Zur Vermittlung von Informationskompetenz an Hochschulbibliotheken Entwicklung, Status quo, und Perspektiven

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1 Zur Vermittlung von Informationskompetenz an Hochschulbibliotheken Entwicklung, Status quo, und Perspektiven Master s Thesis im Master-Zusatzstudiengang Bibliotheks- und Informationswissenschaft Institut für Informationswissenschaft Fakultät für Informations- und Kommunikationswissenschaften Fachhochschule Köln vorgelegt von: Mario Hütte

2 Zur Vermittlung von Informationskompetenz an Hochschulbibliotheken Entwicklung, Status quo, und Perspektiven Master s Thesis im Master-Zusatzstudiengang Bibliotheks- und Informationswissenschaft Institut für Informationswissenschaft Fakultät für Informations- und Kommunikationswissenschaften Fachhochschule Köln vorgelegt von: Mario Hütte Eythstr Köln Matr.Nr.: am bei Prof. Dr. Hermann Rösch

3 Die Bibliothek ist eine Lernstäte, nicht ein Lager für Bücher. (Melvil Dewey, 1876)

4 Abstract Abstract Die vorliegende Master s Thesis beschäftigt sich mit der Vermitlung von Informationskompetenz (engl.: Information Literacy) an Hochschulbibliotheken. Im Anschluss an die Darlegung theoretischer Grundlagen werden Entwicklung und derzeitiger Stand der Diskussion des Themas in den USA und Deutschland verglichen, wobei auf bedeutende Untersuchungen, Strategiepapiere und Modelle Bezug genommen wird. Als Hauptunterschiede zwischen beiden Ländern werden die verschiedenen historischen Ausgangsbedingungen sowie die unterschiedlichen Rahmenbedingungen identifiziert. Die derzeitige Praxis von Informationskompetenzvermittlung an nordrhein-westfälischen Universitäts- und Fachhochschulbibliotheken wird im empirischen Teil anhand einer Website-Analyse untersucht. Dabei zeigt sich, dass inzwischen vielfältige Aktivitäten zur Verbesserung der Informationskompetenz nachweisbar sind, die Benutzerfreundlichkeit der Internet-Auftritte in vielen Fällen jedoch noch optimiert werden kann. Den Abschluss bildet ein Ausblick auf Möglichkeiten zur weiteren Verbesserung der allgemeinen Informationskompetenz in Deutschland. The present Master s Thesis deals with information literacy in academic libraries. Folowing the description of theoretic principles, development and current state of discussion in the US are compared to the situation in Germany, drawing on important surveys, strategic papers and models. The main distinctions between both countries are the different historic initial conditions and the varying general frameworks. The current practice of information literacy in university libraries and libraries of universities of applied sciences in the state of Northrhine- Westphalia is explored within the empiric part by website analysis. It shows that manifold activities to enhance information literacy can be identified, whereas the usability of the websites can be improved. The final part oft the survey outlines possibilities for further improvement of general information literacy in Germany. I

5 Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung Einführung in das Thema Aufbau und Fragestellungen der Arbeit Das Lernen lernen : Informationskompetenz als Schlüsselqualifikation Die Bedeutung von Schlüsselqualifikationen Informationsdienst Informationsvermittlung Vermittlung von Informationskompetenz Implizite Teilkompetenzen von Informationskompetenz Konzeptionelle Evolution und begriffliche Differenzierung Formen der Vermittlung von Informationskompetenz Präsenzveranstaltungen Fernunterricht und Selbststudium Blended Learning Zum aktuellen Stellenwert des Themas Das Paradigma der Informationsgesellschaft Warum brauchen wir Informationskompetenz? Technologischer Fortschritt Anstieg der Zahl von Informationsangeboten Veränderungen in der Informationsbeschaffung: Suchmaschine kontra Bibliothek Veränderungen in Studium und Beruf Der Bologna-Prozess Das Konzept des Lebenslangen Lernens Die Entwicklung in den USA und Deutschland Die Entwicklung in den USA Anfänge und Prägung des Begriffs Information Literacy Information Literacy im Schulwesen der USA Information Literacy im Hochschulwesen der USA Die Entwicklung in Deutschland Volksbildner und völkische Büchereipolitik Benutzerforschung ab den 1970er Jahren als Grundlage für Benutzerschulungen Reduzierung der Aktivitäten, Neubeginn und Einrichtung von Informationsvermittlungsstellen in den achtziger und neunziger Jahren Von der Benutzerschulung zur Vermittlung von Informationskompetenz Pläne und Programme in Deutschland Bibliotheken Die SteFi-Studie Die Empfehlungen zur digitalen Informationsversorgung durch Hochschulbibliotheken des Wissenschaftsrates Das Strategische Positionspapier Informationen vernetzen Wissen aktivieren des BMBF Die Initiative des Vereins Deutscher Bibliothekare (VdB) Der PISA-Schock als Katalysator für die Entwicklung in Deutschland...49 II

6 Inhaltsverzeichnis 4.3 Modelle zur Vermittlung von Informationskompetenz in den USA und Deutschland Big6 Skills von EISENBERG/BERKOWITZ Der Information Searching Process (ISP) nach KUHLTHAU Das Dynamische Modell der Informationskompetenz (DYMIK) nach HOMANN Standards zur Vermittlung der Informationskompetenz Das Konzept der Bibliothekspädagogik nach SCHULTKA Zur Bedeutung der Modelle Die USA und Deutschland im Vergleich Vermittlung von Informationskompetenz als Aufgabenfeld für Hochschulbibliotheken in Deutschland: Eine branchenbezogene Potenzialanalyse Die SWOT-Analyse als Werkzeug Stärken Schwächen Chancen und Möglichkeiten Risiken und Bedrohungen Abschließende Bewertung Methodisches Vorgehen im Rahmen der empirischen Untersuchung Der Untersuchungsgegenstand: Internetauftritte von Hochschulbibliotheken Funktion und Stellenwert der Websites von Bibliotheken Die heuristische Evaluation als Technik für die Untersuchung von Websites Kriterien für eine benutzerfreundliche Website-Gestaltung Konzeptionelle und organisatorische Kriterien für Lernangebote von Bibliotheken Einordnung der Bibliotheken hinsichtlich ihrer Lernangebote Kritische Reflexion methodischer Schwächen Status quo an nordrhein-westfälischen Hochschulbibliotheken: Ergebnisse der Website-Analyse Universitätsbibliotheken Bibliothek der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen Universitätsbibliothek Bielefeld Universitätsbibliothek Bochum Universitäts- und Landesbibliothek Bonn Universitätsbibliothek Dortmund Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf Universitätsbibliothek Duisburg-Essen Universitäts- und Stadtbibliothek Köln Universitäts- und Landesbibliothek Münster Universitätsbibliothek Paderborn Universitätsbibliothek Siegen Universitätsbibliothek Wuppertal Fachhochschulbibliotheken Bibliothek der Fachhochschule Dortmund Bibliothek der Fachhochschule Köln III

7 Inhaltsverzeichnis Bibliothek der Fachhochschule Münster Bibliothek der Hochschule Niederrhein Zusammenfassung und Einordnung der Ergebnisse Perspektiven für die Vermittlung von Informationskompetenz in Deutschland Verankerung von Informationskompetenz im gesamten Bildungssystem Lesekompetenz als Basis von Informationskompetenz Propädeutische Informationskompetenz Kooperationen und Netzwerkbildung zwischen Bibliotheken Das Projekt Informationskompetenz der UB Konstanz und das Netzwerk Informationskompetenz in Baden-Württemberg (NIK-BW) Die AG Informationskompetenz in Nordrhein-Westfalen Die AG Benutzerschulung in Thüringen Flexibilisierung des Lernens Individualisierung von Lernumgebungen Spielerisches Lernen Abschlussbemerkung Anhänge Anhang A: Glossar verwendeter internetspezifischer Fachbegriffe Anhang B: Kriterienkatalog zur Website-Untersuchung Anhang C: Liste der im Rahmen der Untersuchung erhaltenen s und geführten Gespräche Anhang D: Text der an die Hochschulbibliotheken Anhang E: Literatur- und Quellenverzeichnis IV

8 Abbildungsverzeichnis Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Synopse der vorgestellten Kompetenzfelder...10 Abbildung 2: Von der Benutzerschulung zur Vermittlung von Informationskompetenz...14 Abbildung 3: In der Datenbank INFODATA am erfasste deutschsprachige Publikationen zu den Themen "Informationskompetenz" / "Information Literacy" und "Benutzerschulung" im chronologischen Vergleich...43 Abbildung 4: Big6 Skills...52 Abbildung 5: Information Searching Process...53 Abbildung 6: DYMIK...54 Abbildung 7: Informationszirkel im DYMIK...55 Abbildung 8: In der Datenbank INFODATA am erfasste deutsch- und englischsprachige Publikationen zum Thema "Informationskompetenz" / "Information Literacy" im chronologischen Vergleich...66 Abbildung 9: Startseite des Internetauftritts der Bibliothek der RWTH Aachen...87 Abbildung 10: Webseite mit den Lernangeboten der Bibliothek der RWTH Aachen...88 Abbildung 11: Startseite des Internetauftritts der Universitätsbibliothek Bielefeld...90 Abbildung 12: Webseite mit den Lernangeboten der Universitätsbibliothek Bielefeld...91 Abbildung 13: Startseite des Internetauftritts der Universitätsbibliothek Bochum...93 Abbildung 14: Webseite mit den Lernangeboten der Universitätsbibliothek Bochum...94 Abbildung 15: Startseite des Internetauftritts der Universitäts- und Landesbibliothek Bonn.97 Abbildung 16: Webseite mit den Lernangeboten der Universitäts- und Landesbibliothek Bonn...98 Abbildung 17: Startseite des Internetauftritts der Universitätsbibliothek Dortmund Abbildung 18: Webseite mit den Lernangeboten der Universitätsbibliothek Dortmund Abbildung 19: Startseite des Internetauftritts der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf Abbildung 20: Webseite mit den Lernangeboten der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf Abbildung 21: Startseite des Internetauftritts der Universitätsbibliothek Duisburg-Essen Abbildung 22: Webseite mit den Lernangeboten auf dem Campus Duisburg Abbildung 23: Webseite mit den Lernangeboten auf dem Campus Essen Abbildung 24: Startseite des Internetauftritts der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln Abbildung 25: Webseite mit den Lernangeboten der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln Abbildung 26: Startseite des Internetauftritts der Universitäts- und Landesbibliothek Münster Abbildung 27: Webseite mit den Lernangeboten der Universitäts- und Landesbibliothek Münster Abbildung 28: Startseite des Interntauftritts der Universitätsbibliothek Paderborn Abbildung 29: Webseite mit den Lernangeboten der Universitätsbibliothek Paderborn Abbildung 30: Startseite des Internetauftritts der Universitätsbibliothek Siegen Abbildung 31: Webseite mit den Lernangeboten der Universitätsbibliothek Siegen Abbildung 32: Startseite des Internetauftritts der Universitätsbibliothek Wuppertal Abbildung 33: Webseite mit den Lernangeboten der Universitätsbibliothek Wuppertal Abbildung 34: Startseite des Internetauftritts der Bibliothek der FH Dortmund Abbildung 35: Webseite mit den Lernangeboten der Bibliothek der FH Dortmund Abbildung 36: Startseite des Internetauftritts der Bibliothek der FH Köln Abbildung 37: Webseite mit den Lernangeboten der Bibliothek der FH Köln Abbildung 38: Startseite des Internetauftritts der Bibliothek der FH Münster Abbildung 39: Webseite mit den Lernangeboten der Bibliothek der FH Münster Abbildung 40: Startseite des Internetauftritts der Bibliothek der Hochschule Niederrhein..133 Abbildung 41: Webseite mit den Lernangeboten der Bibliothek der Hochschule Niederrhein V

9 1. Einleitung 1. Einleitung 1.1 Einführung in das Thema In portu navigo Ich fahre im Hafen zur See. Die Inschrift in seinem erblichen Wappen formuliert das Wirken Sebastian Münsters vielleicht am treffendsten. Der humanistische Universalgelehrte und Basler Universitätsprofessor schreibt zu Beginn des 16. Jahrhunderts in seiner Studierstube an einem Buch, das nicht weniger zum Ziel hat, als das gesamte Wissen der damaligen Welt zusammenzutragen. Münster schuf mit der Cosmographia so der Titel seines Werkes eine geographischhistorische Weltbeschreibung, die mehrere Übersetzungen erlebte und mit knapp 50 Auflagen zum nach der Bibel am meisten gelesenen Buch des 16. und 17. Jahrhunderts überhaupt avancierte. Dabei bediente er sich weitestgehend des Wissens anderer, indem er Reiseberichte zusammentrug, antike und zeitgenössische Quellen studierte sowie mit anderen Gelehrten korrespondierte und die gesammelten Informationen anschließend kompilierte. In den mehr als zwei Jahrzehnten Bearbeitungszeit verließ Münster nur selten Studierzimmer oder gar Stadt, um Informationen auf eigenen Forschungsreisen zu sammeln. Zu großen Teilen grif er auf lokal gespeichertes Wissen zurück, also auf Wissen aus Büchern, die er selbst besaß, die vor Ort in Gelehrtenbibliotheken oder auf dem Buchmarkt verfügbar waren. 1 An die Stelle von gedruckten Nachschlagewerken ist heute in vielen Fällen das Internet getreten. Via Computer und Netzwerkverbindung kann man im 21. Jahrhundert umso mehr im Hafen liegend zur See fahren. Das Internet bietet Zugrif auf Informationen, zu alen nur denkbaren Sachgebieten und Detailfragen, die weltweit auf Servern gespeichert sind. Wie aber findet man die gesuchten Informationen, wie trennt man Wichtiges von Unwichtigem, wie Wahres von Falschem? Das Problem des Information Overload, der überwältigenden, nicht mehr zu kontrolierenden Datenflut v.a. des Internets, wird von den meisten Informationssuchenden erschreckend einfach gelöst: Sie geben einen Begriff in eine Suchmaschine ein und bedienen sich aus den Quellen, die die ersten drei bis fünf Treffer liefern. Insbesondere Studierende nutzen oft nicht mehr die von Bibliotheken bereit gestellten Informationsressourcen wie die inhaltlich hochwertigen Online-Datenbanken ihres Faches, Online-Bibliothekskataloge oder Fachinformationsführer, sondern vorwiegend ungeprüfte und nicht verifizierte Internetquellen. 1 vgl. FRIEDT

