Forschungsbericht Kein Tag der Briefmarke in Aschaffenburg im Jahre 1939

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1 Forschungsbericht Kein Tag der Briefmarke in Aschaffenburg im Jahre 1939 (hs) Als Ergänzung zu seinem Beitrag, Der Tag der Briefmarke in Aschaffenburg 1936 bis 2007, der im Heft 1/2008 dieser Zeitschrift, auf den Seiten erschienen ist, macht unser Sammlerfreund Robert Amann, Laufach, auf den folgenden Sachverhalt aufmerksam. In seinem Beitrag, auf S. 48, schreibt er, dass in Aschaffenburg, anders als im Reich von 1938 bis 1940 keine Veranstaltung zum Tag der Briefmarke stattgefunden hat. Das scheint, so Amanns Hinweis, der Veröffentlichung eines Sonderkartenentwurfes für den 15. Januar 1939 in der Zeitschrift Der deutsche Sammler [1] zu widersprechen. Denn die dort abgebildete Karte trägt den Veranstaltungshinweis 1. Mainfränkische Werbeschau der KdF Sammlergruppe Aschaffenburg, Tag der Briefmarke für den 15. Januar Es gab in Aschaffenburg im Vorfeld der Veranstaltung ganz offenkundig ein Hin und Her darüber, welchen Charakter diese Werbeschau haben sollte. Dabei ist sehr wahrscheinlich, dass die im Jahre 1938 ereignisreiche Konkurrenzsituation zwischen den KdF Sammlergruppen und den Mitgliedsvereinen des Reichsbundes der Philatelisten (RdP) eine Rolle gespielt hat. Konkurrenz statt Kooperation hatte sich zu Beginn des Jahres 1938 schon in der Veranstaltung zum Tag der Briefmarke in Halle am 14

2 gezeigt. Dort organisierte der Traditionsverein BSC Hallensia den Tag der Briefmarke, konnte aber gegenüber den ebenfall beteiligten KDF Sammlergruppen nicht die Inschrift Tag der Briefmarke als Bestandteil des Stempelbildes durchsetzen. Stattdessen setzten die KdF Sammler den Text Erste Briefmarkenausstellung mit KdF durch [2]. Reichsweit hatte es nach dem 44. Deutschen Philatelistentag in Bremen am 12. Juni 1938 allerdings so ausgesehen, als käme es zur philatelistischen Einheitsorganisation, zur Verschmelzung von Deutscher Sammlergemeinschaft und RdP. Die Verabredungen, Vertragstexte gar, waren ja formuliert. Aber die Einheitsorganisation kam doch nicht zustande, wohl wie Hans Meyer [3] plausibel schreibt vor allem, weil es in das machtpolitische Konzept des bei den Sammlergruppen eben aufgestiegenen Ernst Overmann nicht passte. Und Overmann hatte erheblichen Einfluss in der NSDAP: Mitglied seit 11. Mai 1925, mit der Mitgliedsnummer 4 344, und Träger des Goldenen Ehrenzeichens, hatte er zu dieser Zeit den Berliner KdF - Gausammlerwart Eugen Harry Simader schon kaltgestellt, was bei dessen Verhalten aber auch nicht schwer war, und war danach auf dem Weg, zum Reichsammlerwart ernannt zu werden [4]. So hielt die Konkurrenzsituation zwischen beiden Verbänden an bis es Anfang 1942 zur Vereinigung in der Gemeinschaft Deutscher Sammler (GDS) kam, bekanntlich unter der Führung Overmanns. Kurzfristig scheint sich die Aschaffenburger KdF Sammlergruppe dann doch entschieden zu haben, eine KdF Werbeschau zu veranstalten und nicht den untrennbar mit der RdP Gründung verknüpften Tag der Briefmarke. Die Darstellung der Sonderkarte hat sie wohl nicht mehr geschafft bis Redaktionsschluss des Blattes zu modifizieren, den Ankündigungstext aber schon, denn er kommt völlig ohne Tag der Briefmarke aus. Das ist der Text [1]: 15

3 1. Mainfränkische Werbeschau der KdF Sammlergruppe Aschaffenburg Die Sammlergruppe Aschaffenburg der NSG. [Nationalsozialistischen Gemeinschaft] - Kraft durch Freude veranstaltet am im Blauen Saal der Frohsinn Gaststätten die 1. Mainfränkische Werbeschau. Im Ausstellungsraum ist ein Sonderpostamt, das im Sonderstempel die vor 90 Jahren erschienene bayerische 1 Kreuzermarke Schwarzer Einser zeigt. Mit diesem Sonderstempel werden nur WHW. und sonstige Zuschlagsmarken sowie die von der NSG Kraft durch Freude herausgegebenen drei Sonderpostkarten mit eingedruckter 3 Pf. Hindenburgmarke zu je 15 Pf. abgestempelt. Die Karten können auch ohne eingedruckte Marke zum Preis von 10 Pf. erworben werden und werden wunschgemäß mit den WHW. oder sonstigen Zuschlagsmarken frankiert geliefert. Die erste Sonderpostkarte zeigt im Dreifarbendruck die Karte Großdeutschlands mit Helgoland und Rohrau sowie einigen Grenzstädten. Auf Helgoland hat Hoffmann von Fallersleben den Text des Deutschlandliedes geschrieben, in Rohrau wurde der Komponist des Deutschlandliedes Josef Haydn geboren. Die zweite Sonderpostkarte zeigt die Landkarte des schönen Mainfrankens. Die 3. Sonderpostkarte zeigt das Aschaffenburger Schloss, einen Postillion und die beiden früheren Aschaffenburger Nummernstempel 14 und 22. Im Folgenden sind die drei verausgabten Sonderpostkarten abgebildet, zwei als Ganzsachen Postkarten und eine als mit Zuschlagsmarke um 1 Pf. überfrankierte Orts - Postkarte. Alle Belege: Sammlung Amann 16

