Azeotrope Rektifikation
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- Kai Heidrich
- vor 8 Jahren
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1 Azeotrope Rektifikation Problemdarstellung & Lösungsprinzip Ethanol kann aus einem Ethanol-Wasser-Gemisch aufgrund eines Azeotrops nicht durch einfache Rektifikation gewonnen werden. Dazu stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung, von denen hier die azeotrope Rektifikation mit Hilfe des Schleppmittels n-pentan vorgestellt werden soll (siehe Abb. 1). In einer Vorbehandlung wird ein beliebiges Ethanol-Wasser Gemisch auf circa 90% Ethanolgehalt aufkonzentriert (siehe Abb. 1, Kolonne 1). Das Gemisch wird anschließend zusammen mit dem n-pentan in eine Kolonne eingespeist und so ein leichtsiedendes ternäres Heteroazeotrop im Kopf gebildet (siehe Abb. 1, Kolonne 2), welches nach der Kondensation in zwei flüssige Phasen zerfällt. Die wasserreiche Phase wird anschließend in einem Dekanter ausgeschleust und der wasserarme Teil der Kolonne wieder zugeführt (siehe Abb. 1, Dekanter 5). Durch die Bildung des ternären Azeotropes und die Ausschleusung des Wassers wird Ethanol zum Schwersieder und kann der Kolonne 2 annähernd rein als Sumpfprodukt entnommen werden. In Kolonne 4 wird Wasser von Schleppmittelresten gereinigt und anschließend ausgeschleust. Abbildung 1 Flowsheet der azeotropen Rektifikation
2 Umsetzung der azeotropen Rektifikation in CHEMCAD Komponenten Thermodynamik Feedströme k Unit Operations Ethanol Wasser n-pentan K: NRTL H: LATE VLLE (globale Phase) Total flow = 1250 kg/h x E = 0,61, x W = 0,39 t = 30 C p = 1 bar 3 SCDS Kolonnen Multipurpose Flash Die azeotrope Rektifikation ist ein stationärer Prozess und kann mit CHEMCAD Steady State simuliert werden. Hierzu werden nachfolgend im Flowsheet die Feedströme und weitere Designgrößen definiert und anschließend die Simulation durchgeführt. Nachdem die Stoffdaten von Wasser, Ethanol und n-pentan aus der Stoffdatenbank ausgewählt wurden, werden die drei SCDS Kolonnen und ein Dekanter auf dem Flowsheet platziert und miteinander verbunden. Um eine geeignete Auswahl der Feedmengen und der Verfahrensstruktur zu treffen, müssen die thermodynamischen Eigenschaften des Dreistoffgemisches über eine Rückstandskurvenkarte in Verbindung mit einem Binodaldiagramm näher betrachtet werden. CHEMCAD stellt hierfür die Option [Plot] [Binodal/Residue Curves...] zur Verfügung. Nachdem die drei Komponenten ausgewählt wurden, wobei die erste und dritte Komponente die Mischungslücke bilden, wird der bereits eingetragene Atmosphärendruck übernommen und mit 32 C als Binodaltemperatur ungefähr die Destillattemperatur der zweiten Kolonne gewählt. Das fertig erstellte Dreiecksdiagramm (siehe Abb. 2) wird anschließend ausgegeben. Zusätzlich zu dem Diagramm sind die Siedetemperaturen der betrachteten Stoffe angegeben, sowie die azeotropen Punkte mit zugehöriger Zusammensetzung und den jeweiligen Siedetemperaturen. CHEMCAD benötigt für die Berechnung der Mischungslücke sowie der Rückstandskurven ein geeignetes thermodynamisches Modell, weshalb die Einstellung des g E -Modells wie auch des VLLE Phasenverhaltens vor dem Plotten erfolgen muss (beide Einstellungen befinden sich unter [Thermophysical] [Thermodynamic Settings]). Abb. 2 verdeutlicht den Konzentrationsverlauf während des Rektifikationsprozesses. Die Trennung innerhalb der ersten Kolonne verläuft entlang der binären Wasser-Ethanol-Geraden, wobei der rote Pfeil (Pfeil 1) den Verstärkungsteil und der orangene Pfeil (Pfeil 2) den Abtriebsteil symbolisiert. Die zwei Endprodukte nach dem ersten Rektifikationsschritt sind demnach im Sumpf reines Wasser und im Kolonnenkopf etwa die Zusammensetzung des binären azeotropen Punktes 1. 