Physikalisches Grundpraktikum Abteilung Kernphysik
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- Franka Geisler
- vor 8 Jahren
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1 K0 Physikalisches Grundpraktikum Abteilung Kernphysik Strahlenschutz Die radioaktiven Präparate werden NUR vom zuständigen Assistenten in die Apparatur eingesetzt. Die Praktikumsteilnehmer dürfen NICHT selbst mit den Präparaten hantieren! 1 Umgang mit radioaktiven Stoffen Beim Umgang mit radioaktiven Stoffen sind besondere Schutzvorschriften zu beachten. Gesetzlich sind diese in der Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) festgelegt, deren Zweck es ist, zum Schutz des Menschen und der Umwelt vor der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlung Grundsätze und Anforderungen für Vorsorge- und Schutzmaßnahmen zu regeln, die bei der Nutzung und Einwirkung radioaktiver Stoffe und ionisierender Strahlung zivilisatorischen und natürlichen Ursprungs Anwendung finden (Zitat 1 StrlSchV [1]). 2 Strahlungsarten Beim Zerfall instabiler Atomkerne (radioaktive Substanzen) tritt α-, β- und/oder γ-strahlung auf. (α: schnelle 4 He-Kerne,β /β + : Elektronen/Positronen,γ: elektromagnetische Strahlung hoher Energie). Neutronen (n) entstehen z. B. beim Betrieb von Kernreaktoren. Protonen (p), Deuteronen (d) und schwere geladene Teilchen treten z. B. bei Kernreaktionen auf, die an Teilchenbeschleunigern durchgeführt werden. Als Aktivität einer radioaktiven Substanz bezeichnet man die Zahl der Zerfälle pro Zeiteinheit. ȧ= Zerfälle Zeiteinheit [ȧ]=1bq= Zerfall Sekunde (1) Die Einheit Becquerel (Bq) wird nur für die Größe Aktivität benutzt. Dimensionsgleich ist die Frequenz f oderν, [f ]=[ν]=hz, die zur Beschreibung periodischer Vorgänge verwendet wird. 3 Definitionen und Einheiten der Dosis In der Strahlenschutzverordnung sind verschiedene Größen verankert, deren Kenntnis für die Messung radioaktiver Strahlung und die Beurteilung des Gefährdungspotenzials notwendig sind. 3.1 Energiedosis D Der Strahlenschaden ist proportional zu der in Materie bzw. im Körpergewebe deponierten Energie. Die Energiedosis D, deren Einheit das Gray (Gy) ist, wird daher definiert als die pro Masseneinheit m deponierte Energie W abs. D= W abs m [D]=1Gy=1 J (alte Einheit : 1 rad = 1Gy/100) (2) K0 Seite1von
2 3.2 Äquivalentdosis H Der biologische Schaden hängt jedoch nicht nur von der Energiedosis, sondern auch von der Art der Strahlung ab. Man berücksichtigt dies durch den Strahlungs-Wichtungsfaktor w R und definiert die Äquivalentdosis H, die in Sievert (Sv) angegeben wird. H= w R D [H]=1Sv=1 J (alte Einheit: 1 rem = 1 Sv/100) (3) Der Strahlungs-Wichtungsfaktor w R (Englisch: radiation, weight) hängt von der Ionisierungsdichte der Strahlung ab und ist in der folgenden Tabelle in Abhängigkeit der Teilchenart und -energie angegeben. Die Äquivalentdosis ist in der Personendosimetrie, wenn also Dosis am Körper bestimmt wird, gleichbedeutend mit der Organdosis der Haut. Art Energiebereich w R Photonen alle Energien 1 Elektronen und Myonen alle Energien 1 Neutronen < 10 kev 5 10 kev bis 100 kev 10 > 100 kev bis 2 MeV 20 > 2 MeV bis 20 MeV 10 > 20 MeV 5 Protonen (außer Rückstoßprotonen) > 2 MeV 5 α-teilchen, Spaltfragmente, schwere Kerne 20 Tabelle1: Strahlungs-Wichtungsfaktor w R inabhängigkeit von der Teilchenart und-energie 3.3 Effektive Äquivalentdosis Heff Bei