10 1. Einleitung Der selbstständige und bewusste Umgang mit Informationen wird in der heutigen Gesellschaft zu einer immer bedeutsameren Qualifikation. Da eine verbindliche Berücksichtigung in den Unterrichtsplänen der Bildungsinstitutionen bisher aber weitgehend fehlt, stellt sich die Frage, wer diese Fähigkeiten vermitteln soll. Während Information Literacy v.a. in den anglo-amerikanischen Ländern seit mehreren Dekaden im bibliothekarischen Kontext diskutiert und auch praktiziert wird, haben Bibliotheken in Deutschland die Vermitlung von Informationskompetenz erst seit einigen Jahren verstärkt als neues Aufgabenfeld erkannt. 2 In der deutschsprachigen Fachliteratur zum Thema Vermittlung von Informationskompetenz dominieren Erfahrungs- und Fortschrittsberichte aus Bibliotheken. Diese meist in Form von Zeitschriftenaufsätzen dargelegten Einzelbetrachtungen widmen sich überwiegend den jeweiligen Praxiserfordernissen, wogegen die theoretische Akzentuierung des Themas i.d.r. unberücksichtigt bleibt und empirisch fundierte Forschungsergebnisse aus Deutschland kaum vorhanden sind. Deutschsprachige Gesamtdarstellungen in Monographienform, die das Thema umfassend und aus bibliothekarischer Sicht diskutieren, fehlen ebenfalls weitestgehend Aufbau und Fragestellungen der Arbeit Die vorliegende Arbeit möchte einen Beitrag zur Verringerung der aufgezeigten Defizite leisten. Der erste Teil (Kapitel 2-5) basiert auf einer ausführlichen Auswertung, Synthese und Bewertung relevanter Fachliteratur zum Thema Information Literacy bzw. Informationskompetenz. In Kapitel 2 werden grundlegende Begriffe der Debatte diskutiert und definiert sowie Unterschiede des Konzepts Informationskompetenz zur klassischen Benutzerschulung erläutert. Kapitel 3 beleuchtet die aktuelle Bedeutung des Themas vor dem Hintergrund des herrschenden Paradigmas der Informationsgesellschaft sowie veränderter Anforderungen in Ausbildung und Beruf. Im Anschluss werden in Kapitel 4 Entwicklung und derzeitiger Stand der Diskussion des Themas in den USA und Deutschland verglichen, wobei auf bedeutende Untersuchungen, Strategiepapiere und Modelle Bezug genommen wird. Im Rahmen einer Potenzialanalyse werden in Kapitel 5 Stärken und Schwächen sowie Chancen und Risiken von deutschen Hochschulbibliotheken, als Anbietern von Veranstaltungen zur Förderung von Informationskompetenz, gegenübergestellt. 2 Zum Vergleich der deutschen und englischen Begrifflichkeiten s. Kap Eine der wenigen ausführlichen deutschsprachigen Gesamtdarstellungen zum Thema bieten LUX/SÜHL- STROHMENGER

11 1. Einleitung Kapitel 6 widmet sich der Methodik der empirischen Untersuchung, deren Ergebnisse in Kapitel 7 vorgestellt werden. Für die Untersuchung wurde die Darstellung der Praxis von Informationskompetenzvermittlung auf 16 Websites von Hochschulbibliotheken analysiert und durch Angaben von Experten aus den Bibliotheken, die im Rahmen einer kurzen - Befragung gewonnen wurden, punktuell ergänzt. Die Websites wurden zum einen hinsichtlich ihrer Benutzerfreundlichkeit, zum anderen in Bezug auf Konzeption und Organisation von Lernangeboten der betreffenden Bibliotheken untersucht. Um bei allen zwischen Hochschulbibliotheken bestehenden Unterschieden zumindest einheitliche politisch-rechtliche Rahmenbedingungen voraussetzen zu können, wurde ein Bundesland als Betrachtungsraum ausgewählt. Aufgrund seiner reichen Hochschullandschaft bot sich hier Nordrhein-Westfalen an. Den Abschluss der Arbeit bildet ein Ausblick auf Notwendigkeiten und Möglichkeiten zur Verbesserung der allgemeinen Informationskompetenz in Deutschland. Basierend auf den oben erläuterten Zusammenhängen lassen sich folgende Forschungsleitfragen formulieren: 1. Wo liegen die Unterschiede in Entwicklung und Rahmenbedingungen bei der Vermittlung von Informationskompetenz bzw. Information Literacy zwischen Deutschland und den USA? 2. Wie stellt sich der Status quo in der Vermittlung von Informationskompetenz auf den Websites nordrhein-westfälischer Hochschulbibliotheken dar und wie benutzerfreundlich sind die Internet-Angebote? 3. Welche Entwicklungsperspektiven können für die Vermittlung von Informationskompetenz in Deutschland aufgezeigt werden? 3

12 2. DasLernenlernen :Informationskompetenz als Schlüsselqualifikation 2. Das Lernen lernen : Informationskompetenz als Schlüsselqualifikation 2.1 Die Bedeutung von Schlüsselqualifikationen Die inzwischen zahlreichen deutschsprachigen Publikationen, die sich mit dem Thema Informationskompetenz beschäftigen, weisen zwar eine große Bandbreite hinsichtlich der Auffassung dessen auf, was unter diesem Schlagwort zu verstehen ist, einig sind sie sich jedoch in einem Punkt: In der Betrachtung von Informationskompetenz als Schlüsselqualifikation der heutigen Zeit. Ähnlich wie der Begrif Informationskompetenz selbst, entwickelt sich der Terminus Schlüsselqualifikation in Öfentlichkeit und Fachdebate jedoch immer mehr zur inhaltsleren Metapher, die in verschiedenen Zusammenhängen immer neue Bedeutungen erfährt. 4 Das Konzept der Schlüsselqualifikationen wurde 1974 von D. MERTENS, dem damaligen Leiter des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, fundiert in einer Publikation dargelegt. 5 Üblicherweise, so MERTENS, werde auf die Unsicherheit bezüglich der Entwicklung des Arbeitsmarktes seitens des Bildungswesens mit der Verbreiterung des Faktenwissens reagiert. Dieses Vorgehen sei jedoch wegen der zunehmenden Unüberschaubarkeit von Fakten keine zukunftsorientierte Lösung. Vielmehr seien übergeordnete Bildungsziele und -elemente zu identifizieren, die der Autor als Schlüsselqualifikationen bezeichnet, weil sie den Schlüssel zur raschen und reibungslosen Erschließung von wechselndem Spezialwissen bilden 6. Dem Verständnis dieser Schlüsselqualifikationen liegen die Annahmen zugrunde, dass der Erwerb spezialisierter Fertigkeiten gegenüber Metafertigkeiten, also strukturellen Gemeinsamkeiten von Fertigkeiten, an Bedeutung verliert und dass reines Faktenwissen gegenüber Zugangswissen zunehmend an Relevanz einbüßt. Den Schlüsselproblemen einer Gesellschaft werden Schlüsselqualifikationen entgegengesetzt, die den Einzelnen in die Lage versetzen sollen, diese Probleme zu lösen. Bildung bedeutet hier vor allem Befähigung zur Problembewältigung, und Schulungen dienen der Vermittlung von Fähigkeiten zu dieser Problembewältigung. 7 Dieses instrumentelle Bildungsverständnis erlangt insbesondere in der heutigen, durch rapiden Wandel gekennzeichneten, postmodernen Gesellschaft einen hohen Stellenwert. MERTENS führt aus, je dynamischer, komplexer und unvorhersehbarer die gesellschaftliche, technische, wirtschaftliche und damit persönliche Umweltentwicklung verlaufe, umso größer werde die Bedeutung von Bildungs- 4 vgl. LUX/SÜHL-STROHMENGER 2004, S MERTENS MERTENS 1974, S vgl. MERTENS 1974, S. 40 u. BK NRW 1995, S. 112ff 4

13 2. DasLernenlernen :Informationskompetenz als Schlüsselqualifikation elementen mit Schlüsselcharakter für die existenzielle Bewältigung von Herausforderungen. 8 MERTENS unterscheidet vier Arten von Schlüsselqualifikationen. Von Interesse sind an dieser Stele die Horizontqualifikationen, die eine möglichst efiziente Nutzung der Informationshorizonte der Geselschaft für den einzelnen gewährleisten und auch deshalb als horizonterweiternde Qualifikationen bezeichnet werden können. 9 Als Bildungsziel der Horizontqualifikation gibt der Autor Informiertheit über Information an, das sich in vier konkrete Dimensionen gliedert: Wissen über das Wissen von Informationen, Gewinnung von Informationen, Verstehen von Informationen und Verarbeiten von Informationen. Die Gewinnung von Informationen soll dabei wesentlich mittels einer Bibliotheks- und Medienkunde bewerkstelligt werden. 10 Wie noch aufzuzeigen ist, hat MERTENS damit bereits wesentliche Elemente dessen, was heute mit dem Begrif Informationskompetenz umschrieben wird, formuliert. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt eine OECD-Studie aus dem Jahr 2003, die drei Kategorien von Schlüsselkompetenzen für persönliches, soziales und ökonomisches Wohlergehen definiert. Neben dem Interagieren in sozial heterogenen Gruppen sowie dem selbstständigem Handeln wird auch die Fähigkeit Hilfsmittel und Instrumente interaktiv zu nutzen, als Kernkompetenz für die beruflichen Anforderungen in einer zunehmend globalisierten Welt, deren wichtigstes Gut Informationen sind, eingeschätzt. 11 Die überfachlichen Bildungsziele, die charakteristisch für Schlüsselqualifikationen sind, werden durch die geplante Einführung der neuen Bachelor- und Master-Studiengänge in Europa bis zum Jahre 2010 (sog. Bologna-Prozess ) auch im Hochschulkontext immer bedeutsamer, da den Studierenden in einem Teil der Lehrveranstaltungen eben diese Qualifikationen vermittelt werden sollen. Insbesondere die Bachelor-Studiengänge, als erste Stufe des konsekutiven Studienabschlusssystems, sollen explizit berufsqualifizierend gestaltet werden. 12 Im Hinblick auf die folgenden Ausführungen wird für den Begriff Schlüsselqualifikation folgende Definition zugrundegelegt: Schlüsselqualifikationen sind erwerbbare algemeine Fähigkeiten, Einstellungen und Strategien, die bei der Lösung von Problemen und beim Erwerb neuer Kompetenzen in möglichst vielen Inhaltsbereichen von Nutzen sind vgl. MERTENS 1974, S vgl. MERTENS 1974, S vgl. MERTENS 1974, S OECD 2005, S. 5. Anm.: Die Studie selbst stammt aus dem Jahr 2003, die Zusammenfassung, auf die hier Bezug genommen wird, wurde im Mai 2005 veröffentlicht. 12 vgl. HORSTKOTTE Zum Bologna-Prozess s. Kap BK NRW 1995, S

14 2. DasLernenlernen :Informationskompetenz als Schlüsselqualifikation 2.2 Informationsdienst Informationsvermittlung Vermittlung von Informationskompetenz Informations- oder Auskunftsdienst bezeichnet die geplante Dienstleistung einer Bibliothek und ist von der individuellen, sich aus einer speziellen Situation ergebenden, Informations- oder Auskunftsarbeit abzugrenzen. Zu den verschiedenen Aufgabengebieten des Informationsdienstes gehört neben Aufbau und Pflege von Informationsbeständen, dem Erarbeiten von Hilfsmitteln oder der systematischen Aufstellung von Medien auch die Informationsvermittlung. 14 Hierunter versteht man die Tätigkeit der Recherche, Selektion, Beschaffung, Bewertung, Aufbereitung und Weitergabe von Daten, Texten, Materialien und Medien zur Deckung von Informationsbedürfnissen Driter 15. Dabei kann Informationsvermittlung sowohl in reaktiver Form als auch proaktiv erfolgen. Bei der reaktiven Informationsvermittlung reagiert der Bibliothekar auf den von Benutzern artikulierten Informationsbedarf. Dies kann in Form von bibliographischen Auskünften, Sach- oder Orientierungsauskünften im Informationszentrum, durch die Bearbeitung einer Fernleihe oder durch die auftragsgebundene Recherche in einer Datenbank erfolgen. Da hier alle Auskünfte auf Anfragen des Benutzers hin erfolgen, spricht man auch von Pul Services. Zu den Serviceleistungen einer proaktiven Vermittlung von Informationen gehören die Zusammenstellung von Neuerwerbungslisten, themenbezogene Bibliographien, personalisierte Zeitschrifteninhaltsdienste oder Schulungen für Bibliotheksbenutzer. Da in diesen Fällen Informationen durch die Initiative der Bibliothek zusammengestellt, aufbereitet und/oder verbreitet werden, spricht man hier auch von Push Services. 16 Im Rahmen der Informationsvermittlung macht die Bibliothek ihren Kunden die benötigten Informationen durch entsprechende Dienstleistungen und Hilfsmittel zugänglich. Aus Sicht des Nutzers ermöglicht die Informationsvermittlung eine schnelle Übersicht über das Angebot verfügbarer Informationen und die zweckdienliche Nutzung von Informationsquellen. 17 Die Vermittlung von Informationskompetenz wiederum kann als Teilaspekt der proaktiven Informationsvermittlung verstanden werden. Wie stark dieser Aspekt in einer Bibliothek zur Anwendung kommt, hängt vom Servicemodel der Bibliothek ab. Das konservative oder minimalistische Model betont schwerpunktmäßig den Schulungsgedanken und legt Wert darauf, dass der Benutzer die Bibliothek möglichst selbstständig benutzen kann. Im liberalen oder maximalen Servicemodel wird wenig Wert auf Schulungsveranstaltungen gelegt. Der Benutzer wendet sich mit seinen Fragen an den Bibliothekar, der dann den zentralen Prozess der Informationsbeschaffung übernimmt. Im Rahmen dieses Modells wird die An- 14 vgl. RÖSCH 2005, Kap PUTZ 2004, S vgl. RÖSCH 2005, Kap u. PUTZ 2004, S vgl. LAZARUS 2002, S. 40 6

