Öffentliches Verfahrensrecht (Master)
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- Henriette Tiedeman
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1 Öffentliches Verfahrensrecht (Master) Rechtsbegehren und Beschwerdeentscheid 5. April 2016 Prof. Dr. Stefan Vogel 1
2 Vorbereitung/Grundlagen KIENER/RÜTSCHE/KUHN, Rz , KÖLZ/HÄNER/BERTSCHI, Rz , , , , , RHINOW/u.a., Rz , , , , , Prof. Dr. Stefan Vogel 2
3 Beschwerdeschrift Rechtsbegehren Begründung Bezeichnung Beweismittel Unterschrift allenfalls kurze Nachfrist zur Verbesserung Prof. Dr. Stefan Vogel 3
4 Rechtsbegehren umreisst Streitgegenstand, muss verlangte Rechtsfolge angeben bei Gutheissung -> Übernahme in Dispositiv Möglichkeit von Eventual- oder Nebenanträgen Prof. Dr. Stefan Vogel 4
5 Begründungspflicht/Rügeprinzip Begründungspflicht Rügeprinzip Untersuchungsmaxime iura novit curia Prof. Dr. Stefan Vogel 5
6 Neue Vorbringen (Noven) neue Rechtsbegehren, welche den Streitgegenstand (gegenüber Vorinstanz) erweitern oder ändern, sind unzulässig neue Tatsachen und Beweismittel sind vor BGer nur noch eingeschränkt zulässig neue rechtliche Argumente können auch vor BGer noch vorgebracht werden Geltendmachung darf generell keinen Verstoss gegen Treu und Glauben bedeuten Prof. Dr. Stefan Vogel 6
7 Besetzung/Spruchkörper Dreierbesetzung als Regelfall bei BVGer und BGer (Art. 21 I VGG, Art. 20 I BGG) Fünferbesetzung in grundsätzlichen Fällen (Art. 21 II VGG, Art. 20 II-III BGG) Einzelrichter zur raschen Entscheidfindung oder in klaren Fällen (Art. 23, 39 VGG, Art. 32, 108 BGG) Prof. Dr. Stefan Vogel 7
8 Aktenzirkulation/Beratung Aktenzirkulation als Regelfall In den Fällen von Art. 41 II VGG und Art. 58 I BGG erfolgt eine mündliche Beratung, beim BGer ist diese grundsätzlich (publikums-) öffentlich (Art. 59 I BGG), beim BVGer unter den Voraussetzungen von Art. 41 III VGG. Prof. Dr. Stefan Vogel 8
9 Beschwerdeentscheid Sachentscheid Gutheissung: reformatorisch oder kassatorisch (Rückweisung) Abweisung Prozessentscheid (Nichteintreten) bei Fehlen von Verfahrensvoraussetzungen Abschreibungsentscheid bei Wegfall Verfahrensgegenstand Prof. Dr. Stefan Vogel 9
10 reformatio in peius/melius Art. 62 VvWG Spannungsverhältnis zur Dispositionsmaxime, wonach Parteien über den Streitgegenstand verfügen Sachzusammenhang zum Streitgegenstand muss gewahrt bleiben Wahrung rechtliches Gehör BGer darf nicht über Parteibegehren hinausgehen (Art. 107 I BGG) Prof. Dr. Stefan Vogel 10
11 Gliederung Beschwerdeentscheid Rubrum Zusammenfassung Sachverhalt Erwägungen/Begründung Dispositiv (Entscheidungsformel) Eröffnungsformel Unterschriften Rechtsmittelbelehrung Prof. Dr. Stefan Vogel 11
12 Kostenfolgen/PE Art. 63 ff. VwVG, Art. 62 ff. BGG VKEV, VGKE, TGB Unterliegerprinzip Spezialfall Gemeinwesen Kostenvorschuss Prof. Dr. Stefan Vogel 12
13 Unentgeltliche Rechtspflege Unentgeltliche Prozessführung Art. 65 I VwVG Art. 64 I BGG bedürftige Partei Begehren nicht zum Vornherein aussichtslos Unentgeltliche Rechtsvertretung Art. 65 II VwVG Art. 64 II BGG zur Wahrung der Rechte notwendig Prof. Dr. Stefan Vogel 13
14 Öffentlichkeit Öffentliche Verkündung Publikation (Urteils-Sammlung, Internet) Art. 30 III BV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK Art. 29, 42 VGG, Art. 27, 59 III BGG Prof. Dr. Stefan Vogel 14
15 Wirkungen Entscheid Rechtskraft formelle materielle Prof. Dr. Stefan Vogel 15
