen: Ist in diesem wichtigen Literaturroman der Angeklagte Josef K. von einer unbekannten Person oder gar Institution verleumdet worden, so wurde der Schriftsteller Franz Kafka von Grete Bloch in Form des Aushändigens der Briefe an Felice Bauer angeschwärzt. Die Verleumdung erfolgte sozusagen durch Grete Bloch. Beide wurden für ein Vergehen verleumdet, das sie nicht wirklich als Schuld ansahen. Dass Kafka nach dem Dilemma im Askanischen Hof eine Art Hass auf Felice verspürte, ist nachvollziehbar. Dieser Hass schlägt sich auf den Text von Der Prozess nieder. Felice Bauer wusste nicht, dass Kafka zu dieser Zeit mit dem Schreiben dieses Werkes beschäftigt war und dieser legte ihr auch kein Manuskript zum Lesen vor, wie er es mit anderen Werken getan hatte. Sicherlich wäre sie Vgl. 14 Kafka, Franz: Der Prozess. Hamburger Leseheft Verlag, Husum 2008, S.90, S.153f Düsseldorf 2007, S.179f, S.194 Pawel, Ernst: Das Leben Franz Kafkas. Carl Hanser Verlag, Regensburg 1986, S.350ff Kafka, Franz: Der Prozess. Hamburger Leseheft Verlag, Husum 2008, S.5, Z.1f

20 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 20 von 92 darüber erschrocken gewesen, mit welcher Kälte sie selbst [ ] hier porträtiert war [] Darstellung der Moral Liest man sich in die Biographien Franz Kafkas ein, insbesondere in den Brief an den Vater, fällt eine Textstelle ins Auge, welche sofort an eine Begebenheit im Prozess erinnert. Hierbei handelt es sich um die Situation, in welcher Hermann Kafka seinem Sohn vorwirft, nur aufgrund sexueller Gier eine Heirat mit Julie Wohryzek anzustreben: Sie hat wahrscheinlich irgendeine ausgesuchte Bluse angezogen, wie das die Prager Jüdinnen verstehn und daraufhin hast Du Dich natürlich entschlossen sie zu heiraten. Undzwar möglichst rasch, in einer Woche, morgen, heute. Ich begreife Dich nicht, Du bist doch ein erwachsener Mensch, bist in der Stadt, und weisst Dir keinen andern Rat, als gleich eine Beliebige zu heiraten. Gibt es da keine anderen Möglichkeiten? Wenn Du Dich davor fürchtest, werde ich selbst mit Dir hingehen. 16. Die ausgesuchte Bluse wird in diesem Fall mit käuflicher Liebe gleichgesetzt. Eine Übereinstimmung mit dem Roman Der Prozess erfolgt in dem Kapitel Verhaftung, als sich Josef K. mit den Wächtern in Fräulein Bürstners Zimmer befindet. In dieser Szene hängt eine weiße Bluse [an der Klinke des offenen Fensters] 17. Hier wird augenscheinlich der Bezug zwischen Fräulein Bürstner als Prostituierte angedeutet. Die Farbe Weiß gilt schlechthin als Symbol der Unschuld. Das geöffnete Fenster jedoch stellt die Unbeständigkeit dieser besagten Unschuld dar. Zu jeder Zeit wäre der Unschuld die Möglichkeit gegeben, durch das geöffnete Fenster zu entfliehen. 15 Stach, Rainer: Kafka - Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008, S.23, Z.9f 16 Stach, Rainer: Kafka - Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008, S.304, Z.1ff 17 Kafka, Franz: Der Prozess. Hamburger Leseheft Verlag, Husum 2008, S.11, Z.43 Vgl. ( )

21 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 21 von Die Parallelen im Überblick Josef K. Deutliche zeitliche Abgrenzung der Frauenbeziehungen Roman fragmentweisedeutliche Abgrenzung von Nebencharakteren Kapitel für Kapitel Franz Kafka Wächter Franz / Josef K. Ekel beim Anblick des mütterlichen Nachthemdes Tuberkulose als Strafe? Keiner Schuld bewusst 30. Geburtstag: Verlobung mit Felice Bauer Vortag des 31. Geburtstages: Entlobung mit Felice Bauer Hoch angesehener Angestellter einer Versicherungsanstalt Beruf: verantwortungsbewusst später: Literatur wichtiger Ablehnung gegen Telefon Scham vor Veröffentlichung seiner Niederschriften Reisenotiz: Mailänder Dom Blick aus dem Fenster: Verabredung Ladenmädchen Madrider Onkel Albert Verhaftung im Nachthemd Übelkeit bei Besuch in den Gerichtskanzleien Prozess? Keiner Schuld bewusst 30. Geburtstag: Verhaftung Josef K. Vorabend des 31. Geburtstages: Hinrichtung Josef K.s Erster Prokurist einer großen Bank Beruf: verantwortungsbewusst später: Eingabe wichtiger Vorladung Josef K. erfolgt telefonisch Scham vor seinem Vergehen (?) Kapitel: Im Dom Blick aus dem Fenster: Treffen zwischen Soldat & Dienstmädchen Onkel Albert Ellis Ehemann Karl Felices Schwester: Erna Frau von Max Brod: Elsa F.B. Felice Bauer Schreibmaschinistin Onkel Karl K.s Cousine : Erna K.s Geliebte: Elsa F.B. Fräulein Bürstner Schreibmaschinistin Vgl. ( )

22 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 22 von 92 Kafkas Dienstmädchen: Anna Pouzarová / Felices Mutter: Anna Unterstützung und Halt bei Frauen Hintergrundwissen über Prozesse von Prof. Hans Groß Bürokratie im eigenen Amt und anderen Behörden Gespenstische Wohnung der Familie Kafka Gericht im Askanischen Hof : Ernst Weiß als halbherziger Verteidiger Keine eigene Verteidigung Keiner Schuld bewusst Verleumdung: Grete Bloch Vater setzt Bluse mit Prostitution gleich Dienstmädchen: Anna Hilfe bei Frauen Verwendung der Hintergrundinformationen Josef K. ist Opfer der Bürokratie im Gericht Gespenstische Gerichtsräume Gericht auf den Dachböden: Huld als halbherziger Verteidiger Keine eigene Verteidigung (anfangs) Keiner Schuld bewusst Verleumdung: unbekannt Bluse in Fräulein Bürstners Zimmer Prostituierte? Vgl. ( )

23 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 23 von Psychoanalyse 3.1 Vater - Sohn - Konflikt Befasst man sich mit dem großen Literat Franz Kafka, stößt man unweigerlich auf den Beziehungskonflikt zwischen Vater und Sohn. Ein Phänomen, das sich damals wie heute in jeder Familie ereignen könnte. In diesem Fall wurde es jedoch in hohem Maße in die Öffentlichkeit gezerrt. Jahre später sollten sich Experten, Schriftgelehrten und ganze Berufssparten von Wissenschaftlern mit diesem Konflikt auseinandersetzen. Um dieses Verhältnis nachvollziehen zu können, ist es unumgänglich, bis in die tiefsten Wurzeln dieser Beziehung vorzustoßen. Als eine Art Abrechnung mit seinem Vater, verfasste Franz Kafka 1919 den etwa hundertseitigen Brief an den Vater, der jedoch nie beim Adressaten, beim eigentlichen Angeklagten, eintraf und wahrscheinlich nie von ihm gelesen wurde. Auslöser für diesen berühmten Brief war die schlechte Meinung des Vaters über Julie, Franz damaliger Verlobten und die ständigen Auseinandersetzungen der Eltern und Ottla zwecks der beabsichtigten Eheschließung mit einem Nichtjuden. Ebenso ein Grund für diesen lang andauernden Vater-Sohn-Konflikt war das Gefühl des Verlassenseins aufgrund des Verhaltens der Mutter. Kafka sah seinen Vater als Rivalen an, für dessen Zuneigung sich die Mutter seiner Meinung nach entschieden hatte. Sinngemäß stand sie immer zwischen Vater und Sohn. Indirekt warf Franz ihr vor, ihn zwar geliebt, aber sich nie endgültig auf seine Seite gestellt zu haben. Sie war zu sehr damit beschäftigt, im familiären wie im geschäftlichen Sinn, ihrem Mann zu dienen. Einerseits tat sie alles für ihre Kinder Vgl. Düsseldorf 2007, S.236 Pawel, Ernst: Das Leben Franz Kafkas. Carl Hanser Verlag, Regensburg 1986, S.96f, S.434 Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008, S.71, S.332, S.336ff

24 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 24 von 92 und liebte sie, aber andererseits stellte sie sich auf die Seite ihres Ehemannes und schürte somit das Gefühl der Kinder, sie hätte sie im Stich gelassen. Diese ödipale Dreiecksbeziehung sollte Kafka für immer prägen. Dass Franz Kafka den Brief an den Vater jedoch nie an den Vater selbst, sondern immer anderen Personen, wie Ottla, Milena und der Mutter zu lesen gab, verwundert doch sehr. Manche Analytiker gehen sogar so weit, zu behaupten, dass, indem er den Brief seiner Mutter gab, bereits die richtige Person dieses Schreiben erhielt. Sie sollte wissen und begreifen, was sein Vater, ihr Ehemann, ihm angetan hatte. Seine Mutter hatte den Brief vermutlich aus Sorge um die Gesundheit ihres Mannes nicht weitergeleitet, da sie sich der Folgen, die die gesamte Familie betroffen hätte, durchaus bewusst war. Wie immer hätte sich Hermann Kafka an sein krankes Herz gefasst und wäre damit der gesamten heraufbeschworenen Situation aus dem Weg gegangen. Für Franz Kafka war das Verfassen dieses Briefes so enorm wichtig, dass er sich dafür zwei Wochen Urlaub nahm. Manche Experten behaupten sogar, dass man hier nicht vom Brief an den Vater, sondern vom Brief gegen den Vater sprechen könnte. Im überzogenen Sinn denkt man bei der Wortwahl Brief an eine Korrespondenz, die eine Antwort verlangt. Ob dies überhaupt im Sinne Franz Kafkas war, bleibt unbeantwortet. Der Wunsch, seine Kindheit und das Verhältnis zu seinem Vater zu verarbeiten, stand vermutlich mit dem Verfassen dieses Schreibens im Vordergrund. Vgl. Düsseldorf 2007, S.236 Pawel, Ernst: Das Leben Franz Kafkas. Carl Hanser Verlag, Regensburg 1986, S.96f, S.434 Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008, S.71, S.332, S.336ff

25 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 25 von Das Leben Hermann Kafkas Hermann Kafka wurde im Jahr 1852 als Sohn eines Fleischhauers in Wossek, Südböhmen, geboren. Dort verlebte er eine schwere Kindheit und wuchs unter ärmlichen Bedingungen auf. Hunger war für ihn und seine fünf Geschwister ein ständiger Begleiter. Von klein auf mussten alle Geschwister, um das Überleben der Familie zu sichern, hart mitarbeiten. Mit 14 Jahren verlässt Hermann sein Zuhause, um als Hausierer oder als Helfer in einem Geschäft in Pisek selbst für seinen Lebensunterhalt zu sorgen. Als 20-Jähriger trat er in den Militärdienst ein, wo er bis zum Zugführer aufstieg. Sein Patriotismus gegenüber der Monarchie Österreichs stellte er beim Singen alter Soldatenlieder unter Beweis. Echte Freude schien es Hermann Kafka zu bereiten, wenn sein kleiner Sohn Franz gut salutierte und marschierte, wie [sein Vater] einst beim österreichischen Militär 18. Es ist zu vermuten, dass dem alten Soldaten Hermann Kafka die Zurückstellung seines Sohnes aus dem Militärdienst ein Dorn im Auge war. Als echter Patriot hatte man sein Vaterland zu verteidigen, war die landläufige Meinung altgedienter Soldaten. Es ist nur schwer abzuschätzen, wie Kafkas Vater auf den Wunsch seines Sohnes, freiwillig den Dienst an der Front abzuleisten, reagiert hätte. Franz zog tatsächlich den Militärdienst dem Familienleben zu Hause vor, er sah darin zu diesem Zeitpunkt die einzige Möglichkeit, dem Einfluss des Vaters zu entfliehen. Tatsächlich wurde Franz Kafka mit 32 Jahren für militärtauglich befunden, auf Antrag seiner Arbeitgeber jedoch vom Militärdienst, wegen Unentbehrlichkeit in der Unfall-Versicherungs- Anstalt, freigestellt. Sein Wunsch, Prag zu verlassen und Soldat zu werden, hätte mit dem Kriegsdienst in Erfüllung gehen können; nicht des Krieges Willen oder für das Vaterland, sondern, wenn der Preis auch hoch sein sollte, für die Flucht aus dem jetzigen Leben. Die 50-Stunden-Woche im Büro, das Gefühl des Eingesperrt-Seins, Kopfschmerzen und Mangel an geregeltem Schlaf aufgrund des Vgl. 18 Düsseldorf 2007, S.292 Düsseldorf 2007, S.32, Z.27f

26 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 26 von 92 Schreibbedürfnisses; jede Situation dies zu ändern, sei es ein langer Urlaub, Heirat oder Kriegsdienst wäre willkommen gewesen, um der elterlichen Wohnung zu entfliehen. Als Franz Kafka mit 39 Jahren krankheitsbedingt pensioniert wurde, musste dies dem Vater ein Dorn im Auge gewesen sein. Ihm, der sein ganzes Leben lang darum bemüht war, seiner Familie durch harte Arbeit und Disziplin ein besseres Leben zu ermöglichen, stand nun ein nichts Arbeitender gegenüber. Wenn man sich mit der Biographie Hermann Kafkas auseinandergesetzt und sich in sein Denken und seine Handlungsweisen hineinversetzt hat, lässt sich die These aufstellen, dass diese Pensionierung für den alten Kafka eine Schande darstellte. Vermutlich sah der Vater die Krankheit als Grund der Pensionierung sehr wohl ein. Aufgrund der Tatsache, dass er über den Krankheitsverlauf und dessen Schwere nie vollständig unterrichtet wurde, war es ihm eventuell ein Leichtes, seinem Sohn die Pensionierung als Folge seiner ständigen Jammerei zu unterstellen. Fakt war für ihn, dass er sein ganzes Leben hart gearbeitet hatte, während sein einziger Sohn sich vermutlich nur noch dem, väterlicherseits verhassten, Schreiben widmen würde. Der Stolz eines Vaters, dass sein Nachname durch männliche Nachkommen weitergetragen wird, hatte in der damaligen Zeit wahrscheinlich einen noch höheren Stellenwert als heute. Nachdem Franz, sein einziger Sohn, bereits die dritte Verlobung seinerseits löste, musste sich der alte Kafka höchstwahrscheinlich eingestehen, dass dieser Traum für ihn nie in Erfüllung gehen würde. Dass dieser Tatbestand nicht sehr förderlich für eine bessere Vater-Sohn-Beziehung war, ist offensichtlich. Wiederum kann man sich nur zu leicht vorstellen, dass Franz Kafka sehr wohl die unterschwelligen Andeutungen seines Vaters bezüglich der Familiengründung bemerkt haben musste. Wieder war er an einem Punkt angelangt, wo er sich unter Druck gesetzt fühlte und Angst aufkam, den Ansprüchen seines Vaters nicht zu genügen. Vgl. Düsseldorf 2007, S.292

27 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 27 von 92 Durch die erlittene Armut in seiner Kindheit lag Hermann Kafkas größtes Bestreben darin, mehr Ansehen in der Gesellschaft und Wohlstand zu erlangen. Jene, die es zu größerem Wohlstand gebracht hatten, beneidete er, aber jene, welche unter seiner Würde lebten, lehnte er rigoros ab. Trotzdem ließ er sich, nach Franz Kafkas Meinung, oftmals von ihm scheinbar besser gestellten Personen beeindrucken. Hermann Kafka glaubte den zynischen Bewunderungen einzelner Personen der oberen Gesellschaftsschicht ihm gegenüber und prahlte immerzu von deren Einschätzung ihm bezüglich. Franz konnte sich nicht erklären wie sein, auf ihn mächtig wirkender Vater, eine solche Bestätigung für seine Wertevorstellung brauche Die Erziehung durch den Vater Eltern und Sohn sprachen verschiedene Sprachen, lebten in verschiedenen Welten; Ich habe die Eltern immer als Verfolger gefühlt 19 : Die Tatsache, dass das Elternschlafzimmer nur durch sein Zimmer zu erreichen war, machte eine Privatsphäre für Franz unmöglich. Ein richtiger Bestandteil der Familie Kafka glaubte er vermutlich nie zu sein, eher ein Ausgegrenzter. Dies hatte sicherlich seinen Ursprung in der frühsten Kindheit des Schriftstellers. Bereits bei Tisch fingen die Benimmregeln seines Vaters an: Was auf den Tisch kam, musste aufgegessen, über die Güte des Essens durfte nicht gesprochen werden - Du aber fandest das Essen oft ungenießbar; nanntest es das Fressen - das Vieh (die Köchin) hatte es verdorben. Weil Du entsprechend Deinem kräftigen Hunger und Deiner besonderen Vorliebe alles schnell, heiß und in großen Bissen gegessen hast, musste sich das Kind beeilen, düstere Stille war bei Tisch, unterbrochen von Ermahnungen: zuerst iß, dann sprich oder schneller, schneller, schneller oder siehst Du, ich habe schon längst aufgegessen. Knochen durfte man nicht zerreißen, Du ja. Essig durfte man Vgl. Düsseldorf 2007, S Düsseldorf 2007, S.16, Z.16ff Vgl. ( )

28 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 28 von 92 nicht schlürfen, Du ja. Die Hauptsache war, dass man das Brot gerade schnitt; dass Du das aber mit einem von Sauce triefenden Messer tatest, war gleichgültig. Man musste acht geben, dass keine Speisereste auf den Boden fielen, unter Dir lag schließlich am meisten. Bei Tisch durfte man sich nur mit Essen beschäftigen, Du aber putztest und schnittest Dir die Nägel, spitztest Bleistifte, reinigtest mit dem Zahnstocher die Ohren. 20. Wie muss sich ein Kind fühlen, dessen Vater von ihm absoluten Gehorsam verlangte, ihm selbst aber als schlechtestes Beispiel voranging. Üblicherweise verlieren Kinder bei einem solchen Benehmen seitens des Vaters jeglichen Respekt vor dessen Autorität. Franz Kafka verhielt sich jedoch ganz anders. Er zog sich immer mehr zurück und schwieg. Die Sprache des Vaters bestand aus Schimpfen, Drohen, Ironie [und] böse[m] Lachen 21. Es lässt sich hier eine spätere Szene als Beispiel aufzeigen, in der sich Franz dem Gehorsam und den Anordnungen seines Vaters widersetzte. Als sich Ottla dazu entschließt, ihre eigenen, selbstbestimmten Lebensziele in Zürau umzusetzen und sich auch in Bezug auf ihre Beziehung zu Josef David durchzusetzen vermochte, brachte sie ihren Vater gegen sich auf. Während der alte Kafka ihr vorwirft, die Eltern im Stich zu lassen, stellt sich ihr Bruder Franz in diesem Streit vehement auf ihre Seite. Aufgrund der absolut aggressiven Haltung seitens des Vaters noch Tage danach lässt sich vermuten, dass Franz in diesem Konflikt erstmals nicht von seinem Standpunkt wich und seinem Vater die Stirn bot. In einer guten Vater-Sohn- Beziehung, die geprägt ist von Kompromiss- und Diskussionsbereitschaft, wäre ein solcher Streit nichts Außergewöhnliches gewesen. Man hätte über die Sachlage diskutiert, hätte sich angenähert und sicherlich einen Konsens gefunden. Weder Vater noch Sohn hätten sich in ihrer Eigenständigkeit als Person angegriffen gefühlt, sondern hätten lediglich ihre Argumente vertreten. In diesem Kafka-Fall war die Beziehung der beiden Kontrahenten derart zerfahren, dass eine gütliche Einigung 20 ( ) 21 Düsseldorf 2007, S.34, Z.23 Vgl. ( )