15 2. DasLernenlernen :Informationskompetenz als Schlüsselqualifikation sicht vertreten, das die Institution Bibliothek zu komplex sei, als dass dem Benutzer in vertretbarem zeitlichen Rahmen Recherchefähigkeiten beigebracht werden könnten. 18 Neben diese beiden konträren Modelle tritt in den anglo-amerikanischen Ländern und Skandinavien, zunehmend aber auch in Deutschland, ein drites Model, das man als innovatives Servicemodel oder Hilfe zur Selbsthilfe bezeichnen könnte. Dieser Ansatz sieht den Bibliothekar als Lehrenden, der essenziell wichtige Fähigkeiten der heutigen Zeit vermittelt, wie Zugang zu Informationen, Recherchetechniken oder kritische Beurteilung von Quellen. 19 Dabei passt er die Lehrinhalte den jeweiligen Zielgruppen und ihren individuellen Bedürfnissen an. BUNDY umschreibt das veränderte Anforderungsprofil des Bibliothekars mit dem Begriff Blended librarian : Ein akademisch gebildeter Bibliothekar, der traditionele bibliothekarische Fähigkeiten mit den Hardware- und Software-Kenntnissen eines Computer-Spezialisten und der pädagogischen Befähigung, Medientechnologie angemessen in den Lehrablauf einzubringen, verbindet. 20 Dieses neue bibliothekarische Tätigkeitsfeld hat seit Ende der 1980er Jahre verstärkt Eingang in das anglo-amerikanischen Bibliothekswesen gefunden und ist dort unter dem Begrif Information Literacy bekannt. Im ursprünglichen Sinn beschrieb literacy nur die Lese- und Schreibfähigkeit. Inzwischen wird aber hierunter allgemein die Fähigkeit verstanden, bestimmte Phänomene verstehen oder interpretieren zu können. 21 Eine inhaltsgerechte Übertragung ins Deutsche ist schwierig, Übersetzungsversuche mit dem deutschen Wort literarisch ireführend, da in der deutschen Sprache hiermit vor allem Vorstellungen wie kenntnisreich, belesen in einer meist geisteswissenschaftlichen Literatur, assoziert werden. 22 Im deutschen Sprachraum, wo das Thema erst seit Ende der 90er Jahre eine breitere Behandlung erfährt, hat sich der Terminus Informationskompetenz durchgesetzt, der den zentralen funktionalen Stellenwert des Konzeptes jedoch nicht exakt abbildet. Informationskompetenz kann als elementare Schlüsselqualifikation der heutigen Zeit betrachtet werden. Dabei geht es neben der Kenntnis effizienten Recherchierens und Navigierens um die Kreativität, den eigenen Informationsprozess bewusst und nach den eigenen Bedürfnissen zu gestalten. 23 Die bereits erwähnte OECD-Studie weist ausdrücklich darauf hin, dass sich die Fähigkeit, Hilfsmittel und Instrumente interaktiv zu nutzen, nicht nur auf den Zugang und das technische Verständnis für diese Werkzeuge beschränkt. Die in der Studie aufgeführte Teilkompetenz 1B, die Fähigkeit Wissen und Informationen interaktiv zu nutzen, nennt explizit Infor- 18 vgl. PUTZ 2004, S vgl. PUTZ 2004, S BUNDY 2005, S BUNDY 2005, S SIMON 2003, S vgl. HAPKE 2005, S.1 7

16 2. DasLernenlernen :Informationskompetenz als Schlüsselqualifikation mationskompetenz als notwendige Voraussetzung, um sich über Handlungsalternativen bewusst zu werden, eigene Meinungen zu bilden, Entscheidungen zu treffen und um sachkundig und verantwortungsbewusst handeln zu können. 24 Nicht nur der technisch-praktische Umgang mit Internet, Fachdatenbanken oder Bibliothekskatalogen ist also von Bedeutung; es geht um grundlegende Strategien der Informationssuche und Informationsaneignung, deren Komplexität je nach Zielgruppe stark differieren kann Implizite Teilkompetenzen von Informationskompetenz Der Begriff Informationskompetenz wird oft mit verwandten Fertigkeiten gleichgesetzt bzw. verwechselt. Insbesondere im deutschen Sprachraum wird oft nicht genau zwischen Informationskompetenz, Bibliothekskompetenz, Computerkompetenz und Medienkompetenz unterschieden. Im Folgenden werden die wichtigsten Kompetenzbegriffe mit ihren englischen Übersetzungen vorgestellt und knapp erläutert, um sie gegeneinander abzugrenzen. Bibliothekskompetenz (Library Literacy) Bibliothekskompetenz ist eine institutionenbezogene Kompetenz und vermittelt Kenntnisse über die speziellen Informationsangebote einer Bibliothek, wie z.b. die Handhabung des elektronischen Katalogs, die notwendigen Schritte für eine Fernleihe oder die Ausleihmodalitäten. Auf einen einfachen Nenner gebracht, ist man dann bibliothekskompetent, wenn man in der Lage ist, eine Bibliothek selbstständig zu nutzen. 26 Der Begriff Informationskompetenz wird häufig bibliothekszentriert aufgefasst und als eine Art Wiedergeburt der herkömmlichen Einführung in die Bibliotheksbenutzung bzw. in die bibliographische Unterweisung missverstanden. 27 Medienkompetenz (Media Literacy) Medienkompetenz bezeichnet die Fähigkeit, Medien und die durch Medien vermittelten Inhalte den eigenen Zielen und Bedürfnissen entsprechend effektiv nutzen zu können. 28 Medienkompetenz wird häufig auf die Neuen Medien beschränkt, kann sich aber in einer umfassenderen Definition auch auf die alten Medien, also Fernsehen, Radio oder Druckerzeugnisse beziehen. Dabei sollte Medienkompetenz aber nicht auf die Fähigkeit zur Benutzung technischer Hilfsmittel, wie die Bedienung eines Computers, reduziert werden. Das Konzept umfasst vielmehr auch die kritische Auseinandersetzung mit Medien, ihren Inhalten 24 OECD 2005, S. 10/11 25 vgl. LUX/SÜHL-STROHMENGER 2004, S vgl. HOMANN 2000a, S. 971 u. SCHMIDMAIER 1992, S vgl. BUNDY 2005, S vgl. Wikipedia: < [abgerufen am ] 8

17 2. DasLernenlernen :Informationskompetenz als Schlüsselqualifikation und Wirkungen. 29 HETTINGER und WUNDEN unterscheiden vier verschiedene Teilkompetenzen der Medienkompetenz: Medienbotschaften verstehen und kritisch hinterfragen, Medien zielgerichtet nutzen und ihre Effekte reflektieren, Medien gestalten und für die eigene Kommunikation einsetzen sowie Medien in ihren Produktionsbedingungen und ihrem Bezug zur gesellschaftlichen Wirklichkeit erkennen und verstehen. 30 Nach POTTER ist Medienkompetenz eine Fähigkeit, die kontinuierlich entwickelt werden muss und die nicht kurzfristig aktiviert werden kann. 31 Informations- und Medienkompetenz werden häufig als Zweiklang verwendet, um damit das gesamte Spektrum der Anforderungen zu umschreiben, die sich im Zusammenhang mit der Nutzung von Informationen und Medien ergeben. Dabei befassen sich etwa zehnmal so viele Veröffentlichungen mit dem Thema Medienkompetenz wie mit Informationskompetenz. 32 Computerkompetenz (Computer Literacy) Computerkompetenz, im Deutschen auch als Informatikkompetenz oder IT-Kompetenz bezeichnet, im Englischen meist mit dem Terminus Computer Literacy belegt, charakterisiert den sicheren Umgang mit Informationstechnologie, der sich in der Handhabung von EDV-Geräten und Software-Anwendungen äußert. 33 Im Einzelnen geht es um Vertrautheit im Umgang mit dem PC sowie der Fähigkeit, Dokumente unter Anwendung von Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, Datenbanken und anderen Software-Tools zu erzeugen und zu verändern. Der Computer wird als Werkzeug betrachtet, das die Fähigkeiten des Lernens und der Verarbeitung von Informationen erleichtert und erweitert. Der Fokus sollte aber auf technikunterstütztem Lernen liegen nicht auf dem reinen Erlernen der Technik selbst. 34 BUNDY merkt dazu an, dass es eine Fehleinschätzung sei, zu glauben, der Schlüssel zu besserer Ausbildung im Informationszeitalter sei eher Informationstechnologie als Informationskompetenz vgl. LUX/SÜHL-STROHMENGER 2004, S HETTINGER/WUNDEN 2000, S vgl. POTTER 2005, S LUX/SÜHL-STROHMENGER 2004, S vgl. HOMANN 2000a, S vgl. EISENBERG/LOWE/SPITZER 2004, S BUNDY 2005, S. 13 9

18 2. DasLernenlernen :Informationskompetenz als Schlüsselqualifikation Informationskompetenz Informationskompetent ist jemand, wenn er: erkennt, dass exakte und vollständige Information die Basis für eine kluge Entscheidungsfindung bildet, seinen Informationsbedarf erkennt, seine Informationsbedürfnisse artikulieren kann, potenzielle Informationsquellen identifiziert, erfolgreiche Suchstrategien entwickelt, sich Zugang zu Informationsquellen verschafft, die gefundenen Informationen evaluiert, die Informationen für die Weiterverwendung aufbereitet, neue Informationen in seinen Wissenshorizont einfügt. Visuelle Kompetenz Visuelle Kompetenz ist: die Fähigkeit Bilder zu verstehen und zu verwenden, einschließlich der Fähigkeit, in bildlichen Bezügen zu denken, zu lernen und sich durch diese ausdrücken zu können. Medienkompetenz Medienkompetenz ist: die Fähigkeit zum Zugriff, zur Auswertung und zur Erstellung von Informationen für spezielle Verwendungszwecke. Computerkompetenz Computerkompetenz ist: die Fähigkeit, Dokumente und Daten mit Hilfe von Software- Programmen zu erstellen und zu verändern. Digitale Kompetenz Digitale Kompetenz ist: die Fähigkeit für Verständnis und Anwendung von Informationen unterschiedlicher Formate und vielfältiger Datenquellen, die über den Computer dargestellt werden. Netzwerkkompetenz Netzwerkkompetent ist jemand, wenn er: sich bewusst ist, über Vielfalt und Nutzen der weltweiten Netzwerkinformationen, -ressourcen und - dienstleistungen; ein Verständnis für das System hat, in dem Netzwerkinformationen erstellt, verwaltet und verfügbar gemacht werden; spezielle Arten von Informationen im Netzwerk abfragen kann, indem er eine Reihe von Suchoptionen einsetzt; Netzwerkinformationen verändern kann, indem er sie mit anderen Datenquellen kombiniert, anreichert oder anderenfalls den Wert der Informationen für einen speziellen Verwendungszweck steigert; Netzwerkinformationen auswertet und damit sowohl für berufliche, als auch für private Zwecke, Entscheidungen herbeiführt und Leistungen generiert, die seine oder ihre gesamte Lebensqualität steigern. Abbildung 1: Synopse der vorgestellten Kompetenzfelder. Eigene Übersetzung nach: EISENBERG 2004, S

19 2. DasLernenlernen :Informationskompetenz als Schlüsselqualifikation Weitere Kompetenz-Begriffe EISENBERG bringt noch weitere Kompetenz-Begrife in die Debate ein, von denen Digitale Kompetenz ( Digital Literacy ) und Netzwerkkompetenz ( Network Literacy ) unter Computerkompetenz subsummiert werden können. Digitale Kompetenz berücksichtigt das breite Spektrum von Ressourcen, die online zugänglich sind und unterstreicht die Bedeutung, jede einzelne Ressource kritisch zu betrachten. Um Informationen in einer Netzwerkumgebung wie dem WWW zu lokalisieren, sich Zugang zu den Datenquellen zu verschaffen und um diese Informationen für eigene Zwecke nutzen zu können, muss man Netzwerkkompetenz besitzen. 36 Visuele Kompetenz ( Visual Literacy ) schließlich beinhaltet die Fähigkeit, Bilder zu benutzen und zu verstehen, was das Vermögen in bildhaften Bezügen zu denken und zu lernen sowie sich bildlich auszudrücken, einschließt. 37 Abbildung 1 stellt die vorgestellten Schlüsselkompetenzen tabellarisch gegenüber. Dabei wird deutlich, dass Informationskompetenz ein umfassender Begriff ist und die anderen Kompetenzen nur Teilaspekte davon betrachten. Informationskompetenz beschränkt sich nicht auf das Wissen über das Informationsangebot einer Bibliothek ( Bibliothekskompetenz) oder das technische Verständnis für Computer und computergestützte Anwendungen ( Computerkompetenz). Diese Kompetenzen sowie die Basis-Kompetenzen Lesen und Schreiben, sind integraler Bestandteil von Informationskompetenz, die als Meta-Kompetenz die anderen Kompetenzen mit einschließt und das Erlernen neuer Fähigkeiten und neuen Wissens erst ermöglicht. 38 Zu den notwendigen Kompetenzen der Informationsgesellschaft zählt nach Meinung einiger Autoren inzwischen auch das Nicht-Wissen. 39 Dahinter steht die Idee, dass sich das Informationsproblem vom Zugang zu Informationen hin zur Vermeidung von Informationen verschoben hat. 40 Das wichtigste Wissen der Internet-Ära, so die Befürworter dieser These, bestehe darin, zu wissen, was man nicht zu wissen braucht. Zentrale Anforderungen seien Kommunikationsabwehr und Informationsvermeidung, erzwungen durch Schnelllebigkeit und Informationsflut. Die heutigen Entscheidungsträger ließen nur noch streng vorsortierte Infofragmente an sich heran und erreichten dies, indem sie ständig Informationen filtern, komprimieren und falls veraltet aussortieren. 41 Unabhängig davon, ob man Nicht-Wissen zu einem Wert oder gar einer Schlüsselkompetenz erklärt, ist unstrittig, dass die Medien- und Informationsvielfalt uns zwingt, aus dem Angebot 36 vgl. EISENBERG/LOWE/SPITZER 2004, S vgl. EISENBERG/LOWE/SPITZER 2004, S vgl. HAPKE 2005, S So z.b. DEGELE 2005; ERBING/TERFLOTH 2005, S. 24 oder POTTER 2005, S vgl. POTTER 2005, S.5 41 vgl. DEGELE 2005, S. 63 ff 11