Teilkörperbestrahlung (inhomogenes Strahlungsfeld bzw. Inkorporation radioaktiver Substanzen) rechnet man die in einer Körperpartie, einem Organ oder Gewebe absorbierte Strahlungsdosis durch einen Wichtungsfaktor w T auf eine effektive Ganzkörperbestrahlung um. Man definiert die effektive Äquivalentdosis H eff als die über die einzelnen Organe gewichtete Äquivalentdosis. H eff = w T H T (4) T mit T w T= 1; H T (Englisch: tissue, Gewebe) ist die mittlere in einem Organ oder Gewebe absorbierte Äquivalentdosis. Die Strahlenschutzverordnung gibt für bestimmte Organe auch Grenzwerte der Organdosis vor. Weitere Informationen zu H eff findet man in [2]. 3.4 IonendosisJ Ursache für die Strahlenwirkung (z.b. biologischer Schaden) ist die bei der Abbremsung primärer oder sekundärer, geladener Teilchen auftretende Ionisation der Materie (z.b. des Körpergewebes). Die Ionendosis J ist definiert als die pro Masseneinheit m erzeugte Ladung eines Vorzeichens Q. J= Q m As [J]= (alte Einheit: 1R (Röntgen) = As/ Luft) (5) K0 Seite2von
3 Organ bzw. Gewebe w T Keimdrüsen 0.20 Knochenmark (rot) 0.12 Dickdarm 0.12 Lunge 0.12 Magen 0.12 Blase 0.05 Brust 0.05 Leber 0.05 Speiseröhre 0.05 Schilddrüse 0.05 Haut 0.01 Knochenoberfläche 0.01 Andere Organe oder Gewebe 0.05 Summe: 1.00 Tabelle 2:WertefürdieGewebe-Wichtungsfaktoren w T zurberechnungvon H eff.wasunterandereorgane oder Gewebe zu verstehen ist, ist definiert in[1], AnlageVI,Teil C. Die Ionendosis ist messtechnisch einfach zu erfassen. Es lässt sich zeigen, dass eine in Luft absorbierte Ionendosis von 1R einer Energiedosis von 1Gy/100 im Körpergewebe entspricht. Daher lassen sich in R kalibrierte ältere Dosimeter einfach in die heute nur noch zugelassenen Einheiten Gy und Sv umkalibrieren. 4 Abschirmung von radioaktiver Strahlung Oberster Strahlenschutz-Grundsatz ist, jede Strahlenexposition und Kontamination, auch unterhalb der gesetzlich festgelegten Grenzwerte, so gering wie möglich zu halten, bzw. jede unnötige Exposition zu vermeiden. Da die Intensität radioaktiver Strahlung mit 1/(Entfernung) 2 abnimmt, ist der einfachste Schutz vor Strahlenschäden: Abstand halten! Praktisch wird jede radioaktive Strahlung beim Durchgang durch Materie geschwächt oder absorbiert. Dabei wirdγ- oder Röntgenstrahlung durch Materialien mit hoher Kernladungszahl wie z. B. Blei bedeutend stärker geschwächt als etwa durch Holz gleicher Dicke. α- Strahlen haben nur sehr kurze Reichweiten (einige cm in Luft) und lassen sich durch ein Blatt Papier abschirmen. Neutronen lassen sich durch Stöße mit etwa gleich schweren Atomkernen (wasserstoffreiche Materialien) abbremsen, dem entsprechend ist die Verwendung von Blei zur Abschirmung von Neutronen (mit Energie 2MeV) nicht sinnvoll. In geeigneten Substanzen wie z.b. Kadmium können Neutronen in den Atomkernen eingefangen werden. Viele Substanzen werden jedoch durch die Neutronenbestrahlung selbst radioaktiv! 5 Natürliche und zivilisatorische Strahlenbelastung, gesetzliche Grenzwerte Die natürliche Strahlenbelastung durch ionisierende Strahlung betrug 2004 ca. 2mSv/a (Äquivalentjahresdosis). Dies ist ein Mittelwert, der über die Fläche der Bundesrepublik Deutschland gebildet wurde. Sie setzt sich wie folgt zusammen (in msv/a). K0 Seite3von