16 Fälle/Diskussion (1/6) Beschwerdebegründung: In BGE 134 II 244 ff. hatte das Bundesgericht eine Beschwerde zu beurteilen, welche sich in der Abfassung nur in einigen wenigen untergeordneten Punkten von derjenigen unterschied, welche der Rechtsvertreter der Beschwerdeführer bereits vor kantonalem Verwaltungsgericht eingereicht hatte. Der Rechtsvertreter der Beschwerdeführer meinte dazu, es sei weder nötig noch gesetzlich gefordert, das Rad neu zu erfinden und zu jedem Gegenargument des (kantonalen) Gerichts in neuen Worten Stellung zu nehmen. Dies würde lediglich das Budget der Beschwerdeführer übermässig belasten. Im Übrigen gelte nach wie vor der Grundsatz «iura novit curia». Wie geht das Bundesgericht mit solchen Fällen um? Prof. Dr. Stefan Vogel 16
17 Fälle/Diskussion (2/6) reformatio in peius vel in melius: Der Gemeinderat Kriens verpflichtete X, diverse auf dessen Grundstück im Krienser Hochwald errichtete Bauten zu beseitigen, da hierfür nie eine Baubewilligung eingeholt worden war und die Bauten auch nachträglich nicht bewilligt werden konnten. Gegen diese Verfügung erhob X Beschwerde ans Verwaltungsgericht Luzern. Das Verwaltungsgericht hiess die Beschwerde teilweise gut und reduzierte den Abbruchbefehl hinsichtlich seines Umfangs. Dagegen erhob wiederum das (zuvor am Verfahren nicht beteiligte) ARE Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht und beantragte den Abbruch sämtlicher Bauten und Anlagen. Das Bundesgericht hat diese Beschwerde gutgeheissen. (vgl. BGE 136 II 359 ff.) Wie lässt sich diese reformatio in peius begründen? Prof. Dr. Stefan Vogel 17
18 Fälle/Diskussion (3/6) Kostentragung: In BGE 129 IV 206 ff. auferlegte das Bundesgericht die Gerichtskosten dem Anwalt der unterliegenden Partei, da nach Auffassung des Gerichts die Unzulässigkeit der Beschwerde bei einem Minimum an Sorgfalt sofort erkennbar gewesen wäre. (vgl. auch BGer 2C_223/2010) Auf welche Rechtsnorm lässt sich dieses Vorgehen abstützen? Prof. Dr. Stefan Vogel 18
19 Fälle/Diskussion (4/6) Urteilspublikation: Im BGE 133 I 106, 109, zugrundeliegenden Verfahren verlangte die Beschwerdeführerin, eine Publikation des bundesgerichtlichen Entscheids dürfe nur mit ihrer Zustimmung erfolgen, und es sei ihr Gelegenheit zu geben, die Abdeckung von Textpassagen zu verlangen, welche Rückschlüsse auf ihre Identität erlaubten und/oder Geschäftsgeheimnissen oder anderen privaten Geheimhaltungsinteressen der Beschwerdeführerin zuzuordnen seien. Wie ist mit diesem Begehren umzugehen? Prof. Dr. Stefan Vogel 19
20 Fälle/Diskussion (5/6) Rechtskraft: X beantragte beim Migrationsamt des Kantons Y eine Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung. Daraufhin verlangte das Migrationsamt für das anstehende Verfahren einen Kostenvorschuss von Fr und machte darauf aufmerksam, dass im Säumnisfall auf das Verlängerungsgesuch nicht eingetreten werde. Da X den verlangten Kostenvorschuss nicht innert der angesetzten Frist bezahlte, erledigte das Migrationsamt das Verfahren durch Nichteintreten. Das Migrationsamt stellte fest, dass X die Schweiz zu verlassen habe. Ein anschliessendes Rechtsmittelverfahren verlief zufolge weiterer Versäumnisse im Sande. Auf ein erneutes Ersuchen von X, sein Gesuch materiell zu prüfen, trat das Amt nicht ein, da das ausländerrechtliche Verfahren gegen X «seit längerer Zeit rechtskräftig abgeschlossen» sei. (vgl. BGer 2C_352/2009) Handelte das Migrationsamt korrekt? Prof. Dr. Stefan Vogel 20
21 Fälle/Diskussion (6/6) Koordination innerhalb der Gerichte: In einem Artikel vom 19. Februar 2016 spricht die NZZ davon, dass es am Bundesgericht mit seinen Abteilungen sieben «Königreiche» gebe, die «unabhängig voneinander Recht sprechen und die unterschiedlich agieren». Wie wird innerhalb von BGer und BVGer die Koordination der Rechtsprechung sichergestellt? Prof. Dr. Stefan Vogel 21
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