Stichprobe vs. Vollerhebung
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- Elke Schmitt
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1 Stichprobe vs. Vollerhebung Seminar Inferenzstatistik Referent: Hannes Holtermann Dresden,
2 Stichprobe vs. Vollerhebung Gliederung 1.Einleitung 2.Grundgesamtheit und Stichprobe 3.Beispiel Lotto 4.Beispiel Geschlechterratio 5.Nullhypothese 6.Kausalität 7.Ewige Tabelle 8.Zusammenfassung 9.Fazit TU Dresden, Inferenzstatistik Folie 2 von 21
3 1. Einleitung Machen Signifikanztest oder die Berechnung von Konfidenzintervallen bei Vollerhebungen Sinn? Welche Bedingungen setzt der Signifikanztest voraus / Welche Grenzen der Interpretation der Ergebnisse sind durch ihn gegeben? Statistische Inferenz bedeutet keine kausale Inferenz Kausale Inferenz stellt einen induktiven Schluss da, aus dem der statistische Zusammenhang deduktiv abgeleitet werden kann. TU Dresden, Inferenzstatistik Folie 3 von 21
4 1. Einleitung 1. Ist das, was wir beobachten, auch das, was der Fall ist? Oder einfacher: Was ist der Fall? 2. Ist das, was nach unseren Beobachtungen der Fall zu sein scheint, notwendig der Fall (aufgrund des Vorliegens bestimmter Bedingungen ) oder könnte es (bei Vorliegen der gleichen Bedingungen) auch nicht der Fall sein? Anders ausgedrückt: Warum ist etwas der Fall, anstatt nicht der Fall zu sein? Bei normalen Stichproben sind beide Fragen möglich Bei Vollerhebungen ist die erste Frage unsinnig, da der Fall durch die Vollerhebung bestimmt wird Warum Frage ist unklar TU Dresden, Inferenzstatistik Folie 4 von 21
5 2. Grundgesamtheit und Stichprobe Grundgesamtheit: Ausschnitt der Wirklichkeit über den wir etwas erfahren wollen Alle Einheiten über die man eine Aussage macht Stichprobe: Alle Einheiten die der Forscher untersucht um zu einer Aussage zu kommen Verallgemeinerung dieser um auf Grundgesamtheit zu schließen TU Dresden, Inferenzstatistik Folie 5 von 21
6 2. Grundgesamtheit und Stichprobe Jedes Element hat die gleiche Wahrscheinlichkeit in die Stichprobe zu gelangen Stichprobenziehung = wiederholte Durchführung des selben Zufallsexperiment Ergebnis ist eine Zufallsvariable Summe der Werte einer Stichprobe = Summe der Werte von identisch verteilten Zufallsvariablen Wenn Stichprobe als Vollerhebung gilt = Grundgesamtheit Aber Grundgesamtheiten müssen aus endlicher Menge von Elementen bestehen, finit sein TU Dresden, Inferenzstatistik Folie 6 von 21
7 2. Grundgesamtheit und Stichprobe Hypothetische Grundgesamtheiten: Ergebnisse von Zufallsexperimenten sind unendlich groß Streng genommen: Eine hypothetische Grundgesamtheit der Ergebnisse eines Zufallsexperiments kann aus rein logischen Gründen niemals als Vollerhebung realisiert werden. Zufallsexperimente werden trotzdem als Vollerhebungen genutzt. Wie lässt sich dieser Widerspruch klären? TU Dresden, Inferenzstatistik Folie 7 von 21
8 3. Beispiel Lotto Zufällige Ziehung Vorhanden Vollerhebung über einige Jahre Vollerhebung = größtmögliche / vollständige Stichprobe aus dem zugänglichen Datenmaterial Es können nur Lottoziehungen aufgenommen werden, die auch stattgefunden haben Was ist die Fragestellung? Interessant wenn Vollerhebung Stichprobe aus einer hypothetischen Grundgesamtheit ist: Warum kommt eine Zahl öfters als die andere vor? Wahrscheinlichkeit errechenbar aber nicht beeinflussbar TU Dresden, Inferenzstatistik Folie 8 von 21
9 3. Beispiel Lotto Echte Stichprobe Eine Stichprobe von vielen real möglichen Vollerhebung Einzig mögliche Stichprobe unter der Restriktion, dass alle verfügbaren Fälle aufgenommen werden sollen Generisierungsprozess hätte auch andere Daten auswerfen können Vollerhebung = Stichprobe, wenn Realisierung einer konkreten Wirklichkeit aus einer unendlichen Vielzahl von potenziell möglicher Wirklichkeiten versteht Universum der potenziell möglichen Wirklichkeiten = eigentliche Grundgesamtheit TU Dresden, Inferenzstatistik Folie 9 von 21
10 4. Beispiel Geschlechterratio John Arbuthnot 1710 Geburtstafeln = Geschlechterratio nicht 1/1, Jungen haben leichten Überschuss In unserem Sinne keine echte Vollerhebung, da die Struktur der Wirklichkeit zu Grunde liegt Nullhypothese 1/1 = stochastische Fiktion Test (Beobachtungen): durch Zufallsergebnisse entstanden, stellen aber fest, Beobachtungen treten nur mit geringer Wahrscheinlichkeit auf TU Dresden, Inferenzstatistik Folie 10 von 21