20 2. DasLernenlernen :Informationskompetenz als Schlüsselqualifikation eine Auswahl zu treffen. Wesentliches Ziel der Vermittlung von Informationskompetenz ist, die begrenzt vorhandene Zeit und Aufmerksamkeit des Informationssuchenden effektiv zu nutzen und den Informationsprozess zielgerichtet und ergebnisorientiert ablaufen zu lassen. Basierend auf den bisher getroffenen Aussagen lässt sich Informationskompetenz nunmehr wie folgt definieren: Informationskompetenz ist ein Bezugsrahmen, um den Bedarf für Informationen zu erkennen, diese zu finden, zu bewerten und einzusetzen Konzeptionelle Evolution und begriffliche Differenzierung Nach den bisherigen Ausführungen stelt sich die Frage, wo die klassische Benutzerschulung aufhört und die Vermittlung von Informationskompetenz anfängt. Der Begrif Benutzerschulung ist bereits seit den 1960er und 70er Jahren in Deutschland geläufig und wird häufig in enger Verbindung zu dem der Informationskompetenz benutzt aber nur selten kritisch reflektiert. 43 In einer 1980 erschienenen Studie zum Thema Benutzerschulung in Hochschulbibliotheken, wird die Begrifsbildung bereits diskutiert. Die Autoren stelen Benutzerunterweisung und Bibliotheksdidaktik als synonym verwandte Begrife vor und plädieren für eine Verwendung des Begrifs Benutzerschulung, da dieser den instrumentalen Charakter aller Arten von didaktischen Veranstaltungen zur Bibliotheksbenutzung deutlich macht 44. Die dem Begrifsteil Schulung inhärente einseitige Ausrichtung der Kommunikation müsse in der Praxis nicht zwangsläufig so durchgeführt werden. Während der Terminus Benutzerunterweisung als zu sperig empfunden wird, lehnen die Autoren Bibliotheksdidaktik als substanziel überhöht ab: Mit dieser Analogie greift er [ein anderer Autor, Anm. d. Verf.] sehr hoch, zu hoch, wie ich meine, wenn man den gegenwärtigen didaktisch-theoretischen Stand der Benutzerschulung und auch ihre begrenzten Ziele betrachtet. 45 Zwischen den Zeilen kann man in diesem Satz wichtige Aussagen über die Praxis der damals üblichen Benutzerschulungen lesen: Sowohl die pädagogische Qualifikation der Lehrenden, also der Bibliothekare, sowie die theoretische Fundierung ist gering bis gar nicht ausgeprägt. Die vermittelten Inhalte sind stark objektorientiert und damit nur in sehr geringem Maße auf andere Sachverhalte übertragbar. 42 Aus dem Englischen übersetzt nach BUNDY 2005, S vgl. LUX/SÜHL-STROHMENGER 2004, S SAUPPE/MÜLLER/WESTERMANN 1980, S SAUPPE/MÜLLER/WESTERMANN 1980, S

21 2. DasLernenlernen :Informationskompetenz als Schlüsselqualifikation Um den Unterschied zwischen den beiden Konzepten Benutzerschulung und Vermittlung von Informationskompetenz deutlich zu machen, sei die folgende, kontrastierende und bewusst überspitzt formulierte Schilderung gestattet. Bei einer Benutzerschulung im herkömmlichen Sinn erläutert der Bibliothekar in einem Lehrvortrag beispielsweise die Funktionen des lokalen elektronischen Bibliothekskatalogs. Er spult ein einstündiges Programm ab, das in dieser Form mehrmals im Monat Studierenden, Schulklassen, Senioren und anderen Kundengruppen angeboten wird. Die Retrieval- Beispiele werden vom Bibliothekar entweder zufällig ausgewählt oder sind in jahrelangem Einsatz erprobt, deshalb aber nicht mehr ganz aktuel ( Thatcher AND Falkland*.). Die Ausführungen sind gespickt mit bibliothekarischen Fachbegrifen, wie OPAC, Schlagwort, Trunkierung, Monographie und behandeln auch die unbedeutendsten Suchkommandos der Expertensuche. Nach dem Vortrag werden an die mittlerweile etwas schläfrigen Teilnehmer Mengen von Broschüren über die Bibliothek und ihre Dienstleistungen verteilt, von denen später die Hälfte im Papierkorb neben dem Ausgang landen wird. Eine kurze Führung, auf der vor allem auf die zahlreichen Verbote in der Bibliothek hingewiesen wird und die bei den Toiletten endet, beschließt den für einige Teilnehmer ersten Bibliotheksbesuch überhaupt. Ob sie wohl wiederkommen? Veranstaltungen zur Vermittlung von Informationskompetenz weichen in vielen Punkten deutlich von dem geschilderten Szenario ab. Die Intention ist nicht nur kurzfristig und auf den Kurs beschränkt. Konzepte der Vermittlung von Informationskompetenz haben eine langfristige Orientierung und wollen die Teilnehmer fit machen für selbstbestimmtes und selbstverantwortliches Lernen. Angebotene Kurse sind nicht, wie im obigen Beispiel, institutions- und objektorientiert, sondern subjekt- und themenorientiert. D.h. der Kurs wird zum einen für eine bestimmte Zielgruppe, wie z.b. Examenskandidaten des Hauptfaches Slawistik, Oberstufenschüler vor der Facharbeit in Geschichte oder genealogisch interessierte Senioren, angeboten. Zum anderen geht es nicht alleine darum, Fähigkeiten zur Nutzung einer speziellen Bibliothek oder einer spezifischen Datenbank zu vermitteln. Vielmehr geht es um das Erlernen von Strategien im Hinblick auf zukünftige Informationsbedürfnisse, die dann möglichst selbstständig bewältigt werden sollen. 46 Das heißt nicht, dass den Studierenden der Slawistik keine entsprechende Fachdatenbank oder den Hobby-Genealogen keine Zeitschrift für Ahnenforschung vorgestellt und erläutert wird, nur wird dies im Rahmen der Vermittlung von Informationskompetenz idealerweise in Techniken und Vorgehensweisen eingebettet, die das Erlangen weitgehender Selbstständigkeit ermöglichen. 46 vgl. LUX/SÜHL-STROHMENGER 2004, S

22 2. DasLernenlernen :Informationskompetenz als Schlüsselqualifikation Damit einher geht eine veränderte Rollenverteilung: Die Teilnehmer werden als Kunden betrachtet, die mit einem berechtigten Anliegen, einem Informationsbedürfnis, in die Bibliothek kommen. Der Bibliothekar schult nicht im Sinne einer Instruierung, d.h., er hält keinen Vortrag, sondern führt ein Lehrgespräch. Von besonderer Bedeutung ist auch der Einsatz aktivierender Methoden, die Ermüdung und Desinteresse der Teilnehmer vorbeugen solen und ihnen vor allem helfen, das Erlernte besser zu behalten. Im Kern ist damit gemeint, dass die Lernenden die vermittelten Fähigkeiten in Einzel- oder Gruppenarbeiten unmittelbar praktisch üben können. Bei EDV-gestützten Anwendungen bedeutet dies, dass ein entsprechender Computerraum mit ausreichend PCs für die Teilnehmenden zur Verfügung stehen muss. 47 Benutzerschulung bezogen auf eine Bibliothek oder ein Informationssystem orientiert an Institution Pragmatisch kurzfristige Ziele Schwerpunkt auf Werkzeug oder spezieller Datenbank kurs-orientiert lehr-orientiert Vermittlung von Informationskompetenz bezogen auf viele Informationssysteme orientiert am lebenslangen Lernen konzept-basierend langfristige Ziele Schwerpunkt auf Strategie über Kurs hinausweisend lern-orientiert Abbildung 2: Von der Benutzerschulung zur Vermittlung von Informationskompetenz (Quelle: HAPKE 2000, S. 821) Die Bibliotheken, die Lehr- und Lernfunktionen im oben skizzierten Sinn zu ihren Kernaufgaben zählen und die Angebote initiieren, bewerben, ausbauen und kontinuierlich verbessern, sind auf dem Weg zu einer Teaching Library. Guter Wile, ein umfangreiches Angebot an Informationsmitteln und potenzielle Informationsexperten vor Ort reichen alleine noch nicht aus diese Potenziale müssen auch aktiviert werden. HOMANN nennt vier konkrete Voraussetzungen, die eine Teaching Library erfüllen muss: Die Entwicklung eines Gesamtkonzeptes, die Anwendung schulungsdidaktischer Methoden, die Bereitstellung von Schulungsräumen sowie die Qualifizierung von Schulungspersonal. 48 SCHNEIDER ergänzt fünf Jahre später in ihrem Aufsatz noch drei weitere bedeutende Punkte. Durch die Einbindung der Veranstaltungen in die Curricula von Schülern und Studenten werde gewährleistet, dass ein Großteil der jungen Menschen in ihrer Ausbildung den kritischen und selbstbewussten Umgang mit Informationen lernen. Der Kurs solle möglichst mit einer Leistungserhebung abschließen. Nur so könne, insbesondere im Schul- und Hochschulbereich, Anwesenheit und ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Stoff erreicht sowie eine Überprüfung der Lernziele vorgenommen werden. Die Evaluierung der Schulungsveranstaltungen durch eine abschlie- 47 vgl. DANNENBERG 2000, S vgl. HOMANN 2000a, S

23 2. DasLernenlernen :Informationskompetenz als Schlüsselqualifikation ßende Befragung der Teilnehmer sei als Maßnahme zur Qualitätsverbesserung der Angebote unbedingt zu empfehlen. 49 In der momentanen Praxis ist der Übergang von der Bibliothek mit klassischen Benutzerschulungen hin zur Teaching Library fließend und in zahlreichen Abstufungen vorhanden. Einen umfassenderen Ansatz als die Teaching Library verfolgt SCHULTKA mit der Bibliothekspädagogik. 50 Die Bibliothekspädagogik erarbeitet Bildungsangebote für unterschiedliche Zielgruppen und versteht sich als dritte Säule neben der Museums- und der Theaterpädagogik. Die klassische Benutzerschulung ist dabei ein Teilaspekt der durch die Bibliothek angebotenen Veranstaltungen und Aktionen zur Förderung der Lese-, Schreib-, Medien- und Informationskompetenz. In Kapitel wird dieses Konzept nochmals aufgegriffen und vertiefend dargestellt. 2.5 Formen der Vermittlung von Informationskompetenz Während als übliche Formen der Benutzerschulung lediglich Bibliotheksführungen und objektbezogene Unterweisungen zu nennen sind, bei denen der jeweils Schulende alleinig den aktiven Part übernimmt sowie den inhaltlichen, räumlichen und zeitlichen Rahmen vorgibt, sind im Rahmen von Konzepten zur Vermittlung von Informationskompetenz vielfältige Angebote denkbar. Im Folgenden werden diese Angebote hinsichtlich ihrer Organisationsform zunächst in Präsenzveranstaltungen sowie Fernunterricht und Selbststudium unterschieden und anschließend weiter diferenziert. Das sog. Blended Learning verbindet beide Lernformen Präsenzveranstaltungen Kennzeichen aller Formen von Präsenzveranstaltungen ist die Face-to-Face-Kommunikation zwischen Lehrendem und Lernenden. Um Benutzer mit den Räumlichkeiten vertraut zu machen, sind Bibliotheksführungen auch weiterhin sinnvoll, wenn sie in andere Angebote integriert sind oder durch diese ergänzt werden. Eine durchdachte Beschilderung der Bibliothek in Form eines Leitsystems, beruhend auf aktuellen Erkenntnissen aus Werbung sowie psychologisch-kognitiver Forschung und unterstützt durch entsprechende Internet-Angebote ( virtuele Rundgänge ), kann Führungen evtl. sogar ganz überflüssig machen. Für Großgruppen sind Veranstaltungen abhängig von den zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und deren Ausstattung i.d.r. nur als Vorträge, Präsentationen oder Vorfüh- 49 vgl. SCHNEIDER 2005, S vgl. SCHULTKA 2002 und

