DATENBEDARF ZENTRALER INSTANZEN BEI GROßFLÄCHIGEM ROLLOUT INTELLIGENTER MESSSYSTEME
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- Anton Schmitz
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1 Berlin, Seite 1 von 5 DATENBEDARF ZENTRALER INSTANZEN BEI GROßFLÄCHIGEM ROLLOUT INTELLIGENTER MESSSYSTEME Dieses Papier zeigt, welche Daten aus Sicht der ÜNB im Fall eines großflächigen Rollouts intelligenter Messsysteme 1 zentralen Instanzen zur Verfügung gestellt werden sollten, um die Effizienz bestehender sowie zukünftiger zentraler Prozesse zu steigern bzw. sicherzustellen. Dabei wird zwischen den in Tabelle 1 dargestellten Anwendungsfällen unterschieden, die nachfolgend genauer erläutert werden. Thema Regelleistung Eigenerzeugung Aktuelle PV- Einspeisung Flexibilitäten Anwendungsfall Erbringungskontrolle und Abrechnung von Regelleistung aus dezentralen Anlagen Vermarktung von Strom dezentraler Erzeugungsanlagen mit Eigenverbrauch Online-Messung repräsentativer PV-Anlagen zur Verbesserung der von Vermarktern und Netzbetreibern genutzten Kurzfristprognosen Kontrolle und Vergütung von Kapazitätsverpflichtungen / Abschätzung der maximalen Residuallast Tabelle 1: Anwendungsfälle Nicht dargestellt sind die Vielzahl anderer Anwendungsfällen, die maßgeblich den Rollout intelligenter Messsysteme motivieren müssen und die u.a. in dem vom BMWi beauftragen Gutachten von Ernst&Young 2 beschrieben sind. Regelleistung Das derzeitige Marktdesign des liberalisierten Strommarktes basiert auf dem Konzept der Bilanzkreise. Jeder Bezug oder und jede Lieferung von Energie wird innerhalb der Bilanzkreise saldiert und verbleibende Differenzen mit dem Ausgleichsenergiepreis abgerechnet. Jeder Kunde ist einem Bilanzkreis zugeordnet. Sofern ein Kunde einem Regelleistungspool außerhalb dieses Bilanzkreises Flexibilität zur Regelleistungserbringung bereitstellen möchte, ist hierfür einen Vertragsbeziehung zwischen Aggregator und dem Bilanzkreisverantwortlichen (BKV) erforderlich. Nur so können derzeit wirtschaftliche Vorteile der Erbringung von Regelarbeit vom BKV zum Aggregator verschoben und Abwicklungsaufwände des BKV 1 Als intelligente Messsysteme werden hier Messsysteme im Sinne des 21(d) EnWG bezeichnet 2 Kosten-Nutzen-Analyse für einen flächendeckenden Einsatz intelligenter Zähler, Ernst&Young, 2013
2 00:00 01:00 02:00 03:00 04:00 05:00 06:00 07:00 08:00 09:00 10:00 11:00 12:00 13:00 14:00 15:00 16:00 17:00 18:00 19:00 20:00 21:00 22:00 23:00 Berlin, Seite 2 von 5 geeignet kompensiert werden. In der Praxis hat sich gezeigt, dass diese notwendige Vertragsbeziehung maßgebliches Hindernis bei der Aktivierung von Regelleistung aus dezentralen Anlagen ist. Durch die Einführung von Lastprofilmessungen bei Regelleistungserbringern ist dieses Problem grundsätzlich lösbar. Voraussetzung ist allerdings, dass Lastprofilmessungen dieser Kunden nicht auf Bilanzkreisebene z.b. vom VNB vorsaldiert, sondern in vollem Umfang u.a. zur Kontrolle der Regelleistungserbringung der zuständigen Instanz zur Verfügung gestellt werden. Ein weiterer Vorteil von Lastprofilmessungen sind mögliche Vereinfachungen bei der Betrachtung typisierter Anlagenkonfigurationen. Durch eine Standardisierung des Präqualifikationsprozesses können Markteintrittsbarrieren neuer Regelleistungskonzepte gesenkt und so zusätzliche Flexibilitäten erschlossen werden. Eigenerzeugung Aufgrund steigender Strompreise in den vergangenen Jahren und sinkenden