Schutz der Bevölkerung vor nächtlichem Fluglärm. Dr. René Weinandy Umweltbundesamt Dessau-Roßlau
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1 Schutz der Bevölkerung vor nächtlichem Fluglärm Dr. René Weinandy Umweltbundesamt Dessau-Roßlau 1
2 Übersicht Umweltproblem Lärm Strategien zur Lärmbekämpfung Möglichkeiten zur Fluglärmminderung Ökonomische Instrumente Flugbetriebliche Maßnahmen Fortschreibung der Geräuschvorschriften Fazit 2
3 Umweltproblem Lärm 3
4 Lärmwirkungen Gehörschäden Temporäre oder permanente Verschiebung der Hörschwelle (ggf. Lärmschwerhörigkeit) Akute Gehörschäden (z. B. Risse des Trommelfells) Belästigungen Schlafstörungen Leistungsbeeinträchtigungen Kommunikationsstörungen Stressreaktionen Herz-Kreislauf-Risiko 4
5 Lärmwirkungsmodell: Stress Herz/Kreislauf Lärm Innenohr ZNS / Hypothalamus Nebennierenmark Organe z.b. Herz Hörnerv Sympathikus Adrenalin, Noradrenalin cardiovasculäre Erkrankungen 5
6 Gesundheitsbeeinträchtigung durch Lärm Bei Verkehrslärmpegeln von > 65/55 db(a) tags/nachts Risiko für Bluthochdruck und Herzerkrankungen einschließlich Herzinfarkt signifikant erhöht Fluglärminduzierte Aufwachreaktionen schon bei Maximalpegeln innen von 33 db(a) (Nächtlicher) Fluglärm führt zu signifikantem Mehrverbrauch an Medikamenten gegen Bluthochdruck und Herzerkrankungen 6
7 Lärmbelästigung in Deutschland Wesentlich Belästigte [%] Straßenverkehr Nachbarn Flugverkehr Industrie/ Gewerbe Bahn 7
8 Entwicklung der Lärmbelästigung in Deutschland ( Wesentlich Belästigte ) Bevölkerungsanteil [%] 40,0 35,0 30,0 25,0 20,0 15,0 10,0 37,4 37,1 31,5 18,4 18,9 17,2 15,8 14,8 11,8 12,1 11,9 12,2 12,6 9,1 8,2 34,0 29,7 20,0 16,0 16,1 13,6 11,0 11,2 11,6 10,0 Schienenverkehr Nachbarn Fluglärm Industrie/Gew erbelärm Straßenverkehr 5,0 0, Befragungsjahr 8
9 Nachtflugbewegungen an europäischen Flughäfen Quelle: EUROCONTROL Trends in Air Traffic, Vol. 5 9
10 Nächtliches Frachtflugaufkommen an europäischen Flughäfen Quelle: EUROCONTROL Trends in Air Traffic, Vol. 5 10
11 UBA-Ziele für Lärmbekämpfung Derzeitiger Erkenntnisstand Vermeidung gesundheitlicher Beeinträchtigungen tags/nachts 65/55 db(a) Vermeidung erheblicher Belästigungen tags/nachts 55/45 db(a) Vermeidung von Belästigungen tags/nachts 50/40 db(a) Kontinuierliche Weiterentwicklung der Lärmziele erforderlich! 11
12 WHO-Night Noise Guidelines L night (außen) bis 30 db(a): Keine wesentlichen biologischen Effekte 30 bis 40 db(a): Moderate Effekte (z. B. Körperbewegungen, Aufwachreaktionen), Wirkung hängt von Schall-Charakteristik ab 40 bis 55 db(a): Negative Gesundheitseffekte, viele Menschen müssen Leben anders einrichten, um mit Lärm zurechtzukommen über 55 db(a): Zunehmend gesundheitsbeeinträchtigend, großer Teil der Bevölkerung stark belästigt, Risiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten steigt an 12
13 WHO-Ziele zum Nachtfluglärm Interim target (politisches Zwischenziel) Night Noise Guidelines (fachliches Ziel) L night,outside = 55 db L night,outside = 40 db WHO European Centre for Environment and Health,
14 Strategien zur Lärmbekämpfung 14
15 Strategien zur Lärmbekämpfung Verkehrsvermeidung Internalisierung der externen Kosten des Flugverkehrs Einführung einer Kerosinsteuer für gewerblichen Flugverkehr Abschaffung Mehrwertsteuerbefreiung für grenzüberschreitende Flüge Kostengerechtigkeit / Erhöhung der Nutzungskosten Reduktion der Nachfrage Verkehrsverlagerung auf umweltverträgliche Verkehrsmittel Kurzstreckenflüge auf die Schiene Verminderung der Emissionen Lärmminderung am Immissionsort (Schallschutzfenster) 15