24 2. DasLernenlernen :Informationskompetenz als Schlüsselqualifikation rungen möglich. Auch diese Formen von Lehrveranstaltungen können ihre Berechtigung haben im Rahmen eines stufenweisen Konzeptes zur Vermittlung von Informationskompetenz, das erste Grundlagen in größeren Gruppen vermittelt, was schon aus Gründen effizienten Personaleinsatzes notwendig sein kann. Demgegenüber ist in kleinen und mittleren Gruppen ein Unterricht in Seminarform möglich, der eine stärkere Beteiligung der Lernenden, ein direktes Nachvollziehen und Erproben des Lernstoffs an Computerarbeitsplätzen sowie ein stärkeres Eingehen des Lehrenden auf jeden einzelnen Teilnehmer ermöglicht. Als Methode bietet sich hier das Sandwichprinzip an, bei dem jeder Lernschritt zunächst durch den Kursleiter verbal und visuell vorgeführt wird, um dann von den Teilnehmern anhand eines ähnlichen Beispiels am Computer nachvollzogen zu werden. Abschließend wird das Vorgehen durch einen Studierenden für alle demonstriert. Fehler können dabei konstruktiv genutzt werden. 51 Für Einzelpersonen sind individuelle Schulungen möglich, bei denen der Lerninhalt ganz auf den Lernenden abgestimmt werden kann. Diese Form ist allerdings sehr personalintensiv und deshalb in den meisten Bibliotheken nur in Ausnahmefällen möglich. Gleichwohl existiert diese Form in vielen Bibliotheken bereits als Beratung im Rahmen des reaktiven Informationsdienstes (s.o.) und an Universitätsbibliotheken i.d.r. als Beratung seitens der Fachreferenten für Studierende mit besonderem Informationsbedarf, wie z.b. Examenskandidaten oder Promovenden. Präsenzangebote kann man darüber hinaus nach ihrem Turnus in Veranstaltungen mit einem oder mehreren Terminen bzw. in semesterbegleitende Veranstaltungen unterscheiden Fernunterricht und Selbststudium Im Gegensatz zum Präsenzunterricht wird der Lernende beim Fernuntericht (engl. Distance Learning ) aus einer räumlichen Distanz angeleitet. Vom Fernuntericht wiederum ist das reine Selbststudium abzugrenzen, bei dem keine pädagogische Begleitung und Lernerfolgskontrolle stattfindet. 52 Vorteile von Fernunterricht und Selbststudium sind die räumliche Unabhängigkeit von Lernorten, wie Schule, Universität oder Weiterbildungseinrichtung, die Wegstrecken und damit Zeit und Geld sparen hilft sowie die zeitliche Flexibilität (Fernunterricht) bzw. Unabhängigkeit (Selbststudium), die für berufstätige Lernende oft wichtig ist. Die möglichen Formen von Fernunterricht und Selbststudium sind dabei zunächst weitestgehend identisch. So ist ortsunabhängiges Lernen mittels gedruckter Lehrhefte möglich, die wegen des Postversands auch Lehrbriefe genannt werden. Beim Fernunterricht kann diese Lernform durch Einsendeaufgaben ergänzt werden, die zur Korrektur per Post oder elektro- 51 vgl. ROCKENBACH 2003, S vgl. Wikipedia: < [Zugriff am ] 16

25 2. DasLernenlernen :Informationskompetenz als Schlüsselqualifikation nisch an den Lehrenden gesandt werden. Auf Hardware in Form von Abspielgeräten sind audio- oder videobasierte Lerneinheiten angewiesen, die deshalb vom Lernenden u.u. eine gewisse Ortsgebundenheit erfordern. Hardware (Computer) zuzüglich der anwendungsbezogenen Software sind für die Formen des elektronischen Lernens, des E-Learning erforderlich. Hier differenziert man in per Datenträger übermittelte Computer Based Trainings (CBTs) und weiter verbreitet noch online ablaufende Web Based Trainings (WBTs) 53, die auch als Online-Tutorials bezeichnet werden. Für die verschiedenen Aspekte der Vermittlung von Informationskompetenz ist E-Learning, insbesondere in der Online-Variante, die heute übliche Angebotsform für Fernunterricht und Selbststudium. Für Online-Tutorials sprechen vor allem die Möglichkeit zur Einbindung multimedialer Elemente (Video, Audio, Grafik, Text und Animationen), die Lerninhalte anschaulicher gestalten können sowie die Möglichkeit, ohne Medienbruch auf digitale Informationsmittel zugreifen bzw. diese in Lerneinheiten einbinden zu können. Durch die Möglichkeit zur Kontaktaufnahme über internetbasierte Kommunikationskanäle, wie , Web-Formular, Chat und zukünftig aller Wahrscheinlichkeit auch vermehrt über Internet-Telefonie, kann sich der Lernende zudem bei Bedarf und ohne den Computer- Arbeitsplatz zu verlassen, mit Fragen und Problemen an die Bibliothek wenden sofern diese die entsprechenden Kontaktmöglichkeiten anbietet. Ein wesentlicher Vorteil von Online-Tutorials aus Sicht von Bibliotheken ist die Möglichkeit, mit diesbezüglichen Angeboten potenziell viele Lernende zu erreichen, von denen viele die Kurse gleichzeitig in Anspruch nehmen können. Online-Tutorials stelen also Pul Services dar, die von Lernenden bei Bedarf jederzeit, auch außerhalb der Öffnungszeiten der Bibliothek, in Anspruch genommen werden können Nachteile von E-Learning-Angeboten sind der fehlende Kontakt zum Lehrer und zu Mitlernenden und das hohe Maß an Eigenmotivation und Selbstdisziplin, das diese Lernform erfordert. Ferner sind eine technische Infrastruktur mit einem Computer und einem stabilen und störungsfreien Internetzugang Voraussetzung. Das größte Problem bei E-Learning- Angeboten ist jedoch oft die mangelnde didaktische Umsetzung, da es nicht ausreicht, vorhandene gedruckte Materialien ohne konzeptionelle Überarbeitung ins Netz zu stellen Blended Learning Blended Learning (auch B-Learning ) kombiniert Präsenzlernen mit den Möglichkeiten des E-Learning. Dabei greift man auf die Erfahrungen der letzten Jahre zurück, die gezeigt haben, dass Lernprozesse, die ausschließlich in virtuellen Räumen stattfinden, häufig als weniger effizient und erfolgversprechend angesehen werden, als Szenarien, die beide Formen 53 vgl. Forum DistancE Learning des Fachverbandes für Fernlernen und Lernmedien e.v.: < [Zugriff am ] 54 vgl. KRAUß-LEICHERT 2004, S

26 2. DasLernenlernen :Informationskompetenz als Schlüsselqualifikation miteinander verbinden. Beim Blended Learning setzt man sinnvollerweise E-Learning- Elemente zur Vor- und Nachbereitung von Präsenzveranstaltungen ein und unterstützt den gesamten Ablauf durch webbasierte Kommunikationsmittel, wie und Chat. 55 Neben dieser räumlich-organisatorischen Differenzierung lassen sich Veranstaltungen zur Vermittlung von Informationskompetenz z.b. auch hinsichtlich ihrer Einbindung in die verschiedenen Curricula, der Teilnahmepflicht, der Leistungsüberprüfung oder ihrer Zielgruppenorientierung, unterscheiden. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Vermittlung von Informationskompetenz hilft, das Lernen zu lernen eine Schlüsselqualifikation in der Informationsgesellschaft. 55 vgl. SEUFERT/MAYR 2002, S

27 3. Zum aktuellen Stellenwert des Themas 3. Zum aktuellen Stellenwert des Themas 3.1 Das Paradigma der Informationsgesellschaft Das momentan herrschende, auf Informations- und Kommunikationstechnologien basierende, geselschaftliche und ökonomische Leitbild ist das der Informationsgeselschaft. NORA und MINC haben bereits 1979 den Begrif Informatisierung als zunehmende Durchdringung der Gesellschaft und ihrer Teilsysteme und der Organisationen mit Informationstechnologien definiert und damit die Transformation hin zur postmodernen Informationsgeselschaft beschrieben. 56 Basis dieser Begriffsbildung ist die, ob ihrer Anwendbarkeit auf alle Volkswirtschaften inzwischen umstrittene, Drei-Sektoren-Hypothese der Wirtschaftswissenschaftler C. CLARK und Jean FOURASTIÉ. 57 In einem, zumindest für die westlichen Industrienationen, idealtypisch nachvollziehbaren Transformationsprozess über mehrere Stadien, kam es zunächst zu einer Verlagerung des Schwerpunkts der wirtschaftlichen Tätigkeit vom primären Wirtschaftssektor (Landwirtschaft), auf den sekundären (Industrie) und anschließend auf den tertiären Sektor (Dienstleistung). In Staaten wie Deutschland oder den USA überflügelte der tertiäre Sektor in den 1970er Jahren den sekundären hinsichtlich Arbeitskräften und Wirtschaftsleistung, so dass man von der Dienstleistungsgeselschaft sprach, die die Industriegeselschaft abgelöst habe. In den achtziger Jahren wurden Wissen und Information mehr und mehr zu den zentralen Ressourcen der gesellschaftlichen und ökonomischen Entwicklung und die Dienstleistungsgeselschaft diferenzierte sich zur Informationsgeselschaft aus. 58 Was sind nun die Kennzeichen der Informationsgesellschaft? KUHLEN zeigt sechs verschiedene Sichten auf die Informationsgesellschaft auf. Dazu gehören die mediale Sicht, die den Paradigmenwechsel von der analogen Wissensdarstellung zu den digitalen Medien kennzeichnet, die makroökonomische Sicht, nach der ein Großteil des Bruttosozialprodukts durch Wissensprodukte erwirtschaftet wird sowie die gesellschaftliche Sicht, nach der sich Menschen in allen Lebensbereichen den größten Teil ihrer Zeit mit Wissen bzw. Wissensprodukten beschäftigen. 59 Wissen wird also zum zentralen Gut in der Informationsgesellschaft. In diesem Gesellschaftsstadium kommt es allerdings nicht mehr so sehr darauf an, ein möglichst großes Re- 56 NORA 1979, S FOURASTIÉ 1954, S Diese Zuspitzung auf immer enger gefasste Bindestrichgeselschaften lässt sich noch weiter fortführen. So wurde bereits 1997, als die Entwicklung noch am Anfang stand, die Internet-Geselschaft ausgerufen und damit das Internet zu dem Leitmedium erklärt, das es heute faktisch geworden ist (Dyson, Esther: Release 2.0 die Internet-Gesellschaft. München 1997.). Mit Die Google-Geselschaft erschien 2005 ein Buch, dessen Titel eine Verbeugung vor Suchmaschinen im Allgemeinen und Google im Besonderen, als zentralem, scheinbar unersetzlichen Werkzeug zur Selektion von Informationen, ist. 59 vgl. KUHLEN 2002, S

28 3. Zum aktuellen Stellenwert des Themas pertoire an Informationen als Wissen 60 gespeichert zu haben bzw. zu besitzen, sondern stärker darauf, Informationen schnell zu finden, sicher beurteilen und reflektiert selektieren zu können. In der Informationsgesellschaft wandelt sich das Bildungsparadigma von der Vermittlung eines möglichst großen Faktenwissens hin zu der Vermittlung eines möglichst umfassenden Methodenwissens. 61 Wesentliches Element des geschilderten gesellschaftlichen Paradigmas ist die Flexibilisierung des menschlichen Handelns. Durch gewachsenen Wohlstand, erhöhte räumliche und soziale Mobilität und Medienvielfalt ergeben sich deutlich erweiterte Handlungsspielräume. Diese Flexibilisierungen werden jedoch nicht uneingeschränkt als neue Freiheiten wahrgenommen, sondern auch als Diskontinuitäten und Veränderungen, die durch den Begriff Komplexität erfasst werden. WERSIG argumentiert, dass die Komplexität in alen Lebensbereichen zugenommen habe, wir aber keine entsprechenden Hilfsmittel entwickelt haben, um ihr entgegenzutreten. Demzufolge macht sich Ungewissheit hinsichtlich des Umgangs mit der neuen Komplexität breit, die, wo sie nicht abgebaut wird, in Überforderung mündet. Information kann im Rahmen dieses Ansatzes als Verringerung der Ungewissheit und damit der Komplexität verstanden werden. 62 Daraus resultiert die Frage nach dem Bedarf an Informationskompetenz in diesem Gesellschaftsmodell. 3.2 Warum brauchen wir Informationskompetenz? Technologischer Fortschritt Der Sektor der Informations- und Kommunikationstechnik ist gekennzeichnet durch eine fortwährende Abfolge von Weiterentwicklungen und Neuerungen. Maßgeblich sind hierbei Entwicklungen bei der Hardware, wie die kontinuierliche Erhöhung der Rechenleistung von Computern 63, die Einführung neuer mobiler Endgeräte (Mobiltelefon, Handheld usw.) und der Software (z.b. grafische Benutzeroberflächen, Open Source Software). Verbesserungen im Bereich der Kommunikationsnetze führten zu einer raschen Verbreitung des Internets, kabelloser Übertragungstechniken (Mobilfunk, Bluetooth oder Wireless Local Area Networks) sowie der Erhöhung des Datendurchsatzes und der Übertragungsgeschwindigkeit in Netzwerken. Das Leitmedium der Informationsgesellschaft ist das Internet, das ganz neue Mög- 60 In diesem Zusammenhang soll Information als das Wissen verstanden werden, das in aktuellen Handlungssituationen benötigt wird, das der aktuell Handelnde aber nicht selber besitzt bzw. über das er nicht direkt verfügen kann. Vgl. dazu KUHLEN 2002, S vgl. HAMM 2001, S. 196 u. KUHLEN 2002, S vgl. WERSIG 1996, S Das Mooresche Gesetz, das die Verdopplung der Rechenkapazität von Computern in einem regelmäßigen Zeitabstand von 24 Monaten beschreibt, hat bis heute Bestand. Vgl. Wikipedia: < [Zugriff am ] 20

