6 Zusammenfassung und Ausblick
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- Barbara Schulze
- vor 6 Jahren
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1 6 Zusammenfassung und Ausblick Ausgangspunkt dieser Arbeit ist die Frage, wie das kulturgebundene Phänomen Ironie von einer Kultur in eine andere übertragen werden kann, ohne an Wirkung zu verlieren. Um eine eventuelle Bestätigung und Erklärung dafür zu finden musste eine theoretische Grundlage geschaffen werden. In Abschnitt 2.1 werden theoretischen Grundlagen des Übersetzens erörtert, um prinzipiell zu klären, was eine Übersetzung überhaupt leisten kann und welche Erwartungen von einem Translat erfüllt oder nicht erfüllt werden können. Hierbei wird kommt dem kulturellen Umfeld besondere Bedeutung zu, da die Übersetzung in einer ihr fremden Kultur ganz bestimmte Funktionen erfüllen soll. Abschnitt 2.2. befasst sich mit der Geschichte und heutigen Bedeutung des Begriffs Ironie und bietet eine Auflistung ihrer sprachlicher Umsetzungsmöglichkeiten, die vor allem in der Korpusuntersuchung zum Tragen kommen wird. Kapitel 3 basiert auf der Korpusuntersuchung. Nachdem festgestellt wird, dass Der Zauberberg und Rayuela ironische Werke sind und dies anhand von Textstellen demonstriert wurde (Abschnitt bzw ), werden ein sprachbezogener und ein werkbezogener Vergleich durchgeführt (Abschnitt 4.1 und 4.2), um herauszufinden, ob und, wenn ja, wie und wodurch sich die ironische Wirkung in den Zieltexten verändert hat und damit nicht mehr der Autorenintention entspricht. In Punkt 4.3 findet sich die Antwort auf die Frage, was geschieht, wenn ironische Texte von einer Sprache in eine andere übertragen werden, ohne dass möglicherweise auf ihren stilistischen, strukturellen und inhaltlichen Mehrwert Ironie geachtet wurde: Zieltexte sind deutlich weniger ironisch als die entsprechenden Ausgangstexte. Auf die Gründe für das erforschte Phänomen wird in Kapitel 5 eingegangen, wobei Abschnitt 5.1 das Augenmerk auf die beobachtete Übersetzungspraxis richtet, während im Abschnitt 5.2 die Richtlinien 265
2 untersucht werden, die dieser Praxis zugrunde liegen. Die Bedeutung dieser beiden Abschnitte liegt in der gewonnenen Erkenntnis, dass der Verlust an Ironie durch die Übersetzung keine von der Ironie bedingte Gegebenheit ist, sondern das Resultat der angewandten Übersetzungsstrategien. Abschnitt 5.3 bietet alternative Leitsätze, die gelten sollten, wenn die ironische Funktion des Ausgangstextes sich auch im Zieltext niederschlagen soll. Abschließend wird unter Punkt 5.4 eine Aufstellung erstellt, die beim Übersetzen von Ironie als Wegweiser dienen soll. Hier werden einerseits Marker nach ihrer Übersetzbarkeit klassifiziert und andererseits die Möglichkeiten aufgezeigt, die je nach Ironiesignal am besten dazu geeignet sind, dieses so zu übersetzen, dass auch in den Zieltexten dessen ironische Funktion umgesetzt und damit eine der Autorenintention und den Lesererwartungen gleichermaßen gerechte Lösung angeboten wird. Das heißt, hier werden konkrete Vorschläge gemacht, damit aus der übersetzten Ironie auch eine ironische Übersetzung wird. Dennoch sind auf diesem Weg von der übersetzten Ironie zur ironischen Übersetzung auch Fragen offen geblieben, deren Erforschung den Rahmen dieser Untersuchung gesprengt hätten. Unerforscht bleibt die Frage nach der Lokalisierung der in Abschnitt 5.2 angeführten operational norms. Um die Verbreitung und Verbindlichkeit sowie die Aktualität und Gültigkeit dieser möglichen Normen feststellen zu können, bedarf es einer diachronischen und synchronischen Erweiterung des Korpus. Während diese Arbeit zum Ziel hat, lediglich Möglichkeiten und Wege des funktionalen Übersetzens von Ironie aufzuweisen, könnte die Festlegung der zurzeit in den jeweiligen Zielkulturen geltenden Normen Übersetzern ein Regelwerk an die Hand geben, das die Entscheidungsfindung effizienter gestaltet. In Bezug auf das Ergebnis dieser Untersuchung, die beiden spanischsprachigen Korpustexte enthielten quantitativ weniger ironische 266