11 4. Beispiel Geschlechterratio Schätzen: Konfidenzintervall des zu schätzenden Parameters unter Annahme des Zufallsprozess, der nicht in Frage gestellt wird Bei Annahme anderer Geschlechtsratio Schwankungen gar nicht so unwahrscheinlich Mit Zunahme des Komplexitätsgrad nähert sich die Wahrscheinlichkeit immer stärker der 0 Jede konkrete Realität könnte für unmöglich tituliert werden Die Wahrscheinlichkeit vor einigen Jahren, das etwas stattfinden wird ist ~= 0 TU Dresden, Inferenzstatistik Folie 11 von 21
12 5. Nullhypothese wenn von Bedeutung, sollte sie Chance zum überleben haben, ansonsten ist sie wertlos Ablehnungsbereich Klasse von Einzelereignissen die inhaltlichen stärksten Kontrast zur Nullhypothese haben = Ausprägung des Signifikanzniveau Ablehnungsbereich von Nullhypothese abgeleitet: was wenn Annahmen willkürlich sind? = Ablehnung Nullhypothesen Strohmanns? Wenn Annahmen von Nullhypothese nicht Wirklichkeitsnahe Alternative zur wirklichen Hypothese sind, hilft dann die Zurückweisung? TU Dresden, Inferenzstatistik Folie 12 von 21
13 6. Kausalität Jede Beziehung von Variablen mit statistischer Relevanz muss auf Relationen kausaler Relevanz zurückzuführen sein (Salmon 1998). Jede Korrelation ist bedingt durch eine kausale Verknüpfung, aber nicht durch ein Kausalverhältnis zueinander; auf 3. gemeinsamen Faktor zurückzuführen Um Korrelation interpretieren zu dürfen, wird eine theoretische Begründung für den Kausalmechanismus benötigt, der in der Lage wäre diese Art von Korrelation hervorzurufen TU Dresden, Inferenzstatistik Folie 13 von 21
14 6. Kausalität Kausalmechanismus vor der Durchführung des Signifikanztest = Explorative Analyse Danach = konfirmatorische Analyse Dicke des Kausalfadens = Korrelation Wenn von Vollerhebung auf die Kausalstruktur der Welt geschlossen wird (die stochastisch modelliert wird): Kausalbeziehungen können sich ändern, die Welt unterliegt Trends Geltungsbereich zeitlich und räumlich beschränkt TU Dresden, Inferenzstatistik Folie 14 von 21
15 7. Ewige Tabelle Fußball Frage wer ist der Beste? Bayern München 1. Platz HSV 2. Platz Vollerhebung Spiele / Siege Versuch Spielstärke und Spielqualität zu ermitteln Korrelation zwischen bestimmten Mannschaften und hoher Siegesquote ist nicht kausal TU Dresden, Inferenzstatistik Folie 15 von 21
16 7. Ewige Tabelle Signifikanztest durchführbar und Ergebnisse innerhalb eines Theorierahmens sinnvoll Es ist Signifikant, sagt der Test, es ist, was es ist, sagt die Deskription. Aber bei Signifikanztest der Vollerhebung, im Vergleich zur Stichprobe ändert sich das Analyseziel Erster Platz ist signifikant aber nicht verallgemeinerbar für zukünftige Ergebnisse TU Dresden, Inferenzstatistik Folie 16 von 21
17 8. Zusammenfassung Logik des Signifikanztest und der Konfidenzintervalle beruht auf Konzept des Zufallsprozesses Ausweitung auf Vollerhebung möglich solange diese durch stochastisches Element gekennzeichnet sind Aber Interpretation ändert sich: Wie ist der datengenerierende Prozess beschaffen Welchen Anteil an der Fehlervarianz hat er Wie kann man die Testergebnisse interpretieren TU Dresden, Inferenzstatistik Folie 17 von 21
18 9. Fazit Keine eindeutige Lösung: Für jeden Fall muss einzeln und aufgrund von theoretischen Überlegungen entschieden werden, wie sinnvoll Signifikanz oder Konfidenzintervalle sind Trennlinie ist nicht zwischen Vollerhebung oder normaler Stichprobe, sondern in wie weit Fragestellung, Untersuchungsdesign und Datenstruktur sinnvolle Ergebnisse zulassen Argumentation offen legen und bei der Interpretation Vorsicht walten lassen TU Dresden, Inferenzstatistik Folie 18 von 21
19 9. Sinn oder Unsinn bei der Vollerhebung Kann es eine Vollerhebung geben, die die gesamte Grundgesamtheit abdeckt? Nicht alle Personen nehmen Teil (Aussage verweigert) Messfehler entstehen Interviewereffekte z.b. durch dessen Aussehen/Auftreten Beeinflussung des Probanden Antwortenverhalten ist zufällig TU Dresden, Inferenzstatistik Folie 19 von 21
20 9. Sinn oder Unsinn bei der Vollerhebung Für die Anwendung von Signifikanztest sprechen: Stochastizität z.b. Berechnung der Streuung Berücksichtigung des Messfehler Kritikfähigkeit der Untersuchung bleibt erhalten Annahme einer Superpopulation TU Dresden, Inferenzstatistik Folie 20 von 21
21 Vielen Dank für die Aufmerksamkeit! TU Dresden, Inferenzstatistik Folie 21 von 21
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