29 3. Zum aktuellen Stellenwert des Themas lichkeiten der Kommunikation, Distribution und natürlich auch der Informationsbeschaffung ermöglicht. Da Wissen in zunehmendem Maße in digitaler Form in Netzwerken, Datenbanken oder auf Datenträgern vorliegt, sind zunächst entsprechende technische Fertigkeiten notwendig, um sich Zugang zu den Informationen verschaffen zu können. Um diese jedoch auch selektieren und weiterverarbeiten zu können, sind umfangreichere Fähigkeiten, ist Informationskompetenz notwendig Anstieg der Zahl von Informationsangeboten PC und Internet machen den Zugriff auf viele Informationen vom heimischen Schreibtisch aus möglich, für die noch vor einigen Jahren eine Bibliothek, ein Archiv oder ein Experte aufgesucht werden mussten. Neben diese Vereinfachung tritt aber eine Erschwernis bei der Auswahl der für den jeweiligen Kontext relevanten Informationen. Die geschilderte Komplexität der Informationsgesellschaft lässt sich aber auch als quantitative Dimension erfassen, wenn man sich vor Augen hält, dass die Zahl der Medientypen, der einzelnen Informationsangebote und der darin enthaltenen Daten in den letzten Jahren und Jahrzehnten rasant gestiegen ist. Das Problem ist also nicht länger der Zugriff auf Informationen; das Problem ist, der wachsenden Informationsflut folgen zu können. 64 Neue Typen von Medien sind durch die Möglichkeiten der digitalen Speicherung sowie der Möglichkeit zur Veröffentlichung in Netzen, wie Intranet oder Internet, entstanden. Dazu zählen beispielsweise Websites, Volltextdatenbanken, Elektronische Zeitschriften, - Diskussionslisten oder, als noch recht junges Medium, Weblogs (Internet-Tagebücher). Dabei sind die digitalen Medien den Printmedien in Bezug auf ihre Retrievalfähigkeit, klar überlegen. 65 Der Begrif Information Overload steht für die Flut an Informationen, die täglich produziert wird und der wir ausgesetzt sind. Das Menschheitswissen verdoppelt sich nach Expertenmeinung inzwischen alle fünf Jahre, insbesondere die Menge an wissenschaftlichen Informationen nimmt exponentiell zu. 66 Im Jahr 2005 wurden etwa 10 Exabyte (eine Zahl mit 18 Nullen) neuer Informationen produziert eine Million mal soviel, wie die Library of Congress in den USA momentan in ihren Lesesälen und Magazinen besitzt. 67 Auch die Informationsangebote innerhalb der einzelnen Medientypen werden immer zahlreicher. So erscheinen allein in Deutschland jedes Jahr etwa , weltweit ca. eine Million 64 POTTER 2005, S RÖSCH 2004, S SEEFELDT 2005, S. 11; LAZARUS 2002, S POTTER 2005, S Börsenverein des Deutschen Buchhandels: < [Zugriff am ] 21

30 3. Zum aktuellen Stellenwert des Themas Bücher. 69 Durch die Verästelung der Wissenschaftsfächer in immer speziellere Teildisziplinen wächst die Anzahl der Fachdatenbanken und Fachzeitschriften weiter. Die Anzahl der Internet-Websites weltweit steigt weiterhin rasant an. Von Anfang Juni bis Anfang August 2005 wuchs ihre Zahl um gut fünf Millionen auf 70 Millionen. Das entspricht einem monatlichem Wachstum von 3,5 %. 70 POTTER nennt die Zahl von etwa 2,5 Milliarden Einzeldokumenten, auf die das Internet Zugrif bietet und geht von einem Deep Web, dem Teil des Internets, der nicht durch Suchmaschinen indexiert oder durch Passwörter geschützt wird, aus, der 400 bis 550 mal größer ist, als der frei zugängliche Teil des Netzes. 71 Nicht nur die Menge an neu hinzukommenden Informationen wird zum Problem, die Informationen veralten auch schneller als früher und werden deshalb beständig aktualisiert. So kommt es zu einer Verkürzung von Wissenszyklen, die Geltungsdauer von Erkenntnis wird immer geringer und die Nachfrage nach aktuelem Wissen immer größer. 72 Viele Menschen empfinden jedoch das Mehr an Information und Informationsmöglichkeiten, die Beschleunigung des Informationsumsatzes nicht als etwas ausschließlich Positives, sondern auch als einen Unsicherheitsfaktor, der kaum unter Kontrolle zu bringen ist. So wächst in der Informationsflut das Bedürfnis nach Orientierung und Hilfestellung durch kompetente Partner. 73 Gefragt sind Fähigkeiten, die helfen, Informationssuchende zu informationskompetenten Personen weiterzubilden Veränderungen in der Informationsbeschaffung: Suchmaschine kontra Bibliothek Viele Informationssuchende haben bei steigendem Angebot insbesondere den Überblick über die verschiedenen Informationsmittel verloren, die in gedruckter und elektronischer Form zur Verfügung stehen. Obwohl auch über das Internet fachlich hochwertige Informationsressourcen, wie Datenbanken, Fachinformationsseiten oder virtuelle Bibliotheken bereitgestellt werden, sind bei der Informationsbeschaffung, gerade unter jungen Benutzern, Internet-Suchmaschinen, mit ihren oft fragwürdigen Ergebnislisten, zumeist die erste und allzu häufig leider auch die einzige Wahl. Suchmaschinen sind längst zum zentralen Suchinstrument geworden, über 90 % aller Internet-Nutzer greifen auf sie zurück. 74 Der Marktanteil von Google bei den Suchmaschinen beträgt in Deutschland, je nach Erhebung, zwischen 69 % und 83 %. Der größte Mitbewerber 69 POTTER 2005, S Der britische Internetdienstleister Netcraft misst seit 1995 das Wachstum des Internets auf Basis der benutzen Hostnamen. Vgl. < [Zugriff am ]. 71 POTTER 2005, S. 3. Hierbei ist anzumerken, dass die genaue Dokumentmenge des Internets nicht bekannt ist und auch nicht ermitelt werden kann. Die Größe des Deep Web oder Invisble Web wird inzwischen von Experten als weit geringer eingeschätzt, ohne dass jedoch Zahlen genannt werden. Vgl. hierzu LEWANDOWSKI 2005, S. 5 und vgl. LAZARUS 2002, S. 9 u. THOMAS 2005, S vgl. SEEFELDT 2005, S LEHMANN 2005, S

31 3. Zum aktuellen Stellenwert des Themas Yahoo erreicht auf dem deutschen Markt gerade einmal zweistellige Marktanteile. Dabei werden Suchmaschinen immer mehr zum Gatekeeper der Informationsgeselschaft, denn sie entscheiden durch ihre Such- und Ranking-Algorithmen, zu welchen Informationen wir Zugang erhalten. So sind Schätzungen zufolge über Google beispielsweise nur 60 % aller Websites zu finden, und da außerdem 70 % aller User nur die ersten fünf Treffer einer Ergebnisliste anklicken, bleiben viele Inhalte des Internets unsichtbar. 75 Die intensive Nutzung von Suchmaschinen hat die studentischen Vorstellungen von und Erwartungen an andere elektronische Informationsmittel beeinflusst. Bevorzugt werden möglichst einfache und direkt zugängliche Sucheinstiege, die wenig Zeitaufwand erfordern. Viele Nutzer arbeiten mit wenigen, allgemein gehaltenen Suchanfragen mit maximal zwei Worten und zwei Anfragen pro Sitzung. Dabei verzichten die Informationssuchenden oft darauf, weitere Quellen zum Vergleich zu konsultieren. Die Qualität der Suchergebnisse steht hierbei hinter einem möglichst geringen intellektuellen und zeitlichen Aufwand zurück. 76 KUHLEN charakterisiert die Lage prägnant: Das Vertrauen, besser die Vertrauensseligkeit oder Gleichgültigkeit, im Netz ist bei der Mehrheit grenzenlos. Die Ergebnisse der Suchmaschinen werden wie Naturgesetze akzeptiert; was oben in den Ergebnislisten auftaucht, wird kaum in Zweifel gezogen. 77 In Großbritannien nutzen einer Untersuchung zufolge 45 % der Studierenden Google, 23 % andere Suchmaschinen aber nur 10 % den Online-Katalog ihrer Bibliothek als erste Anlaufstelle bei der Suche nach Fachinformationen. Dabei wird der Bibliothekskatalog oft nur dann eingesetzt, wenn die eingesetzte Suchmaschine keine oder unbefriedigende Ergebnisse lieferte. 78 Bei vielen Informationssuchenden besteht gar Unkenntnis über die von Bibliotheken angebotenen Informationsmittel und deren Handhabung. So suchen beispielsweise ca. 40 % aller Benutzer in elektronischen Bibliothekskatalogen nach darin i.d.r. nicht enthaltenen Aufsätzen. 79 Eine Umfrage bei den Teilnehmern eines studiengang- und hochschulübergreifenden Postgraduierten-Programms an der Hochschule Mittweida ergab, dass 15 von 16 Teilnehmern noch nie eine Datenbank ihres Fachgebiets genutzt hatten, 14 wussten nicht, was ein Dokumentlieferdienst ist, zwölf wussten nicht, was eine Virtuelle Fachbibliothek ist und zehn kannten die Elektronische Zeitschriftenbibliothek nicht. 80 Zudem schätzen insbesondere junge Menschen ihre Fähigkeiten zur Informationssuche höher ein, als sie tatsächlich sind. Viele Suchende sind nicht in der Lage einzuschätzen, wel- 75 LEHMANN 2005, S vgl. GRIFFITHS/BROPHY 2005, S u. LEHMANN 2005, S vgl. KUHLEN 2005, S GRIFFITHS/BROPHY 2005, S. 545 u HOFFMANN 2004, S SCHNEIDER 2005, S

32 3. Zum aktuellen Stellenwert des Themas che Informationsquellen als relevant, seriös und aktuell zu bewerten sind. So schätzten im Rahmen einer Studie in Großbritannien viele der befragten Studenten Kommentare in Diskussionsforen als genauso wissenschaftlich wertvoll ein, wie Artikel in Fachzeitschriften, die einen Begutachtungsprozess durchlaufen hatten. 81 Ob der einseitigen Benutzung von Suchmaschinen bei der Suche nach fachlichen Informationen im Allgemeinen sowie der Monopolstellung von Google im Speziellen, beklagt KUHLEN zurecht den Verlust der Informationsautonomie. Hierunter versteht KUHLEN den freien und selbstbestimmten Zugang zu den vorhandenen Informationsressourcen, den Zugriff hierauf sowie die realistische Einschätzung der gewonnenen Informationen hinsichtlich Wahrheitswert und Handlungsrelevanz. Informationskompetenz bezeichnet er in diesem Zusammenhang als die Fähigkeit, Informationsautonomie ausüben zu können. Informationsautonomie, so KUHLEN, werde heute in vielen Fällen jedoch nicht mehr durchgängig selbst wahrgenommen. Entweder weil wir aus Zeitmangel oder Bequemlichkeit freiwillig darauf verzichten oder weil uns die Fähigkeit diese ausüben zu können die Informationskompetenz fehle. Was bislang als Privileg des Menschen beim Umgang mit Wissen und Information angesehen wurde, nämlich das gezielte Suchen und Wiederfinden oder das Ableiten von Wissensstrukturen durch Vergleich, werde nunmehr von Informationsmaschinen übernommen. 82 Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die ungeheure Menge an Informationen, die Vielfalt von Informationsanbietern und -formen, die verschiedenen Recherche- und Zugangsmöglichkeiten sowie die qualitative Bewertung einzelner Informationen bei den Informationssuchenden Verunsicherung und Überforderung hervorrufen. 83 Infolge der gestiegenen Komplexität des Informationssystems, das ohne entsprechende Kenntnisse nicht mehr effektiv genutzt werden kann, verzichten viele Informationssuchende, bewusst oder unbewusst, auf qualitativ geprüfte Suchergebnisse und wählen die schnelle, unkomplizierte Methode: die Informationsbeschaffung über Internet-Suchmaschinen. Die zunehmend ausschließliche Nutzung von Suchmaschinen sowie die wachsende Monopolstellung von Google sind dabei als äußerst kritisch zu bewerten. Die Vermittlung von Informationskompetenz kann Orientierung im Informationsdschungel bieten und dazu beitragen, informationsunkundige zu kundigen Mitgliedern der Informationsgesellschaft zu machen auch und vor allem deshalb, um junge Menschen besser auf Studium und Berufsleben vorzubereiten. 81 vgl. GRIFFITHS/BROPHY 2005, S vgl. KUHLEN 2005, S vgl. LAZARUS 2002, S

33 3. Zum aktuellen Stellenwert des Themas 3.3 Veränderungen in Studium und Beruf Wie geschildert, müssen die Menschen heute mit einer sich verändernden Informationsumwelt in Privat- und Berufsleben zurechtkommen. Die Informations- und Medienbranche selbst gehört zu den weltweit boomenden Wirtschaftszweigen aber auch andere Branchen, wie Industrie und Handel, erwarten heute von ihren Mitarbeitern nicht mehr nur fachspezifisches Wissen, sondern u.a. Teamfähigkeit, Lernbereitschaft und das Vermögen schnell an gesicherte Informationen zu gelangen. Es stellt sich die Frage, wie gut insbesondere Berufsanfänger auf diese Anforderungen vorbereitet sind. Im Rahmen des sog. Bologna-Prozesses wird die Vermitlung praxisorientierter Schlüsselkompetenzen verbindlicher Teil der Hochschulausbildung. Hier bietet sich die Gelegenheit, die Vermittlung von Informationskompetenz als festen Bestandteil in die Curricula von Studiengängen zu integrieren. Die damit verbundenen Veränderungen von Lehre und Lernen an Hochschulen lassen sich als Teil des Konzepts des Lebenslangen Lernens betrachten, das die Notwendigkeit ständiger Weiterbildung über alle Lebensphasen hinweg, in individuell angepassten Lernszenarien, betont Der Bologna-Prozess Um den Anforderungen einer sich rapide verändernden Arbeitswelt gerecht zu werden, sind insbesondere die Hochschulen als Bildungs- und Ausbildungsinstitutionen gefordert, einen, sowohl hinsichtlich der Inhalte als auch der Methoden grundlegenden Wandel in Lehre und Lernen voranzutreiben. Inhaltlich werden u.a. Fähigkeiten und Fertigkeiten des Recherchierens, Strukturierens, Formulierens und Optimierens von Informationen als zentrale Kompetenzen der Informationsgesellschaft auf dem Berufsmarkt vorausgesetzt. Methodisch muss eine Schwerpunktverlagerung von der Wissens- zur Kompetenzvermittlung stattfinden und das bisher vorrangig auf die Lehrveranstaltungen ausgerichtete Studium muss mittelfristig von problemorientiertem, eigenverantwortlichem Lernen abgelöst werden. 85 Mit dem Begriff Bologna-Prozess wird die Umsetzung der 1999 von 29 europäischen Staaten unterzeichneten Bologna-Deklaration 86 bezeichnet. Kern dieser Erklärung ist die Schaffung eines europäischen Hochschulraumes bis 2010 mit einem zweistufigen System europaweit vergleichbarer Studienabschlüsse. Die neuen, aufeinander aufbauenden Studienabschlüsse Bachelor und Master solen durch die Einführung eines Leistungspunktesystems (ECTS) 84 So etwa LANKENAU 2002, S. 430 oder HOMANN 2001a, S vgl. LAZARUS 2002, S. 11 u. LEHNEN/JAKOBS 2003, S online unter: < [Zugriff am ] 25