3 Textstellen als die deutschen, gilt es, die Frage zu erörtern, ob es sich hier um einen Zufall handelt oder ob im Spanischen allgemein seltener Ironie eingesetzt wird. Dazu wäre ein Vergleich zwischen weiteren sogenannten ironischen Werken aus beiden Sprachen erforderlich. Sollte der geringere Einsatz von Ironiemarkern zu den spanischsprachigen Vertextungskonventionen gehören, muss das Thema des funktionalen Übersetzens von Ironie noch differenzierter betrachtet werden: Beim Übersetzen vom Spanischen ins Deutsche sollte der Übersetzer das Translat mit Ironiesignalen anreichern, um sich den deutschen Konventionen anzupassen, und beim Übersetzen vom Deutschen ins Spanische müssten Ironiemarker wegfallen, damit die Autorenintention sich im Zieltext widerspiegeln kann. Des Weiteren hat sich auch herausgestellt, dass die Palettenbreite der eingesetzten Ironiemarker in beiden Ausgangswerken unterschiedlich ist. So setzt Thomas Mann eine weitere Bandbreite an Ironiesignalen ein als Cortázar. Auch hier müsste untersucht werden, ob es dabei um ein autorenspezifisches Phänomen geht oder ob diese Tatsache durch verschiedene sprachliche und kulturelle Konventionen bedingt ist. Diese Frage zu erörtern wäre möglich, indem Werke weiterer ironischer Autoren aus beiden Kulturen untersucht und in Bezug auf die eingesetzten ironischen Stilmittel miteinander verglichen würden. Um dem funktionalen Übersetzen besser gerecht zu werden, wäre außerdem eine Untersuchung des Ironieverständnisses in den untersuchten Kulturkreisen nützlich. Wie im bei der Untersuchung des Autornamens als Ironiesignal deutlich geworden ist, gilt Thomas Mann im deutschen, aber nicht im spanischen Sprachraum als Ironiker (eine Ausnahme bildet die Sekundärliteratur, die sich auf deutschsprachige Ausgangstexte bzw. Literaturkritiker bezieht). Vermutlich ist das auf den in dieser Arbeit konstatierten Verlust von Ironie durch die Übersetzung zurückzuführen, 267
4 doch könnte auch eine unterschiedliche Auffassung von Ironie der Grund für dieses Phänomen sein. An diesen Punkt schließt sich eine Analyse der Ironie-Konventionen in Verbindung mit bestimmten Themenbereichen und Textsorten in den jeweiligen Sprachräumen an. Diese Arbeit basiert auf literarischen Texten, die per definitionem wenig konventionalisiert sind. Es wäre jedoch nützlich zu eruieren, ob es bestimmte Themen in den jeweiligen Kulturkreisen gibt, in denen Ironie üblich oder eventuell auch tabu ist (als aktuelles Beispiel gelte der Streit um die Mohammed-Karikaturen) oder ob es bestimmte Textsorten gibt, in denen Ironie erforderlich oder auch fehl am Platze ist (eventuell politische Reden, Predigten, etc.). Ebenso wäre es wichtig, diese Untersuchung auf andere Sprachen auszuweiten. Es ist wahrscheinlich, aber nicht sicher, dass sich die Schlussfolgerungen dieser Arbeit auch auf andere Sprachen beziehungsweise Kulturen übertragen lassen. Denn je kleiner die kulturellen Schnittmengen zwischen Ausgangs- und Zielsprache sind, desto größer sind die Unterschiede zwischen den Vertextungskonventionen, desto unterschiedlicher ist das Verständnis von ironischen Stilmitteln und desto differenzierter muss bei der Übersetzung vorgegangen werden, wenn die vom Autor intendierte Funktion im Translat erhalten bleiben soll. Auch die Untersuchung der Fragen, die im Abschnitt angesichts der Übersetzung als Methode zur Gewinnung geschichtlicher und kultureller Erkenntnisse aufgeworfen wurden, würden den Rahmen dieser Untersuchung sprengen, sollten aber in weiterführenden Arbeiten untersucht werden. Für die Übersetzer- und Übersetzungspraxis wäre auch die Analyse extralinguistischer Faktoren, die das Übersetzen beeinflussen, relevant. Dazu gehören sozioökonomische Faktoren wie zum Beispiel Bezahlung, 268
5 Zeitdruck, Infrastruktur und Bedingungen der Verleger, die für die Qualität des Translats eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen. Unter den vielen Bereichen, die noch erforscht werden müssen, wurde in dieser Arbeit der Weg aufgezeigt, der es möglich macht, von der übersetzten Ironie zur ironischen Übersetzung zu gelangen. Dennoch stellt diese Untersuchung nur einen Baustein im großen Gebäude der interkulturellen Übersetzung literarischer Texte dar. 269
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