Nationales Referenzzentrum für nosokomiale Infektionen und Antibiotikaresistenz
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- Paulina Böhme
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1 Nationales Referenzzentrum für nosokomiale Infektionen und Antibiotikaresistenz am Krankenhaus der Elisabethinen Linz Institut für Hygiene, Mikrobiologie und Tropenmedizin Fadingerstr Linz Tel.: 0699/ Fax: 0732/ Ansprechpersonen Univ.-Prof. Dr. Helmut Mittermayer MMag. Sigrid Metz-Gercek sigrid.metz@elisabethinen.or.at Zusammenfassung Antibiotika sind Substanzen, die Bakterien im Wachstum hemmen oder diese abtöten. Ist ein Antibiotikum gegenüber Bakterien nicht wirksam, spricht man von Antibiotikaresistenz. Antibiotika gehören zu den wichtigsten Medikamenten der modernen Medizin und sind unersetzbar im Kampf gegen lebensbedrohliche bakterielle Infektionskrankheiten. Die aktuelle Resistenzsituation ist in Österreich verglichen mit anderen europäischen Ländern sowie international betrachtet noch als relativ günstig einzustufen. Resistenzanstiege sind bei E. coli gegenüber Fluorochinolone und 3.Generation Cephalosporine identifiziert worden. Maßnahmen zur Reduzierung oder zumindest zur Eindämmung der Antibiotikaresistenz werden derzeit unter Einbeziehung aller betroffenen Interessensgruppen im Rahmen einer nationalen Strategie und unter Koordination des Bundesministeriums für Gesundheit gemeinsam mit dem Nationalen Referenzzentrum für nosokomialen Infektionen und Antibiotikaresistenz erarbeitet
2 Einleitung Ausgangspunkt für die Einrichtung von nationalen Referenzzentren und damit auch eines Referenzzentrums für nosokomiale Infektionen und Antibiotikaresistenz war die Notwendigkeit der Implementierung des europäischen Netzwerkes für die epidemiologische Überwachung von Infektionskrankheiten in Österreich durch das Bundesministerium für Gesundheit. Gemäß der Entscheidung 2119/98/EC des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rats sind die Mitgliedsstaaten dazu angehalten Daten über übertragbare Krankheiten für das öffentliche Gesundheitswesen bereit zu stellen. Nosokomiale Infektionen und Antibiotikaresistenz sind als special health issues in dieser Entscheidung explizit angeführt. [1, 2] Die Überwachung der Antibiotikaresistenz und damit zusammen hängend auch des Antibiotikaverbrauchs wird in Österreich überwiegend durch die Teilnahme an den europäischen Surveillancenetzwerken EARSS (European Antimicrobial Resistance Surveillance System) [3] und ESAC (European Surveillance on antimicrobial consumption) [4] organisiert. Ferner werden darüber hinaus Resistenzdaten über eine Kooperation mit der Referenzzentrale für Hefe- und Schimmelpilze und gemeinsam mit einer Auswahl repräsentativer Zentren gesammelt. Das Referenzzentrum für nosokomiale Infektionen und Antibiotikaresistenz ist auf zwei Standorte aufgeteilt. Der Arbeitsschwerpunkt nosokomiale Infektionen wird in Wien an der Medizinischen Universität, der Arbeitsschwerpunkt Antibiotikaresistenz wird in Linz am Krankenhaus der Elisabethinen bearbeitet. Grundlagen der Antibiotikaresistenz Was ist Antibiotikaresistenz? Antibiotika sind Substanzen, die Bakterien im Wachstum hemmen oder diese abtöten. Ist ein Antibiotikum gegenüber Bakterien nicht wirksam, spricht man von Antibiotikaresistenz. Antibiotika gehören zu den wichtigsten Medikamenten der modernen Medizin und sind unersetzbar im Kampf gegen lebensbedrohliche bakterielle Infektionskrankheiten. Bereits seit längerem gilt der Zusammenhang zwischen Antibiotikaverbrauch und erworbener Antibiotikaresistenz in der wissenschaftlichen Literatur als erwiesen. Man unterscheidet zwischen der natürlichen und der erworbenen Resistenz. Die natürliche Resistenz beruht auf einer natürlichen Eigenschaft eines Bakteriums, welcher keine Veränderung im Erbgut zu Grunde liegt. So kann es etwa sein, dass ein Antibiotikum aufgrund seiner Molekülgröße nicht durch die bakterielle Zellwand und somit zum Wirkort im Bakterium gelangen kann. Die erworbene Resistenz hingegen entsteht durch Mutationen oder den Erwerb von Resistenzgenen eines Bakteriums. Ein Bakterium erwirbt durch den von Antibiotika ausgeübten Selektionsdruck Resistenz und damit einen Überlebensvorteil. Ein klassischer evolutionärer Vorgang. Messung der Antibiotikaresistenz Die Antibiotikaresistenz wird durch Resistenzbestimmung im Labor jeweils für eine Kombination aus Erreger und antibiotischer Substanz ermittelt. Potentiell pathogene Bakterien werden aus klinischem Untersuchungsmaterial isoliert und auf ihre - 2 -