29 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 29 von 92 unmöglich geworden war. Anscheinend war Franz Kafka an einem Punkt angelangt, an dem er seinem Vater bei jedem Vorwurf widersprochen hätte. Für Franz ging es vermutlich nicht mehr um die zu diskutierende Sachlage, sondern nur noch um die Person Hermann Kafka. Dieser reagierte, wie anzunehmen, auf seine Art, indem er seine Wut bei den Angestellten ausließ. Neu war jedoch, dass er seinen Sohn mit dieser Angelegenheit nicht mehr konfrontierte und es nicht wagte, ihn diesbezüglich, wie sonst üblich, anzuschreien. Als Außenstehender könnte man vermuten, dass sich Franz in diesem Fall erstmals Respekt bei seinem Vater verschaffte. Franz warf seinem Vater im berühmten Brief Empfindungslosigkeit vor. Seiner Meinung nach hatte der Vater keine Ahnung, wie verbal verletzend er sein konnte. Franz gesteht ein, dass ihm kränkende Aussagen gegenüber dem Vater sofort bewusst wurden und ihm diese noch während des Sprechens leidtaten. Seinem Vater wirft er jedoch vor, dass er, ohne Rücksicht auf die Gefühle seines Kontrahenten, weiterhin mit verletzenden Worten auf ihn eindrosch : [ ] niemand tat Dir leid, nicht währenddessen, nicht nachher, man war gegen Dich vollständig wehrlos. 22. Mit der bewussten Formulierung niemand tat Dir leid 23 weist Franz auf den Umstand hin, dass nicht nur er unter den Demütigungen seines Vaters zu leiden hatte, sondern sein gesamtes Umfeld. Vielleicht tat es der Psyche des jungen Schriftstellers sogar gut, nicht den Beschuldigungen dieses Cholerikers allein ausliefert zu sein, sondern diesen Sachverhalt mit anderen zu teilen. Laut Franz Aussage wurde er nie von seinem Vater geschlagen, obwohl dieser theatralische Drohungen liebte. Vor den Augen des kleinen Franz hing er seine Hosenträger so über den Stuhl, als wolle er ihn in absehbarer Zeit verprügeln. Die Macht und die Stärke seines Vaters hing ständig wie das Damoklesschwert über ihm. Franz Kafka verlor jegliches Selbstvertrauen und seine Selbstachtung. Er war sich jedoch bewusst, dass er durchaus psychische Probleme und Komplexe hatte, an denen der Vater keine Schuld trug, diese Probleme durch dessen Verhalten jedoch 22 ( ) 23 ( ) Vgl. ( )

30 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 30 von 92 verstärkt wurden. Dass sich Drohungen seitens des Vaters, auch wenn sie eher harmloser Art waren, tief in sein Innerstes eingruben und er das Gefühl einer grenzenlosen Nichtigkeit empfand, wäre nur zu verständlich. Andererseits prallten die Vorwürfe und Zurechtweisungen an Franz ab: Man wurde ein mürrisches, unaufmerksames, ungehorsames Kind, immer auf eine Flucht, meist eine innere bedacht. So littest Du, so litten wir. 24. Wie bedrückend und beängstigend sich manche Kindheitserlebnisse in das Gedächtnis kleiner Kinder einbrennen können und wie sehr ein erlebtes Kindheitstrauma die psychische Verfassung nachhaltig beeinflussen kann, ist in jedem guten Erziehungsratgeber nachzulesen. Negative, frühkindliche Erlebnisse führen heute wie damals oftmals noch im Erwachsenenalter zu auffälligen Verhaltensweisen. Ein dementsprechendes kindliches Trauma widerfuhr auch Franz Kafka. Was für einen damaligen Erwachsenen als normales Erziehungsmittel galt, sollte für den Prozess -Autor eine Epoche einleiten, die geprägt war von der Angst des Verlassenwerdens und der Hilflosigkeit. Ein Vorfall, der für Franz Kafka recht harmlos begann, wurde von seinem Vater auf recht drastische Weise unterbunden: Der kleine Franz bettelte in der Nacht fortwährend um ein Glas Wasser. Ob er tatsächlich durstig war, oder ob er seinen Vater mit seiner ständigen Bettelei ärgern wollte, sei dahingestellt. Hermann Kafka griff sich seinen, im Bett befindlichen Sohn und schleppte ihn auf die Pawlatsche, einem damals typischen Balkon. Dort ließ er ihn allein vor verschlossener Tür im Nachthemd stehen. Wie sollte eine vertrauensvolle Vater-Kind-Beziehung zustande kommen, wenn das Kind der ständigen Angst unterliegt, der Vater könne es wegen eines harmlosen Streiches aus der Familie verbannen. Der Vater selbst war sich bei dieser Erziehungsmethode vermutlich nicht bewusst, wie sehr das Selbstbewusstsein seines Sohnes unter dieser Erfahrung litt. 30 Jahre später sollte Franz Kafka seinen Vater im besagten Brief genau dieses Vergehens anklagen. Ein Zeichen dafür, 24 Düsseldorf 2007, S.35, Z.4ff Vgl. ( )

31 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 31 von 92 dass sich diese Begebenheit tief in sein Innerstes gegraben hatte und er nun nach so vielen Jahren den Mut zur Anklage aufbrachte. Das Gefühl in seinem Handeln und seinem Denken den Anforderungen seines Vaters nicht gerecht zu werden, musste unweigerlich den kleinen Franz eingeschüchtert haben. Der Vorwurf im Brief an den Vater, dass Hermann anscheinend nicht in der Lage war, seinen Sohn zu loben oder ihm gar für eine bestimmte Sache Anerkennung zu zollen, wog schwer. Äußerungen wie Hab auch schon etwas Schöneres gesehn 25 oder Kauf Dir was dafür! 26 sorgten immer wieder dafür, dass Franz von seinem Vater enttäuscht war. Wie aber geht ein Kind mit immer wiederkehrenden Zurückweisungen und herablassenden Äußerungen um? Es lässt den Rückschluss zu, dass sich ein solches zurückgewiesenes Kind immer mehr in sein Schneckenhaus zurückzieht, um keine Enttäuschungen mehr an sich heranzulassen. Die Kommunikation zwischen Vater und Sohn wurde wahrscheinlich schon in jungen Jahren stark eingeschränkt. Kafka selbst nennt die Antwort, die ihm als ängstliches und manchmal gewiss auch trotziges und störrisches Kind gefehlt hatte. [E]in freundliches Wort, ein stilles Bei-der-Hand-nehmen, ein guter Blick 27 hätten sicherlich Kafkas Leiden gemildert und das Bild des jähzornigen und lärmenden Vaters geschmälert. Die erwartete Aufmunterung und Freundlichkeit seitens des Vaters blitzte nur in wenigen Augenblicken und Gelegenheiten durch. Diese Seite Hermanns, welche später nochmals genauer erläutert wird, blieb jedoch für Franz eine Ausnahme. Der Vorwurf, dass Franz und dessen Schwestern ein besseres Leben durch die harte Arbeit ihres Vaters ermöglicht wurde, stand stets zwischen Vater und Sohn. Obwohl sich Franz Kafka dieses Umstandes durchaus bewusst war, empfand er es als erniedrigend, ständig Dankbarkeit zeigen zu müssen. Trotzdem ließ der Vater nie davon ab, bei jeder Kleinigkeit seine schwere und entbehrungsreiche Kindheit ins 25 ( ) 26 ( ) Vgl. ( ) 27 ( )

32 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 32 von 92 Feld zu führen. Auch wenn dies Kafka damals sicherlich als Ungerechtigkeit ihm gegenüber empfand, so muss man doch festhalten, dass diese Vorwürfe ein Phänomen sind, das bis in die heutige Zeit reicht. Der Vorwurf der älteren Generation Euch geht es heutzutage viel besser, als uns damals gilt noch heute als Generationenproblem. Man kann schon fast von einem Generationserbe sprechen, da jede ältere Generation der nachfolgenden ein leichteres Leben vorwirft. Aus diesem Grund sollte man diese Textpassage im Brief an den Vater nicht überbewerten, da es sich um einen alltäglichen Generationenkonflikt handelt Sexuelle Unmündigkeit Es sollte nicht nur bei einer Anklage bleiben, denn der Brief an den Vater lässt sich fast schon als Anklageschrift bezeichnen. Ein weiterer Punkt, den Franz Kafka seinem Vater vorwirft, hatte sich zu einer Zeit ereignet, als er als Jugendlicher auf den Rat seiner Eltern gehofft hatte. Ein besonderer Vorfall hatte sich bei einem Spaziergang der Eltern mit ihrem Sohn auf dem Prager Josephsplatz zugetragen. Franz Kafka beschuldigte seine Eltern, ihn in sexueller Hinsicht nicht aufgeklärt zu haben und dies Mitschüler aus seiner Klasse übernommen hatten. Diese Anschuldigung fand höchstwahrscheinlich aus Trotz oder gar als Rache statt. Ob er auf eine ernst zu nehmende Antwort gehofft hatte, ist schwer zu sagen. Die Antwort des Vaters jedoch stürzte ihn ins Bodenlose. Hermann Kafka hatte ihm allen Ernstes vorgeschlagen, bei solchen Dingen ein Bordell aufzusuchen. Da Kafka wusste, wie sein Vater zu dem Thema Prostitution stand, nämlich, indem er sie als etwas Schmutziges ansah und dies auch Franz Kafkas Meinung war, stellte die Antwort des Vaters einen umso größeren Vertrauensbruch dar. Für Franz kam diese Behauptung mit der These überein, dass man Schmutz mit seiner Person assoziiere. Diese Begebenheit auf dem Josephsplatz hatte vermutlich weitreichende Folgen für sein späteres Sexualleben. Es ist unumstritten, dass Franz Kafka enorme Probleme hatte, in seinen verschiedenen Frauenbeziehungen körperliche Nähe zuzulassen. Ob Vgl. Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008, S.243, S.273

33 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 33 von 92 diese sexuelle Unfähigkeit, sich einem Partner zu öffnen, allein dem Vater, durch dessen Definition Sex, zuzuschreiben ist, kann angezweifelt werden. Es wäre zu einfach, jede psychische und physische Unzulänglichkeit auf die Verfehlungen seiner Eltern, beziehungsweise seines Vaters, zurückzuführen. Damals wie heute existiert das Phänomen, dass Männer wie Frauen nicht in der Lage sind, eine körperliche Beziehung einzugehen. Als 36-jähriger Mann erfuhr Kafka ein Déjà-vu des Ereignisses vom Josephsplatz. Nachdem sein Vater von der Verlobung mit Julie Wohryzek erfahren hatte, tobte er vor Wut: Sie hat wahrscheinlich irgendeine ausgesuchte Bluse angezogen, wie das die Prager Jüdinnen verstehn und daraufhin hast Du Dich natürlich entschlossen sie zu heiraten. Undzwar möglichst rasch, in einer Woche, morgen, heute. Ich begreife Dich nicht, Du bist doch ein erwachsener Mensch, bist in der Stadt, und weisst Dir keinen andern Rat, als gleich eine Beliebige zu heiraten. Gibt es da keine andern Möglichkeiten? Wenn Du Dich davor fürchtest, werde ich selbst mit Dir hingehen. 28 Die Entrüstung Kafkas ist vollkommen nachvollziehbar, war es doch umso beschämender für ihn, dass diese Worte im Beisein seiner Mutter fielen, wie bereits auch zwanzig Jahre zuvor. Es entbrannte ein erbitterter Streit zwischen Vater und Sohn über Tage hinweg, wobei sich Hermann Kafka nicht beruhigen konnte. Sah er sich doch dem Gespött gegenüber der Verwandtschaft und der gesamten Gesellschaft ausgesetzt, nachdem sein Sohn bei fortschreitender Tuberkulose eine erneute Verlobung einging. Noch vor knapp zwei Jahren hatte er aufgrund dieser Krankheit die Verlobung mit Felice Bauer aufgelöst. Dass sich Hermann Kafka über diese Begebenheit derart aufregte, ist aus Sicht eines Außenstehenden nur allzu verständlich. Es ist jedoch erstaunlich, wie gut Kafka seinen Vater und dessen Charakter kannte. Fast sieben Jahre vor diesem Ereignis schilderte Kafka in dem Werk Das Urteil genau diese Verhaltensweise eines Vaters, welcher dem eigenen Sohn sexuelle Gier als Verlobungsgrund unterstellt. 28 Vgl. Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008, S.304, Z.1ff Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008, S.304

34 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 34 von 92 Alte Wunden, die vielleicht etwas vernarbt waren, wurden wieder aufgerissen. Die Abscheu, die er vor zwanzig Jahren seinem Vater entgegenbrachte, brach erneut auf. Man kann annehmen, dass Kafka in dieser emotionalen Verfassung mit der Niederschrift des Briefes begann. Sein Innerstes hatte in all den Jahren allzu viele Anschuldigungen gegen den Vater angehäuft und es scheint, als würde sich mit dem Schreiben des Briefes ein Ventil öffnen. Trotzdem wird es für Kafka bis an sein Lebensende schwierig bleiben, den Eltern gegenüber seine jeweiligen Frauenbeziehungen einzugestehen Physische Differenzen Der Besuch eines Schwimmbades mit seinem Vater brannte sich förmlich in Kafkas Gedächtnis ein. Schon damals war der Körper seines Vaters das Maß aller Dinge. Er selbst, klein, mager und schwach, an der Hand seines übermächtigen, starken und großen Vaters. So beschrieb Franz die Szene in der Umkleidekabine des Schwimmbades. In seinem Brief an den Vater wirft er ihm indirekt vor, nicht die Unsicherheit und empfundene Jämmerlichkeit seines Sohnes erkannt zu haben. Ob man diese Zurechtweisung des Sohnes im Brief teilen muss, ist jedoch zweifelhaft. Zählt es doch schon fast zu den Naturgesetzen, dass ein Kind im Kleinkindalter, egal ob Tochter oder Sohn, von der Statur her gesehen, meist schmächtiger und kleiner ist als dessen Elternteil. Dies lässt jedoch darauf schließen, dass Franz Kafka durch die dominante Art und das selbstbewusste Auftreten seines Vaters so eingeschüchtert war, dass er sich erbärmlich und klein fühlen musste. Vgl. ( ) Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008, S.304

35 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 35 von Psychische Differenzen Wie in den meisten Familien üblich, wird auch Hermann Kafka die Überlegung angestellt haben, nach wessen Abstammungslinie seine Kinder einzuordnen waren. Persönlichkeitszüge, die er bei seinem Sohn Franz entdeckte, lassen auf dessen Veranlagung in der mütterlichen, löwyschen Linie schließen. Diese war geprägt von Löwysche[m] Trotz, Empfindlichkeit, Gerechtigkeitsgefühl [und] Unruhe 29. Dem gegenüber stand die kafkasche Überlegenheit, innere und äußere Stärke, Geschäftssowie Eroberungswillen und zügelloses Temperament gepaart mit plötzlichem Jähzorn. Nachdem Franz beide Brüder bereits im Kleinkindalter verstorben waren, ist es nachvollziehbar, dass alle Erwartungen seitens des Vaters auf Franz ruhten, die dieser jedoch nicht erfüllte. Die Einsicht, dass dieser eher in die Fußstapfen der für ihn gefühlsbetonten Löwys trat, muss den energischen und erfolgssüchtigen Vater stark getroffen haben. Für Franz sollte das Gefühl des Nichtgenügens bis ins Erwachsenenalter anhalten. Ob dies allein an der Erwartungshaltung des Vaters lag, oder ob Franz Kafka seine Ziele und Ideale für sich selbst zu hoch steckte, dürfte sich die Waage halten. Dass die Schriftstellerei für ihn einen höheren Stellenwert einnahm als seine Arbeit im Büro, war für den Vater nicht nachvollziehbar. Dies wiederum war für Franz Kafka ein Indiz dafür, wie wenig sein Vater ihn wirklich kannte. Die Literatur bedeutete für Kafka nicht nur ein Zeitvertreib, sondern das Schreiben war gleichbedeutend mit seinem Leben. Das Desinteresse seines Vaters bezüglich seiner Leidenschaft konnte Franz nie verstehen, geschweige denn verzeihen. Als Kafka am 22. September 1912 Das Urteil schreibt, stimmen doch sehr ähnliche Lebensumstände mit seinem realen Leben und des Vater-Sohn-Konfliktes überein. Man könnte in dieser Geschichte Georg durch Franz Kafka ersetzen. Dieser 29 Vgl. ( ) Düsseldorf 2007, S.105f

36 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 36 von 92 entschließt sich vergeblich seinen Vater weiter zu lieben, obwohl dieser dessen Liebe nicht erwidert Die familiären Betriebe Die Gründung des Galanteriewarengeschäfts und die Kindheit Kafkas fielen zusammen. Hermann Kafka wollte erfolgreich werden und an diesem Ziel hielt er verbissen fest. Dieser Tunnelblick für seinen Erfolg ließ ihn seine Kinder vergessen. Kafka sah seinen Vater nur sehr selten, dafür hörte er ihn umso öfter schreien. Nicht nur zu Hause, sondern auch im Familienbetrieb mutierte er zum Tyrannen. Zu der Zeit, als das Galanteriewarengeschäft noch ein kleiner Kurzwarenladen war, verbrachte Franz Kafka dort gerne seine Zeit. Seinen Vater nahm er als geschäftstüchtigen, redegewandten und entscheidungsfreudigen Mann wahr und es stellte sich sogar Bewunderung für ihn ein. Dies änderte sich jedoch, als das neu erweiterte Geschäft den Eltern immer mehr Kraft und Aufmerksamkeit abverlangte. Laut Kafkas berühmtem Brief konnte dieser nie verstehen, wie sich diese Mehrarbeit auf das Verhältnis zu den Angestellten veränderte. Das ständige Schikanieren und Beschimpfen der Mitarbeiter war für Kafka unverständlich und beschämend. In der Stellung des Geschäftsmanns fühlte sich der Vater Allem und Vgl. =gr%c3%bcndung+asbestwerke+kafka&source=bl&ots=xrzd4tohqu&sig=v UTdHUpT2kqWCvQRZECTBJcObPE&hl=de&ei=eef2SqObEpOKnQOttLSsAw &sa=x&oi=book_result&ct=result&resnum=1&ved=0cagq6aewaa#v=onepag e&q=gr%c3%bcndung%20asbestwerke%20kafka&f=false ( ) ( ) ( ) Mittelberg, Ekkehart: Franz Kafka - Der Prozeß. Cornelsen, Berlin 2003, S.45 Düsseldorf 2007, S.11, S.12, S.16, S.31ff, S.40f, S.82, S.105f Pawel, Ernst: Das Leben Franz Kafkas. Carl Hanser Verlag, Regensburg 1986, S.10, S.15, S.20, S.25, S.70f, S.93ff Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008, S.10, S.65, S.91, S.95, S.100, S.238, S.304ff, S.324f, S.327f

