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- Eva Baumgartner
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2 Deutsche Gesellschaft für Kassenarztrecht e.v. Korruption im Gesundheitswesen Beteiligung von Leistungserbringern an Unternehmen Dr. Paul Harneit Fachanwalt für Medizinrecht CAUSACONCLO Rechtsanwälte. Notare Deliusstraße 16 Telefon: 0431 / Kiel Telefax: 0431 /
3 Typische Fälle (Beispiele) Beteiligung von 1. Orthopäden an Physiotherapieeinrichtung 2. Orthopäden an Sanitätshaus 3. HNO-Ärzten an Hörgerätevertreiber 4. Augenärzten an Linsenhersteller 5. Kardiologen an Reha-Einrichtung 6. Hausärzten am Pflegedienst 3
4 Typische Fälle (Beispiele) 7. Zahnärzten am Dentallabor 8. Ärzten am Krankenhaus 9. (Beleg-)Ärzten an Belegklinik 10. Krankenhaus am Pflegedienst (Entlassmanagement) 11. Krankenhaus an MVZ GmbH 12. 4
5 Bundesverfassungsgericht Für die verfassungsrechtliche Beurteilung ist ferner von Bedeutung, dass es Ärzten nicht untersagt ist, Kliniken und Sanatorien zu betreiben, obwohl es sich dabei um gewerbliche, auf Gewinnerzielung ausgerichtete Unternehmen handelt. Der Gesetzgeber, dem die rechtliche Ordnung von Berufsbildern obliegt, hat davon abgesehen, eine ärztliche und eine gewerblich-unternehmerische Tätigkeit für unvereinbar zu erklären. BVerfG, Beschluss v BvR 38/78 5
6 BGH Bei der Beurteilung der Frage, ob die von der Beklagten den angesprochenen Ärzten vorgeschlagene gewerbliche Betätigung bei Verwendung der eigenen Praxisräume notwendigerweise berufsrechtswidrig ist, ist außerdem in Rechnung zu stellen, dass Ärzten eine gewerblich-unternehmerische Tätigkeit auf dem Gebiet des Heilwesens grundsätzlich nicht untersagt ist. BGH, Urteil v ZR 75/05 6
7 Konflikt Die Beteiligung von Ärzten an Unternehmen bewegt sich im Spannungsfeld zwischen dem nteresse des Patienten an sachgerechter Versorgung und dem nteresse des Arztes an Gewinnerzielung. 7
8 Rechtlicher Rahmen (Muster-)Berufsordnung Abs. 7, 128 Abs. 2, 5a, 5b SGB V a und b StGB 8
9 31 Abs. 1 MBO Ärztinnen und Ärzten ist es nicht gestattet, für die Zuweisung von Patientinnen und Patienten oder Untersuchungsmaterial oder für die Verordnung oder den Bezug von Arznei- und Hilfsmitteln oder Medizinprodukten ein Entgelt oder andere Vorteile zu fordern, sich oder Dritten versprechen oder gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren. 9
10 73 Abs. 7 SGB V Es ist Vertragsärzten nicht gestattet, für die Zuweisung von Versicherten ein Entgelt oder sonstige wirtschaftliche Vorteile sich versprechen oder sich gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren. 128 Abs. 2 Satz 3 gilt entsprechend. 10
11 128 Abs. 2 SGB V Leistungserbringer dürfen Vertragsärzte nicht gegen Entgelt oder Gewährung sonstiger wirtschaftlicher Vorteile an der Durchführung der Versorgung mit Hilfsmitteln beteiligen oder solche Zuwendungen im Zusammenhang mit der Verordnung von Hilfsmitteln gewähren. Unzulässige Zuwendungen sind auch Einkünfte aus Beteiligungen an Unternehmen von Leistungserbringern, die Vertragsärzte durch ihr Verordnungs- oder Zuweisungsverhalten selbst maßgeblich beeinflussen. 11
12 128 Abs. 5a und b SGB V (5a) Vertragsärzte, die unzulässige Zuwendungen fordern oder annehmen verstoßen gegen ihre vertragsärztlichen Pflichten. (5b) Die Absätze 2, 3, 5 und 5a gelten für die Versorgung mit Heilmitteln entsprechend. 12
13 299a StGB Bestechlichkeit im Gesundheitswesen Wer als Angehöriger eines Heilberufs, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert, im Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufs einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er 1. bei der Verordnung von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten, 2. bei dem Bezug von Arznei- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten, die jeweils zur unmittelbaren Anwendung durch den Heilberufsangehörigen oder einen seiner Berufshelfer bestimmt sind, oder 3. bei der Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial ihn oder einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. 13
