Aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
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- Astrid Kalb
- vor 8 Jahren
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1 Aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs 1
2 Übersicht _ I. Probleme der Untervermietung II. Kündigungsgründe III. Schlüsselverlust und Schadensumfang IV. Wahrnehmung von Vermieterrechten durch den Grundstückserwerber V. Betriebskosten VI. Einordnung von Mischmietverhältnissen 2
3 Probleme der Untervermietung _ 553 Abs. 1 Satz 1 BGB Entsteht für den Mieter nach Abschluss des Mietvertrags ein berechtigtes Interesse, einen Teil des Wohnraum seinem Dritten zum Gebrauch zu Überlassen, so kann er vom Vermieter die Erlaubnis hierzu verlangen. 3
4 553 Abs. 1 Satz 1 BGB Untervermietung Voraussetzungen also: - berechtigtes Interesse - nur Teil des Wohnraums Vermieter kann aber auch Untervermietung ohne diese Einschränkungen erlauben (Vertragsfreiheit) Klare Absprachen zur Vermeidung späterer Streitigkeiten erforderlich 4
5 BGH, NZM 2014, 128 Mietvertragsklausel: Eine Untervermietung bis zu zwei Personen ist gestattet. Diese Untervermietungsgenehmigung kann widerrufen werden. Probleme: wie weit geht Erlaubnis? Voraussetzungen des Widerrufs? Hier: Vermieterwechsel, neuer Vermieter widerruft und verlangt sofortigen Auszug, fristlose Kündigung 5
6 BGH, NZM 2014, 128 Situation des Hauptmieters: Er führte er ohnehin bereits Räumungsprozess gegen Untermieter, der beim Amtsgericht mit Räumungsvergleich endete. Berufungsgericht: fristlose Kündigung begründet, denn Hauptmieter hat nicht für umgehende Entfernung des Untermieters gesorgt. 6
7 BGH, NZM 2014, 128 Fragen: Konnte der Vermieter frei widerrufen? Wirkt der Widerruf sofort (das heißt die aktuelle Untervermietung ist nunmehr vertragswidrig? Kann der Hauptmieter den Untermieter überhaupt legal entfernen? 7
8 BGH, NZM 2014, 128 Antworten: Hier ging es nur um die Pflichtverletzung des Hauptmieters Dieser hatte alle (legalen) Maßnahmen ergriffen, um für den Auszug der Untermieter zu sorgen. Auch der Räumungsvergleich war sachgerecht. Deshalb keine Pflichtverletzung des Hauptmieters, kein Kündigungsgrund 8
9 BGH, NZM 2014, 128 Fazit gleichwohl: Weitgefasste Genehmigungen sind streitträchtig Deshalb vorzugswürdig (aus Sicht beider Parteien): Genehmigung jeweils auf das konkrete Untermietungsverhältnis beschränken 9
10 BGH, NZM 2014, 158 Untervermietungserlaubnis ohne vorherige Überprüfung gewünschter Untermieter Hintergrund: Mieter nutzt die 2- Zi-Wohnung nur am Wochenende Mieter bietet Wohnung in Internetportalen tageweise an Berlintouristen an. 10
11 BGH, NZM 2014, 158 Auslegungsproblem: Touristen = Untermieter? Berufungsgericht: ja, da keine Einschränkung BGH: Nein, so ungewöhnliche Nutzung nicht umfasst Auch hier: Beschränkung der Erlaubnis auf das jeweilige Untermietverhältnis hätte den Streit vermieden. 11
12 BGH, NZM 2014, 429 Gefälschte Vorvermieterbescheinigung Kündigungsgrund für Vermieter? Im Prinzip ja Unwahre Beantwortung zulässiger Fragen = Verletzung vorvertraglicher Pflichten 12
13 Provozierte Pflichtverletzung _ BGH vom 4. Juni 2014 VIII ZR 289/13 Die herausgetragene Vermieterin Mietparteien vereinbaren Besichtigungstermin wegen neu eingebauter Rauchmelder. Vermieterin versucht gegen den Willen des Mieters, das ganze Haus zu inspizieren. Als dessen Einwände nichts fruchten, trägt er sie kurzerhand vor die Tür. Anschließend fristlose Kündigung durch V 13
14 Provozierte Vertragsverletzung _ Fristlose oder ordentliche Kündigung wegen Heraustragen? Berufungsgericht: ja ( demütigend ) Notwehr wegen Verletzung des Hausrechts? Jedenfalls: zuerst grobe Vertragsverletzung durch Vermieter (Verletzung des Hausrechts) 14
15 Schlüsselverlust durch den Mieter BGH, NJW 2014, 1653 Wohnungseigentumsanlage Mieter verliert einen Schlüssel WEG-Verwalter verlangt vom Eigentümer für beabsichtigten Austausch der Schließanlage Vermieter verklagt Mieter auf Freistellung 15
16 Schlüsselverlust durch den Mieter 1. Frage: Hat WEG Anspruch gegen den Eigentümer/Vermieter? a) Verletzung der Obhutspflicht? ja, Mieter Erfüllungsgehilfe b) Schaden der WEG Austausch der gesamten Schließanlage nötig? (Tatfrage) 16
17 Schlüsselverlust durch den Mieter Problem hier: inzwischen sind vier Jahre vergangen, Schließanlage ist nicht ausgetauscht Grundsatz der freien Schadendisposition des Geschädigten anwendbar? ( 249 BGB, Beispiel Beule im Auto) Schaden an der Gesamtsache Schließanlage? (so das Landgericht) 17