37 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 37 von 92 Jedem überlegen. Mitarbeiter konnten seinen Ansprüchen nur selten genügen und Hermann Kafka titulierte sie als seine bezahlten Feinde 30. In seinem Gerechtigkeitsbewusstsein hatte Franz Kafka vermutlich das unbändige Verlangen, das Fehlverhalten seines Vaters wieder auszugleichen. Durch fast schon übertriebene Freundlichkeit und höfliches Auftreten versuchte Franz die Tyrannei seines Vaters wettzumachen. Allerdings gibt er in seinem Brief zu bedenken, dass dieses Gefühl der Ungerechtigkeit gegenüber dem Personal kindlichen Ursprungs war. Er erwähnt die Tatsache, dass die Angestellten als Erwachsene das rüpelhafte Benehmen ihres Chefs nicht in dieser Tragweite wahrnahmen wie er im kindlichen Alter. Für Kafka selbst bleibt der Vater als Tyrann und herrschsüchtiger Geschäftsmann in Erinnerung, den sowohl das Personal als auch seine Kinder selten zufriedenstellen konnten. Als im November 1911 die Prager Asbestwerke Hermann und Co. gegründet wurden, willigte Franz Kafka dem Vorhaben als Geschäftspartner in die Firma einzusteigen nur ein, um den Respekt des Vaters zu erlangen. Aber auch dies änderte nichts an der Beziehung zwischen Vater und Sohn, die sich weder im beruflichen als auch im privaten und familiären Umfeld annähern konnten. 30 Vgl. ( ) =gr%c3%bcndung+asbestwerke+kafka&source=bl&ots=xrzd4tohqu&sig=v UTdHUpT2kqWCvQRZECTBJcObPE&hl=de&ei=eef2SqObEpOKnQOttLSsAw &sa=x&oi=book_result&ct=result&resnum=1&ved=0cagq6aewaa#v=onepag e&q=gr%c3%bcndung%20asbestwerke%20kafka&f=false ( ) ( ) ( ) Mittelberg, Ekkehart: Franz Kafka - Der Prozeß. Cornelsen, Berlin 2003, S.45 Düsseldorf 2007, S.11, S.12, S.16, S.31-36, S.40f, S.82, S.105f Pawel, Ernst: Das Leben Franz Kafkas. Carl Hanser Verlag, Regensburg 1986, S.10, S.15, S.20, S.25, S.70f, S.93ff Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008, S.10, S.65, S.91, S.95, S.100, S.238, S , S.324f, S.327f

38 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 38 von Heiraten als Konfliktpunkt Das Thema Heiraten war eines der entscheidendsten Konfliktpunkte, das in der besagten Vater-Sohn-Beziehung immer wieder aufflammte. Franz Kafka war von jeher der Überzeugung, dass heiraten und die Gründung einer Familie die erstrebenswertesten Ziele im Leben eines Mannes seien. Obwohl man nicht behaupten kann, dass Kafka ein zutiefst religiöser Jude war, prägte ihn der Textausschnitt im Talmud Ein Mann ohne Weib [sei] kein Mensch. 31 doch mehr, als er vielleicht selbst annahm. Unterschwellig sah Franz Kafka die Heirat als eine Institution an, die es ihm ermöglichen sollte, sich den Einflüssen seines Vaters zu entziehen und, wie er es nannte, vor seinem Vater zu fliehen. Diese Fluchtversuche sollten jedoch immer wieder an seiner Angst scheitern, dieser Verantwortung nicht gerecht zu werden. Im Brief an den Vater beschreibt er dies folgendermaßen: Das wesentliche, vom einzelnen Fall leider unabhängige Hindernis war aber, dass ich offenbar geistig unfähig bin zu heiraten. Das äußert sich darin, dass ich von dem Augenblick an, in dem ich mich entschließe zu heiraten, nicht mehr schlafen kann, der Kopf glüht bei Tag und Nacht, es ist kein Leben mehr, ich schwanke verzweifelt herum. Es sind das nicht eigentlich Sorgen, die das verursachen, zwar laufen auch entsprechend meiner Schwerblütigkeit und Pedanterie unzählige Sorgen mit, aber sie sind nicht das Entscheidende, sie vollenden zwar wie Würmer die Arbeit am Leichnam, aber entscheidend getroffen bin ich von anderem. Es ist der allgemeine Druck der Angst, der Schwäche, der Selbstmißachtung. 32. Franz Kafka klagte im berühmten Brief die vielen Erziehungsfehler des Vaters an. Trotzdem sah er bei seinem Vater Werte, die er selbst durchaus als erstrebenswert Vgl. ( ) Düsseldorf 2007, S.88f Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008, S Düsseldorf 2007, S.88, Z ( )

39 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 39 von 92 ansah. Darunter fiel die Gründung einer Familie. Franz, der sich gegenüber seinem Vater klein und unscheinbar vorkam, wollte ihm mit der Heirat in gewisser Weise ebenbürtig werden. An bestimmten Punkten, wahrscheinlich bei den jeweiligen Entlobungen, musste Franz Kafka sich sicher eingestehen, dass er dieses Ziel durch seine Angstzustände nie erreichen würde. Das Bild der Ebenbürtigkeit zu seinem Vater rückte in weite Ferne. Die Annahme, dass sich durch diese Erkenntnis die Wut auf seinen Vater noch mehr verstärkte, die Vater-Sohn-Beziehung zusätzlich belastet wurde, ist leicht nachvollziehbar. Indem er die Ehe seiner Eltern als geradezu mustergültig ansah, stieg seine Angst vor dem Versagen zunehmend und sein Gefühl der Minderwertigkeit nahm zu. Möglicherweise geriet Franz Kafka mit dem Wunsch einer Familiengründung in einen Teufelskreis. Auf der einen Seite stand die Bewunderung für die Standfestigkeit der elterlichen Ehe, auf der anderen Seite schien ihn die Angst, die gleichen Erziehungsfehler wie sein Vater begehen zu können, aufzufressen. Indirekt befürchtete er vielleicht sogar, einen ebenso beziehungsunfähigen und vaterhassenden Sohn großziehen zu müssen, wie er sich selbst wahrnahm. Als Außenstehender möchte man dem Schriftsteller Kafka am liebsten einen Brief schreiben, um ihm einen guten Rat zu geben. Es liegt schließlich in unserer Macht, das eigene Schicksal selbst in die Hand zu nehmen, Fehler, die an uns begangen wurden, nicht zu wiederholen, ja, es sogar besser zu machen. Dies hätte möglicherweise zu einer Annäherung oder gar zu einer Versöhnung im Vater- Sohn-Konflikt führen können. Vgl. ( ) Düsseldorf 2007, S.88f Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008, S.310

40 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 40 von Die andere Seite Hermann Kafkas Nach all den Schilderungen und Beschreibungen könnte man annehmen, Hermann Kafka war zu jeder Zeit ein absoluter Tyrann und seinen Kindern ein grausamer Vater. Nur darauf bedacht, sie durch Disziplin und Gehorsam unter Kontrolle zu halten. Seine Vorstellungen, in welcher Weise seine Kinder ihre Lebenswege einschlagen sollten, setzte er gewiss auch nicht immer in liebevoller Harmonie durch. Unter dieser Disharmonie hatte vor allem Ottla zu leiden. Spürte der Vater nur zu genau, dass Ottla sehr wohl ihre gesteckten Ziele durch Tüchtigkeit und Lebensmut erreichen konnte, so war er selbst nicht in der Lage sie persönlich dafür zu loben. Tat er es doch einmal, so hob er ihre Tüchtigkeit nur gegenüber Dritten hervor. Dennoch gab es eine andere Seite des Hermann Kafka: Es lässt sich nicht leugnen, dass der Vater stolz auf seinen Sohn Franz war, als dieser das Gymnasium mit dem Matura abschloss und Jura studierte. Vielleicht glaubte der Vater auch, mit Abschluss des Studiums würde sich sein Sohn etwas mehr in das elterliche Galanteriewarengeschäft einbringen. Der Stolz auf seinen Sohn ebbte jedoch bald wieder ab, nachdem dem Vater das Desinteresse Franz am familiären Betrieb und später auch an der Astbestfirma seines Schwagers bewusst wurde. Trotzdem zeigt sich in manchen Situationen, dass Hermann Kafka durchaus in der Lage war, Gefühle und auch absolute Besorgnis zu zeigen. Eine solche Situation ereignete sich im November 1917, als Ottla auf Drängen ihres Bruders dem Vater von dessen Tuberkuloseerkrankung erzählte. Wie sie in einem Brief an ihren Geliebten Josef David schrieb, reagierte ihr Vater geschockt, kleinlaut und in absoluter Sorge um seinen Sohn Franz. Der Vater musste seiner Tochter jedoch versprechen, die Krankheit vor seiner Frau Julie geheim zu halten. Es war Franz Wille der Mutter nicht unnötige Sorgen in Bezug auf seine Krankheit aufzulasten. Der Vater trug schwer an Vgl. ( ) ( ) Düsseldorf 2007, S. 32ff, S. 225f Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008, S.180, S.239f

41 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 41 von 92 der Verantwortung gegenüber seinem Sohn und es belastete ihn sehr, dieses Geheimnis für sich behalten zu müssen. Ottla wiederum musste ihrem Vater versprechen, sich aufopferungsvoll um ihren Bruder in Zürau zu kümmern und Sorge zu tragen, dass sich sein Zustand nicht verschlechtern könne. Hermann Kafka war es aber nicht gewohnt, in emotionalen Angelegenheiten der Ansprechpartner in seiner Familie zu sein. Diese Aufgabe hatte bisher stets seine Ehefrau Julie übernommen und jegliche Sorgen weitestgehend von ihm ferngehalten. Stets war sie es, die Probleme auf ihre Weise und ohne viel Aufhebens löste. Dass Hermann Kafka das ihm auferlegte Geheimnis nicht lange für sich behalten konnte, war absehbar. Nach ungefähr drei Wochen erzählte er seiner Frau Julie, die total entsetzt reagierte, die Wahrheit über Franz. Über diesen Verrat war Franz absolut enttäuscht und erbost, auch wenn er seinen Vater kannte und hätte absehen können, dass dieser kein Geheimnis für sich behalten konnte. Diese zwei Gesichter Hermann Kafkas stehen im absoluten Kontrast zueinander. Auf der einen Seite wirkt er wie ein Mann, der eiskalt jeden, insbesondere seine Angestellten und Kinder, schikaniert und anbrüllt, auf der anderen Seite ist er der sanft besorgte Vater, der einen solch emotionalen Schicksalsschlag vor seiner Frau nicht verbergen konnte. In das Innerste von Hermann Kafka lässt sich natürlich nicht blicken. Wie schrecklich und hilflos er sich wahrscheinlich gefühlt hatte, als er von der eventuell tödlich endenden Krankheit erfuhr, lässt sich als Außenstehender nur erahnen. Vielleicht gehörte Hermann Kafka zu jenen Personen, die ihre Gefühle und Emotionen nicht nach außen zeigen können, aber trotzdem nicht gleichzeitig als gefühlskalt abgestempelt werden dürfen. In der Kindheit Franz Kafkas gab es Ausnahmen, bei denen sein Vater auf ihn durchaus verletzlich und liebevoll wirkte. Dies war zum Beispiel der Fall, wenn er ihn an einem heißen Sommertag schlafend Vgl. ( ) ( ) Düsseldorf 2007, S. 32ff, S. 225f Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008, S.180, S.239f

42 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 42 von 92 im Geschäft sah oder wenn er abgehetzt in den Sommerurlaub nachkam. Eindrücke, die sich sicherlich in Kafkas Gedächtnis brannten, da sie Balsam für seine verletzte Seele waren. Ebenso war ihm bewusst, dass sein Vater ein aufheiterndes, zufriedenes Lachen verbreiten konnte, das jedoch, nach Franz Meinung zu wenig ihm galt. Diese subjektive Ansicht Kafkas ist vergleichbar mit einer Schulklasse, bei der sich ein Schüler ständig beschwert, dass der Lehrer nie ihn aufrufe, sondern immer nur die anderen. Dieser Schüler ist sich sicher, trotz guter Leistungen, nie die ihm zustehende Aufmerksamkeit des Lehrers zu erhalten. Zwischen Hermann und Franz Kafka existierten nur sehr wenige zärtliche Annäherungen. Eine sehr emotionale Begebenheit ereignete sich in Franz Krankenzimmer. Dass er seinen Vater auch emotional erlebte, beschreibt er in seinem Brief an den Vater, als dieser leise zu [ihm] in Ottlas Zimmer [kam], auf der Schwelle [blieb], nur den Hals [streckte], um [ihn] im Bett zu sehn, und aus Rücksicht nur mit der Hand [grüßte]. Zu solchen Zeiten legte man sich hin und weinte vor Glück und weint jetzt wieder, während man es schreibt Vgl. ( ) ( ) ( ) Düsseldorf 2007, S. 32ff, S. 225f Stach, Rainer: Kafka - Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008, S.180, S.239f

43 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 43 von Die Schuldfrage im Vater-Sohn-Konflikt Für Leser, die sich intensiv mit dem Vater-Sohn-Konflikt und dem bedeutenden Brief an den Vater beschäftigt haben, drängt sich zwangsläufig die Frage nach der Schuld, die zu diesem Konflikt führte, auf. Hierzu gibt Franz Kafka im Dokument Brief an den Vater selbst einige Hilfestellungen anhand von Textabschnitten. Es wäre zu einfach, die alleinige Schuld einem der Kontrahenten allein zuzuschreiben. Man hat eher den Eindruck, der Konflikt gerät von einer Situation in die andere und entwickelt eine Art Eigendynamik. Immer wieder weist Franz Kafka in seinem Brief den Vater darauf hin, dass er lediglich eine Mitschuld dessen sehe. In folgenden Textauszügen ist dies besonders gut ersichtlich: Wobei ich Dich aber immerfort bitte, nicht zu vergessen, dass ich niemals im entferntesten an eine Schuld Deinerseits glaube. Du wirktest so auf mich, wie Du wirken musstest, nur sollst Du aufhören, es für eine besondere Bosheit meinerseits zu halten, dass ich dieser Wirkung erlegen bin. / [ ] Du seist gänzlich schuldlos an unserer Entfremdung. Aber ebenso gänzlich schuldlos bin auch ich. Könnte ich Dich dazu bringen, dass Du das anerkennst, dann wäre - nicht etwa ein neues Leben möglich, dazu sind wir beide viel zu alt, aber doch eine Art Friede, kein Aufhören, aber doch ein Mildern Deiner unaufhörlichen Vorwürfe. 34. Durch diese Formulierungen lässt sich erkennen, dass Franz den Wunsch hegt, sein Vater möge die Alleinschuld nicht nur bei seinem Sohn suchen. In dem Moment, in dem sein Vater ihm, seinem Sohn, zugesteht, die Schuld liege nicht allein bei ihm, wäre für Franz vermutlich keine Versöhnung, aber Frieden eingekehrt. 34 Vgl. ( ) Düsseldorf 2007, S.230 Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008, S.330f

44 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 44 von 92 Aufgrund seiner schweren Krankheit glaubte Kafka beim Verfassen des Werkes Ein Landarzt an seine letzte Publikation eines Buches. Daher äußerte er den Wunsch, dieses Buch mit der Widmung Für meinen Vater zu versehen. Wahrscheinlich sah Franz dies als einen Schritt der Versöhnung an, denn eine endgültige Aussöhnung mit seinem Vater schien für ihn undenkbar. Ob dieses Anliegen ironisch gemeint war, wie er später behauptete, bleibt bis heute ungeklärt Fazit zum Vater-Sohn-Konflikt Wagt man den Weg einer Interpretation in diesem Vater-Sohn-Konflikt, ist eine urteilsfreie Meinung äußerst schwierig. Beschuldigungen Kafkas an seinen Vater wurden durch Brods Aufbewahrung des berühmten Briefes erhalten und einige Textstellen wurden durch überlieferte Briefkorrespondenzen von Personen aus dem Bekannten- und Familienumfeld Franz Kafkas bestätigt. Dennoch ist man nur auf die Aussagen in Kafkas Brief an den Vater angewiesen, da es nie eine Gegendarstellung oder eine Beantwortung dieses Briefes seitens des Vaters gibt. Man hat dementsprechend kein Gegengewicht, um diesen Vater-Sohn- Konflikt aus Sicht des Vaters zu beurteilen. Bei näherer Betrachtung verschiedener Werke fällt der oft bewusst übertriebene Schreibstil Kafkas auf. Man kann annehmen, dass der Brief an den Vater ebenfalls durch Übertreibungen gekennzeichnet ist. In Aufbau und Länge erscheint er auch nicht wie ein Brief, sondern gleicht eher einer literarischen Dokumentation. Betrachtet man die Lebensumstände der Jahrhundertwende, kommt das Phänomen des Vater-Sohn-Konfliktes wahrscheinlich alltäglich vor. Es war die Zeit, als sich die nachkommende Generation gegen die alte, verstaubte und patriarchale Vgl. ( ) ( ) ( ) Düsseldorf 2007, S.107, S.135, S.230 Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008, S.329ff

45 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 45 von 92 Gesellschaft auflehnte. Die jüngere Generation lehnte festgelegte Normen und Werte ihrer Väter ab und wollte sich nicht mehr bedingungslos dieser Abhängigkeit unterwerfen. Die alleinige Herrschaft oblag damals dem Vater, dem sich alle im Haus befindlichen Personen unterzuordnen hatten. Bei Hermann Kafka traf dies ebenso auf die Angestellten seines Galanteriewarenladens zu, die er beschimpfte und schikanierte. Im damaligen Prag erfuhr diese Auflehnung der Jugend deshalb solch großen Zuspruch, weil sich dort zu dieser Zeit sehr viele assimilierte Juden aufhielten. Wie viele andere assimilierte Juden auch, kam Hermann Kafka in jungen Jahren von seiner ländlichen Heimat in die Stadt Prag. Durch die Diskriminierung und Unterdrückung der damaligen Juden sah er sich dazu gezwungen, im beruflichen und gesellschaftlichen Bereich Anerkennung und Wohlstand zu erreichen. In Franz Kafkas Familie wird die Tradition der Werte- und Normenvermittlung einen hohen Stellenwert eingenommen haben. Nun war mit Franz jedoch eine kritische Generation herangewachsen, die ihren eigenen unabhängigen Weg beschreiten wollte und sich vehement gegen Antisemitismus und Rassismus wehrte. Zogen die Väter dieser Übergangsgeneration noch als Hausierer von Dorf zu Dorf, studierten deren Söhne meist akademische Berufe. Dieses Muster lässt sich ebenso auf die Familie Kafka übertragen. Die enormen Existenzängste, die Hermann Kafka höchstwahrscheinlich zu dem Mann werden ließen, der er war, konnte der junge Franz Kafka anscheinend nicht nachvollziehen. Er wurde in eine Familie hineingeboren, die bereits gesellschaftliches Ansehen erworben hatte und dieses Erreichte sollte durch den Nachkommen Franz erhalten bleiben. Das Desinteresse seines Sohnes an der Galanteriewarenhandlung und an der späteren Asbestfirma muss für den hart arbeitenden Vater ein Schlag ins Gesicht gewesen sein. Franz Vgl. ( ) ( ) ( ) Düsseldorf 2007, S.107, S.135, S.230 Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008, S.329ff

