Die Muslime unter uns Herausforderungen und Chancen für die. evangelische Jugendarbeit
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- Kathrin Baumhauer
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1 Studientag Evangelische Jugendarbeit und Islam Die Muslime unter uns Herausforderungen und Chancen für die evangelische Jugendarbeit Dr. Martin Affolderbach, OKR i.r., Nürnberg
2 Studientag Evangelische Jugendarbeit und Islam Vorbemerkungen: Über Islam und Muslime zu sprechen ist in diesen Jahren ein schwieriges Unterfangen. Zu schwierigen Themen gibt es oft keine einfachen Antworten. aktueller Hintergrund: Tag der offenen Moschee
3 Studientag Evangelische Jugendarbeit und Islam Übersicht 1. Islam unter uns - Grundinformationen 2. Was geht uns das an? Warum interreligiöser Dialog? 3. Muslimische Jugendliche - wer sind sie? 4. Die Chancen der Jugendarbeit. Was tun? Was lassen? Kurze Gesprächspausen je nach Teil 1, 2 und 3; Diskussion nach Ende des Referates
4 Studientag Evangelische Jugendarbeit und Islam 1. Islam unter uns Grundinformationen Unser Bild in Deutschland von der arabischen Welt ist nicht zuletzt so negativ, weil wir in der Regel das Lebendige und Fröhliche, das Warmherzige, das anderen Zugewandte nicht sehen und nicht erlebt haben. Stattdessen dominieren in unseren Vorstellungen finstere Bilder, Schranken, Mauern, bärtige Männer und schwarz verhüllte Frauen. (Gudrun Krämer, Islamwissenschaftlerin)
5 Teil 1: Islam unter uns Der Islam ist Religion und Kultur. Der ehrwürdige Koran enthält - geistlich-spirituelle Texte, - religiöse Ordnungen, - soziale Regelungen und - sittlich-ethische Anweisungen.
6 Teil 1: Islam unter uns Die fünf Säulen des Islam (1) die Bezeugung des Glaubens im Bekenntnis (2) die Verrichtung des rituellen Pflichtgebetes (3) das Fasten im Monat Ramadan (4) die Sozialabgabe für die Armenhilfe (5) die Pilgerfahrt nach Mekka (hadjj)
7 Teil 1: Islam unter uns Mehrzahl von Glaubensrichtungen im Islam - Sunniten (u.a. Wahhabiten) - Schiiten (u.a. Ibaditen) - Sufismus - Ahmadiyya Aleviten
8 Teil 1: Islam unter uns Das überwiegend türkische Gesicht des Islam in Deutschland - Zuwanderung von (türkischen) Muslimen seit Schätzung der Gesamtzahl der Muslime 2016: 4 bis 5 Mill.; 98% in den westlichen Bundesländern 16,6% in Baden-Württemberg Quelle: Bundesamt Migration, 2009, S. 70
9 Teil 1: Islam unter uns Islamische Organisationen in Deutschland mit türkischem Hintergrund: - DITIB (Türkisch-islamische Union der Anstalt für Religion e.v.) - Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland e.v. - VIKZ (Verband Islamischer Kulturzentren e.v.) mit arabischem Bezug - Zentralrat der Muslime in Deutschland seit 2006 zusammengeschlossen im - Koordinationsrat der Muslime weitere Gruppen und Organisationen: bosnische Muslime, Gülen-Bewegung, Ahmadiyya, Aleviten u.a.