16 Möglichkeiten zur Fluglärmminderung Instrumente und Maßnahmen Technische Flugbetriebl. Planerische Ökonomische Rechtliche Lärmm. Flugverf. Beschränkungen (Nachtflug, Flughöhen u. a.) Minderung des Triebwerks- und Umströmungslärms Verkehrskonzepte Bau- und Nutzungsbeschränkungen Emissionsabhängige Start- und Landeentgelte Lärmvorschriften Ahndung von Verstößen 16
17 Ökonomische Instrumente Lärmabhängige Start- und Landeentgelte sind etabliert Unterschiedliche Bemessungsgrundlagen an deutschen und internationalen Flughäfen Unterschiedliche Entgeltpolitik an einzelnen Flughäfen Wettbewerbsverzerrungen Fehlende Harmonisierung Mangelnde Transparenz Unzureichende Anreizwirkung 17
18 Leitlinien für die zukünftige Ausgestaltung von Start- und Landeentgeltsystemen Harmonisierung der Bemessungsgrundlage Verursachergerechte Bemessung der Entgelte Individuelle Lärmwerten der Luftfahrzeuge (lokale Fluglärmmessungen) Starts/Landungen/Tageszeit Zeitliche Verschärfung des Start- und Landeentgeltsystems Monitoring- und Berichtspflicht für Flughafenunternehmen Verwendung der Entgelte für Maßnahmen zur Fluglärmminderung 18
19 Flugbetriebliche Maßnahmen Lärmmindernde Flugverfahren Steilstart bzw. Cutback Low Drag/Low Power Continuous Descent Approach (CDA) Lärmmindernde Streckenführungen Betriebsbeschränkungen Nachtflugbeschränkungen Betriebsverbot für laute Kapitel-3-Flugzeuge Bevorzugte Nutzung von Start- oder Landebahnen aus Lärmschutzgründen 19
20 Fortschreibung der Geräuschvorschriften Große Minderungserfolge an der Quelle (Luftfahrzeug) ABER: Durch starkes Verkehrswachstum kompensiert Anreize zur schnellen Ausmusterung der lauten Flugzeuge erforderlich (Start- und Landeentgelte) Grenzwertverschärfungen für neue Flugzeuge notwendig Regelung der zulässigen Geräuschemissionen erfolgt auf internationaler Ebene (ICAO) Weltweite Einigung erforderlich, praktische Umsetzung sehr langwierig 20
21 Kapitel-4-Flugzeuge Anwendungsbereich: Neue zivile Unterschall- Strahlflugzeuge und schwere Propellerflugzeuge Gültig ab Unterschreitung der Kapitel-3-Lärmgrenzwerte um kumulativ 10 EPNdB (Effective Perceived Noise db) Fallunterscheidung: Re-zertifizierte Kapitel-4-Flugzeuge Neue Flugzeugmuster (z. B. Airbus A380) 21
22 Geräuschemissionen aktueller Flugzeuge A3006 A30B A3102 A3103 A318 A319 A320 A321 A3302 A3303 A3402 A3403 A3405 A3406 AJ25 B7172 B7376 B7377 B7378 B7379 B737A B73F B73S B73V B7472 B7474 B7572 B7573 B7673 B7674 B7772 B7773 BA10 BA46 BJ40 C500 C501 C525 C550 C551 C560 C650 C750 CL60 D328J DA10 DA20 DA50 DA90 DC103 DC870 E135 E145 E170 F2TH FK28 G4 G5 GLEX HS251 HS257 L1011 LR24 LR31 LR35 LR36 LR45 LR55 LR60 MD11 MD82 MD83 MD87 MD90 MU30 RJ85 WW Summe der Pegeldifferenzen UBA-Forderung: Verschärfung des Grenzwerts um 22 EPNdB unter ICAO-Kapitel-4-Wert, ab 2015 ICAO-Kapitel-4-Wert Quelle: Öko-Institut,
23 Fazit Verkehrsvermeidung Verkehrsverlagerung Ziel: Nachhaltige Mobilität Verminderung der Geräuschemissionen Kurz- bis mittelfristig Verbesserung der Anreizwirkung lärmabhängiger Start- und Landeentgeltsysteme Betriebsbeschränkungen für laute Kapitel-3-Flugzeuge Ausweitung der Nachtflugbeschränkungen (Kernruhezeit) Mittelfristig Anwendung weiterentwickelter, lärmmindernder Anflugverfahren Langfristig Verschärfung der Geräuschvorschriften und Umsetzung in die Praxis 23
24 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 24
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