46 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 46 von 92 Kafka setzt sich jedoch bei seiner Berufswahl durch und widmet sich zusätzlich seiner Leidenschaft, dem Schreiben, was wiederum den Vater gegen ihn aufbrachte. Der damalige Generationenkonflikt artete wahrscheinlich unweigerlich in einem Vater-Sohn-Konflikt aus. Damals eine Tatsache, die vermutlich in vielen jüdischstämmigen Familien vorherrschte. Franz Kafkas Wunsch, sich durch eine eigene Wohnung von seinem Vater lösen zu können, scheiterte vermutlich an dessen eigenen Minderwertigkeitskomplexen und seiner Bequemlichkeit. Eine Textstelle, die da lautet: Mein Schreiben handelte von Dir, ich klagte dort ja nur, was ich an Deiner Brust nicht klagen konnte. Es war ein absichtlich in die Länge gezogener Abschied von Dir lässt deutlich erkennen, welch enormer Einfluss der Vater-Sohn-Konflikt in Franz Augen darstellte und wie er diesen in seinen Geschichten verarbeitete. 35 Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008, S.329, Z.5ff Vgl. ( ) ( ) ( ) Düsseldorf 2007, S.107, S.135, S.230 Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008, S.329ff

47 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 47 von Verhältnis zu den Frauen Die Ehe / Sexualität Die Ehe Zu dem Thema Ehe nahm Franz Kafka selbst in einem Brief an Felice Bauer Stellung. Er beschrieb die Zerrissenheit seines Innersten, indem er sie metaphorisch in Form zweier Kämpfer darstellte: Der eine kämpfte um die Ehe und um die jeweilige Frau, der andere, böse Kämpfer, in Gestalt der Tuberkulose, um seine Leidenschaft, dem Schreiben. Mit dem letzten Satz dieses Briefes Und beide können nicht am Leben bleiben. 36 zeigt er die Unvereinbarkeit von Ehe und Literatur auf. Da Franz Kafka seiner Geliebten Felice Bauer immer wieder brieflich mitgeteilt hatte, wie lebensnotwendig ihm die Literatur sei, musste sie die oben genannte Äußerung sehr irritiert haben. Sie musste mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass sie gegen diese literarische Leidenschaft niemals ankommen könnte und sie in diesem Kampf der Verlierer sein würde. In den Beziehungen zu Felice Bauer, Julie Wohryzek und Milena Jesenskà war Kafka jeweils die treibende Kraft, wenn es um das Thema Heirat ging. Oftmals ging das Werben um die jeweilige Frau über Monate, sogar wie bei Felice Bauer über Jahre hinweg. Aber die Angst, von einer Frau und eventuellen Kindern total vereinnahmt zu werden, war Kafkas größte Sorge. Nach wie vor stellte das Schreiben die erste Priorität in seinem Leben dar. Die Angst vor dem Eheleben ließen die Beziehungen zu den genannten drei Frauen scheitern. Immer wieder befand sich Franz im Zwiespalt zwischen dem Wunsch einer Ehe mit Kindern und 36 Vgl. Koch, Hans-Gerd: Franz Kafka - Briefe April S. Fischer Verlag, Talheim 2005, S.334, Z.31f ( ) Koch, Hans-Gerd: Franz Kafka - Briefe April S. Fischer Verlag, Talheim 2005, S.313, S.332ff Düsseldorf 2007, S.219ff, S.249 Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008, S.228ff, S.241f

48 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 48 von 92 dem Alleinsein mit seiner literarischen Leidenschaft. Diese dem Eheleben zu opfern, schien für ihn gänzlich unmöglich. Im August 1917 erleidet Kafka einen Blutsturz und erkrankt an Lungentuberkulose. In einem Brief vertraut er sich Ottla an, wobei ihm die Tragweite dieser todbringenden Krankheit nicht bewusst war: [I]n dieser Krankheit liegt zweifellos Gerechtigkeit, es ist ein gerechter Schlag, den ich nebenbei gar nicht als Schlag fühle sondern als etwas im Vergleich zum Durchschnitt der letzten Jahre durchaus Süßes, es ist also gerecht, aber so grob, so irdisch, so einfach, so in die bequemste Kerbe geschlagen. 37. Franz Kafka sieht diese Krankheit als Teil des Schicksals an; er glaubte so, der Notwendigkeit einer Ehe entfliehen zu können. Die Krankheit betrachtete er als Gerechtigkeit, die ihm widerfuhr, weil er 5 Jahre lang mit Felice um eine Einigung der Heirat gekämpft hatte. Ihm zufolge hatte er Felice soviel Leid zugefügt, dass ihm die Krankheit wie eine gerechte Strafe vorkam. Ihm war sicherlich in diesem Moment nicht bewusst, dass es sich um eine durchaus todbringende Krankheit handelte. Für ihn war ausschließlich der Gedanke, durch diesen Schicksalsschlag die Heirat und dem ganzen Druck, der durch die Eltern, die Verwandten und der Gesellschaft auf ihm lastete, entgehen zu können, vorrangig. Das Blut, das er beim Blutsturz vergoss, setzt Kafka gleich mit Blut, das auf einem Schlachtfeld, hier gleichbedeutend mit den 5 Jahren zähen Ringens um eine Hochzeit mit Felice, fließt. Gleichzeitig sieht er darin eine Chance, die Beziehung zu Felice endgültig zu beenden. Nicht er war der Schuldige, der dieser Beziehung ein Ende setzte, sondern die Krankheit. Wie schlimm muss der Gedanke an ein Eheleben sein, wenn man diesem eine Krankheit vorzieht. Das Tauziehen um die Ehe mit Felice endete mit einem Zusammenbruch Kafkas bei seinem Freund Brod, 37 Vgl. Koch, Hans-Gerd: Franz Kafka - Briefe April S. Fischer Verlag, Talheim 2005, S.313, Z.14ff ( ) Koch, Hans-Gerd: Franz Kafka - Briefe April S. Fischer Verlag, Talheim 2005, S.313, S.332ff Düsseldorf 2007, S.219ff, S.249 Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008, S , S.241f

49 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 49 von 92 nachdem er Felice ein letztes Mal zum Bahnhof brachte. Drängte sich bis dahin oftmals der Gedanke auf, Kafka wäre unfähig starke Gefühle zu zeigen, so wird man in dieser Situation eines Besseren belehrt. Sexualität Franz Kafkas erstes Mal mit einem tschechischen Ladenmädchen im Juli 1903 war ein einschneidendes Erlebnis für ihn. Wie er später Milena berichtet, empfand er diese sexuelle Begegnung als schmutzige und abscheuliche Angelegenheit. Dieses Ladenmädchen, mit dem er sich in einem Hotel vergnügte, sollte sein zukünftiges Sexualleben negativ beeinflussen. Unbewusst wurde wahrscheinlich zu diesem Zeitpunkt in seinem Unterbewusstsein der Grundstein für die Abneigung gegen zu starke körperliche und intime Nähe gelegt. Diese Grundeinstellung, dass Sex etwas Schmutziges und Anrüchiges beinhalte, hielt ein Leben lang an. Warum sich Kafka dieser Situation überhaupt ausgesetzt hatte und ironischerweise noch von Glück sprach, begründete er folgendermaßen: [ ] ich [hatte] endlich Ruhe [] vor dem ewig jammernden Körper, vor allem aber bestand das Glück darin, daß das Ganze nicht noch abscheulicher, nicht noch schmutziger gewesen war. 38. Noch bevor es zu dieser ersten sexuellen Begegnung mit einem Mädchen kam, wurde er mit der Sexualität seiner Eltern konfrontiert. Wie jedes Kind hatte Kafka vermutlich seine Vgl ( ) ( ) Koch, Hans-Gerd: Franz Kafka - Briefe April S. Fischer Verlag, Talheim 2005, S.313, S.332ff Düsseldorf 2007, S.45ff, S.53f, S.152, S.159ff, S.212, S , S.249, S.258 Pawel, Ernst: Das Leben Franz Kafkas. Carl Hanser Verlag, Regensburg 1986, S.95f, S.197, S.208 Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Entscheidungen. S. Fischer Verlag, Nördlingen 2008, S.9, S.33 Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008, S.228ff, S.241f Düsseldorf 2007, S.46, Z.6ff

50 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 50 von 92 Eltern als geschlechtslose Personen gesehen. Sie waren Vater und Mutter und er identifizierte sie nicht als Paar, das miteinander schlief. Tatsache ist, dass die Eltern das Zimmer ihres Sohnes durchqueren mussten, um ins eigene Schlafzimmer zu gelangen. Es war unumgänglich, dass Franz Kafka oftmals einen Blick in das elterliche Schlafzimmer warf. Seiner Verlobten Felice Bauer klagte er am 19. Oktober 1916 in einem Brief von dem sexuellen Ekel, den er verspürt bei dem Anblick des Ehebettes zuhause, der gebrauchten Bettwäsche, der sorgfältig hingelegten Nachthemden[, die ihn] bis nahe zum Erbrechen reizen 39. Nun stellt sich für den Leser natürlich die Frage, wie Kafka mit diesem Ekel und dieser krankhaften Ablehnung gegen Intimitäten eine ihm vorschwebende Ehe führen wolle. Ebenso unverständlich erscheint eine Aussage Kafkas, die er gegenüber Grete Bloch brieflich äußerte: Wenn ich mir Ekel erregen will, brauche ich mir nur vorzustellen, daß ich einer Frau den Arm um die Hüfte lege. 40. Wie unangenehm harmlose körperliche Nähe auf ihn wirkte, lässt sich aus diesem Zitat herauslesen. Geht man davon aus, dass auch Kafka mit seinen Bekannten einen freundschaftlichen Umgang pflegte, so dürften auch Umarmungen und Herzlichkeiten mit Frauen nicht ausgeblieben sein. Dass die Vorstellung von der Berührung einer weiblichen Hüfte seine Gefühlswelt derart ins Wanken brachte, ist nur schwer nachvollziehbar. Diese Reaktion Kafkas ist sehr ungewöhnlich, da es in der Jugendzeit Kafkas durchaus üblich war, dass man sich in Etablissements, wie das der Madame Goldschmidt, traf. Dieses Etablissement, auch Gogo genannt, war eines der bekanntesten Bordelle Prags. Laut Überlieferungen war auch Kafka mit 39 Pawel, Ernst: Das Leben Franz Kafkas. Carl Hanser Verlag, Regensburg 1986, S.96, Z.1ff Vgl. ( ) Düsseldorf 2007, S.45ff, S.53f, S.152, S.159ff, S.212, S.258 Pawel, Ernst: Das Leben Franz Kafkas. Carl Hanser Verlag, Regensburg 1986, S.95f, S.197, S.208 Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Entscheidungen. S. Fischer Verlag, Nördlingen 2008, S.9, S ( )

51 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 51 von 92 seinen Freunden und Bekannten Stammgast solcher Einrichtungen. Anfang des 20. Jahrhunderts war es üblich, als Jugendlicher solche Etablissements aufzusuchen und man kann behaupten, Kafka hatte mehr Kontakt zu Dirnen als zu Frauen seiner eigenen Gesellschaftsschicht. In den verschiedensten Büchern und Internetquellen wird immer wieder die These der Homosexualität Kafkas aufgestellt. Er selbst schürte diese Behauptung, indem er in seinem Reisetagebuch im Jahre 1912 einen Eintrag verfasste, welcher wie folgt lautet: zwei schöne schwedische Jungen mit langen Beinen, die so geformt und gespannt sind, daß man nur mit der Zunge richtig an ihnen hinfahren könnte. 41. Diese angebliche Homosexualität ist anzuzweifeln, da sich seine Beziehungsängste auf die Unvereinbarkeit von Ehe und Literatur beziehen und keineswegs auf homosexuelle Neigungen seinerseits. 41 Düsseldorf 2007, S.159, Z.34 - S.160, Z.1 Vgl. ( ) Düsseldorf 2007, S.45ff, S.53f, S.152, S.159ff, S.212, S.258 Pawel, Ernst: Das Leben Franz Kafkas. Carl Hanser Verlag, Regensburg 1986, S.95f, S.197, S.208 Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Entscheidungen. S. Fischer Verlag, Nördlingen 2008, S.9, S.33

52 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 52 von Gründung einer Familie "Heiraten, eine Familie gründen, alle Kinder, welche kommen, hinnehmen, in dieser unsicheren Welt erhalten und gar noch ein wenig führen, ist meiner Überzeugung nach das Äußerste, das einem Menschen überhaupt gelingen kann." 42 Diese Aussage Franz Kafkas steht im völligen Kontrast zu seiner absoluten schriftstellerischen Leidenschaft. Hielt er stets die Ordnung auf seinem Schreibtisch als unabdingbar, würde er dies mit der Gründung einer Familie ad absurdum führen. Kinder verursachen Unordnung und sein ohnehin strapaziertes Nervenkostüm hätte, dem, durch Kinder verursachten, Lärm sicher nicht standhalten können. Er bezeichnete sogar die elterliche Wohnung als Hauptquartier des Lärms 43. Bereits das einfache Geräusch des Aufklinkens einer Zimmertür beeinträchtigte seine Konzentration beim Schreiben. Da er die schriftstellerische Tätigkeit nur in seiner Freizeit ausüben konnte, wäre der Widmung seiner Familie nur sehr wenig Zeit bemessen gewesen. Sein Bedürfnis, die Schriftstellerei zu seinem Beruf zu machen, wäre an der finanziellen Absicherung gescheitert. Von der Publikation seiner Bücher hätte er zum damaligen Zeitpunkt sicher keine Familie ernähren können. Bis zu Kafkas Pensionierung war der Wunsch nach der Flucht aus dem Büro allgegenwärtig. Als der krankheitsbedingte Austritt aus der Firma erfolgt, ist er aufgrund der Tuberkulose nur noch eingeschränkt in der Lage, seiner Leidenschaft nachzugehen. Welch Ironie des Schicksals, dass Franz Kafka nach der Beendigung seiner Arbeit im Büro die erhaltene Zeit nur noch begrenzt für die Schriftstellerei nutzen konnte. Vgl ( ) Düsseldorf 2007, S.72f, S.81, S.86, S.284f Stach, Rainer: Kafka - Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008, S.38 ( ) Düsseldorf 2007, S.72, Z.20f

53 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 53 von 92 Der Gedanke an ein mögliches Familienleben ließ Kafka kaum zur Ruhe kommen. Die Vorstellung, nie das Gefühl genießen zu können, neben der Wiege des eigenen Kindes zu sitzen, war für ihn sehr schmerzhaft und qualvoll. Im Gegensatz dazu stand jedoch die Äußerung gegenüber Felice, in der er erwähnte, dass das Familienleben für ihn eine Einschränkung der einzelnen Person darstelle und er es aus diesem Grunde hasse. Hier macht sich die innere Zerrissenheit Kafkas folgenschwer bemerkbar. Letztendlich sind viele dieser auseinanderdriftenden Betrachtungsweisen in Bezug auf Familienleben und Ehe mitverantwortlich für das Scheitern seiner Liebesbeziehungen. Befand sich eine Bindung in einer schwierigen, fast schon trennungsrelevanten Phase, fühlte er sich unglücklich, schwächlich und unfähig jeglichen menschlichen Kontakt aufrechtzuerhalten. In einer solchen Situation schien ihm das Reden sogar mit Freunden wie eine Art Folter Die Frauen in Kafkas Leben Obwohl Franz Kafka immer wieder die Notwendigkeit des Schreibens in seinem Leben in den Vordergrund stellte, verspürte er oft das Verlangen nach weiblicher Gesellschaft. Der Wunsch, jemanden an seiner Seite zu haben, bestenfalls eine Frau, die ihn gänzlich verstünde und zu ihm hielte, war enorm groß. Damit meinte er höchstwahrscheinlich eine Frau, die in der Lage wäre, seine Leidenschaft zur Literatur zu respektieren oder gar zu teilen. Nicht immer musste Kafkas Verlangen nach Frauen erotischer Natur sein, sondern oft fühlte er sich im Beisein, vor allem junger Mädchen, frei und unbekümmert. Die Zeitabstände zwischen den einzelnen Bekanntschaften waren immer von kurzer Vgl. ( ) ( ) Düsseldorf 2007, S.57, S.72f, S.81, S.86, S.159, S.197, S.201, S.284f, S.303 Stach, Rainer: Kafka - Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008, S.38

54 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 54 von 92 Dauer und er war nie gegen weiblichen Umgang abgeneigt. Die Gelegenheit, vermehrt junge Frauen kennenzulernen, bot sich ihm bei seinen unzähligen Urlaubsund Geschäftsreisen sowie Sanatoriumsaufenthalten. Hatte er sich hier eingelebt, schloss er oft sehr schnell weibliche, mit unter sehr junge Bekanntschaften. Dazu zählen unter anderem die 16jährige Tile Rössler, eine Russin, die er in Riva kennenlernte, die 19jährige Sprachstudentin Hedwig Therese Weiler und die 18jährige Gerti Wasner. Zu Gerti Wasner fühlte er sich besonders hingezogen und glaubte im Nachhinein, dass er die kurze Zeit, die er mit ihr in Riva verbrachte, emotional mehr genoss, als die vielen Jahre mit Felice. Des Weiteren schreibt Kafka in seinem Tagebuch von sechs Mädchen im Sommer 1914: Gegenüber fast allen 6 habe ich fast nur innerliche Schuld, eine aber ließ mir durch jemanden Vorwürfe machen. 44. Es ist auffallend, dass es sich bei den Bekanntschaften jeweils um sehr junge Damen handelte, wobei Kafka deutlich älter war. Diese Tatsache erweckt den Anschein, dass sich Franz Kafka häufig zu jüngeren Frauen hingezogen fühlte. Viele dieser kleinen Episoden überschnitten sich mit festen Beziehungen, die er bereits eingegangen war. Offensichtlich nahm er das Zerbrechen der bestehenden festen Beziehungen in Kauf. Kafka, der emotional oft aus dem Gleichgewicht zu geraten schien, ging hier sozusagen über Gefühlsleichen. Er tat sich mit den jeweiligen Trennungen anscheinend sehr leicht. Vgl. 44 Vgl. ( ) Düsseldorf 2007, S.57, S.159, S.197, S.201, S.206, S.303 Düsseldorf 2007, S.206, Z.13ff ( ) ( ) Düsseldorf 2007, S.206, S.235, S.243 Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008, S.298