Kosten kleiner Erzeugungsanlagen wird es zunehmend auch für Haushaltskunden attraktiv, in eigene Erzeugungsanlagen zu investieren. Bevorzugt sind dies derzeit Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) in möglicher Kombination mit Batteriespeichern. Bezugs- und Rückspeiseprofil können je nach Eigenverbrauchsanteil erheblich verzerrt werden. Abbildung 1 zeigt dies exemplarisch für den Fall einer PV-Anlage bei einem Haushaltskunden W 1000 Vermarktung durch ÜNB Verbrauch EEG Vergütung Eigenverbrauch 500 Eigenverbrauch Bezug über Lieferant 0 Abbildung 1: Rückspeisung und Bezug von Haushaltskunden mit PV -Eigenerzeugung (exemplarische Darstellung) Da derzeit keine Lastprofilmessungen bei Haushaltskunden existieren, erfolgt eine Abrechnung dieser Kunden gegenüber Lieferanten auf Basis von Standardlastprofilen. Gegenüber den ÜNB, die heute in der Regel die Rückspeisung vermarkten, erfolgt die dann verdichtete Abrechnung mit dem VNB auf Basis von skalierten Referenzmessungen, bei denen der Eigenverbrauch häufig nicht oder nur unzureichend
3 00:00 01:00 02:00 03:00 04:00 05:00 06:00 07:00 08:00 09:00 10:00 11:00 12:00 13:00 14:00 15:00 16:00 17:00 18:00 19:00 20:00 21:00 22:00 23:00 Berlin, Seite 3 von 5 berücksichtigt wird. Die sich in diesem Fall ergebende Differenz zwischen SLP und Rückspeisungsprofil zeigt exemplarisch Abbildung W Abbildung 2: Ohne Lastprofilmessung im Differenz-BK zu bewirtschaftendes Profil (exemplarische Darstellung) Diese Differenz muss derzeit vom VNB über dessen Differenzbilanzkreis ausgeglichen werden. Eine gute Bewirtschaftung dieses Profils setzt wiederum komplexe Prognosemodelle voraus, die u.a. PV-Prognosen und deren untertägige Aktualisierung sowie Speichermodelle berücksichtigen. Diese Voraussetzungen sind heute faktisch bei einer Vielzahl der VNB nicht gegeben. Eine unveränderte Praxis kann daher bei einer umfänglichen Errichtung von dargebotsabhängigen Eigenerzeugungsanlagen die Systemsicherheit gefährden. Bei Einführung intelligenter Messsysteme sollte folglich darauf geachtet werden, dass 1. bereits in der ersten Stufe des Rollouts Kunden mit Eigenerzeugungsanlagen mit diesen Messsystemen ausgestattet werden, 2. Lieferanten und Vermarkter der Rückspeisung auf Basis gemessener Profile abgerechnet werden und 3. Lieferanten und Vermarktern der Rückspeisung kundenscharfe Profile zeitnah zur Verfügung gestellt werden. Diese Forderungen gelten unabhängig von der Frage, ob ein Direktvermarkter oder der ÜNB für die Vermarktung der Rückspeisung zuständig ist. Nur so kann aus Sicht der ÜNB dauerhaft sichergestellt werden, dass bei immer komplexer und inhomogener werdenden Verbrauchs- und Rückspeiseprofilen eine hohe Prognosegüte auch bei selten auftretenden Ereignissen wie z.b. erheblichen Abweichungen zwischen Day-Ahead- und Intra-Day-Prognosen der PV-Einspeisung oder einer Sonnenfinsternis erhalten
4 Berlin, Seite 4 von 5 werden kann. Diese Punkte sind sowohl für die Vermarktung als auch für die Systemführung im Sinne von Netzsicherheitsbetrachtungen relevant. Informationen zur aktuellen PV-Einspeisung Während die ex-post Übermittlung der Rückspeisung von Erzeugungsanlagen im Eigenverbrauch dazu dient, Rückschlüsse auf die Anlagenkonfiguration zu ziehen und Vorhersagen darüber zu treffen, welcher Anteil der erwarteten Erzeugung zurückgespeist wird, ist es weiterhin erforderlich, auch die Höhe der erwarteten Erzeugung möglichst präzise zu prognostizieren. Insbesondere bei der Photovoltaik stellt diese Prognose eine große Herausforderung dar. Es hat sich gezeigt, dass Wetterlagen teilweise erst sehr kurzfristig vorhergesagt werden können (u.a. bei Nebel und Scheebedeckung). Für die Systemsicherheit ist folglich insbesondere die sogenannte Kurzfirstprognose relevant, die möglichst nah an der tatsächlichen Einspeisung liegt. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass gute Kurzfirstprognosen eine möglichst präzise Messung der tatsächlichen Einspeisung erfordern. Diese Echtzeitmessungen erfolgen heute bei PV-Anlagen maßgeblich durch den Wechselrichterhersteller SMA, der seine Daten wiederum den Prognosedienstleistern bereitstellt. Die auch für die Systemsicherheit hohe Relevanz dieses Prozesses hat sich u.a. an Tagen gezeigt, bei denen dieser Prozess gestört war und die Prognoseabweichungen weit oberhalb sonst üblicher Werte lagen. Der umfangreiche Rollout intelligenter Messsysteme wäre aus Sicht der ÜNB eine gute Gelegenheit, um dem Vermarkter sowie dem Verteil- und Übertragungsnetzbetreiber ein alternatives Messverfahren bereitzustellen, das den Sicherheitsanforderungen dieses Prozesses wesentlich besser gerecht wird. Dafür ist nicht die Messung aller PV Anlagen erforderlich. Stattdessen müsste eine repräsentativ ausgewählte Menge von PV-Anlagen mit Messsystemen ausgestattet werden, die in der Lage sind, kurzzyklisch und mit geringer Latenzzeit Daten zu übertragen. Flexibilitäten Derzeit wird eine lebhafte Debatte geführt, in wieweit Lastmanagement dazu beitragen kann, die notwendige Vorhaltung von Erzeugungskapazität für seltene Zeitpunkte sehr hoher Residuallast zu reduzieren. Ein signifikanter Teil dieses Lastreduktionspotentials wird dabei auch im Bereich der Haushaltskunden erwartet (vergl. Studie E&Y, Kosten-Nutzen-Analyse für einen flächendeckenden Einsatz intelligenter Zähler ). Eine zwingende Voraussetzung für die Vergütung des Lastreduktionspotentials von Haushaltskunden ist deren Ausstattung mit Lastprofilmessungen. Darauf basierend können zwei Ansätze zur Aktivierung des Lastreduktionspotentials verfolgt werden:
5 Berlin, Seite 5 von 5 Konzept Potentiale Der Lieferant präqualifiziert Lastreduktionspotentiale seiner Kunden. Nach erfolgreicher Präqualifikation erhält er unabhängig vom Abruf für die Bereitstellung eines gesicherten Lastreduktionspotentials einen Leistungspreis. Kann der Lieferant sein Lastreduktionspotential im Fall von Stromknappheit nicht aktivieren, sind Pönalen zu entrichten. Konzept Markt Der Lieferant wird auf Basis realer Lastprofilmessungen abgerechnet und kann so in Zeiten hoher Strompreise durch Lastreduktion seine Kosten reduzieren. Diesen Vorteil gibt er teilweise an seine Kunden weiter. Eine effiziente Umsetzung des ersten Ansatzes erfordert, dass die für Präqualifikation und Kontrolle zuständige zentrale Instanz, z.b. der Netzbetreiber, während der Präqualifikationsphase und während Phasen von Stromknappheit vollständigen Zugriff auf Lastprofile der an der Lastreduktion beteiligten Kunden erhält. Im zweiten Ansatz erleichtern anonymisierte und geeignet aggregierte Daten intelligenter Messsysteme (d.h. keine Aggregation auf Bilanzkreisebene sondern Aggregation von gleichartigen Kunden z.b. von Kunden mit Wärmepumpen) eine effiziente Parametrierung zentraler Elemente zur Absicherung der Versorgung wie beispielsweise einer Reserve.
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