34 3. Zum aktuellen Stellenwert des Themas sowie der Modularisierung von Veranstaltungen, die Transparenz und damit die Attraktivität des europäischen Hochschulraums erhöhen sowie den Studienortwechsel vereinfachen. 87 Insbesondere der Bachelor-Abschluss soll die Studierenden dabei in sechs Semestern zu einem berufsqualifizierenden Profil führen und auf den Arbeitsmarkt vorbereiten. Die Kultusministerkonferenz hat in ihren ländergemeinsamen Strukturvorgaben für die Akkreditierung von Bachelor- und Masterstudiengängen festgeschrieben, dass die Bachelor-Studiengänge neben wissenschaftlichen Grundlagen auch sog. berufsfeldbezogene Qualifikationen vermitteln müssen. 88 Das Spektrum dieser berufsbezogenen Qualifikationen, die Schlüsselqualifikationen im in Kapitel 2 definierten Sinne darstellen, umfasst dabei die Bereiche Sozialkompetenz, Methodenkompetenz, Selbstkompetenz und Fachkompetenz. 89 Das Kursangebot und die Ausgestaltung der Inhalte liegen im Ermessen der jeweiligen Hochschule und sind sehr vielfältig. Die von Hochschulen angebotene Bandbreite reicht von Textverarbeitung oder Tabellenkalkulation am PC über Zeitmanagement, Rhetorik, Präsentationstechniken, Mitarbeiterführung, Fremdsprachen bis hin zu Kursen zu Autogenem Training, Stressprävention, Bewerbungstraining und enthält auch Medien- und Informationskompetenz. Immer mehr Hochschulen bieten bereits Kurse zum Erwerb von Schlüsselqualifikationen an; nicht selten sind zu diesem Zweck innerhalb der Hochschule neue Institutionen ins Leben gerufen worden. 90 SÜHL-STROMENGER weist darauf hin, dass der Informationskompetenz als Basiskompetenz in diesem Kontext eine eminent wichtige Rolle zukommt, da durch die Verkürzung der Regelstudienzeiten und eine zu erwartende stärkere Verschulung des Studiums eigenständiges Lernen und Informieren sowie Selbstorganisation enorme Bedeutung für den Studienerfolg haben können. 91 Die Vereinheitlichung der Studiengänge bietet den Bibliotheken, als möglichen Dienstleistern für die Vermittlung von Informationskompetenz, die Chance zu einer Neupositionierung als Lernort. Insbesondere die Bachelor-Studiengänge bieten, trotz dichten Stundenplans, gute Möglichkeiten zur Integration von Informationskompetenz in die Lernziele und die Lehrveranstaltungen, weil diese Studiengänge einen Anteil von ca. 10 % an berufsorientierten Kursen enthalten müssen Vgl. die Darstellung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zum Bologna-Prozess unter < [Zugriff am ]. 88 KMK 2003a, S. 3. Je nach Bundesland werden die berufsfeldbezogenen Qualifikationen unterschiedlich betitelt; so z.b. in Baden-Würtemberg Berufsfeldorientierte Kompetenzen (BOK) und in Nordrhein-Westfalen Optionalbereich. 89 LUX/SÜHL-STROHMENGER 2004, S Z.B. der Career Service (KIQ) der Universität zu Köln (< die Abteilung für Studienberatung und Weiterbildung der Universität Heidelberg (< das Zentrum für außerfachliche Qualifikation (ZaQ) der Fachhochschule Köln (< oder der Bereich Schlüsselkompetenzen der Fachhochschule Dortmund (< [Zugriff jeweils am ]. 91 SÜHL-STROHMENGER 2003, S UMLAUF 2004, S

35 3. Zum aktuellen Stellenwert des Themas Das Konzept des Lebenslangen Lernens Auf den Folgekonferenzen zu Bologna, 2001 in Prag und 2003 in Berlin, wurde beschlossen, die neuen Studienabschlüsse in das Konzept des Lebenslangen Lernens einzubeten. 93 Die Idee des Lebenslangen Lernens bzw. lifelong learning ist seit den frühen 1970er Jahren Bestandteil der Bildungs-Diskussionen v.a. in Europarat, UNESCO, OECD und EU. Erstmals umfassend vorgestellt wurde der Begriff 1972 im Bericht der UNESCO-Kommission unter dem Titel Learning to be: The world of education Today and Tomorow. Auf diesem Bericht aufbauend, veröffentlichte der Club of Rome 1979 ein Dokument 94, in dem der Entwurf einer Gesellschaft gezeichnet wird, deren Mitglieder in der Lage sind, sowohl neues Wissen als auch bereits vorhandene Informationen zu analysieren und zu verarbeiten, und die auf verantwortungsvollen Einstellungen und Werten fußt. Nachdem das Konzept und die damit verbundenen Ansätze infolge von Rezession und Sparmaßnahmen einige Jahre von der Agenda verschwand, erfuhr es ab den neunziger Jahren, im Zuge von Überlegungen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, eine neue Aktualität. Im Europäischen Jahr des Lebenslangen Lernens 1996, erklärten die Bildungsminister der OECD-Länder Lifelong Learning for Al zum Leitziel ihrer künftigen Bildungspolitik und die Idee erreichte eine größere Bekanntheit schließlich fand das Lebenslange Lernen Eingang in den 1999 in Kraft getretenen Vertrag von Amsterdam und ist heute eines der Grundprinzipien der Politik der Europäischen Union generell sowie Leitprinzip im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung. 96 Wesentlicher Inhalt des Konzepts des Lebenslangen Lernens ist die Vorstellung, dass durch den rasanten sozialen und technologischen Wandel bedingt, Lernen in allen Lebensphasen für jedes Mitglied der Gesellschaft zur Notwendigkeit geworden ist. Daraus ergibt sich ein kontinuierlicher Bildungsprozess, der weder auf ein bestimmtes Alterssegment begrenzt, noch ab einem bestimmten Ausbildungsniveau beendet ist. 97 Lebensentwürfe folgen heute oft nicht mehr einer linearen Abfolge von Phasen nach dem Muster Schule Ausbildung Beruf, sondern sind zunehmend geprägt durch ein rekursives Phasenmodell, d.h. Perioden von Ausbildung, beruflicher und nichtberuflicher Weiterbildung wechseln sich ab mit Zeiträumen der Berufstätigkeit oder laufen parallel zu diesen. 93 BMBF Botkin, J. et al: No limits to learning: bridging the human gap. A report to the Club of Rome Zitiert in: EURYDICE 2000, S vgl. DOHMEN 2001 u. EURYDICE 2000, S Vgl. EURYDICE 2000, S In die Präambel des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, den der Amsterdamer Vertrag ergänzt und ändert, wurde folgende Bestimmung aufgenommen:, durch umfassenden Zugang zur Bildung und durch ständige Weiterbildung auf einen möglichst hohen Wissensstand ihrer Völker hinzuwirken. Vgl. Amsterdamer Vertrag, Online-Version unter: [Zugriff am ]. 97 vgl. BLK 2004, S. 13; EURYDICE 2000, S. 9 u. LUX/SÜHL-STROHMENGER 2004, S

36 3. Zum aktuellen Stellenwert des Themas Arbeitgeber erwarten Bereitschaft zur Flexibilität und Weiterbildung nicht nur von Berufsanfängern. Durch den medialen Umbruch verändern sich Berufsprofile und der Anteil befristet Angestellter wird weiter ansteigen, so dass sich Arbeitnehmer schnell in neuen Tätigkeitsfeldern zurecht finden müssen. 98 Dies alles hat zur Folge, dass sich Lernende immer schwieriger zu homogenen Gruppen zusammenfassen lassen, denen einheitliche Lernangebote unterbreitet werden könnten. Grundlegend für Lebenslanges Lernen ist zudem die Idee, dass Lernen nicht nur innerhalb des organisierten Bildungswesens also Kindergarten, Schule, Berufsschule, Hochschule sowie Institutionen der Weiterbildung stattfindet. Diesem formalen Lernen, steht das nicht-formale bzw. informele Lernen gegenüber, dass UMLAUF als Selbstlernen in unmittelbaren Lebens- und Erfahrungszusammenhängen außerhalb von und ohne Veranlassung durch Bildungsinstitutionen 99 definiert. D.h. informelles Lernen geschieht auf eigene Initiative und aus eigener Motivation heraus. Jeder entscheidet letztlich selbstverantwortlich darüber, ob ein Lernangebot für ihn sinnvoll ist oder nicht. 100 Mit den beiden gegensätzlichen Lernformen geht eine grundsätzlich andere Rollenverteilung zwischen Lehrendem und Lernendem einher. Formales Lernen ist fremdgesteuert, d.h. der Lehrende steht im Mittelpunkt und vermittelt den Lernstoff im Rahmen seiner didaktischen Fähigkeiten i.d.r. durch Frontalunterricht. Beim informellen Lernen steht dagegen der Lernende im Mittelpunkt, der sich den Lernstoff selbst aneignet und wesentliche didaktische Elemente wie Lern-Module, Zeitpunkt, Leistungskontrolle selbst bestimmt. 101 Im Gegensatz zum durch lehrerzentrierten Frontalunterricht geprägten formalen Lernen, ist das informelle Lernen Selbstlernen, das zum überwiegenden Teil die aktive Teilnahme des Lernenden und einen individuell angemessenen Methodeneinsatz erfordert. Methoden sind in diesem Zusammenhang als Wege zum Lernziel sowie als helfende und stützende Instrumente zu verstehen, die bei den Teilnehmenden Interesse wecken oder verstärken können. Methodenkompetenz besitzt der Lernende dann, wenn er Arbeitstechniken, Verfahrensweisen und Lernstrategien kennt und diese sachgerecht, situationsbezogen und zielgerichtet anwenden kann. 102 Dieses handlungsorientierte, forschende Lernen oder learning by doing führt im Übrigen dazu, dass Lernende sich den Lernstoff besser einprägen. So behalten wir 10 %, von dem, was wir lesen, 20 % von dem, was wir hören, 30 % von dem, was wir sehen, aber 50 % von dem, was wir sehen und hören, schon 70 % von dem, worüber wir selbst sprechen und sogar 90 % von dem, was wir selbst ausprobieren vgl. EISENBERG/LOWE/SPITZER 2004, S. 64 u. LEHNEN/JAKOBS 2003, S UMLAUF 2004, S vgl. LUX/SÜHL-STROHMENGER 2004, S vgl. UMLAUF 2004, S vgl. ERBING/TERFLOTH 2005, S KOWALCZYK/OTTICH 1995, S

37 3. Zum aktuellen Stellenwert des Themas Innerhalb von Prozessen des nicht-formalen Lernens agiert der Lehrende als Lernberater, der mehr Partner als gestrenger Erzieher ist und dessen wesentlichste Aufgabe es ist, Lernsetings zu schafen. Hierunter sind die Rahmenbedingungen für das Lernen zu verstehen, zu denen zunächst die materielle Infrastruktur wie geeignete Räumlichkeiten, Tische, PCs, Bücher und Ähnliches gehört. Mindestens genauso wichtig sind immaterielle Rahmenbedingungen, wo an erster Stelle eine kompetente Lernberatung zu nennen ist. Ferner fallen hierunter Angebote zur Zielkontrolle, Kommunikationskanäle für Rückfragen und Feedback sowie eine anregende Lernatmosphäre. Von diesem Anregungs- und Unterstützungspotenzial hängt der Erfolg des informellen Lernens zu einem erheblichen Teil ab. 104 Auf Basis der bisherigen Ausführungen lässt sich Lebenslanges Lernen nunmehr wie folgt zusammenfassend definieren: Lebenslanges Lernen umfasst ales formale, nicht-formale und informelle Lernen an verschiedenen Lernorten von der frühen Kindheit bis einschließlich der Phase des Ruhestands. Dabei wird Lernen verstanden als konstruktives Verarbeiten von Informationen und Erfahrungen zu Kenntnissen, Einsichten und Kompetenzen. 105 Im Rahmen des informellen Lernens sind für die Lernenden auf ihre individuellen Bedürfnisse zugeschnittene Lernangebote von hoher Bedeutung. Besonders wichtig ist die zeitliche und räumliche Flexibilisierung von Lernmöglichkeiten. Bestehende Einrichtungen wie Bibliotheken müssen hierfür z.b. ihre Öffnungszeiten ausdehnen und Online-Lernangebote schaffen, die auch von zu Hause wahrgenommen werden können. Allerdings gibt es in Deutschland nur sehr wenige Einrichtungen, die einen offenen und zeitlich flexiblen Zugang zu Bildungs- und Informationsangeboten ermöglichen, was am nach wie vor stark segmentierten Bildungssektor hier zu Lande liegt. Im angelsächsischen Raum hat sich mit den Learning Centres eine Institutionalform herausgebildet, die man als organisatorisch-räumliche Dimension Lebenslangen Lernens bezeichnen könnte. Die vielfältig ausgeprägte Struktur von Learning Centres unterstützt offenes und flexibles Lernen, das selbstgesteuert auf die eigenen Bedürfnisse wie Lernzeit und -tempo, abgestimmt werden kann. Learning Centres existieren sowohl in öffentlichen Einrichtungen, wie Bibliotheken, Bildungszentren, Colleges und Universitäten als auch in privatwirtschaftlichen Unternehmen. In Deutschland ist dieses Konzept bislang erst ansatzweise entwickelt. STANG regt jedoch an, didaktische und methodische Kompetenzen von Weiterbildungseinrichtungen wie Volkshochschulen sowie die Erfahrungen von Bibliotheken im Be- 104 vgl. UMLAUF 2004, S BLK 2004, S