10 Teil 1: Islam unter uns Drei parallele Entwicklungen im Islam Erstens hat es noch nie so viele muslimische Atheisten gegeben wie heute. Immer mehr Muslime distanzieren sich aufgrund dessen, was sie erleben, vom Glauben. Diese Bewegung ist sehr stark auch in Saudi-Arabien und im Iran zu erkennen. Gleichzeitig wird der Wahhabismus stärker, aber auch die Reformbewegungen. (2016) Mouhanad Khorchide, islamischer Theologe an der Universität Münster
11 Teil 1: Islam unter uns Zusammenfassung - die geistige und kulturelle Kraft, aber auch die Vielfalt und Vielschichtigkeit des Islam mit Offenheit wahrnehmen - Muslime stehen ebenso wie Menschen anderer religiöser Überzeugungen in Zuneigung und Identifikation wie auch in kritischer Auseinandersetzung mit ihrem Glauben
12 Studientag Evangelische Jugendarbeit und Islam kurze Pause für Tischgespräche 1. Islam unter uns - Grundinformationen
13 Studientag Evangelische Jugendarbeit und Islam 2. Was geht uns das an? Warum interreligiöser Dialog? Vier Antworten: 1. Muslime sind Nachbarn geworden. 2. Der Islam macht uns auf die Gemeinsamkeiten der abrahamischen Religionen aufmerksam. 3. Der interreligiöse Dialog wird eine Herausforderung zur eigenen Neuorientierung. 4. In einer postmodernen Gesellschaft ist der Weg vom Nebeneinander zum Miteinander zu gehen.
14 Teil 2: Was geht uns das an? Warum interreligiöser Dialog? 1. Muslime sind Nachbarn geworden Nachbarschaft Christentum - Islam auf dem Balkan, im Orient u.a. Präsenz des Islam in Deutschland geschichtlich neu soziale Fragen der Integration und die Reaktionen der Kirchen ( Woche der ausländischen Mitbürger/interkulturelle Woche seit 1975; Islamisch-christlich Arbeitsgruppe für Ausländerfragen 1976ff u.a.) Schlüsselbegriff Konvivenz (1990)
15 Teil 2: Was geht uns das an? Warum interreligiöser Dialog? 2. Der Islam als abrahamische Nachbarreligion neben der sozialen Nachbarschaft auch religiöse Nachbarschaft (abrahamische Religionen) asymetrisches Verhältnis der wechselseitigen Sicht des anderen: Islam als nachchristliche Offenbarung Personen in Bibel und Koran (Auswahl) (a) gemeinsam in Bibel und Koran: Adam und Eva, Noah, Abraham, Isaak/Ismael, Jakob, Josef, Pharao, Mose, Elia, David, Goliath, Salomo, Hiob, Jona, Johannes der Täufer, Jesus, Maria (b) nur in der Bibel: Matthäus, Petrus, Paulus
16 Teil 2: Was geht uns das an? Warum interreligiöser Dialog? 3. Interreligiöser Dialog als Herausforderung Dialoge auf Weltebene; Dokumente u.a. Das christliche Zeugnis in einer multireligiösen Welt. Empfehlungen für einen Verhaltenskodex (2011) - Punkt 1: Für Christen/innen ist es ein Vorrecht und eine Freude, Rechenschaft über die Hoffnung abzulegen, die in ihnen ist, und dies mit Sanftmut und Respekt zu tun (vgl. 1. Petrus 3,15) - Punkt 4: Christliches Zeugnis in einer pluralistischen Welt umfaßt auch den Dialog mit Menschen, die anderen Religionen und Kulturen angehören (vgl. Apg. 17, 22-28).