1 Der erste Rektifikationsprozess stellt eine Vorbehandlung des Feedgemisches dar und entfällt bei ausreichend hoher Ethanolkonzentration im Feedstrom (>75%). Seite 2 von 12
3 Abbildung 2 Residue Curves / Binodal Plot Im nächsten Schritt wird das Kopfprodukt der Kolonne 1 zusammen mit dem Schleppmittel n- Pentan in die Kolonne 2 eingespeist. Hierbei bildet sich im Kopf eine Gemischzusammensetzung in der Nähe des ternären azeotropen Punktes (grüne Pfeilspitze, Pfeil 3). Im nachgeschalteten Dekanter zerfällt der kondensiert Destillatstrom anschließend aufgrund der Mischungslücke entlang der Konode in zwei flüssige Phasen (blaue Pfeilspitzen, Pfeil 4). Die organische Phase (Pfeil 4a) wird der zweiten Kolonne wieder zugeführt was eine Konzentrationsverschiebung des ternären Gemisches über die Destillationsgrenze zur Folge hat (vgl. [II] De Filliers, French, Koplos; 2002). Die Destillationsgrenze verläuft entlang der Rückstandskurven ausgehend von den binären azeotropen Punkten hin zum ternären Azeotrop. Dadurch befindet sich das Stoffsystem nach dem Rückfluss des Recyclestroms der organischen Phase in dem Destillationsbereich, der durch die Punkte binäres Azeotrop Ethanol - n-pentan, reines Ethanol und ternäres Azeotrop begrenzt wird (vgl. [I] Ulrich; 14 ff.). Als Sumpfprodukt kann der Kolonne 2 jetzt nahezu trockenes Ethanol entnommen werden (violette Pfeilspitze, Pfeil 5). Der wasserreiche Teil der zwei Phasen (Pfeil 4b) im Dekanter wird in einer dritten Rektifikationskolonne aufgereinigt (siehe Abb. 1, Kolonne 4), sodass als Sumpfprodukt reines Wasser und als Kopfprodukt ein Wasser - Ethanol - n-pentan Gemisch entnommen werden kann, welches dann wieder der Kolonne 2 zugeführt wird. Seite 3 von 12
4 Nach Analyse der Rückstandskurvenkarte wird der Feedstrom definiert. (siehe Abb. 3) Nachdem der Druck auf 1 bar und die Temperatur auf 30 C gesetzt wurden, wird ein beliebiger Feed im ersten Destillationsbereich (azeotroper Punkt Wasser/Ethanol ternäres Azeotrop reines Wasser) gewählt. Der Massenstrom wird auf 250 kg/h Wasser und 1000 kg/h Ethanol gesetzt, was einer Ethanolkonzentration von 61 % entspricht. Die Wahl der Feedzusammensetzung kann aufgrund der Vorbehandlung mit einem beliebigen Ethanolgehalt unterhalb des azeotropen Punktes Wasser-Ethanol erfolgen. Abbildung 3 Feeddefinition Nach der Feeddefinition folgt die Auslegung der ersten Kolonne. Die Feedboden wird in mittlerer Kolonnenhöhe auf den 15. Boden 1 festgelegt. Insgesamt werden 30 Böden 2 simuliert. Bei rigoroser Kolonnenauslegung stehen zahlreiche weitere Spezifikationsmöglichkeiten wie Druckverluste, Drücke oder Temperaturen innerhalb der Kolonne zur Auswahl (siehe Abb. 4). Da das Wasser-Ethanol-Gemisch möglichst nah an den azeotropen Punkt herangeführt werden soll, wird der Molanteil im Destillatstrom (Distillate component mole fraction) auf 0,9 gesetzt, während der Molanteil im Sumpf (Bottom component mole fraction) auf 0,001 eingestellt wird (siehe Abb. 5). 