4 FG Tag der Briefmarke Ganzsachen Postkarte Frech PP 122 D2 04 Ganzsachen Postkarte Frech PP 122 D

5 Sonderpostkarte, überfrankiert mit Mi. Nr. 672, als Ganzsache mit Wertzeichen 3 Pf. Hindenburg, Frech PP D2 02 Der Bericht über die Ausstellung [5]: Ausstellungen in Mainfranken Am warben die KdF. Sammlergruppen Aschaffenburg und Schweinfurt für das Sammeln bei Kraft durch Freude. Auf eigens zu diesem Zwecke angefertigten Ausstellungsgestellen waren die Ausstellungsobjekte unter Zellophan bzw. Glas ausgelegt. In Aschaffenburg wurde in Gegenwart von Oberbürgermeister Wohlgemuth, Vertretern der Wehrmacht, Behörden, Ämter, Schulen usw. durch den Pg. Roeder die Ausstellung eröffnet. Die Ausstellung zeigte Briefmarken, Sonderstempel, Münzen, Notgeld, NS. Plaketten und Dokumente aus Deutschland. Ganz offenkundig also: Ein Tag der Briefmarke fand in Aschaffenburg 1939 nicht statt; der Belegentwurf im 18

6 Sammlerblatt wurde nicht als Beleg produziert. Auch die Veröffentlichung im Postnachrichtenblatt [6], die auf das Sonderpostamt und den dort geführten Sonderstempel verweist, meldete keinen Bezug zum Tag der Briefmarke. Auf der Veranstaltung zur Werbung für das Sammeln unterm Hakenkreuz wurden die nationalen Ereignisse dieses Jahres 1938 propagandistisch genutzt. Heimkehr ins Reich, wie auf der Postkarte formuliert, war der Einmarsch deutscher Truppen nach Österreich und dessen Anschluss am 13. März 1938 und nach dem Münchner Abkommen - die Besetzung des Sudetengebietes durch deutsche Truppen in der ersten Oktober Dekade. Wir können uns nicht ersparen, daran zu erinnern, dass im nationalsozialistischen Deutschen Reich vom 9. bis zum 13. November 1938 organisierte Pogrome stattfanden und für jeden offenkundig - Juden verfolgt worden sind. Konkurrenz statt Kooperation freilich nicht nur in Aschaffenburg. Auch in Leipzig nutzte die KdF Gruppe die Zeit, in der inzwischen traditionell in Deutschland der Tag der Briefmarke begangen wurde für ihre Zwecke. Am Tag vor der RdP Veranstaltung ( ) dort, also am Geburtstag Stephans, Samstag, dem 7. Januar 1939, beging die örtliche KdF Sammlergemeinschaft einen Sammler Kameradschaftsabend Rund um die Briefmarke. Auch wenn weder der ausgegebene Beleg, eine private Ganzsachenpostkarte, noch der Anlass - bezogene Sonderstempel den Tag der Briefmarke im Bilde führt, war die Veranstaltung ihm doch gewidmet, wie ein Kurzbeitrag im deutschen Sammler [7] zeigt, in dem auch der Sonderstempel dargestellt ist: Leipziger Sonderstempel Die Kreisgruppe Leipzig der Sammlergemeinschaft in der NS. Gemeinschaft Kraft durch Freude gab anlässlich eines Kameradschaftsabends zum Tag der Briefmarke am 7. Januar 1939 eine Sonderpostkarte heraus, die in künstlerischer Gestaltung die 19

7 Betreuung aller Sammler und Sammelgebiete durch die NS. Gemeinschaft Kraft durch Freude zum Ausdruck bringt. Quelle: Museum für Kommunikation Berlin Quellenverzeichnis [1] Der Deutsche Sammler. Das Postwertzeichen; 3. Jg. 1939, 1. Heft, Januar [2] Harry Kolpe: Kurt Zirkenbach Ein Leben für die Philatelie; Halle ²2008, S. 9f. [3] Hans Meyer: Die Philatelie im Dritten Reich. Die Organisationen der Sammler und Händler ; o. O. 2006, S [4] Bundesarchiv Berlin; (ehem. BDC) NSDAP Gaukartei; Overmann, Ernst H.; Parteistatistische Erhebung [5] Der Deutsche Sammler. Organ des Reichsbundes der Philatelisten e.v.; 3. Jg. 1939, Heft 3 v. März, 20

8 FG Tag der Briefmarke [6] Postnachrichtenblatt. Mitteilungen aus dem Post - und Fernmeldedienst; 10. Jg., Nr. 1, vom 1. Januar 1939, S.11. [7] Der deutsche Sammler. Organ des Reichsbundes der Philatelisten e. V., 3. Jg. 1939, Heft 2 vom Februar, S. 53. Ohrdruf, Blick vom Michaelisturm Quelle: Stadt Ohrdruf, Foto: M. Reuß 21