17 Teil 2: Was geht uns das an? Warum interreligiöser Dialog? (3. Interreligiöser Dialog als Herausforderung) EKD/Koordinationsrat der Muslime, Dialogratgeber zur Förderung der Begegnung zwischen Christen und Muslimen in Deutschland (2015) Begründungen des Dialogs: - Im Fremden und Nächsten begegnet uns Gott (Matth. 25, 31-46) und Unterschiedlichkeit der Menschen weist sie aneinander (Sure 49, 13) - Verantwortung beider Religionen für das gemeinschaftliche Wohl und den Frieden Von anderen und über andere lernen, aber auch den eigenen Glauben neu verstehen; Positionalität in Pluralität (Karl-Ernst Nipkow)
18 Teil 2: Was geht uns das an? Warum interreligiöser Dialog? 4. Vom Nebeneinander zum Miteinander Hans Küng: Kein Frieden unter den Nationen ohne Frieden unter den Religionen. (1990) Gemeinsame Herausforderung an die Religionen, ihre Rolle in postmodernen, pluralen Gesellschaften neu zu bestimmen
19 Teil 2: Was geht uns das an? Warum interreligiöser Dialog? Zusammenfassung - Der interreligiöse Dialog ist eine Antwort auf das Zusammenrücken der Religionen in einer durch Mobilität und Migration bestimmten Zeit. Neben der sozialen Integration erfordert dies eine geistige Integration religiöser Vielfalt. - Dies ist gleichzeitig eine Gelegenheit, sich im Gegenüber zu anderen in seinem Glauben noch besser, tiefer und neu zu verstehen. - Interreligiöser Dialog schließt auch die Bereitschaft ein, in gemeinsamer Verantwortung auf gesellschaftliche Herausforderungen zu antworten.
20 Studientag Evangelische Jugendarbeit und Islam kurze Pause für Tischgespräche 2. Was geht uns das an? Warum interreligiöser Dialog?
21 Studientag Evangelische Jugendarbeit und Islam 3. Muslimische Jugendliche - wer sind sie? Muslimische Jugendliche als besondere Gruppe? Shell-Jugendstudie 2006: drei verschiedene Kulturen der Religiosität Den Mainstream bestimmt die Mehrheitskultur westdeutscher Jugendlicher, die man insgesamt als mäßig religiös einstufen kann ( Religion light ). Zweitens gibt es seit der Wiedervereinigung eine Teilkultur ostdeutscher Jugendlicher, die nur in geringem Maße religiös ist Eine dritte ausgeprägt religiöse Kultur bilden Jugendliche mit Migrationshintergrund, die besonders von islamischen, anderen nicht christlich gebundenen sowie christlich-orthodoxen Jugendlichen getragen wird, aber auch nicht unwesentlich von katholischen und evangelischen Migranten. (S.221)
22 Teil 3: Muslimische Jugendliche - wer sind sie? höherer Religionsfaktor in Elternhäusern von Migrantenjugendlichen (Shell-Studie 2006); Religion sehr wichtig nennen 26% Christen und 63% Muslime (Religionsmonitor 2013). zwischen den Welten doppelte Anforderung der Identifizierung mit Herkunfskultur und Deutschland zwischen den Zeiten Unterschiede zwischen den Altersgruppen sind weitaus bedeutender als die zwischen den verschiedenen Religionsgruppen. (Religionsmonitor 2013)
23 Teil 3: Muslimische Jugendliche - wer sind sie? Vier Grundtypen der Identitätssuche (nach Wensierski/Lübcke) Typ 1: säkularisierte Verselbständigung von Jugendlichen Typ 2: Problem bi-kultureller Identität Typ 3: Re-Islamisierung in der Adoleszenz Typ 4: moderne islamisch-selektive Jugendbiographie
24 Teil 3: Muslimische Jugendliche - wer sind sie? Muslimische Jugendliche nutzen das Internet und soziale Medien, Angebote der Moscheegemeinden und im Aufbau befindliche muslimische Jugendarbeit (vgl. Studie in Baden-Württemberg von Hamdan/Schmid Junge Muslime als Partner ). Die Hälfte der türkischen Jugendlichen hat einen höheren Bildungsabschluß als ihre Eltern erreicht. (Studie KonradAdenauer-Stiftung, 2011)
25 Teil 3: Muslimische Jugendliche - wer sind sie? Zusammenfassung Muslimische Jugendliche sind stark durch die Identitätsuche zwischen den Welten geprägt und können durch Diskriminierung in prekäre Milieus abgleiten. Muslimische Jugendliche emanzipieren sich auch durch Bildungserwerb und in der Etablierung eigener Strukturen von Jugendarbeit von ihren Eltern und Großeltern und teilweise auch von den bestehenden Verbänden.