4 Art der Strahlung Energie Reichweite α- 5 MeV 40µm β- 1 MeV 4 mm Photonen (Röntgen-) 0.02 MeV 7.7 cm Photonen (γ-) 1 MeV 66 cm schwere Rückstoßkerne 50 MeV 1 µm Neutronen 1 MeV 20 cm Tabelle 3: Reichweite verschiedener Strahlenarten in Wasser oder organischem Gewebe. Für γ- und Röntgenstrahlen sind diejenigen Schichtdicken angegeben, nach deren Durchsetzung noch etwa 1% der primären Quanten vorhanden ist. Die Dosisleistung(Sv/h) wird durch das Auftreten von Sekundärstrahlung nur auf etwa 10% der ursprünglichen Dosisleistung geschwächt. Für Neutronen ist eine Schichtdicke angegeben, nach der die Dosisleistung auf 10% abgeschwächt ist. In Luft ist die angegebenen Reichweite etwa 1000 mal größer. Quelle von außen im Körper total Kosmische Strahlung und dadurch gebildete γ-dosis a Radionuklide wie z.b. 3 H und 14 C n-dosis Terrestrische Strahlung, z.b. durch 40 K, γ-dosis b 238 U, 232 Th Zerfallskette 226 Ra 222 Rn, Inhalation 0.9 (in Gebäude) 0.9 desα-strahlers als Aerosol c 0.2 (außen) 0.2 Natürliche Radionuklide 40 K, 210 Pb, Ingestion über Nahrung Summe: a b c auf Meereshöhe (NN) Ländliche Regionen: Mittelwert 0.35 msv/a, lokal teilweise > 1.2 msv/a. In Städten: Mittelwert 0.49 msv/a, lokal msv/a Die regionalen Schwankungen der Radon-Belastung sind sehr groß. Zusätzlich zur natürlichen beträgt die mittlere zivilisatorische Strahlenbelastung in Deutschland weitere etwa 2 msv/jahr, mehr als 90% davon aus medizinischen Anwendungen! Die effektive Dosisleistung (bei Standard-Patienten mit ca. 70 Körpergewicht) liegt bei weniger als 10 µsv für eine Zahnaufnahme bis zu 20 msv für eine Untersuchung der Schlagader. Eine Computertomografie des Kopfes resultiert in etwa msv, des Bauchraumes in etwa msv [4]. Aber z. B. auch Flugreisen tragen mit 4µSv/Flugstunde zur zivilisatorischen Strahlenbelastung bei. Die letale Dosis beträgt ca. 6 Sv. Dosisgrenzwerte für Ganzkörperbestrahlung: Für die allgemeine Bevölkerung darf die zusätzliche Strahlenbelastung durch Anlagen in der Umgebung nicht mehr als 1mSv pro Jahr betragen (Daueraufenthalt!). Klassifizierung von Strahlenschutzbereichen, Bezeichnung/Einstufung Personen der Bevölkerung beruflich strahlenexponierte Personen der Kategorie B beruflich strahlenexponierte Personen der Kategorie A einmalig max. 50 msv, danach aber< 60 msv/3 a (also ein 3-Jahres-Mittelwert 20 msv/a) eff. Äquivalentdosisleistung 1 msv/a 6 msv/a 20 msv/a die eine Überwachung erforderlich machen. Die angegebenen Dosisleistungen sind zusätzlich zur Umgebungsstrahlung anzusetzen. Die in den Praktikumsräumen vorliegende Dosisleistung ist so gering, dass K0 Seite4von
5 Bezeichnung Dosisleistung Anmerkung Überwachungsbereich > 1 msv/a bei 2000 h/a Jahresarbeitszeit Kontrollbereich > 6 msv/a bei 2000 h/a Jahresarbeitszeit ˆ= 3µSv/h Sperrbereich > 3 msv/h = 3000 µsv/h eine Überwachung nicht erforderlich ist. Auch die maximal zu erwartende Dosis für die Betreuer erfordert keine Einstufung als beruflich strahlenexponierte Person. Literaturverzeichnis [1] Strahlenschutzverordnung vom , Bundesgesetzblatt (BGBl I Nr. 38, S. 1714) (zugänglich nur über das Netz der TU Darmstadt) [2] Grundlagen des Strahlenschutzes; E. Sauter, Thieming-Taschenbücher, Band 95/96 (1982) [3] Strahlenphysik, Dosimetrie und Strahlenschutz; W. Petzold, B. G. Teubner Stuttgart (1983) [4] Strahlung und Strahlenschutz; Bundesamt für Strahlenschutz, (2004) [5] allg. Praktikumsliteratur (Lehrbuchsammlung der Physikalischen Bibliothek) K0 Seite5von
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