55 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 55 von 92 Der Umstand, dass die damalige Gesellschaft eine ernsthafte Beziehung zu einem sehr jungen Mädchen nicht geduldet und abgelehnt hätte, lässt darauf schließen, dass Kafka es gar nicht ernsthaft in Erwägung zog, eine festere Bindung zu den oben genannten Frauen einzugehen. In den Liebesaffären zu jüngeren Mädchen nahm Franz Kafka gern die Rolle des Lehrers und Ratgebers ein. Nur zu gerne teilte er ihnen seine Erfahrungen mit und oft blieb er mit der jeweils Angebeteten in brieflichem Kontakt. So auch mit der damals 19jährigen Minze Eisner, der er weiterhin sehr lange als väterlicher Ratgeber zur Seite stand. Hier zwängt sich dem Außenstehenden regelrecht die Frage auf, ob Kafka vielleicht in der Lage gewesen wäre, mit unreifen Frauen eine dauerhaftere und komplikationslose Beziehung einzugehen Kafkas wichtige Frauenbeziehungen Kafka hatte zeitlebens vier ernst zunehmende Beziehungen mit Felice Bauer, Julie Wohryzek, Milena Jesenská und Dora Diamant. Am 13. August 1912 lernte Franz Kafka bei seinem Freund Max Brod die vier Jahre jüngere, aus Berlin stammende Felice Bauer kennen, die er jedoch kaum wahrnahm. Ein Versprechen ihrerseits, mit ihm eine Reise nach Palästina zu unternehmen, nahm Kafka als Vorwand, um sich einen Monat später, am , bei ihr brieflich zu melden. Daraufhin begann ein intensiver Briefwechsel zwischen Prag und Berlin. Wie zermürbend und nervenaufreibend die nächsten fünf Jahre für Vgl. ( ) ( ) Düsseldorf 2007, S.98, S.100, S.235, S.243 Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008, S.298

56 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 56 von 92 Kafka und auch für Felice werden sollten, konnte er zu diesem Zeitpunkt nicht ahnen. Grund dafür war das geringe Interesse Felices an Kafkas Literatur und die nicht vorhandene Akzeptanz, diese Leidenschaft auch bei einer Heirat nicht aufgeben zu wollen. Umso unverständlicher erscheint die beharrliche Bestimmtheit Kafkas, diese Beziehung aufrecht erhalten zu wollen. In dieser Situation hätte man ihm eine Person an die Seite gewünscht, welche ihn dazu anstößt, konsequent zwischen Literatur oder Eheleben zu entscheiden. Ob er diesen Rat wohl auch angenommen hätte, bleibt fraglich. Kafka war ein gebildeter und studierter junger Mann und es ist befremdend, warum er nicht in der Lage war, zu erkennen, dass die Vereinbarkeit zwischen Ehe und Literatur bei ihm nie gelingen würde. Seine Vorstellung, Literatur habe die Priorität in seinem Leben und Ehe sei nur ein sogenanntes Beiwerk, musste unweigerlich scheitern. Aus Kafkas Tagebuchaufzeichnungen ist überliefert, wie sehr er sie trotz seiner innersten Zerrissenheit liebte. Ob Felice Bauer bereits mit Beginn des brieflichen Kontaktes Zuneigung für Kafka empfand, entzieht sich unserer Kenntnis. Da Felice zwischen dem 28. September und dem 23. Oktober 1912 keinerlei brieflichen Kontakt zu Kafka pflegte, drängt sich dem Leser augenblicklich die Frage auf, inwieweit Felice an einer ernst zunehmenden Beziehung interessiert war. Franz Kafka selbst überhäufte sie geradezu mit Briefen, in denen er ihr ausgiebig über seine schriftstellerische Tätigkeit erzählt. Ebenso schilderte er ihr in schonungsloser Offenheit seine Schwächen, die er auch ihrem Vater brieflich mitteilte: [E]r sei schweigsam, ungesellig, verdrossen, eigennützig, hypochondrisch und tatsächlich kränklich [und diese Verbindung wäre] vielleicht eher Liebe und Freundschaft als wirkliche Ehe. 45. Was ging wohl in den Gedankengängen Kafkas vor, als er diese Zeilen schrieb? Jeder Empfänger dieser Bankrotterklärung seitens Kafkas musste unweigerlich eine gewisse Antipathie gegenüber dem Absender hegen. War das vielleicht Kafkas Ansinnen? Wollte er mit dem Schlechtmachen seiner eigenen Person Felice den Schwarzen Peter 45 Vgl. Düsseldorf 2007, S.155, Z.19f, Z.31f Düsseldorf 2007, S.98, S.101ff, S.110, S.132, S.155, S.202

57 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 57 von 92 zuschieben und ihr somit die Entscheidung zum Beziehungsende überlassen. Felice, die Kafka zu diesem Zeitpunkt nur selten persönlich getroffen hatte, und hauptsächlich in brieflichem Kontakt zu ihm stand, nahm diese Äußerungen vermutlich als Übertreibung wahr. Nur so lässt es sich erklären, warum sie an der Beziehung festhielt und sie in die Verlobung einwilligte. Selbst so niederschmetternde Aussagen wie Du [wirst] niemals reine Freude von mir haben [ ], reines Leid dagegen 46 erschütterten diesen Entschluss nicht. In der heutigen Zeit wäre die Schlagzeile einer Boulevardzeitung über diese Liebesdokumentation: Das muss wahre Liebe sein!. Dass dies auf gar keinen Fall die wahre Liebe seitens Kafka sein konnte, zeigt die folgende Argumentation. Kafka stellte im Juli 1913 in seinem Tagebuch eine Gegenüberstellung von Pro- und Kontraargumenten bezüglich der Heirat mit Felice auf: Pro-Argumente Unfähigkeit, allein das Leben zu ertragen, [...]. Die Verbindung mit F. wird meiner Existenz mehr Widerstandskraft geben. Contra-Argumente [...] Gestern sagte meine Schwester: Alle Verheirateten (unserer Bekanntschaft) sind glücklich, ich begreife es nicht?, auch dieser Ausspruch gab mir zu denken, ich bekam wieder Angst. Ich muß viel allein sein. Was ich geleistet habe, ist nur ein Erfolg des Alleinsein. 46 Vgl. Düsseldorf 2007, S.132, Z.1f Düsseldorf 2007, S.98, S.101ff, S.110, S.132, S.155, S.202

58 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 58 von Tabelle Alles, was sich nicht auf Literatur bezieht, hasse ich, es langweilt mich, Gespräche zu führen [ ], es langweilt mich, Besuche zu machen, Leiden und Freuden meiner Verwandten langweilen mich in die Seele hinein. [...] Die Angst vor der Verbindung, dem Hinüberfließen. Dann bin ich nie mehr allein. Ich bin vor meinen Schwestern, [...] oft ein ganz anderer Mensch gewesen als vor anderen Leuten. Furchtlos, bloßgestellt, mächtig, überraschend, ergriffen wie sonst nur beim Schreiben. Wenn ich es durch Vermittlung meiner Frau vor allen sein könnte! Wäre es dann aber nicht dem Schreiben entzogen? Nur das nicht, nur das nicht! Allein könnte ich vielleicht einmal meinen Posten wirklich aufgeben. Verheiratet wird es nie möglich sein. Wie man deutlich erkennen kann, überwiegen hier Kafkas aufgelistete Gegenargumente. Glücklicherweise handelt es sich hierbei um einen Tagebucheintrag, den Felice vermutlich nie zu Gesicht bekam. Wie verletzend müsste es für sie gewesen sein, wie ein Gegenstand behandelt zu werden, bei dem in einer Gegenüberstellung eine Wertfeststellung stattfindet. Kafka versuchte für sich 47 Tabelle ( ) Vgl. Düsseldorf 2007, S.154

59 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 59 von 92 selbst zu ermitteln, ob Felice es wert sei, ihr seine Leidenschaft, die Schriftstellerei, zu opfern. Diese nüchterne Gegenüberstellung ähnelt einer Bilanz in der Geschäftswelt, nur dass hier die Lebensbilanz Kafkas aufgestellt wurde und Felice in dieser Lebensplanung einen sehr geringen Stellenwert einnimmt. Auch hier stellt sich wieder die Frage, weshalb Kafka nach dieser Feststellung immer noch an der Beziehung zu Felice festhielt. Als Antwort kann man nur vermuten, dass Kafka die Ernsthaftigkeit dieser Beziehung unterschätze, solange diese noch hauptsächlich brieflicher Art war. Dies war wahrscheinlich ein Zeichen für seine Angst vor zu viel Nähe- insbesondere weiblicher Nähe. Ähnlich seiner Lebensbilanz erstellte er später für Felice eine Art Gewinn-und- Verlust-Rechnung, was sie bei einer möglichen Heirat zu erwarten hätte: Felice [ ] büß[ ]e ihr bisheriges Leben ein, mit dem sie fast gänzlich zufrieden war : Berlin, das Büro, das [sie] freu[e], die Freundinnen, die kleinen Vergnügungen, die Aussicht, einen gesunden, lustigen, guten Mann zu heiraten, schöne gesunde Kinder zu bekommen, nach denen [sie sich] geradezu sehn[e]. 48. Felice musste auf diesen Brief sehr schockiert reagiert haben, da sie sich erst Wochen danach wieder bei Kafka meldete. Inwieweit Felice sich ernsthafte Gedanken über ihre Zukunft mit Franz machte, bleibt im Dunkeln. Lediglich ein Tagebucheintrag Kafkas gibt Auskunft darüber, dass sie glaube, er werde ein[ ] gute[r], liebe[r] Mann 49 werden. Betrachtet man diese Aussage genauer, so bedeutet dies nicht zwangsläufig, Kafka werde ihr guter, lieber Mann sein. Die Beschreibung guter, lieber Mann ist allgemeingültig und könnte jede weitere Beziehung Kafkas betreffen. Ebenso prophezeite er ihr eine Ehe, welche keinerlei Ähnlichkeit mit einem liebevollen Zusammenleben haben würde. Vgl Düsseldorf 2007, S.154 Düsseldorf 2007, S.147, Z.2ff Düsseldorf 2007, S.148, Z.2

60 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 60 von 92 Franz könne ihr nur eine Stunde am Tag opfern 50, da, wie bereits erwähnt, seine Literatur die Priorität seines Lebens darstelle. Hierbei ist Kafkas Wortwahl in Bezug auf sein künftiges Zusammenleben mit Felice negativ behaftet. Sobald man tiefe Zuneigung zu seinem Gegenüber verspürt, opfert man die Zeit nicht, sondern genießt diese. Hätte Franz Kafka ernsthaft eine Hochzeit mit Felice angestrebt, so muss man sich fragen, weshalb er ihr all die Nachteile einer Ehe mit ihm aufzählte. Jeder verliebte Mann versucht in solchen Situationen, seiner Angebeteten den Himmel auf Erden zu versprechen und sich selbst in den tollsten Farben zu präsentieren. Warum Kafka diesen Weg wählte, bleibt für immer sein Geheimnis und den nachfolgenden Generationen, die sich mit dem Phänomen Kafka auseinandersetzten und auseinandersetzen werden, verschlossen. Aufgrund dieser fast schon inakzeptablen Begebenheiten ist es keineswegs verwunderlich, dass Kafka des Öfteren Suizidgedanken hatte und diese Felice auch mitteilte. Diese drehten sich immer um das Problem der völligen Selbstaufgabe für die Literatur oder für die Entscheidung einer Familie. Trotz dieser quälenden Gedanken konnte er sich nicht gegen eine Heirat entscheiden. Die Liebe zu ihr habe ihn sozusagen aufgefangen und gerettet. Ob sich Felice in der Rolle der Retterin wohlfühlte, ist zweifelhaft. Auf jeden Fall bleibt ein fader Beigeschmack, ob es sich bei der Zuneigung zu Franz wirklich um Liebe, oder lediglich um Mitleid handelte. Vielleicht hatte sie auch Angst, bei Beendigung der Beziehung ihrerseits würde sie sich am möglichen Selbstmord Kafkas schuldig machen. Er selbst brauchte immer wieder die Bestätigung ihrer Liebe zu ihm. Einerseits wartete er sehnsüchtig auf ihre Briefe, andererseits ist er unglücklich, da er durch die Warterei nicht imstande ist, an seinen Werken 50 Düsseldorf 2007, S.154, Z.23f Vgl. ( ) Düsseldorf 2007, S.102, S. 111ff, S.116, S.131ff, S.127, S.142, S.146ff, S.151f, S.154, S.161, S.178ff, S.208, S.210, S.220ff Pawel, Ernst: Das Leben Franz Kafkas. Carl Hanser Verlag, Regensburg 1986, S.302, S.336

61 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 61 von 92 weiterzuarbeiten. Es ist ihm bewusst, dass die Liebe zu ihr ihn am Schreiben hindert. Die Angst, Felice beanspruche mehr Zeit, als er bereit ist zu opfern, breitete sich in ihm vermehrt aus. Bedenkt man die Tatsache, dass Kafka allein im Dezember Briefe an Felice schrieb, ohne die Briefe eingerechnet, die er an Freunde und Bekannte verschickte, ist der enorme Energieverlust, den Kafka für das Verfassen dieser Korrespondenzen benötigte, nicht verwunderlich. Felice sah keinen Fortschritt in der Beziehung zu Franz und gewann in ihrer Freundin Grete Bloch eine Person, die zwischen beiden intervenierten sollte. Es entstand ein reger Briefwechsel zwischen Grete und Franz, der sich im Laufe der Zeit immer mehr intensivierte. Die Briefe zu Grete wurden immer vertrauter und er teilte ihr mit, wie negativ er zur Ehe mit Felice stand. Grete wollte ihre Freundin vor einer solchen Ehe schützen und gab dieser die denunzierenden Briefe. Ein sehr emotionales Zusammentreffen im Askanischen Hof zwischen Kafka und Felice Bauer am 12. Juli 1914, bei dem auch Grete Bloch und Erna Bauer anwesend waren, sollte das Ende der Verlobung bedeuten. Trotz dieser Entlobung bestand der Kontakt über zwei Jahre weiter, bis sie sich erneut im Juli 1916 verlobten. In einem späteren Brief an Brod gestand er diesem seine Angst vor der ehelichen Zweisamkeit mit Felice und dem Ekel vor dem traditionellen Verlobungskuss. In all den Jahren hatte sich seine Einstellung zur Heirat nicht geändert. Warum er nochmals den Schritt der Verlobung wagte, der augenscheinlich mit der Ehe enden musste, lässt an einem gesunden Menschenverstand Kafkas zweifeln. Dennoch war Kafka von der nüchternen, offenen und innerlich ausgeglichenen Felice Bauer geradezu fasziniert Eigenschaften, die man ihm nicht unbedingt zuschreiben konnte. Seine Zerrissenheit bezüglich Felice verdeutlicht folgendes Zitat: Ohne sie Vgl. ( ) Düsseldorf 2007, S.102, S. 111ff, S.116, S.131ff, S.127, S.142, S.146ff, S.151f, S.154, S.161, S.178ff, S.208, S.210, S.220ff Pawel, Ernst: Das Leben Franz Kafkas. Carl Hanser Verlag, Regensburg 1986, S.302, S.336

62 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 62 von 92 kann ich nicht leben und mit ihr auch nicht. 51. Aufgrund der fortgeschrittenen Lungentuberkulose beendete er die Beziehung zu Felice im Dezember Die zweite Frau, mit der Kafka einen längeren Lebensabschnitt verbrachte und die sein Leben stark beeinflusste, war die damals 27-jährige Julie Wohryzek. Ihre Lebensfreude und Unbekümmertheit, welche sie mit frechen Jargonausdrücken zierte, faszinierten Franz Kafka enorm. Er bezeichnet sie als tapfere, selbstlose und durchaus ehrliche junge Frau, in deren Gesellschaft er das herzhafte Lachen erlernte. Wenn er in Julie eine solch beeindruckende Frau sah, weshalb erwähnte er sie nur sehr selten in Briefen an seine Freunde und in seinen Tagebucheintragungen? Julie Wohryzek war die einzige Frau, die Kafka ohne Umschweife erklärte, dass sie nicht heiraten werde und sie keinen Wunsch nach Kindern verspüre. Kafka hingegen entgegnete ihr, dass er nicht heiraten könne, da er sich als Mensch nicht in der Lage sah, diese Verantwortung auf sich zu nehmen. Dies beweise auch die Tatsache, dass er nach fünf Jahren Werben um Felice Bauer nicht in der Lage war, sie zu heiraten. Kafka musste sich eigentlich darüber im Klaren gewesen sein, dass er sich mit Julie und deren Einstellung vollkommen im Einklang befand. Aber wiederum kamen ihm Zweifel am sogenannten Junggesellenleben und der immer 51 Düsseldorf 2007, S.142, Z.30 Vgl. ( ) Düsseldorf 2007, S.102, S. 111ff, S.116, S.131ff, S.127, S.142, S.146ff, S.151f, S.154, S.161, S.178ff, S.208, S.210, S.220ff Pawel, Ernst: Das Leben Franz Kafkas. Carl Hanser Verlag, Regensburg 1986, S.302, S.336 Vgl. ( ) ( ) Düsseldorf 2007, S.233ff, S.242, S.244 Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008, S.293ff, S.302f, S.307, S.384ff, S.393

63 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 63 von 92 wiederkehrende Gedanke an eine glückliche, kinderreiche Familie holte ihn ein. Julie, die immer noch von einer zwanglosen, jedoch intimen Beziehung ausging, erschrak, als Kafka wiederholt von Ehe und Kindern spricht. Da sie ihn jedoch nicht verlieren wollte, willigt sie im Sommer 1919 einer Verlobung, die wahrscheinlich ohne Zeugen stattfand, ein. Franz Kafka bestellt das Aufgebot für die Hochzeit, die am 2. oder 9. November stattfinden sollte, mit der Begründung keine passende Wohnung gefunden zu haben, wieder ab. Kafkas Eltern sind entsetzt über die neue Liebe ihres Sohnes und geben Julie die Schuld am Scheitern der Beziehung zwischen Kafka und Felice. Die Eltern gehen sogar so weit Julie als temperamentvolles Flittchen 52 zu bezeichnen, was die Annahme stärkt, dass sie, wie zu dieser Zeit üblich, Auskünfte über zukünftige Heiratskandidatinnen eingeholt hatten. Nicht anders lässt es sich erklären, dass sie zu der Erkenntnis kamen, dass Julie eine Dirne sei. Deshalb ihre absolute Ablehnung gegenüber der neuen Verlobten ihres Sohnes. Ende 1919 plante Kafka mit Julie, nach München zu ziehen. Zu diesem Zeitpunkt entstand ein brieflicher Kontakt zu Milena Jesenská, die ihm mit der Absicht schrieb, einige seiner Bücher ins Tschechische übersetzen zu wollen. Daraufhin gab Kafka nach und nach das Vorhaben mit Julie ein neues Leben zu beginnen, auf. Als er sich in einem Sanatorium in Meran aufhielt, schien er Julie immer mehr zu vergessen und entlobte sich daraufhin im Jahre Der Grund für diese Entlobung gibt doch einige Rätsel auf. Selbst genaue Recherchen geben keinen Aufschluss über den exakten Trennungsgrund der beiden. Hatte Franz Kafka nun selbst den Prostitutionsvorwürfen gegen Julie seitens seiner Eltern Glauben geschenkt oder brachte ihn die neue briefliche Beziehung zu Milena derart aus dem Gleichgewicht, sodass er eine Heirat gänzlich ausschloss? Wie oberflächlich mussten Kafkas 52 Vgl. Düsseldorf 2007, S.234, Z.2 ( ) ( ) Düsseldorf 2007, S.233ff, S.242, S.244 Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008, S.293ff, S.302f, S.307, S.384ff, S.393