14 299b StGB Bestechung im Gesundheitswesen Wer einem Angehörigen eines Heilberufs im Sinne des 299a im Zusammenhang mit dessen Berufsausübung einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er 1. bei der Verordnung von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten, 2. bei dem Bezug von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten, die jeweils zur unmittelbaren Anwendung durch den Heilberufsangehörigen oder einen seiner Berufshelfer bestimmt sind, oder 3. bei der Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial ihn oder einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. 14
15 Relevante Konstellationen 299a Nr. 1 StGB 299b Nr. 1 StGB Verordnung von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten. 299a Nr. 2 StGB 299b Nr. 2 StGB Bezug von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder Medizinprodukten, die zur unmittelbaren Anwendung durch den Heilberufsangehörigen oder einen seiner Berufshelfer bestimmt sind. 299a Nr. 3 StGB 299b Nr. 3 StGB Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial 15
16 Vorteil Jede Zuwendung auf die der Vorteilsnehmer keinen Rechtsanspruch hat und die seine wirtschaftliche, rechtliche oder persönliche Lage objektiv verbessert. n der bisherigen Korruptionsrechtsprechung ist anerkannt, dass bereits in dem Abschluss eines Vertrages ein Vorteil liegen kann, selbst wenn die Leistungen dann in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. 16
17 Beispiele aus den Gesetzesmaterialien Zulässig Kooperationsvereinbarung zu vorund nachstationären Behandlungen ( 115a SGB V) oder zu ambulanten Behandlungen ( 115b SGB V) oder zu ambulanter spezialfachärztlicher Versorgung ( 116b SGB V) Besondere Versorgung ( 140a ff. SGB V) Bonuszahlungen auf sozialrechtlicher Grundlage (z.b. 84 Abs. 4 SGB V) Zulässig, aber problematisch Vergütete Anwendungsbeobachtungen Beteiligungen an einem Unternehmen im Gesundheitswesen Zuweisung von Untersuchungsmaterialien für Laboruntersuchungen 17
18 Unrechtsvereinbarung Die bloße Annahme eines Vorteils genügt nicht. Der Vorteil muss die Gegenleistung für die unlautere Bevorzugung im inländischen oder ausländischen Wettbewerb bei der Verordnung (Nr. 1), bei dem Bezug (Nr. 2) oder bei der Zuführung (Nr. 3) im Zusammenhang mit der Ausübung des Berufs sein. 18
19 Beispielsfall 1: Orthopäden an Physiotherapieeinrichtung Varianten: 1. Orthopäde an Physio im gleichen Haus 2. Orthopäde in Spandau an Physio in Spandau 3. Orthopäde in Spandau an Physio in München 4. Zehn Orthopäden in Berlin an Physio in Berlin-Mitte 5. Ehefrauen der zehn Orthopäden an Physio in Berlin-Mitte 6. Orthopäden an Kieser Training AG 7. 19
20 Sachverhalt Vier Orthopäden betreiben eine Gemeinschaftspraxis im 1. Stock eines Gebäudes, welches ihren Ehefrauen gehört. m Erdgeschoss befindet sich eine Physiotherapieeinrichtung in der Rechtsform der GmbH, an der der Physiotherapeut mit 50% und die vier Orthopäden mit je 12,5% beteiligt sind. Die vereinbarte Miete ist 20% höher als die Miete für vergleichbare Räume. 20
21 Unerlaubte Zuweisung gem. 31 Abs. 1 und 2 MBO Durch das Noch-Einmal-Mitverdienen des Arztes auf der Ebene der nichtärztlichen Leistungserbringung wird das Vertrauen in die Unabhängigkeit des Arztes und seine alleinige medizinische Motivation zur Verordnung zumindest erschüttert. Dieser böse Schein soll durch 31 Abs. 1 MBO gerade vermieden werden. Landesberufsgericht für Heilberufe Köln, Urteil v K 563/09.T - juris Rn
22 Unzulässige Zusammenarbeit zwischen Leistungserbringern und Vertragsärzten gemäß 128 Abs. 2 SGB V? Unzulässige Zuwendungen sind auch Einkünfte aus Beteiligungen an Unternehmen von Leistungserbringern, die Vertragsärzte durch ihr Verordnungs- oder Zuweisungsverhalten selbst maßgeblich beeinflussen. 22
