1. STATION. P: Wir beten dich an, Herr Jesus Christ, und preisen dich. V: Denn durch dein heiliges Kreuz hast du die Welt erlöst.

Transkript

1 1. STATION Jesus wird zum Tode verurteilt P: Wir beten dich an, Herr Jesus Christ, und preisen dich. Vorbeter: Pontius Pilatus wollte Jesus begnadigen, eigentlich Barabbas statt ihm der Hinrichtung Zuführen. Es kam anders. Die Geschichte dreht sich. Haben wir, als Christen Mut, in der heutigen Zeit gegen Ungerechtigkeiten vorzugehen oder blicken wir beschämt weg? War's das?

2 2. Station Jesus nimmt das schwere Kreuz au/ seine Schultern. Hauruck, pack zu, Abmarsch. Endziel: Golgotha. Links, links, links, zwo, drei, vier, die bewachenden Soldaten marschieren, Jesus schleppt sich ab. Man liest heut' allerhand Ober das BOSE in der Welt, in der Zeitung, im Internet, man sieht's im Fernsehen. Nehmen wir all dies kritiklos hin?

3 3. Station Jesus fällt das erste Mal unter dem Kreuz. Vorbeter: Er fällt, schon liegt er, der angebliche Juden König. Statt helfender Hände gibt's Schlage. Betroffene Gesichter gibt es wenige, stattdessen viel Gafferei. Wie gehen wir um mit den Randgruppen unserer Gesellschaft? Mit Gefangenen, Bettlern, Prostituierten? Machen wir was Aktives für diese Leut', oder widmen wir uns unserem Alltag?

4 4. Station Jesus begegnet seiner Mutter. Vorbeter: Die Mutter Jesu, Maria, muss ohnmächtig dem graulichen Geschehen zusehen. Nur kurz kann sie ihrem Sohn, dem 33-jahrigem Mann, tröstende Blicke zuwerfen. Wie ist's mit uns Männern? Nehmen wir uns Zeit für unsere Lieben? Für die Ehefrau? Die Kinder? Die Nachbarn? Oder eilen wir der Karriere und dem Geld hinterher?

5 5. Station Simon von Cyrene hilft Jesus das Kreuz tragen Vorbeter: Er kommt vom Feld, schon eilen die Soldaten herbei, den Bauern Simon zwingen sie, mit anzupacken. Packen wir an, wenn jemand in Not ist? Junge Frauen, die schwanger sind, Alte, Kranke, Demente, die unsere Hilfe benötigen? Wie schaut's aus mit der Zivilcourage? lst's ein Fremdwort?

6 6. Station Veronika reicht Jesus das Schweißtuch V: Denn durch dein heiliges Kreuz hast du die Welt erlöst. Vorbeter: Diese Frau, Veronika, tut Jesus auf seinem Gang unendlich Gutes. Sein Gesicht, entstellt von der grausigen Tortour, wird kurz menschlich behandelt.

7 7. Station Jesus fällt zum zweiten Mal unter dem Kreuz Vorbeter: Schon wieder liegt er da, dieser Schwerverbrecher. Das werden wir gleich seh'n, ob's tatsachlich nicht mehr geht. Keine Hiebe diesmal, sondern ein Tritt macht ihn fit. Vieles liegt auch bei uns, nicht so, wie es sein soll. Osterreich, eines der zehn reichsten Länder weltweit, gibt gerade mal 0,23 % des Budgets für die Entwicklungshilfe aus. Ist das genug?

8 8. Station Jesus begegnet den weinenden Frauen. Vorbeter: Männer weinen nicht. Man lasst diese dummen Gefühlsausbrüche der Frauen Schaft übrig. Nach nur kurzen Zeit war er, der Herrscher, der Boss, jetzt hat Jesus kaum Zeit, tröstende Worte zu den Frauen zu sprechen. Wie geht's uns dabei, wenn wir an all' die Kriegswitwen denken, auf den Brennpunkten dieser Welt? Afghanistan, Irak? Es scheint zu wenig davon zu geben. Ein neuer muss her: Nord Korea

9 9. Station Jesus fällt zum dritten Mal unter dem Kreuz Vorbeter: Gestrauchelt, gestolpert, gefallen. Mein Gott, diese hundert Meter. Gleich haben wir's, brüllt der römische Soldat, links neben ihm. Das nächste Mittel für den Liegenden wird angewandt. Keine Schlage, keine Tritte, sondern Anbrüllen hilft auch recht gut. Mit Geschrei haben sich schon so manche emporgearbeitet. Wie war's, dies einzusparen, Vernunft und Rucksicht walten zu lassen? Am Besten ab morgen.

10 10. Station Jesus wird seiner Kleider beraubt. Vorbeter: Die Schädelhöhle ist erreicht. Wertvoll ist sein Gewand, ein Würfel muss her, der, der den Sechser hat, kriegt die wertvollen Stücke. So manch einer von uns ist auch Spieler und Zocker. Ist doch bequemer, im Kasino Geld zu scheffeln, durch Immobilien oder Grundverkauf reich zu werden. Welchen Reichtum streben wir an, den Irdischen oder den Himmlischen?

11 11. Station Jesus wird ans Kreuz genagelt. Vorbeter: Hammer her, Nägel her, Jesus auflegen, avanti! In wenigen Minuten wird vollstreckt, was der Richter befohlen hat. Genug genagelt, aufrichten. Jesus mittig, die zwei Verbrecher, rechts der Eine, links der Andere. Auch den Henkersgehilfen ist's lieber, wenn es getan ist. So schon ist diese Arbeit auch grad wieder nicht. Viele Staaten unserer Erde erkennen in der Hinrichtung ein legitimes Mittel, die Gerechtigkeit zu forcieren. Warum?

12 12. Station Jesus stirbt am Kreuz. Vorbeter: Game over. Es ist geschehen, der rührt sich nicht mehr. Vorbei der Spuk. VOLLZUGSMELDUNG: URTEIL VOLLSTRECKT! Vor zwei Generationen, die alten Leut' wissen noch Bescheid, hatte Golgotha gar nicht weit weg von uns einen anderen Namen.,,MAUTHAUSEN"

13 13. Station Jesus wird vom Kreuz abgenommen und in den Schoß seiner Mutter gelegt. Vorbeter: Man zeigt Menschlichkeit, einen Funken. Der tote Jesus in den Armen seiner Mutter, jedoch nicht, um ihr einen Kuss zu geben. Das kann er nicht. Er kann nicht mal reden. Er ist tot. Was bedeutet für uns heutzutage? Viele Menschen sind bereits vor uns gestorben. Hatten wir ihnen noch was zu sagen gehabt? Haben wir sie bei Lebzeiten belogen, um's Ohr gehaut?

14 14. Station Jesus wird ins Grab gelegt. Vorbeter: Die Zeremonie ist keine,,schene Leich", wie man's heute pflegt, sondern eine recht flotte Angelegenheit. Hinein mit ihm, eine schwerer Stein vor, das war's. Nicht ganz. Niemand hat mehr damit gerechnet, dass nach all dem Leid, nach nur kurzer Zeit, einem kleinen Rest, daherkommet, das Osterfest.