26 Studientag Evangelische Jugendarbeit und Islam kurze Pause für Tischgespräche 3. Muslimische Jugendliche - wer sind sie?
27 Studientag Evangelische Jugendarbeit und Islam 4. Die Chancen der Jugendarbeit Was tun? Was lassen? 1. Begegnung suchen Die persönliche Begegnung mit anderen Religionen ist ein Türöffner (für ein friedliches Miteinander), denn sie trägt zum besseren gegenseitigen Verstehen bei... Hierfür brauchen wir geeignete öffentliche Räume, in denen diese Fragen gemeinsam diskutiert und verhandelt werden. (Religionsmonitor 2013) Begegnung als didaktischer Ansatz des Projektes Lade deine Nachbarn ein! ACK/jüdische und islamische Verbände (1997 bis 2002)
28 Teil 4: Die Chancen der Jugendarbeit - Was tun? Was lassen? 2. Orientierung gewinnen sich informieren, austauschen und urteilsfähig werden wirtschaftliche Situation und Bildung entscheidende Voraussetzung für Offenheit gegenüber anderen Religionen (Religionsmonitor 2013) Bildungsarbeit als zentrales Feld der Jugendarbeit Im Einzelfall prüfen, wieviel Gemeinsamkeit möglich ist und wo Widerspruch oder Abgrenzung geboten sind.
29 Teil 4: Die Chancen der Jugendarbeit - Was tun? Was lassen? 3. Über den Glauben reden zuhören können, wie die jeweils anderen sich selbst verstehen Sprachfähigkeit im eigenen Glauben entwickeln an Frömmigkeit teilhaben lassen Zweifel und Kritik am Glauben zulassen; Jugendarbeit als geschützter Raum auch für offene Worte das Gedenkjahr der Reformation 2017 als besondere Gelegenheit, Grundlagen des evangelischen Glaubens zu erkunden
30 Teil 4: Die Chancen der Jugendarbeit - Was tun? Was lassen? 4. Gemeinsames entdecken und planen Zielpunkt: gemeinsame Vorhaben zu planen und durchzuführen Wechselseitige Besuche in Moscheen und Kirchen Brief der 138 muslimischen Gelehrten an die christlichen Kirchen (2007) als Angebot von Gemeinsamkeiten
31 Teil 4: Die Chancen der Jugendarbeit - Was tun? Was lassen? 5. Strukturellen Aufbau begleiten im Hinblick auf die muslimische Seite: Hilfen beim Aufbau islamischer Strukturen von Jugendarbeit; Erfahrungaustausch; Projektmittel Junge Muslime als Partner im Hinblick auf die christliche Seite: interreligiöser Dialog als fester Bestandteil evangelischer Jugendarbeit; Bestandteil von in Aus- und Fortbildung
32 Teil 4: Die Chancen der Jugendarbeit - Was tun? Was lassen? Zusammenfassung Evangelische Jugendarbeit hat die besondere Chance, Brücken zu bauen, indem sie Begegungen schafft und Jugendliche bei ihrer Identitätsfindung begleitet. Sie leistet damit auch einen wichtigen Beitrag zum gesellschaftlichen Gemeinwohl und zur Förderung von Verständigung und gesellschaftlichem Frieden. Armin Laschet (2009): Wir brauchen eine 'dritte deutsche Einheit'. Christlich-muslimische Zusammenarbeit ist eine geistliche und spirituelle Aufgabe; Neuentdeckung des Glaubens in jeder Generation
33 Studientag Evangelische Jugendarbeit und Islam Vielen Dank für Ihr Interesse und Ihre Aufmerksamkeit! Quellennachweise Graphiken: M. Affolderbach: S. 5, 6, 14, 28, 29; Evang. Kirche im Rheinland S. 15, 22; Nürnberger Zeitung S. 8; BAMF: S. 9, 23, 27; EJW: S. 28; Internet: S. 3, 24, 30
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