1 Der optimale Feedboden wurde über eine Short Cut Kolonne nach Fenske-Underwood-Gilliland berechnet. Da hierbei von idealen Gemischen und konstanten Flüchtigkeiten ausgegangen wird, können Abweichungen zum realen optimalen Feedboden auftreten. 2 Die Auswahl der Anzahl der Böden kann bei rigoroser Auslegung über eine Sensitivitätsanalyse oder die Bestimmung der theoretischen Bodenzahl mit dem McCabe-Thiele-Diagramm erfolgen (vgl. [III] Stephan, Schaber, Stephan, Mayinger; 460 ff.). Seite 4 von 12
5 Abbildung 4 Designgrößen der ersten Kolonne Abbildung 5 Designgrößen der ersten Kolonne Seite 5 von 12
6 Abbildung 6 Designgrößen der zweiten Kolonne Die Bodenzahl der Kolonne 2 wird auf 15 1 gesetzt (siehe Abb. 6). Der Produktstrom der ersten Kolonne (Strom 2) wird auf Boden 8 2 eingeleitet, während die Recycleströme 4, 5 und 7 auf den drei nächsthöheren Böden in die Kolonne eintreten. Als Verdampferspezifikation wird ein Ethanol Molanteil von 0,999 festgelegt um die Produktspezifikation zu erreichen. Der Kondensator wird aufgrund der minimalen Refluxrate von 0,915 2 mit einer Refluxrate von 1 spezifiziert. Der Minimalwert wurde zuvor über eine Short Cut Kolonne bestimmt. Alternativ besteht die Möglichkeit der grafischen Bestimmung des minimalen Rückflussverhältnisses über das McCabe-Thiele-Diagramm. 1 Die Auswahl der Anzahl der Böden kann bei rigoroser Auslegung über eine Sensitivitätsanalyse oder die Bestimmung der theoretischen Bodenzahl mit dem McCabe-Thiele-Diagramm erfolgen (vgl. [III] Stephan, Schaber, Stephan, Mayinger; 460 ff.). 2 Der optimale Feedboden sowie die minimale Refluxrate wurden über eine Short Cut Kolonne nach Fenske-Underwood- Gilliland berechnet. Da hierbei von idealen Gemischen und konstanten Flüchtigkeiten ausgegangen wird, können Abweichungen zum realen optimalen Feedboden oder zur minimalen Refluxrate auftreten. Seite 6 von 12
7 Abbildung 7 Designgrößen der zweiten Kolonne Abbildung 8 Designgrößen des Multipurpose Flashs Nachdem die Kolonne 2 initialisiert ist, wird in dem Multipurpose Flash der [Flash Mode] auf 1 gesetzt (siehe Abb. 8). Um das Destillat vollständig zu kondensieren aber Konvergenzprobleme zu vermeiden wird ein geringer Dampfmolanteil gewählt. Der Druck kann unspezifiziert bleiben, da der Eingangsdruck des Dekanters übernommen wird. Seite 7 von 12
8 In der Kolonne 4 wird die Bodenzahl auf 30 und der Feedboden mittig auf 15 festgelegt (siehe Abb. 9). Die beiden Parameter wurden mithilfe einer Short Cut Kolonne berechnet. Abbildung 9 Designgrößen der dritten Kolonne Abbildung 10 Designgrößen der dritten Kolonne Seite 8 von 12
9 Als Verdampferspezifikation wird aufgrund des geringen n-pentananteils der wasserreichen Phase eine Wasser-Molkonzentration von 0,999 gewählt (siehe Abb. 10). Gleichzeitig wird das Destillat solange aufkonzentriert bis eine Ethanolkonzentration von 85 % erreicht ist, damit nicht zu viel Wasser in die zweite Kolonne recycelt wird. Nachdem alle Unit Operations platziert, verbunden und spezifiziert wurden, sind die Startwerte des Cut Streams (siehe Abb. 1, Strom 3) zu initialisieren. Nachdem die Simulation mit run all gestartet wurde sollte eine sofortige Konvergenz der Unit Operations sowie der Stoffströme erreicht werden. Bei Konvergenzproblemen mit dem Recyclestrom kann es nötig sein die Simulation erneut zu starten. Cut Stream (Stream 3) p = 1 bar T = 33 C Water Ethanol = 100 kg/h = 1000 kg/h N-Pentane = kg/h Seite 9 von 12