23 Maßgebliche Beeinflussung? Unternehmerische Beteiligungen eines (Vertrags-)Arztes an fachnahen Heilmittelerbringern verstoßen gegen 31 Abs. 1 MBO und 73 Abs. 7, 128 Abs. 2 SGB V, wenn es schon aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten insbesondere einer bestehenden räumlichen Nähe zwischen Arztpraxis und dem Leistungserbringergeschäft dazu kommt, dass die von ihm ausgestellten Verordnungen regelmäßig in diesem Geschäft eingelöst werden. Maßgeblich ist nur, dass mit dem Zuweisungsoder Verordnungsverhalten des Arztes nicht unerhebliche Umsätze generiert werden, die dazu führen, dass der Arzt Gewinnausschüttungen erhält. Braun/Püschel, MedR 2013, 655, 657 f. 23
24 Rechtsfolgen Orthopäden: Verstoß gegen Berufsrecht und vertragsärztliche Pflichten ( 31 Abs. 1 MBO, 128 Abs. 5a SGB V) Physiotherapeut: Angemessene Ahndung bis Ausschluss von der Versorgung der Versicherten für die Dauer von bis zu 2 Jahren ( 128 Abs. 3 SGB V) 24
25 Korruption gemäß 299a StGB?. Tatbestand 1. Objektiver Tatbestand a.) b.) c.) d.) e.) Täter: Angehöriger eines Heilberufs Tathandlung: fordern, versprechen-lassen oder annehmen Vorteil Verordnung, Bezug, Zuführung Unrechtsvereinbarung ( dafür ) 2. Subjektiver Tatbestand: Vorsatz. Rechtswidrigkeit. Schuld 25
26 Klare Antworten? Konkrete Ausgestaltung und konkretes Verordnungsverhalten Wirtschaftliche Betrachtungsweise wie wird es gelebt? Kriterien (Auswahl): - Gewinnverteilung (insbesondere unmittelbare Auswirkungen der einzelnen Verordnung) - Fremdvergleich - Gesamtbetrachtung 26
27 300 StGB Besonders schwere Fälle n besonders schweren Fällen wird eine Tat nach den 299, 299a und 299b mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn 1. die Tat sich auf einen Vorteil großen Ausmaßes bezieht oder 2. der Täter gewerbsmäßig handelt oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat. 27
28 Beispielsfall 2: Belegärzte an Belegklinik Belegärzte betreiben eine Belegklinik, in der sie eigene Patienten operieren. Bei der Operation eines Patienten in eigener Belegklinik profitiert der Belegarzt unmittelbar durch sein Honorar und mittelbar durch Beteiligung an DRG. Zuweisung gegen Entgelt? Korruption? Bislang völlig unproblematisch! 28
29 Beispielsfall 3: Krankenhaus am Portal-MVZ Patienten des MVZ werden zur stationären Behandlung in das Krankenhaus überwiesen. Das Krankenhaus trägt über seine Beteiligung am MVZ dessen Verluste. Zuweisung gegen Entgelt? 31 MBO (-) 73 Abs. 7, 128 Abs. 2 SGB V (-) 299a und b StGB? 29
30 Ergebnis/Thesen 1. Ärzten ist eine gewerblich-unternehmerische Tätigkeit auf dem Gebiet des Heilwesens grundsätzlich erlaubt. 2. Sie bewegt sich allerdings im Spannungsfeld zwischen dem nteresse des Patienten an sachgerechter Versorgung und dem nteresse des Arztes an Gewinnerzielung. 30
31 Ergebnis/Thesen 3. Eine Beurteilung, ob sie berufsrechtlich, vertragsarztrechtlich oder strafrechtlich verboten ist, ist nur unter Abwägung aller Umstände des konkreten Einzelfalles möglich. 4. Was berufsrechtlich und vertragsarztrechtlich erlaubt ist, kann nicht strafbar sein. Das Berufs- und Vertragsarztrecht entfaltet im Strafrecht eine Legitimationswirkung. 5. Was berufsrechtlich oder vertragsarztrechtlich verboten ist, ist deshalb noch nicht strafbar. Vielmehr muss die Unrechtsvereinbarung konkret geprüft und festgestellt werden. 31
32 Ergebnis/Thesen 6. Die Korruptionstatbestände können durch die Unsicherheiten der Auslegung dazu führen, dass Ärzte als Ergebnis einer ökonomischjuristischen Chancen-Risiko-Beurteilung jeden bösen Anschein meiden und künftig überhaupt keine nvestitionen mehr in Unternehmen tätigen, die mit der Gesundheitsbranche im Zusammenhang stehen. 7. Aufgabe der Praxis ist es, durch fallgruppenspezifische Obersätze zulässige Beteiligungsformen für die 299a, 299b StGB zu konkretisieren. 32
33 VELEN D FÜR HRE AUFMERKSAMKET VELEN DANK FÜR HRE AUFMERKSAMKET! Dr. Paul Harneit Fachanwalt für Medizinrecht Telefon: +49 (431) Telefax: +49 (431) harneit@cc-recht.de Telefax: +49 (431) harneit@cc-recht.de Christian Gerdts Fachanwalt für Medizinrecht Telefon: +49 (40) Telefax: +49 (40) gerdts@cc-recht.de 33
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