18 Schlüsselverlust durch den Mieter BGH: ersatzpflichtiger (materieller) Schaden liegt erst in dem erfolgten Austausch (bzw. Kosten dafür) Konsequenz: Eigentümer bzw. WEG muss schnell über evtl. Austausch entscheiden Austausch erst Jahre später noch durch Sicherheitsbedürfnis zu rechtfertigen??? 18
19 Schlüsselverlust durch den Mieter Unbillige Belastung des Vermieters/der WEG durch Vorleistungspflicht? Wenn Grund für Austausch das Sicherheitsbedürfnis ist, wäre es widersprüchlich, nur auf Vorschuss zu klagen Nochmals: die Gefährdung (Risiko der Zutrittsverschaffung durch Unbefugte) ist kein materieller Schaden und deshalb als solcher nicht ersatzfähig. 19
20 Schlüsselverlust durch den Mieter Kontrollfrage für die WEG Wie wird mit einem eventuellen Schlüsselverlust durch einen Eigentümer verfahren? (erfährt es die WEG überhaupt??) 20
21 Betriebskosten _ BGH NZM 2014, 26 (VIII ZR 22/13) Formelle Anforderungen bei unechten Gesamtkosten - Präzisierung - Andeutung einer Rechtsprechungsänderung 21
22 Betriebskosten BGH NZM 2014, 26 _ Problem: a) Vermieter erhält Abrechnung, die über die Abrechnungseinheit hinausgeht oder b) Abrechnung, die nur teilweise umlagefähig ist bisher (BGH NJW 2008, 142): keine Rechenschritte außerhalb der Abrechnung 22
23 Betriebskosten BGH NZM 2014, 26 _ Andeutung einer Rechtsprechungsänderung: Aufzählung der Gegenargumente: - formelle Unwirksamkeit nur bei gravierenden aus der Abrechnung ersichtlichen Mängeln - der Vermieter, der den gebotenen Vorwegabzug unterlässt, wird quasi belohnt 23
24 Betriebskosten BGH (VIII ZR 210/13) _ Formelle Anforderung an die Heizkostenabrechnung Typisches Problem: Energieversorger rechnet nach Heizperiode ab, Vermieter nach Kalenderjahr Interne Ablesung Gesamtzähler zum Jahresende, daraus Errechnung Gesamtverbrauch im Kalenderjahr In der Heizkostenabrechnung werden nur der Jahresverbrauch und dessen Kosten angegeben 24
25 Betriebskosten BGH (VIII ZR 210/13) _ Berufungsgericht: Heizkostenabrechnung formell unwirksam - denn es seien vorab nicht umlagefähige Kostenanteile ausgeschieden worden BGH: es muss (auf formeller Ebene) nur der im Kalenderjahr entstandene Gesamtverbrauch und dessen Kosten angegeben werden 25
26 Mischmietverhältnisse Typischer Sachverhalt: Private Parteien schließen Mietvertrag über Villa, Mieter wird nach dem Vertrag im OG wohnen und im EG eine Praxis (Arzt, Steuerberater, RA o.ä.) betreiben. Wohnraummietrecht oder Geschäftsraummiete? 26
27 Mischmietverhältnisse Unterschiede: Sozialer Kündigungsschutz in Wohnraummiete Möglichkeit der Mieterhöhung nach 558 BGB bei Wohnraum Gerichtliche Zuständigkeit (bei Wohnraum ausschließlich AG in I. Instanz) 27
28 Mischmietverhältnisse Grundsatzentscheidung aus 1986: BGH, WM 1986, maßgeblich Schwerpunkt des Vertrages (Vertragszwecks) - Umstände des Einzelfalls maßgeblich - dient gewerblicher Zweck dem Bestreiten des Lebensunterhalts, liegt Schwerpunkt dort. 28
29 Mischmietverhältnisse Sachverhalt zu BGH vom 9. Juli 2014 (VIII ZR 376/13) Mietobjekt: Villa in Berlin im Erdgeschoß: Hypnosepraxis gestattet Sonst: Wohnen Keine Regelung zu fester Vertragslaufzeit oder Kündigungsausschluss Vermieter spricht mehrere Kündigungen aus (einmal gestützt auf Eigenbedarf, einmal ohne Begründung) 29
30 Mischmietverhältnisse, BGH vom Vermieter erhebt Räumungsklage beim Landgericht Landgericht: Klage unzulässig, da Wohnraummiete und deshalb allein AG zuständig Kammergericht: Hypnosepraxis dient dem Bestreiten des Lebensunterhalts, also (nach BGH WM 86, 912) Gewerberaummiete 30
31 Mischmietverhältnisse, BGH vom Grundsätze nunmehr Einheitliches Mischmietverhältnis kann nur entweder als Wohnraummiete oder als Gewerberaummiete behandelt werden. Entscheidend: Schwerpunkt des Vertragszwecks (bei Vertragsbeginn) Kein Vorrang wegen Bestreiten des Lebensunterhalts Wohnen als Lebensmittelpunkt mindestens genau so wichtig 31
32 Mischmietverhältnisse, BGH vom Hier: Formular mit vielen für Wohnraummiete typischen Regeln Keine feste Laufzeit mit Verlängerungsoption wie bei Gewerberaummiete üblich Lediglich Gestattung der Nutzung als Praxisräume Fazit: Parteien haben es in der Hand - sollten sich aber Klarheit bei Vertragsschluss verschaffen (wie stets) 32
Aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Dr. Karin Milger Berchtesgaden 2014
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