64 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 64 von 92 Gefühle gegenüber Julie gewesen sein, wenn ihn bereits drei Zusammentreffen mit Milena, welche anfangs lediglich beruflicher Natur waren, von den Zukunftsplänen mit Fräulein Wohryzek abhielten? Julie Wohryzek war von der überraschenden Entlobung zutiefst geschockt, da sie Franz vermutlich aus vollem Herzen liebte. Franz, welcher nach der Entlobung mit Felice die Einsicht gewann, dass Frauen ein solches Beziehungsende durchaus besser überstanden als angenommen, reagierte gefühlskalt auf die Verzweiflung Julies. Damit beendete er das zweite Kapitel seiner weiblichen Tragikbeziehungen. Das dritte Kapitel sollte von der verheirateten, vierzehn Jahre jüngeren Milena Jesenská, der einzigen Nichtjüdin, zu der Kafka eine Beziehung aufbaute, handeln. Franz lernte Milena in einem Prager Kaffeehaus kennen, wobei er später selbst erwähnte, ihre Anwesenheit und Gestalt nur flüchtig wahrgenommen zu haben. Milena, die Franz Kafka in schriftstellerischer Hinsicht ebenbürtig war, meldete sich bei dem Prager Schriftsteller, um einen Übersetzungsauftrag zu erhalten. Franz stimmte diesem Auftrag zu und war von ihrer Arbeit derart überwältigt, dass er sie kennenlernen wollte. Zunächst bestand diese Beziehung lediglich aus brieflicher Korrespondenz, fast gleichzusetzen wie damals mit Felice. Kafka musste sich Vgl. Vgl. ( ) ( ) Düsseldorf 2007, S.233ff, S.242, S.244 Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008, S.293ff, S.302f, S.307, S.384ff, S ende ( ) ( ) Düsseldorf 2007, S.244f, S.247, S.250, S.253, S.258, S.271 Pawel, Ernst: Das Leben Franz Kafkas. Carl Hanser Verlag, Regensburg 1986, S.451, S.459 Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008, S.352, S.364f, S.376ff, S.380ff, S.390, S.396ff, S.412

65 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 65 von 92 wahrscheinlich von Anfang an im Klaren darüber gewesen sein, mit Milena eine Frau gefunden zu haben, die im privaten wie im schriftstellerischen Bereich mit ihm auf einer Wellenlänge war. Mit ihr ging er eine Beziehung ein, obwohl er zu diesem Zeitpunkt noch mit Julie verlobt war. Die starke und temperamentvolle Milena Jesenská durchlebte einen ähnlichen Vater-Kind-Konflikt wie Franz, wobei sie die Initiative ergriff und sich nach unzähligen Streitigkeiten von ihrem Vater löste. Wie in Kafkas Leben üblich, schrieb er ihr nach einer gewissen Zeit nahezu täglich Briefe. Erneut lag vermutlich seine ganze Hoffnung darin, mit Milena eine Frau gefunden zu haben, die auf seine schriftstellerische Tätigkeit einen positiven Einfluss haben wird. Kafkas Briefe an sie wirken unbesorgt und unbefangen. Milenas Lebensfreude überträgt sich vorübergehend auf Kafka und linderte für kurze Zeit seine Hypochondrie. Er berichtete Milena von seinen Angstzuständen, die ihn immer wieder depressiv werden ließen und ihn am Schreiben hinderten. Das Vertrauen zu Milena war vermutlich viel intensiver als bei seinen vorherigen Beziehungen. Doch Kafka wäre nicht Kafka, wenn sich diese euphorische, briefliche Beziehung nicht dem gleichen Wandel wie in den vorherigen Frauenkontakten unterzogen hätte. In seinen Briefen kamen nun immer mehr seine übliche Zerrissenheit und die damit verbundene Selbstanklage zum Vorschein. Sein gesamtes Augenmerk war auf den Briefwechsel mit Milena gerichtet und sie erkannte, dass er sich immer mehr in diese von Briefen geprägte Scheinwelt flüchtete. Sie war jedoch der Meinung, die erlebte Wirklichkeit habe strikten Vorrang vor der brieflichen Scheinwelt. Kafka konnte auch durchaus romantisch sein. Dies zeigte er in einem Brief an Milena, worin er ihr seine Liebe beschreibt: Er liebe sie, so wie das Meer einen Vgl. ende ( ) ( ) Düsseldorf 2007, S.244f, S.247, S.250, S.253, S.258, S.271 Pawel, Ernst: Das Leben Franz Kafkas. Carl Hanser Verlag, Regensburg 1986, S.451, S.459 Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008, S.352, S.364f, S.376ff, S.380ff, S.390, S.396ff, S.412

66 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 66 von 92 winzigen Kieselstein auf seinem Grunde lieb hat, genau so überschwemm[e] [sie sein] Liebhaben 53. In Milena hatte er genau die Frau gefunden, die mit seiner Vorstellung von Liebe übereinstimmte, nämlich Liebe ohne Sex. Was man üblicherweise unter Sex versteht, hatte sie auf eine wegwerfende Art als halbe Stunde im Bett 54 bezeichnet. In anderen Berichten wird sie wiederum als leidenschaftliche Frau bezeichnet, welche auch die uneingeschränkte körperliche Zuneigung und Nähe bei Kafka suchte. Die letztere Beschreibung Milena trifft höchstwahrscheinlich eher zu, da Kafka auch diese Beziehung aus Angst vor zu viel Nähe beendete. Vermutlich war Milena bis zu diesem Zeitpunkt die einzige Frau in seinem Leben, die ihn bedingungslos liebte und ihn mit all seinen Facetten akzeptierte, darin eingeschlossen all seine Ängste. Bei ihr konnte er offen über seine Sexual- und Lebensangst sprechen und fühlte sich wahrscheinlich erstmals durch ihre Mut machenden Worte richtig verstanden. Da Kafka über Milenas Ehe unterrichtet war, muss man sich die Frage stellen, weshalb er mit ihr überhaupt eine Beziehung einging. Franz wusste über die Eheprobleme Milenas Bescheid. Er konnte jedoch nicht davon ausgehen, dass diese Vgl. Düsseldorf 2007, S.258, Z.24ff Düsseldorf 2007, S.258, Z.27 ( ) ( ) ende ( ) ( ) Düsseldorf 2007, S.244f, S.247, S.250, S.253, S.258, S.271, S.299, S.302ff, S.310f, S.313, S.323 Pawel, Ernst: Das Leben Franz Kafkas. Carl Hanser Verlag, Regensburg 1986, S.451, S.459, S.489f Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008, S.352, S.364f, S.376ff, S.380ff, S.390, S.396ff, S.412, S.555

67 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 67 von 92 unweigerlich zur Trennung der Eheleute und somit zu einer gemeinsamen Zukunft mit ihm führen würde. Vielleicht liegt aber gerade hier der springende Punkt. Aufgrund der Tatsache, dass Milena noch verheiratet war, konnte er sich sicher sein, nicht unverzüglich von einer Frau mit dem Thema Heirat in die Enge getrieben zu werden. Vgl. ende ( ) ( ) ende ( ) ( ) Düsseldorf 2007, S.244f, S.247, S.250, S.253, S.258, S.271, S.299, S.302ff, S.310f, S.313, S.323 Pawel, Ernst: Das Leben Franz Kafkas. Carl Hanser Verlag, Regensburg 1986, S.451, S.459, S.489f Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008, S.352, S.364f, S.376ff, S.380ff, S.390, S.396ff, S.412, S.555

68 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 68 von 92 Diese These ist allerdings leicht zu widerlegen, da Überlieferungen zufolge Kafka auf einer Heirat mit ihr beharrte und sie zur Trennung von ihrem Ehemann drängte. Dies schloss Milena jedoch aus, was er als Grund für die mangelhafte Nähe zwischen ihm und seiner Geliebten ansah. Da Milena ihren Mann nicht verlassen wollte, lösten Kafka und Milena Ende 1920 ihre Beziehung. Ihr Verhältnis zueinander war beendet, aber ihre Freundschaft sollte bis zum Tod Kafkas anhalten lernte Kafka seine letzte Lebensgefährtin Dora Diamant im Urlaubsort Müritz kennen. Sie sollte die Frau an seiner Seite sein, die ihn in seiner Krankheit bis zu seinem Tod begleitete. Mit ihrer Unterstützung gelang es Franz Kafka sich von der Familie zu lösen und seinen großen Traum, Prag zu verlassen, zu verwirklichen. Für sie war nur die Person Kafka und nicht der Schriftsteller Franz Kafka von Bedeutung. Diese Einstellung sollte sich auch nach dem Tod ihres Geliebten nicht ändern, da sie mit aller Macht versuchte, die Veröffentlichung seiner Manuskripte zu verhindern. Vermutlich lag ihr sehr viel an dem Schutz seiner Privatsphäre, was ihr Kafka höchstwahrscheinlich auch zu Lebzeiten nahe legte. Trotz dessen konnte sie die Veröffentlichung im Endeffekt nicht verhindern. Es ist bemerkenswert, dass sich die erst 25-jährige (einige Biographien weichen bezüglich des Alters ab) Dora Diamant der Aufgabe stellte, einen zu diesem Zeitpunkt bereits totkranken Mann zu pflegen. Vgl. ende ( ) ( ) Düsseldorf 2007, S.244f, S.247, S.250, S.253, S.258, S.271 Pawel, Ernst: Das Leben Franz Kafkas. Carl Hanser Verlag, Regensburg 1986, S.451, S.459 Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008, S.352, S.364f, S.376ff, S.380ff, S.390, S.396ff, S.412

69 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 69 von 92 In Dora fand Kafka endlich die ideale Frau fürs Leben, die mit ihm auf einer Wellenlänge lag. In seinen vorherigen Beziehungen debattierte Kafka stets mit seiner neuen Geliebten über eine eventuelle Eheschließung und über den Kinderwunsch. Außerdem war da stets die Angst, das Schreiben aufgrund einer Ehe einschränken zu müssen. Dora hingegen stellte das völlige Gegenteil zu den ehemaligen Bindungen dar. Sie tat Kafka mit ihrer Anwesenheit gut und war einfach nur da. Kafka konnte sich selbst sein und musste nicht befürchten ihren Anforderungen nicht gerecht zu werden. Es war Kafka sogar möglich zu schreiben, während Dora sich im gleichen Zimmer befand, was er bei anderen Frauen stets ausgeschlossen hatte. Selbst Max Brod, der die beiden besuchte, behauptete später, dass ihm sein alter Freund erstmals richtig glücklich erschien. Diesen Umstand schrieb Brod eindeutig der Anwesenheit Doras zu. Vgl. ( ) ( ) Düsseldorf 2007, S.299, S.302ff, S.310f, S.313, S.323 Pawel, Ernst: Das Leben Franz Kafkas. Carl Hanser Verlag, Regensburg 1986, S.489f Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008, S.555

70 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 70 von 92 Ihr ist es vermutlich zu verdanken, dass Kafka am Ende seines Lebens Interesse an seiner Familie, besonders an den Kindern seiner Schwester Elli, zeigt. Er, der sich früher über den Lärm spielender Kinder beschwerte, zeigt nun Teilnahme am Großwerden seiner Nichte und seinem Neffen. Scheint es doch wie eine Art Aussöhnung mit dem Thema Familie und Kinder zu geben, als Kafka die Endgültigkeit seines Lebens bewusst wird. Kurz vor seinem Tode beschließen Kafka und Dora zu heiraten, jedoch scheiterte dies an der Ablehnung Doras Vater. Dieser lehnte eine Ehe der beiden auf Anraten eines Rabbiners ab, da Kafka kein praktizierender Jude sei. Hätte dieser Rabbiner der Heirat zugestimmt, wäre Kafkas sehnlichster Wunsch Die Heirat in Erfüllung gegangen. In Doras Gegenwart vergaß er all die Zerrissenheit um Literatur und Heirat der letzten Jahre endlich war er glücklich. Fazit Die ständige Bindungsangst Kafkas ist vermutlich verantwortlich für die Trennungen und Entlobungen seiner tieferen Frauenbeziehungen. Indem er dem Schreiben erste Priorität in seinem Leben einräumte, stand er sich bezüglich der Gründung einer Familie selbst im Wege. Leider war es ihm nicht vergönnt, einen Konsens zwischen diesen beiden Kontrahenten zu schaffen. Nähe konnte er lediglich über briefliche Distanz aufbauen. Sobald eine Beziehung an einem Punkt angelangte, an dem verbindliche Treffen und Zukunftspläne geschmiedet wurden, holten Kafka stets Vgl. ( ) ( ) ( ) Düsseldorf 2007, S.299, S.302ff, S.310f, S.313, S.323 Pawel, Ernst: Das Leben Franz Kafkas. Carl Hanser Verlag, Regensburg 1986, S.489f Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008, S.555

71 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 71 von 92 seine Berührungsängste ein. Sah er in den Frauen immer eine Art Inspiration für das Schreiben, stellten diese oftmals das genaue Gegenteil dar. Mit Beginn einer Beziehung war er tagelang damit beschäftigt, in seinen Briefen seine ganze Lebensmisere darzulegen. Dies hielt ihn wiederum zeitlich von seinem literarischen Schaffen ab. Oftmals war er so mit seinem eigenen Elend beschäftigt, dass eine Schreibblockade durchaus mehrere Monate andauern konnte. Dem eigenen psychischen Druck Literatur und Heirat in Einklang zu bringen, wäre ihm mit Dora möglicherweise gelungen Julie Kafka Um das Verhältnis Franz Kafkas zu seiner Mutter Julie Kafka genauer interpretieren und analysieren zu können, muss man sich zunächst mit ihrer Biographie beschäftigen: Franz Kafkas Mutter, Julie Kafka, geborene Löwy, wurde 1856 in eine jüdische Unternehmerfamilie hineingeboren. Da Julies leibliche Mutter früh starb und ihre Stiefmutter die fünfjährige Stieftochter wie im Märchen Aschenputtel behandelte, musste diese bereits sehr früh für ihre fünf Brüder Sorge tragen. Sie klagte jedoch nie und lernte ihre Emotionen nicht nach außen zu zeigen. Wie ihr späterer Mann Hermann Kafka musste sie hart arbeiten und verlebte eine unglückliche und sorgenvolle Kindheit. Vgl. ( ) ( ) Düsseldorf 2007, S.15f, S.63f, S.87, S.108f, S.140f, S.181f Pawel, Ernst: Das Leben Franz Kafkas. Carl Hanser Verlag, Regensburg 1986, S.15ff, S.21 Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Entscheidungen. S. Fischer Verlag, Nördlingen 2008, S.132 Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008, S.338

72 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 72 von 92 Wie damals üblich lernte sie mithilfe eines Heiratsvermittlers ihren späteren Ehemann Hermann Kafka 1882 kennen. Nach der Hochzeit eröffneten sie mit Julies Aussteuer das kafkasche Galanteriewarengeschäft in Prag, in dem beide nahezu ihren gesamten Arbeitstag verbrachten. Dadurch hatten sie nur sehr wenig Zeit für ihre Kinder und waren gezwungen, die Kindererziehung in die Hände von Gouvernanten und Dienstmädchen zu legen. Die freundliche und ausgeglichene Art Julie Kafkas stellte einen völligen Kontrast zu ihrem herrschsüchtigen und unbeliebten Mann dar. Trotz allem war Julie ihrem Mann treu ergeben, da sie beide das gleiche Kindheitsschicksal durchlebt hatten. Mit dem Aufbau des Galanteriewarengeschäfts wollte das Ehepaar Kafka seinen Kindern das Fundament für eine spätere sichere Berufswelt erarbeiten und ihnen finanzielle Sicherheit bieten. Sollte sich dies in materieller Hinsicht bewahrheiten, so konnte Julie jedoch auf emotionaler Ebene ihren Kindern, allen voran Franz, nicht die notwendige Aufmerksamkeit und Zärtlichkeit geben, die sie benötigten. Trotz allem war sie ohne Zweifel eine gütige und liebevolle Mutter. Sie erkannte nicht, wie viel zusätzliche Liebe und Zuneigung ihr Erstgeborener gebraucht hätte. Außerdem war ihr nicht bewusst, wie sehr ihr Sohn unter diesem Aufmerksamkeitsdefizit litt und er sich von ihr wünschte, dass sie bei Streitigkeiten mit seinem Vater, Partei für ihn ergriffen hätte. Sicher liebte Julie Kafka ihre Kinder über alles, war jedoch nicht in der Lage, ihnen dies in zärtlicher Weise zu zeigen. Ein Beispiel dafür stellt eine Szene dar, in der Franz Mutter in dessen Zimmer tritt und ihm einen Gutenachtkuss geben will, was jahrelang nicht vorkam: So ist es recht, sagte ich. Ich habe es niemals gewagt, sagte die Mutter, ich dachte, Du hast es nicht gern. Aber wenn Du es gern hast, habe ich es auch sehr Vgl. ( ) Düsseldorf 2007, S.15f, S.63f, S.87, S.108f, S.140f, S.181f Pawel, Ernst: Das Leben Franz Kafkas. Carl Hanser Verlag, Regensburg 1986, S.15ff, S.21 Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Entscheidungen. S. Fischer Verlag, Nördlingen 2008, S.132 Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008, S.338

73 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 73 von 92 gern. 55. Die Gefühlskälte, die er als Kind erlebte, prägte ihn auch noch in späteren Jahren. Nur so lässt sich der Wunsch des 28-jährigen Kafka erklären, schwer krank werden zu wollen, um die liebevolle Umsorgung und den Trost seiner Mutter genießen zu können. Dieser abstrakte Wunsch versinnbildlicht das gesamte Gefühlschaos, in dem sich Franz Kafka befunden haben muss. Die Meinung, seine Mutter verstünde ihn und seine Leidenschaft für die Literatur in keinster Weise, sollte sich zeitlebens nicht ändern. Max Brod beschrieb in einem Brief an Kafkas Verlobte Felice seinen Blickwinkel in Bezug auf die Mutter-Sohn-Beziehung: Franzens Mutter liebt ihn sehr, [ ] aber sie hat nicht die leiseste Ahnung davon, wer ihr Sohn ist und was er für Bedürfnisse hat. Literatur ist >Zeitvertreib<! Mein Gott! 56. Franz Kafka erkannte, dass seiner Mutter nicht bewusst war, was seine Leidenschaft, die Literatur, wirklich für ihn bedeutete. Sie sah sein Schreiben lediglich als Freizeitbeschäftigung an und war der Meinung, mit einer Heirat würde sich die literarische Begeisterung legen. Ebenso würden sich in einer Ehe seine Angstzustände und Depressionen verlieren. Aufgrund der Tatsache, dass Kafka nie geheiratet hatte, lässt sich diese Vermutung nicht eindeutig bestätigen. Man kann wahrscheinlich auf das Beharren seiner Standpunkte während einer Ehe schließen, da Franz stets beteuerte, Literatur sei sein Lebenselixier. Nicht nur bei dem Thema Literatur vertraten Kafka und seine Mutter unterschiedliche Standpunkte: Auch wenn es um die Mitarbeit im elterlichen Galanteriebetrieb und der Prager Asbestwerke ging, waren sie sich nicht einig. Hier machte die Mutter Kafka Vorwürfe, er kümmere 55 Düsseldorf 2007, S.140, Z.34- S.141, Z.1 56 Düsseldorf 2007, S.15, Z.30ff Vgl. ( ) Düsseldorf 2007, S.15f, S.63f, S.87, S.108f, S.140f, S.181f Pawel, Ernst: Das Leben Franz Kafkas. Carl Hanser Verlag, Regensburg 1986, S.15ff, S.21 Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Entscheidungen. S. Fischer Verlag, Nördlingen 2008, S.132 Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008, S.338