3 Empfindlichkeit gegenüber verschiedenen antibiotischen Wirksubstanzen geprüft. Die Ergebnisse der Resistenztestung erlauben eine Einordnung der Ergebnisse in die Kategorien resistent, intermediär resistent und sensibel. Die Resistenzrate gibt den Anteil resistenter Bakterienisolate gemessen an der Gesamtzahl der Bakterienisolate einer Bakterienspezies wieder und ist damit eine zentrale Maßzahl zur Bestimmung des Ausmaßes der Antibiotikaresistenz. Antibiotikaresistenz und Antibiotikaverbrauch in Österreich Österreich zählt im Europavergleich zu jenen Ländern, in denen ein sorgsamer Umgang mit Antibiotika praktiziert wird. Dennoch gibt es einige Problembereiche, die im Rahmen der österreichweiten Surveillance identifiziert wurden. Seit im Jahr 2001 die Überwachung der Resistenz von Escherichia coli im Rahmen von EARSS durchgeführt wird, ist die Resistenzrate gegenüber Fluorochinolone von 7 auf 26% (Abb. 1) angestiegen. Ebenso gab es einen deutlichen Anstieg bei der Resistenz gegenüber Drittgeneration-Cephalosporinen (2001: 0%; 2007: 9%; Abb. 1). Parallel dazu, ist seit 1998 ein starker Anstieg des Verbrauchs von Fluorochinolonen (1998: Verordnungen; 2007: Verordnungen; Abb. 2) und ein sehr hoher Anteil des Verbrauchs von Drittgeneration-Oral-Cephalosporinen im ambulanten Bereich zu verzeichnen gewesen. Ziel ist es nun, dieses Wissen für die Ableitung von Maßnahmen, zur Eindämmung der Antibiotikaresistenz in Österreich zu nützen. Die Weiterführung der nationalen Überwachung der Antibiotikaresistenz gibt in weiterer Folge Aufschluss über die Wirksamkeit dieser Maßnahmen und ermöglicht die Früherkennung von Problemen in diesem Bereich. Abbildung 1: Entwicklung der Resistenzraten von invasiven E. coli gegenüber Drittgeneration- Cephalosporinen und Fluorochinolonen von EARSS AT: E. coli Resistenz nach Substanzgruppen (%) gen. Cephalosporine Fluorochinolone
4 Abbildung 2: Entwicklung der Verordnungen von Fluorochinolonen im niedergelassenen Bereich von J01MA01 Ofloxacin J01MA02 Ciprofloxacin J01MA06 Norfloxacin J01MA07 Lomefloxacin J01MA08 Fleroxacin J01MA12 Levofloxacin J01MA14 Moxifloxacin Österreichische Resistenzberichterstattung im AURES Eine weitere Aktivität des Nationalen Referenzzentrums für nosokomiale Infektionen und Antibiotikaresistenz ist die im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit durchgeführte und durch die fachübergreifenden ministeriellen Arbeitsgruppen für Antibiotikaresistenz-überwachung initiierte Erstellung des AURES des offiziellen nationalen Resistenzberichts [5]. Der AURES vereint alle in Österreich verfügbaren Resistenzdaten in einem gemeinsamen Bericht und ermöglicht auf diese Weise eine umfassende Übersicht. Die Qualitätsanforderungen des AURES sind hoch. Die Daten müssen repräsentativ, vergleichbar und nachhaltig verfügbar sein. Der AURES umfasst folgende Datenquellen: Humanmedizin o Resistenzdaten ausgewählter Leitkeime von invasiven Infektionen (EARSS) o Daten zum Antibiotikaverbrauch aus dem niedergelassenen Bereich (ESAC) o Resistenzdaten der österreichischen Referenzzentralen (Salmonella, Campylobacter, Tuberkulose, Meningokokken, Yersinien, Hefe- und Schimmelpilze) o Resistenzdaten aus der österreichischen HIV-Kohortenstudie Veterinärmedizin/Lebensmittelsektor o Resistenzdaten von ausgewählten Zoonoseerregern in der österreichischen Nutztierpopulation o Daten Rückstandskontrolle von Antibiotika in Lebensmitteln tierischer Herkunft Pflanzenschutz o Daten zur Streptomycin-Resistenz bei Erwinia amylovora (Feuerbrand) - 4 -
5 Resümee Antibiotikaresistenz ist europa- und weltweit ein wichtiges Thema des öffentlichen Gesundheitswesens. In vielen Ländern steigt die Antibiotikaresistenz rasant an. Die aktuelle Resistenzsituation ist in Österreich verglichen mit anderen europäischen Ländern sowie international betrachtet noch als relativ günstig einzustufen. Die rezent beobachteten Resistenzanstiege signalisieren Handlungsbedarf, um zu verhindern, dass wertvolle Antibiotikaklassen durch sorglosen Umgang in Zukunft wirkungslos werden. Im konkreten Fall der Fluorochinolone und 3. Generation Cephalosporinen sind die Ursachen des unerfreulichen Resistenzanstiegs gut definiert. Somit kann dieser Entwicklung gegengesteuert werden. In Österreich werden die Gegenmaßnahmen durch das Bundesministerium für Gesundheit (Sektion III, Generaldirektor Prof. Dr. Hubert Hrabcik; zuständige Abt III/A/1, DDr Reinhild Strauß) und das Nationale Referenzzentrum für nosokomiale Infektionen und Antibiotikaresistenz koordiniert. Danksagung Wir danken allen KooperationspartnerInnen und TeilnehmerInnen der österreichischen Surveillance- Netzwerke für ihren bedeutenden Beitrag, ohne den die nationale Überwachung der Antibiotikaresistenz in Österreich nicht möglich wäre. Literatur [1] Decision No 2119/98/EC of the European Parliament and of the Council of 24 September 1998 setting up a network for the epidemiological surveillance and control of communicable diseases in the Community [2] Commision decision of 17 July 2003 amending decision 2000/96/EC as regards the operation of dedicated surveillance networks ichett&lg=en [3] Offizielle Website des European Antimicrobial Resistance Surveillance System [4] Offizielle Website des Netzwerks für European Surveillance on Antibiotic consumption [5] AURES Österreichischer Resistenzbericht
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