10 Bewertung der Simulationsergebnisse Um einen einfachen Überblick über die Stoffströme während des Prozesses zu bekommen, kann unter [Format] [Add Stream Box] eine Auflistung der Eigenschaften ausgewählter Ströme in Echtzeit dargestellt werden (siehe Abb. 11). Abbildung 11 Streambox mit ausgewählten Strömen Die circa 21,7 kmol/h Ethanolanteil im globalen Feed können als Produktstrom 9 nahezu trocken entnommen werden. Der Prozess läuft dabei bei einem bar (absolut) ab. Damit ist die Produktspezifikation erreicht worden. Das Schleppmittel n-pentan wird ohne Verluste im Simulationsmodell vollständig recycelt. Im realen Betrieb müssen geringe Schleppmittelverluste durch kontinuierliche Zugabe kompensiert werden. Seite 10 von 12
11 Optimierung der azeotropen Rektifikation Energieeinsatz und die Art des Schleppmittels können optimiert werden. Um den Energieeinsatz zu verringern können Economiser eingesetzt werden und die Reinheit der Kopf- und Sumpfprodukte verringert werden. CHEMCAD bietet die Möglichkeit der Sensitivity Studie um diesbezüglich eine Optimierung durchzuführen. Zusätzlich kann mit einer geeigneten Auswahl des Schleppmittels der Energieaufwand und die Schleppmittelmenge beeinflusst werden. Bei der Verwendung von beispielsweise Cyclohexan wird aufgrund des höheren Ethanolanteils im ternären Azeotrop eine geringere Menge Schleppmittel benötigt. Da jedoch die Siedetemperaturen der ternären Azeotrope sowie die Umweltrelevanz der verschiedenen organischen Substanzen variieren, muss in der Praxis ein geeigneter Kompromiss gefunden werden. So wird Benzol trotz guter Schleppmitteleigenschaften aufgrund der starken Toxizität nicht mehr verwendet. Üblicherweise werden bei der Auswahl eines geeigneten Schleppmittels zuerst die Aktivitätskoeffizienten bei unendlicher Verdünnung erfasst und die Auswirkung auf die relative Flüchtigkeit der zu trennenden Substanzen untersucht (vgl. [IV] Gmehling, Kolbe, Kleiber, Rarey; 2012; 512 ff.). Die vorliegende Simulation wurde in CHEMCAD erstellt und kann in allen Versionen ab CHEMCAD 5 verwendet werden. nteressieren Sie sich f r weitere utorials Seminare oder andere Dann gehen Sie auf die Webseite. sungen mit C MC Oder nehmen Sie mit uns Kontakt auf. Mail: support@chemstations.eu Tel. : +49 (0) Autoren: Daniel Seidl Meik Wusterhausen Armin Fricke Seite 11 von 12
12 Quellen I. Ulrich, Jan Operation and Control of Azeotropic Distillation Column Sequences Diss. ETH No , Swiss Federal Institute of Technology, Zürich, 2002 II. De Villiers, French, Koplos Navigate Phase Equilibria via Residue Curve Maps 2002, (Zugriff am ) III. Stephan, Schaber, Stephan, Mayinger hermodynamik Band 2 Mehrstoffsysteme und chemische Reaktionen, 15. Auflage, Springer IV. Gmehling, Kolbe, Kleiber, Rarey Chemical hermodynamics for Process Simulation 2012, Wiley-VCH Seite 12 von 12
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