74 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 74 von 92 sich zu wenig um die Asbestfirma und sei daher unter anderem verantwortlich für die Erkrankung und die Verbitterung des Vaters. Als Franz Kafka Selbstmordgedanken wegen Streitigkeiten um die Asbestfirma in einem Brief an seinen Freund Brod richtete, ist Max über diese Schreckensmitteilung so entrüstet, dass er sich heimlich in einem Brief an Julie Kafka wand. Diese reagierte ebenfalls geschockt und teilte Brod mit: Ich, die ich mein Herzblut für jedes meiner Kinder hergeben würde, um sie alle glücklich zu machen, stehe hier machtlos. 57 Wiederholt überwog die Angst um ihren kranken Mann, was sie dazu veranlasste, diese Angelegenheit hinter dessen Rücken zu regeln. Die Vereinbarung, jemand anderes solle an Kafkas Stelle die Überwachung der Asbestfirma übernehmen, sah Franz als beste Lösung an. Durch die Kindheit geprägt, war es für Julie Gewohnheit geworden, Probleme selbst zu lösen. Diese eigenständige Problemlösung erweiterte sie auf ihre Familie und versuchte stets, Konflikte von ihrem herzkranken Mann fernzuhalten. Auf diplomatische Weise versuchte sie Auseinandersetzungen zwischen dem Vater und den Kindern im Keim zu ersticken, statt zu lösen. Oftmals wurde dadurch keine Lösung des Problems erreicht, sondern nur ein Verlagern des Konfliktes auf eine andere Ebene und dies alles nur aus dem Grund, ihren Ehemann nicht zu verärgern. Dass diese Strategie auf längere Sicht keinen Erfolg haben konnte, war abzusehen und Franz warf ihr genau den Umstand vor, sich immer vor den Vater zu stellen. Ganz selbstverständlich musste bei Kafka das Gefühl geweckt werden, seine Gefühle seien unwichtig, Hauptsache der Vater werde nicht beunruhigt. Hätte Julie Kafka sich einmal durchringen können, eindeutig Partei für ihren Sohn zu ergreifen, 57 Düsseldorf 2007, S.108, Z.32ff Vgl. ( ) Düsseldorf 2007, S.15f, S.63f, S.87, S.108f, S.140f, S.181f Pawel, Ernst: Das Leben Franz Kafkas. Carl Hanser Verlag, Regensburg 1986, S.15ff, S.21 Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Entscheidungen. S. Fischer Verlag, Nördlingen 2008, S.132 Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008, S.338

75 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 75 von 92 wäre vielleicht die Beziehungsangst Kafkas gegenüber Frauen verringert worden. Ob diese These aufrecht erhalten werden könnte, ist fraglich, da es wahrscheinlich in Kafkas Wesen und seinen ganzen Charakterzügen lag, die gesamte Weltanschauung als bedrohlich zu empfinden. Die Zerrissenheit zwischen Einsamkeit und gewünschter Gemeinsamkeit bestimmten sein Leben und somit auch die Beziehung zu seiner Mutter Ottilie Kafka Kafkas Lieblingsschwester Ottilie Kafka, genannt Ottla, war eine weitere Frau in seinem Leben, die ihn für immer prägen sollte. Sie war die jüngste der drei Schwestern und arbeitete selbstlos im Galanteriewarengeschäft ihrer Eltern. Die Schwester-Bruder-Beziehung war sehr vertrauensvoll und geprägt von gegenseitiger Unterstützung. Vor allem in Konflikten mit ihrem Vater Hermann Kafka standen die Geschwister stets auf einer Seite und ergriffen füreinander Partei: Beispielsweise als Ottla sich zu Jahresanfang 1917 mit ihrem Vater im Streit um die Übernahme eines, von ihrem Schwager Karl Hermann aufgekauften Gutshofes im westböhmischen Zürau befand, wird das enge Verhältnis von Schwester und Bruder sichtbar. Entgegen Franz sonstiger Unterwürfigkeit gegenüber seinem Vater und seiner Trauer, Ottla als Vertrauensperson zu verlieren, stellte er sich schützend vor sie. Hermann Kafka Vgl. ( ) Düsseldorf 2007, S.15f, S.63f, S.87, S.108f, S.140f, S.181f Pawel, Ernst: Das Leben Franz Kafkas. Carl Hanser Verlag, Regensburg 1986, S.15ff, S.21 Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Entscheidungen. S. Fischer Verlag, Nördlingen 2008, S.132 Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008, S.338 Vgl. ( ) ( ) Düsseldorf 2007, S. 108, S.217, S.222f, S.234 Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008, S. 28, S.182ff, S.212, S.236, S.239, S.317

76 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 76 von 92 glaubte mit der Gutsübernahme Ottlas, eine wichtige und tüchtige Hilfskraft in seinem Galanteriewarengeschäft verloren zu haben. Franz Vorstellung, Ottla wäre eine bessere Mutter für ihn gewesen, als seine leibliche Mutter, lässt erahnen, wie wichtig Ottla für ihn als Bezugsperson war. Ihr konnte er all seine Probleme und Ängste anvertrauen und man kann annehmen, dass Kafka sich seine zukünftige Frau mit den Charaktereigenschaften Ottlas wünschte. Als Ottla letztendlich das Zürauer Gut bewirtschaftete, nahm sie ihren schwerkranken Bruder vom September 1917 bis April 1918 auf. In einem Brief an seinen Freund Max Brod beschrieb er seine Schwester wie einen heiligen Engel, auf den er stets bauen konnte: Ottla trägt mich wirklich förmlich auf ihren Flügeln durch die schwierige Welt. 58. In ihrer Obhut sollte und wollte er sich erholen vermutlich nicht nur von seiner Krankheit, sondern auch von der Tyrannei seines Vaters. Dieses friedliche Zusammenleben mit seiner jüngsten Schwester bezeichnete er als eine Art kleine[ ] gute[ ] Ehe 59. In dieser Zeit musste er sich vor Nichts und Niemandem rechtfertigen. Da er es stets gewohnt war, keinerlei Tätigkeiten im Haushalt zu übernehmen und Ottla ihn aufopferungsvoll umsorgte, war dies eine Art Ehe, wie es Kafka gefiel. Vgl. ( ) ( ) Düsseldorf 2007, S. 108, S.217, S.222f, S.234 Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008, S. 28, S.182ff, S.212, S.236, S.239, S Düsseldorf 2007, S.222, Z.22ff 59 Düsseldorf 2007, S.223, Z.1f

77 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 77 von 92 Die wohl einzige, funktionierende Ehe, die man sich in Zusammenhang mit Kafka vorstellen kann. Das Vertrauen Kafkas gegenüber seiner Schwester Ottilie ging sogar so weit, dass sie die einzige Person war, die er über seinen Blutsturz vom 9. auf den 10. August 1916 informierte. Ebenso war es Ottla, die die Aufgabe übernahm, den Vater von der Krankheit ihres Bruders zu unterrichten. Kafka hegte großen Respekt vor seiner kleinen Schwester, die den Mut hatte, sich den Anordnungen des Vaters zu widersetzen und einen Befreiungsschlag nach dem anderen durchführte. Sie setzte ihre Vorstellungen nicht nur bei der Gutsübernahme in Zürau durch, sondern auch bei ihren Heiratsabsichten mit dem tschechischen Christen Josef David blieb sie hartnäckig. Ihre Eltern verboten ihr diesen Umgang, doch Ottla setzte sich wie immer gegen ihren Vater durch. Ottla war es auch, die während Kafkas letzten Jahren Unterredungen mit seinen Vorgesetzten abhielt und sich vehement für dessen Pensionierung einsetzte. Der Kontakt zu seiner Lieblingsschwester brach bis zu seinem Tod nie ab. Ottla war immer auf Kafkas Seite und seine Verbündete. Nur einmal, als es Streit um die Mitarbeit Franzens in der Asbestfirma gab, fühlte er sich von ihr im Stich gelassen. Sie gab ihren Eltern recht, ihr Bruder müsse sich mehr um die Asbestfabrik kümmern. Kafka war über die fehlende und sonst immer vorherrschende Loyalität seiner Lieblingsschwester so entsetzt, dass er tatsächlich über Selbstmord nachdachte. Franz Kafka schien unendlich über diesen Vertrauensbruch entsetzt gewesen zu sein, wenn er mit einem solch drastischen Ausweg drohte. In der Nacht vom 7. auf den 8. Oktober 1912 schrieb Franz über diese Begebenheit einen Brief an Max Brod. Er schilderte ihm seine Enttäuschung, dem Druck und der Erwartungshaltung seiner gesamten Familie nicht standhalten zu können und vertraute Brod seine Selbstmordgedanken an. Er setzte diese glücklicherweise nicht Vgl. ( ) ( ) Düsseldorf 2007, S. 108, S.217, S.222f, S.234 Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008, S. 28, S.182ff, S.212, S.236, S.239, S.317

78 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 78 von 92 in die Tat um, jedoch am nächsten Morgen um 0.30 Uhr kam er zu dem Schluss, dass er sie alle der Reihe nach [hasse] 60. Der Zweite Weltkrieg beeinflusste ihr Familienleben negativ, da ihr Mann mit antisemitischen Äußerungen zunehmend die Beziehung belastete. Um nicht als christlich verheiratete Jüdin vor dem Konzentrationslager verschont zu bleiben, trennte sie sich 1942 von ihrem Ehemann. Ihr Glauben und ihre Nationalitätszugehörigkeit waren ihr vermutlich so wichtig, dass sie dasselbe Schicksal wie ihre Gleichgesinnten durchleben wollte. Kurze Zeit später wurde sie zunächst nach Theresienstadt, später nach Auschwitz deportiert, wo sie im Jahr 1943 ermordet wurde. Da man behaupten kann, dass Franz Kafka einige unglückliche Frauenbeziehungen hatte, war es für ihn sicher von großer Bedeutung, mit Ottla eine Person in seinem nächsten Umfeld zu wissen, die immer und uneingeschränkt für ihn da war ( ) Vgl. ( ) ( ) Düsseldorf 2007, S. 108, S.217, S.222f, S.234 Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008, S. 28, S.182ff, S.212, S.236, S.239, S.317

79 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 79 von Eigene Meinung 4.1 Meinung über Franz Kafka Dieses Leben scheint unerträglich, ein anderes unerreichbar. 61 Als ich über dieses Zitat von Franz Kafka stolperte, war ich doch ziemlich erstaunt, ja geradezu traurig darüber, wie eine Person ihr Leben als unerträglich ansehen kann. Auf dieser Welt gibt es so viele schöne Dinge zu sehen und zu erleben und trotzdem gibt es Menschen, die über ihre eigenen Sorgen die Vielfalt und Schönheit des Lebens übersehen. Sie sind auf ihre eigene imaginäre Traumwelt fixiert und verlieren jeglichen Bezug zu realen Beziehungen. Ihr Wunschdenken in Bezug auf ein besseres Leben scheint für solche Personen jedoch unerreichbar. Dieses bessere Leben muss nicht gleichbedeutend mit Wohlstand oder Luxus sein, sondern stellt für jede Person eine individuelle Lebensweise und Entfaltung dar. Bei Franz Kafka war dieses angestrebte Leben auf der einen Seite Heirat und Familie, auf der anderen Seite seine, für ihn, lebensnotwendige Literatur und die Einsamkeit. Diese beiden Sehnsüchte zu kombinieren, stellte für Kafka ein unüberbrückbares Hindernis dar. Bis auf die Ausnahme seiner letzten Beziehung zu Dora gab es jedoch nur ein Entweder-Oder. Die Einsicht, beides nicht auf einen Nenner bringen zu können, ließ Franz Kafka an seinem Dasein zweifeln. Ich hatte den Eindruck, dieser innere Prozess fraß ihn regelrecht auf und ermöglichte ihm nicht, sich einer Angelegenheit bedingungslos zuzuwenden. Manchmal kam mir die Person Kafka wie ein kleines, trotziges Kind vor. Anhand einer Metapher, wie Kafka es gerne tat, möchte ich diese These versinnbildlichen: Ein kleines Kind wünscht sich sehnlichst einen großen, leckeren Lutscher von seiner Mutter. Diese lehnt jedoch den Wunsch ihres Kindes rigoros ab. Das Kind bettelt und weint um die ersehnte Süßigkeit. Aufgrund seiner Beharrlichkeit lässt sich die Mutter schließlich erweichen und kauft das Wunschobjekt. Mit dem Erwerb schwindet jedoch ganz schnell das Interesse des Kindes am Lutscher. Ohne diesen eines 61 ( )

80 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 80 von 92 Blickes zu würdigen, lässt das Kind die ehemals ersehnte Süßigkeit links liegen und möchte nun ein Spielzeug, was die Mutter erneut ablehnt. Der entstandene Kreislauf beginnt von Neuem. Bei Franz Kafka war diese ersehnte Süßigkeit die Beziehung zu Frauen mit dem Ziel der Heirat und der Familiengründung. Dies war beispielsweise bei Felice Bauer der Fall, um die er jahrelang warb und kämpfte. Sobald es um konkrete Heiratsvorbereitungen und Familienplanungen ging und er sozusagen sein Ziel erreicht hatte, verhielt er sich wie jenes trotzige Kind, welches den Lutscher nicht mehr haben wollte. Kafka zog sich zurück und beendete die Beziehung. Im Fall Milena Jesenská reagierte Franz Kafka ähnlich, als diese sich weigerte, ihre bestehende Ehe zu beenden. Wie ein trotziges Kind setzte er der Beziehung schließlich ein Ende. Man kann nicht behaupten, dass er die Frauen links liegen ließ, jedoch hatte er sein Interesse an ihnen verloren. Mit Beendigung der jeweiligen Beziehung kam sofort das erneute Streben nach Partnerschaft und Familie auf. Zeitlebens ließ ihn der Wunsch nach uneingeschränktem Schriftstellerleben nicht zur Ruhe kommen. Diese Zerrissenheit prägte sein gesamtes Leben. Dreh- und Angelpunkt seines Handelns war die Überlegung, Schriftstellerleben und Familie in Einklang zu bringen. Von einem erwachsenen Menschen erwartet man mehr Urteilungskraft und die Einsicht, das Gewünschte sei nicht erreichbar. Immer wieder machte ich mir Gedanken, warum Kafka sich nicht bewusst war oder bewusst werden wollte, in welchem emotionalen Desaster er sich befand. War er all die Jahre so leichtgläubig zu denken, ohne eine Änderung seiner Denkweisen eine Frau an sich binden zu können, die auf der gleichen Wellenlänge war wie er? Welche Frau würde akzeptieren, dass die Priorität in seinem Leben die Schriftstellerei darstelle und Familie nur an zweiter Stelle stünde? Wie naiv muss man sein, diese Konstellation ernsthaft in Erwägung zu ziehen? Ausschließlich bei Dora Diamant war er dem, in seinen Augen, unerreichbaren Ziel näher gekommen. Ich hätte ihm gewünscht, die ihm verbliebene Zeit mit Dora Diamant wäre etwas länger ausgefallen. So jedoch war ihm nur ein kurzes Jahr vergönnt, in dem er Partnerschaft und Literatur verbinden konnte und man kann durchaus behaupten, er habe, nach seiner Vorstellung, nur ein Jahr richtig gelebt.

81 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 81 von 92 In Bezug auf Sexualität ist man nur auf Vermutungen angewiesen. Ich denke, man macht es sich zu einfach, wenn die Ursachen für seine starken Berührungs- und Beziehungsängste ihren Ursprung in einer schlechten Kindheit zu suchen sind. Müsste ein Analytiker und Psychologe aus der heutigen Gerichtswelt die schwierige Situation Kafkas beurteilen, käme dieser sicher zu dem Schluss, dass die Problematik des Zusammenlebens Kafkas mit Frauen durch ein Trauma in seiner Kindheit ausgelöst worden sein müsste. Dies lässt den Schluss zu, dass man Franz Kafka sinngemäß mit einem (Sexual-) Straftäter vergleichen könnte. Diese Aussage ist sehr gewagt und durchaus hart gewählt, doch in den Medien liest man immer wieder von Straftätern, die aufgrund erheblicher kindlicher Traumen eine gemilderte Haftstrafe zu erwarten hatten. Unser Rechtsstaat sieht nicht nur im Täter selbst eine Schuld, sondern in den Personen, die für ein besagtes Trauma verantwortlich sind. Würde man diese These auf Franz Kafka übertragen, wären Personen wie seine Eltern oder beispielsweise das Ladenmädchen, mit dem er sein Erstes Mal, das er als furchtbar und schmutzig in Erinnerung behielt, erlebte, Schuld an seinem sexuellen Verhalten. In diesem Fall müsste Kafka ebenfalls mildernde Umstände zugesprochen werden. Ich selbst bin jedoch der Meinung, solche Kindheitserlebnisse dürften nicht automatisch als sogenannte Traumen gewertet werden. Es kann davon ausgegangen werden, dass viele Jugendliche ihr Erstes Mal als weniger schön empfanden und es ebenso Konflikte mit den Eltern gab. Trotzdem heirateten diese Jugendliche und gründeten Familien. Ich kann mir vorstellen, Heranwachsende mit einem ohnehin labilen Nervenkostüm neigen eher dazu, alles übertrieben ernst zu nehmen. Wahrscheinlich war dies auch bei Franz Kafka der Fall. Dass das Familienleben ihn stark geprägt hat, ist nicht von der Hand zu weisen. Diesem jedoch die ganze Schuld am persönlichen Scheitern Kafkas zuzusprechen, wäre meiner Meinung nach falsch. Das Verhalten Franz Kafkas lässt sich ohnehin nur sehr schwer interpretieren. Beispielsweise lässt sich folgende Begebenheit aufführen: Als er vom 22. auf den 23. September 1912 sein Werk Das Urteil schrieb, gelang ihm dies in einer einzigen

82 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 82 von 92 Nacht. Dies ist deshalb ungewöhnlich, da Kafka laut seiner Biographie fast ausschließlich Fragmente von einzelnen Werken niederschrieb oder sogar gleichzeitig an mehreren Büchern arbeitete. In dieser Nacht gelang ihm jedoch ein kreatives, einzigartiges Meisterwerk, was sich in dieser Form nicht wiederholen sollte. Für mich stellte sich sofort die Frage, was der Auslöser für diesen Kreativschub Kafkas war. Wenn man in seiner Biographie nach diesem Datum sucht, kommt man zur Erkenntnis, dass dieser 22. September in den Zeitraum der ersten Korrespondenz mit Felice Bauer fiel. Die beginnende Beziehung zu Felice, wenn auch nur brieflicher Art, stellte vermutlich einen derart starken emotionalen Einschnitt in Kafkas Leben dar, dass sich dies in einem regelrechten Schreibfluss entlud. Ich könnte mir nur zu gut vorstellen, dass Kafka nun immer wieder bestrebt war, genau dieses Gefühl genießen zu wollen. Vermutlich setzte er sich selbst dermaßen unter Erfolgszwang, was eher zu einer Schreibblockade als zu einem literarischen Erfolg führte. Wir kennen dieses Phänomen schließlich aus eigener Erfahrung. Sobald wir uns selbst unter Druck setzen, eine bestimmte Sache besonders gut oder perfekt machen zu wollen, ist diese meist schon zum Scheitern verurteilt. Je mehr wir wollen, desto weniger erreichen wir. Vielleicht ist genau darin der Grund zu suchen, weshalb Franz Kafka die Beziehung zu Felice Bauer fünf Jahre lang aufrecht erhielt. Sein Wunsch diese einmalige Situation würde sich wiederholen, war sicherlich in Kafkas Gedanken ständig präsent. Andererseits schrieb Kafka über fünfhundert Briefe an seine damalige Geliebte Felice Bauer. Dazu kamen noch die Korrespondenzen zu seinen Freunden und Bekannten und die fast täglichen Tagebucheinträge. Warum sich sein ersehnter Wunsch nach Wiederholung dieses literarischen Meisterwerkes nicht erfüllte, liegt vielleicht darin begründet, dass er den Kopf für eine erneute schriftstellerische Glanzleistung gar nicht frei hatte. Trotz dessen hatte er stets das Gefühl, eine neue Beziehung würde eine neue Inspiration oder Muse darstellen. Vgl. ( ) Vgl. ( )

83 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 83 von Parallelität: Kafkas Leben Der Prozess In unserem Leben tauchen immer wieder Situationen auf, in denen wir versuchen, Parallelen zu anderen Geschehnissen oder Begebenheiten aufzubauen. So auch im Fall Franz Kafka und seinem Werk Der Prozess. Beschäftigt man sich zunächst mit der Biographie Kafkas und liest danach sein Buch, so kommt man immer wieder in die Lage, bestimmte Verhaltens- und Handlungsweisen des Autors Franz Kafka und dessen Hauptcharaktere, Josef K., zu vergleichen und gegenüberzustellen. Vielleicht macht man es sich zu einfach und begeht einen Fehler, wenn man ständig versucht, biographische Bezüge zu Kafka herstellen zu wollen. Sicherlich beabsichtigte Franz Kafka nicht bei jeder Textstelle, dass diese heute biographisch interpretiert und analysiert wird. Warum ist es nicht möglich, dieses Werk zu lesen, ohne irgendwelche Hintergedanken und Bezüge zu Kafkas Leben hegen und aufstellen zu wollen? Schon allein die Tatsache, wie viele unzählige Schriftsteller und literarische Analytiker sich darin versucht haben, das Leben Franz Kafkas zu interpretieren, ist erschreckend. So viele Bücher, wie es über Kafka gibt, so viele Interpretationsansätze und Meinungen existieren auch. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es im Sinn des Prager Schriftstellers war, sein Leben derart der Öffentlichkeit auszusetzen, wie dies nun der Fall ist. Nicht ohne Grund war es sein Wille, dass all seine Tagebucheintragungen und sonstige Aufzeichnungen nach seinem Tod vernichtet werden sollten. Somit setzen wir uns alle, die seine Werke und Tagebücher lesen, über seinen Willen hinweg. Eigentlich müsste sich jeder von uns fragen, wie er sich fühlen würde, wenn andere einfach in seinen Tagebuchaufzeichnungen lesen, ja sogar diese veröffentlichen würden. Man kann annehmen, dass niemand in solch eine Situation kommen möchte und diesen Wunsch hätte man vielleicht auch dem privaten Franz Kafka zugestehen müssen. Selbstverständlich wäre viel für die Nachwelt verloren gegangen, jedoch sollte die Menschlichkeit nicht ganz aus den Augen verloren gehen. Dass die berühmten Werke Franz Kafkas für jedermann zugänglich sind, ist begrüßenswert. Seine Tagebuchaufzeichnungen haben meiner Meinung nach nichts in der Öffentlichkeit verloren. Als Begründung für die Veröffentlichung seine privaten Hintergründe

84 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 84 von 92 anzugeben und aus den Aufzeichnungen Schlüsse für sein Handeln in bestimmten Situationen ziehen zu wollen, ist oft nur Vorwand. Warum kann man Franz Kafka nicht nur als ein guter Schriftsteller sehen, sondern muss immer wieder sein Leben, seine Kindheit und seine Beziehungen in Bezug zu seinen Werken bringen? Für mich stellt es einen ganz gravierenden Vertrauensbruch seitens seiner Freunde, allen voran Max Brod, dar, die für die Veröffentlichung seiner Niederschriften verantwortlich zeichneten. Einerseits kann sich die Nachwelt glücklich schätzen, dass das Erbe eines solchen besonderen Schriftstellers erhalten blieb, andererseits empfindet man Mitleid mit Kafka, da ihm nach dem Tod genau das widerfuhr, vor dem er in seinem Leben Angst hatte: Vertrauensmissbrauch. 4.3 Verfassen der Hausarbeit Bei dieser Hausarbeit ging ich nach dem gleichen Prinzip vor, wie vor einem Jahr bei der ersten Ausarbeitung. Ich wollte mir die Zeit so gut wie möglich einteilen und mit dem Zusammentragen einzelner Informationen und Bezugsquellen beginnen. Glaubte ich anfangs noch durch die Ähnlichkeit und Themenverwandtschaft der beiden Arbeiten eine Erleichterung beim Erstellen dieser Hausarbeit genießen zu können, wurde ich eines Besseren belehrt. Eine enorme Flut von Informationen über Franz Kafka nahm mir fast den Mut. Es war fast unmöglich, alle Quellen als Schreibhilfen heranzuziehen. Sämtliche angebotenen Bücher und Briefe zu lesen ist fast ein Ding der Unmöglichkeit. Zudem hatte jeder Autor meist eine andere und eigene Auffassung sowie Auslegung über das Leben, das Handeln, das Schreiben und der Gefühlswelt von Kafka. Zunächst vertiefte ich mich in die von Ihnen bereitgestellten Bücher, wofür ich die Sommerferien eingeplant hatte. Wenn andere auf ihren Sonnenliegen in Liebesromanen schmökerten, sah man mich im Sommerurlaub auf Mallorca in sehr ansprechenden Kafkabiographien vertieft. Ich machte bestimmt einen Supereindruck auf die anderen Urlauber. Nichtsdestotrotz war es fast unmöglich, aus jedem Buch das für mich Wichtigste und Wertvollste herauszufiltern. Es nahm unwahrscheinlich viel Zeit in Anspruch, auf einem

85 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 85 von 92 separaten Block Mitschriften anzufertigen, um diese später als Quellennachweise nennen zu können. Zunächst recherchierte ich im Internet nach geeigneten Sekundärliteraturen und Kafkabiographien. Über diese notierte ich mir Titel, Autor und Verlag. Als wir im Klassenverband im September die Würzburger Universitätsbibliothek besuchten, nutzte ich sogleich die Gelegenheit nach genau diesen notierten Büchern zu suchen. Hatte ich mir circa fünfzehn Werke aufgelistet, konnte ich jedoch nur fünf ausleihen. Wie ein Packesel sollte ich mich auf den Weg nach Hause begeben, da sich zwei dieser Bücher als wahre dicke Schinken entpuppten. Ärgerlich zudem, dass sich eines dieser Werke als nutzlos herausstellte. Nutzlos im Sinne von literarisch unverständlich und nicht für das Thema meiner Hausarbeit geeignet. Da mich jedoch einige recherchierte Titel sehr interessierten und ich die Prozedur einer Fernleihe umgehen wollte, kaufte ich mir drei weitere Werke. Dies hatte den Vorteil, dass ich mir Notizen auf den einzelnen Seiten vermerken konnte. Trotzdem war eine Mitschrift unumgänglich, was sehr zeitintensiv war. Im Vergleich zum Verfassen der Hausarbeit war der Zeitaufwand, den man zum Suchen nach Quellenangaben benötigte, weitaus höher als angenommen. Dies hieß, immer wieder die über zwanzigseitigen Mitschriften zu durchforsten. War ich anfangs davon überzeugt, den hohen Zeitaufwand gut kalkuliert zu haben, hatte ich trotz dessen oft das Gefühl vor einem Berg von Informationen zu stehen. Da ich bereits von der ersten Hausarbeit wusste, dass beim Schreiben und Zusammentragen der Informationen immer mehr neue Unterpunkte und Interpretationsansätze dazu kommen würden, war ich trotzdem über den immensen Zeitaufwand überrascht. Im Vergleich zu meiner ersten Hausarbeit, die nur das Werk Der Prozess umfasste, musste ich mich nun mit der Person Franz Kafka, mit dessen familiären Umfeld, den Frauen und seinem Prozess auseinandersetzen. Immer wieder kam ich an einen Punkt, wo ich mich dazu gezwungen fühlte, für mich manchmal wichtige Informationen zu ignorieren und rigoros zu kürzen, da es sonst den Rahmen der Hausarbeit absolut gesprengt hätte. Allein die Interpretation des Vater-Sohn- Konfliktes oder seine Beziehungen zu den Frauen wäre ausreichend gewesen, um jeweils eine ganze Hausarbeit anfertigen zu können. Bei den drei Themen meiner

86 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 86 von 92 Hausarbeit gab es so viele wichtige Informationen, die ich unbedingt in meine Arbeit mit einbringen wollte. Hätte ich sie nicht berücksichtigt, wäre da das Gefühl gewesen, meine Hausarbeit wäre unvollständig. Dies hat zur Folge, dass Sie, Herr Schenck, sich nun mit 97 Seiten abmühen müssen. Im Nachhinein kann ich behaupten, dass es durchaus leichter fällt, eine Person zu beurteilen, einzuschätzen, zu kritisieren und zu bewerten, wenn es sich dabei um eine erfundene, abstrakte Romanfigur handelt. Eine reale Person, wie Franz Kafka, zu charakterisieren und diese mit ihrem gesamten Verhalten zu ergründen, fällt weitaus schwerer. Kann man sich überhaupt wirklich in diese Person hineinversetzen? Ist es nicht geradezu anmaßend, deren Empfindungen bei bestimmten Situationen zu interpretieren und zu beurteilen? Dies stellte für mich eine große Herausforderung dar. Die enorme Anzahl von Briefen, die Kafka während seines Lebens, insbesondere an Felice Bauer, schrieb, beeindruckte mich sehr. Bedenkt man, wie viele Briefe (manchmal täglich mehrere) und wie viele Seiten (einmal sogar 38) Kafka geschrieben hatte, bekommt man sofort den ersten Eindruck: Das muss wahre Liebe sein!. Ständig den Anderen vor Augen, ständig wartend, wann der nächste Brief kommt. Später jedoch kommt man zu der Erkenntnis, diese Aussage revidieren zu müssen, da sich diese Szenen bei allen Frauenbeziehungen wiederholen und man ihm das Verliebtsein nicht mehr so recht glauben kann. Diese Anmaßung und Beurteilung steht uns allerdings nicht zu. Auf den ersten Seiten von Die Jahre der Entscheidung wird darauf hingewiesen, wie gefährlich es sein kann, alles genau analysieren und beurteilen zu wollen. Dass man nicht alles mit dem Aspekt, wie Kafka gelebt und was ihn geprägt hat, sehen darf, sondern die Geschichte Der Prozess für sich allein stehen lassen und diesen auch ohne Vorbehalt über die Person Kafka lesen sollte. Dieser Meinung des Autors Rainer Stach schließe ich mich an. Ich vertrete den Standpunkt, Interpretationen von Büchern und Texten sind in Ordnung, jedoch das Leben eines Menschen interpretieren zu wollen, ist für mich aufgrund der Wahrung von Privatsphäre inakzeptabel. Ob die Person Kafka nun wirklich so war, wie an einigen Stellen

87 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 87 von 92 beschrieben, entspringt wahrscheinlich häufig nur der Fantasie der Autoren, da weder Zeitzeugen noch Fotos oder ähnliche Beweise dies untermauern könnten. Zu oft bleibt einfach nur ein Vermuten, was dem Ganzen jedoch nicht gerecht wird und bestimmte Situationen falsch belichtet. Ein Beispiel dafür stellen die Spekulationen über seine angebliche Homosexualität dar. Da diese lediglich auf Vermutungen basieren, ging ich auch nicht weiter darauf ein. Und nun soll eine kleine Zwölftklässlerin wie ich den Mut haben, das persönliche Leben Kafkas zu durchpflücken, um auf Details aufmerksam zu werden, die ihn einerseits, ohne Frage, sehr stark geprägt haben und ihn andererseits, gerade deshalb, bestimmte Momente in seinen Geschichten verarbeiten ließ. Konnte ich mir zutrauen, einen so außergewöhnlichen und mythosumrangten Schriftsteller zu beurteilen? Es überraschte mich, wie viele Situationen, die im täglichen Leben von Kafka auftraten, sein Schreiben direkt beeinflussten. Ist dieses Hintergrundwissen beim ersten Lesen vom Prozess noch nicht gegeben, liest und interpretiert man dieses Werk mit ganz anderen Augen. Hat man sich mehr und mehr mit der privaten, beruflichen und gesellschaftlichen Person Franz Kafka auseinandergesetzt, erscheint sein Roman in ganz anderem Licht lässt bestimmte Kapitel ganz anders dastehen. Nun wird mir auch die Kritik an meiner letzten Hausarbeit verständlich, wonach ich K.s Prozess und dementsprechend auch Kafkas Prozess nicht psychologisch interpretierte. Immer wieder stieß ich beim Recherchieren für diese Hausarbeit auf Textstellen, die mich doch sehr verblüfften und die mich fragen ließen, wie weit die Wissenschaft in Sachen Laboruntersuchungen von Manuskripten Kafkas gehen. Ich finde es nahezu absurd, wenn sich Wissenschaftler damit abmühen, herauszufinden, ob es sich bei den Manuskripten um eine rechte oder linke Seite handelt. Es ist in der heutigen Zeit tatsächlich möglich, anhand von Höhe, Breite und Farbe des Papiers festzustellen, zu welchem Zeitpunkt Franz Kafka die jeweiligen Seiten beschrieben hatte. So war die Tatsache gegeben herauszufinden, in welchem genauen zeitlichen Ablauf er einzelne Fragmente schrieb. So konnten Vermutungen reduziert werden, die man

88 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 88 von 92 aufgestellt hatte, wann einzelne Manuskripte verfasst wurden. Der Literaturwissenschaftler Malcom Pasley bringt dadurch den Beweis, wann die Niederschrift vom Prozess datiert werden kann. Ich fand die Auseinandersetzung mit Kafkas Leben interessanter, als ich zunächst annahm. Eine Psychoanalyse anfertigen zu müssen, schreckte mich anfangs ab und ich war nicht sicher, ob ich diese riesige Herausforderung meistern würde. Nun, bei den letzten Schlussformulierungen fällt mir ein Stein vom Herzen und ich bin auch ein Stück weit stolz auf mich, diesen Berg an Arbeit überwunden zu haben. Es gibt zwei Möglichkeiten. Entweder du stellst dir vor, du schaffst es. Oder du stellst dir vor, dass du es nicht schaffst. Und genauso wird es kommen. Wir sind das, was wir zu sein glauben und woran wir glauben. Das Glück kommt nur zu Menschen, die daran glauben. An etwas glauben heißt: es wird passieren Henri Ford 62 Lichtenauer, Anton: Gönn dir einen Stern- Himmlisches im Alltag finden. Herder spektrum, Freiburg im Breisgau 2000, S. 270

89 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 89 von Literaturverzeichnis Literatur Primärliteratur Kafka, Franz: Der Prozess. Hamburger Leseheft Verlag, Husum 2008 Sekundärliteratur Binder, Hartmut / Parik, Jan: Kafka Ein Leben in Prag. Mahnert-Lueg, Gütersloh 1982 Binder, Hartmut: Kafkas Welt - Eine Lebenschronik in Bildern. Rowohlt Verlag GmbH, Gütersloh 2008 Koch, Hans-Gerd: Franz Kafka - Briefe April S. Fischer Verlag, Talheim 2005 Mittelberg, Ekkehart: Franz Kafka - Der Prozeß. Cornelsen, Berlin 2003 Düsseldorf 2007 Pawel, Ernst: Das Leben Franz Kafkas. Carl Hanser Verlag, Regensburg 1986 Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Entscheidungen. S. Fischer Verlag, Nördlingen 2008 Stach, Rainer: Kafka- Die Jahre der Erkenntnis. S. Fischer Verlag, Leck 2008 (Eingefügte Bilder wurden aus den oben genannten Büchern entnommen) Internet C3%BCndung+asbestwerke+kafka&source=bl&ots=XRzd4TOHqu&sig=vUTdHUp T2kqWCvQRZECTBJcObPE&hl=de&ei=eef2SqObEpOKnQOttLSsAw&sa=X&oi=b ook_result&ct=result&resnum=1&ved=0cagq6aewaa#v=onepage&q=gr%c3%b Cndung%20asbestwerke%20kafka&f=false ( ) Wachtpostens#v=onepage&q=Schritt%20eines%20Wachtpostens&f=false ( )

90 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 90 von 92 ( ) ( / / ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ID xml ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( )

91 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 91 von 92 ( / / / / / ) ( ) ( ) ( ) %3FID%3D5894+entlobung+felice+bauer+31&cd=1&hl=de&ct=clnk&gl=de ( ) Hintergrundbilder Eheringe: ( ) Hintergrund Deckblatt: ( ) & ( ) Biographische Bezüge Hintergrund: Kafka, Franz: Der Prozess. Hamburger Leseheft Verlag, Husum 2008 (Deckblatt) Die Dienstmädchenthese: ( ) Gerichtsparallelen: ( ) Die Erziehung durch den Vater: ( ) Die Schuldfrage im Vater-Sohn-Konflikt: ( ) Gründung einer Familie: ( ) Unterschrift Kafka: ( )

92 / Deutsch / Literatur / Kafka: Der Prozess / Seite 92 von Selbstständigkeitserklärung Ich erkläre hiermit, dass ich die Facharbeit ohne fremde Hilfe angefertigt und nur die im Literaturverzeichnis angeführten Quellen und Hilfsmittel benutzt habe. Ort, Datum Schülerin Isabel Klebes IsabelKlebes@gmx.de

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