38 3. Zum aktuellen Stellenwert des Themas reich der individuellen Informations- und Medienberatung zu bündeln. 106 Dies könnte im Rahmen von Kooperationen oder sogar räumlich-organisatorischen Fusionen geschehen. Die Aufgabe des Staates im Zusammenhang mit dem Thema Lebenslanges Lernen ist, neben der Ermöglichung eines chancengerechten Zugangs zu den betreffenden Angeboten, v.a. die Förderung von Projekten mit Modellcharakter, insbesondere von interinstitutionellen Kooperationen. Ein Manko der Bildungspolitik bisher ist die Konzentration auf bestimmte Institutionen. Zudem greifen staatliche Förderprogramme bislang die notwendigen Inhalte und Ziele von Medienerziehung in Schule und Hochschule zu wenig auf und setzen zu stark auf die Infrastruktur, also auf die Ausstattung mit PCs und Internetzugängen. 107 Kritisch zu sehen ist im Zusammenhang zwischen Bologna-Prozess und Lebenslangem Lernen, dass eine verpflichtende Teilnahme an berufsorientierten Hochschul-Veranstaltungen, durch entsprechende Verankerung in den Curricula, einem zentralen Grundsatz des Lebenslangen Lernens widerspricht, nämlich dem Lernen aus eigener Motivation heraus. Ferner sind die Lernenden von heute keine Methodenvielfalt gewohnt; die Verantwortung für den eigenen Lernprozess wird deshalb häufig als Überforderung wahrgenommen. ERBING und TERFLOTH empfehlen deshalb Lehrenden bei neuen Seminargruppen bzw. Studienanfängern auf eine Mischung aus alten formalen und neuen informelen Lernmethoden zurückzugreifen. 108 Das Konzept des Lebenslangen Lernens steht in enger Verbindung zur Vermittlung von Informationskompetenz. Informationskompetenz bildet die Grundlage für ein selbstbestimmtes eigenständiges und Lebenslanges Lernen. Jeder Lernende benötigt Informationskompetenz, da der Umgang mit Informationen Teil jedes Lernprozesses ist. Insbesondere für informelle Lernprozesse ist Informationskompetenz wegen der aktiven, handlungsorientierten Rolle des Lernenden und dem möglichen Fehlen von Lernpartnern oder Lehrenden für eine synchrone Kommunikation zur Klärung offener Fragen von hoher Bedeutung. Da einerseits informelle Lernformen oft EDV-gestützt ablaufen und andererseits Informationskompetenz auch Medienkompetenz umfasst, ergeben sich auch hier Synergieeffekte. Wie geschildert, wird Informationsautonomie und damit auch Informationskompetenz zum allgemeinen Bildungsziel in der Informationsgesellschaft. Bibliotheken können wesentlich 106 Vgl. STANG 2005, S. 8-11; für erste Ansätze bezügl. Learning Centres in Deutschland insbes. S Vgl. LEHNEN 2003, S. 391 u. LUX/SÜHL-STROHMENGER 2004, S. 33; für Förderprogramme s. z.b. die Initiativen Schulen ans Netz (< und Notebook-University (< des Bundesministeriums für Bildung und Forschung [Zugriff jeweils am ]. 108 Vgl. ERBING/TERFLOTH 2005, S. 26. Der Aufsatz bezieht sich auf Lernen und Lehren an Hochschulen. 30

39 3. Zum aktuellen Stellenwert des Themas dazu beitragen, diesem Ziel näher zu kommen. Das die Entwicklung jedoch aufgrund der unterschiedlichen Stellung der Bibliotheken innerhalb des Bildungssystems sehr unterschiedlich verlaufen kann, belegt ein Vergleich zwischen den USA und Deutschland. 31

40 4. Die Entwicklung in den USA und Deutschland 4. Die Entwicklung in den USA und Deutschland 4.1 Die Entwicklung in den USA Anfänge und Prägung des Begriffs Information Literacy Die Vermittlung von Information Literacy kann in den USA auf eine lange Tradition zurückblicken, was u.a. damit zusammenhängt, dass der informierte, aufgeklärte und kritische Bürger zentraler Bestandteil des US-amerikanischen demokratischen Grundverständnisses ist. 109 Die Notwendigkeit, Studierende mit den Informationsressourcen ihres Faches bekannt zu machen sowie die Überlegung, dass dies durch Bibliothekare geschehen könne, wurde bereits Ende des 19. Jahrhunderts durch den amerikanischen Bibliothekar William F. POOLE geäußert: das Studium von Bibliographie und die wissenschaftlichen Methoden der Auswertung und Benutzung von Literatur sollten im Curriculum einer Universität so fest verankert sein, dass ein kluger und professioneller Bibliothekar Mitglied des Lehrkörpers der Fakultät sein kann und an der Wissensvermitlung für ale Studenten teil hat. 110 Seit den 1960er Jahren ist die Einbindung von Hochschulbibliotheken in hochschuldidaktische Aufgaben in den USA üblich. Für die Studierenden ist dabei die Teilnahme an den durch Bibliothekare abgehaltenen Unterrichtsveranstaltungen obligatorisch. Die verschiedenen Kurse für Anfangs-, mittlere und Examenssemester haben dabei nicht nur eine Unterweisung zur Nutzung der Bibliothek zum Inhalt, sondern auch den Umgang mit Informationsmitteln und die Anwendung richtiger Recherchestrategien. 111 Eine systematische Förderung von Information Literacy findet im angloamerikanischen und skandinavischen Bildungswesen seit Ende der 1980er Jahre statt. Erste Ansätze lassen sich in den USA bis in die 1970er Jahre zurückverfolgen, als die Informationsmenge rasant anstieg und es immer schwieriger wurde, sich in der zunehmend komplexen Informationswelt zurechtzufinden. Diese Veränderungen bewegten Paul ZURKOWSKI 1974 dazu, durch den Begriff Information Literacy einen neuen Bedarf für Ausbildung und Erziehung der amerikanischen Bürger zu formulieren. ZURKOWSKI war Präsident der Information Industry Association (heute Information Industry and Software Association), einer Interessenvertretung von Firmen und Organisationen, die im Bereich der Erstellung, Organisation und Verbreitung von Informationen tätig sind. Er definierte den neuen Begriff als ein Konzept, das Menschen befähigen soll, sich die für den Umgang mit Informationen notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten anzueignen, 109 vgl. BUNDY 2005, S. 21 u. LAZARUS 2002, S POOLE, William F.: The university library an the university curriculum. In: Library Journal 18 (1893) S Zitiert in: OWUSU-ANSAH 2005, S vgl. SÜHL-STROHMENGER 2003, S

41 4. Die Entwicklung in den USA und Deutschland um damit die Vorteile der Nutzung der neuen Technologien wahrnehmen zu können. 112 ZURKOWSKI wird allgemein die erstmalige Benutzung des Begriffs zugeschrieben: 113 People trained in the application of information resources to their work can be called information literates. 114 ZURKOWSKI stellte seine Idee im Rahmen eines öffentlichen Aufrufs zur Initiierung eines groß angelegten nationalen Programms für Information Literacy bis 1984, gerichtet an die National Commission on Libraries and Information Science (NCLIS), vor. 115 Dieses Programm wurde nicht aufgelegt. In den 1980er Jahren erkannte man jedoch, dass Computer und die damit verbundenen Technologien zu immer bedeutenderen Werkzeugen für Informationssuche und -verarbeitung wurden. Es dauerte aber noch einige Jahre, bis die American Library Association (ALA) 1987 das American Library Association Presidential Committee on Information Literacy ins Leben rief. Die Gründung dieses Ausschusses, der mit Experten aus dem Bildungs- und dem Bibliothekswesen besetzt war, ist das entscheidende Ereignis der konzeptualen Evolution von Information Literacy in den USA wurde der Ausschuss mit der Anfertigung einer Studie betraut, die dann die folgende Definition formulierte: To be literate, a person must be able to recognize, when information is needed and have the ability to locate, evaluate and use efectively the needed information. 117 Seitdem hat es viele Diskussionen über Bedeutung und Rolle von Information Literacy gegeben. Die Debatte wurde innerhalb und außerhalb der Bibliothekswissenschaft sowie international geführt. Die Basiselemente dieser Definition des American Library Association Presidential Committee on Information Literacy wurden jedoch mehr oder weniger von allen Autoren übernommen, auch die in Kapitel 2.3 gegebene Definition geht hierauf zurück. Die Studie des ALA-Kommitees enthielt sechs konkrete Empfehlungen, von denen eine die Installierung einer nationalen, institutionenübergreifenden Arbeitsgruppe für Information Literacy war. Bereits im selben Jahr, im April 1989, wurde das National Forum on Information Literacy (NFIL) ins Leben gerufen, eine Vereinigung von 65 Einrichtungen aus den Berei- 112 vgl. EISENBERG/LOWE/SPITZER 2004, S. 3-4; HOMANN 2001a, S. 554 u. OWUSU-ANSAH 2005, S So durch BUNDY (2005, S. 12), EISENBERG/LOWE/SPITZER (2004, S. 3) oder OWUSU-ANSAH (2005, S. 25). 114 ZURKOWSKI 1974, S ZURKOWSKI 1974, S vgl. EISENBERG/LOWE/SPITZER 2004, S ALA

42 4. Die Entwicklung in den USA und Deutschland chen Wirtschaft, Verwaltung und Bildung, die seither regelmäßig zu Sitzungen zusammenkommen wurden die bisherigen Ergebnisse des NFIL in einem Fortschrittsbericht zusammengefasst und vorgestellt. Der Bericht enthält wiederum fünf Handlungsempfehlungen für das anbrechende 21. Jahrhundert. Empfehlung Nr. 3 postuliert, dass Ausbildung und Tätigkeitsspektrum von Bibliothekaren Fähigkeiten zur Vermittlung von Information Literacy enthalten sollen Information Literacy im Schulwesen der USA Um Information Literacy bedarfsbezogen in die einzelnen Stufen des Bildungssystems zu integrieren, wurden in den USA schon frühzeitig Anstrengungen unternommen. Ausgangspunkt für ein Strategiepapier zur Etablierung von Information Literacy im schulischen Bereich war der Bericht A Nation at Risk der National Commission on Excellence in Education aus dem Jahr 1983, der die niedrigen Standards im amerikanischen Schulwesen kritisierte. Obwohl A Nation at Risk keine Empfehlungen hinsichtlich der bedeutungsvolen Role von Bibliotheken oder Informationsressourcen im schulischen Bereich abgab, betonte die als Konzeptpapier gefasste Reaktion von NCLIS eben diese beiden Punkte. Ein nächster wichtiger Schritt war die Entwicklung und Veröffentlichung von Richtlinien für den sogenannten K-12 -Bereich. K-12 (übersetzt K bis einschließlich zwölf, wobei K für Kindergarten steht und 12 für die zwölfte und in den USA letzte Klasse) umfasst im USamerikanischen Bildungswesen die Stufen, die in Deutschland als Primarstufe und Sekundarstufe bezeichnet werden veröffentlichte die American Association of School Librarians (AASL), eine Sektion der ALA, zusammen mit der Association for Educational Communications and Technology (AECT), Information Power: Guidelines for School Library Media Programs. Erklärtes Ziel dieser nationalen Richtlinien ist, zu gewährleisten, dass nicht nur Schüler, sondern auch Lehrer und Eltern, gleichermaßen Zugang zu und Nutzen von Gedankengut und Informationen haben. Innovativ für damalige Verhältnisse war hier nicht nur die interinstitutionelle Zusammenarbeit, sondern auch die Tatsache, dass die Richtlinien nicht in quantitativen, sondern in qualitativen Bezügen festgelegt wurden. Information Power beschreibt zudem ein grundlegend verändertes Rolenverständnis von Schulbibliothekaren, die von passiven Bewahrern von Lehrmaterial zu Hauptbeteiligten im Lernprozess werden veröfentlichte die AASL den Bericht Information Literacy: A Position Paper on Information Problem-Solving, der die einzelnen Schrite des informationsbasierten Problemlö- 118 vgl. EISENEBRG 2004, S vgl. Wikipedia: < bzw. < [Zugriff am ] 120 vgl. EISENBERG/LOWE/SPITZER 2004, S

43 4. Die Entwicklung in den USA und Deutschland sungsprozesses als wesentliche Bestandteile eines schulischen Lehrplans für Information Literacy herausstellt. Das Positionspapier betont aktives, selbstbestimmtes Lernen, das nicht nur auf Schulbuch-Wissen, sondern auf einer ganzen Reihe von Wissensressourcen basiert Information Literacy im Hochschulwesen der USA Wissenschaftliche Bibliotheken bieten in den USA schon seit 25 Jahren Einführungen in die Bibliotheksbenutzung an. Benutzerschulungen, die früher einzig dem Zweck der Einführung in die Bibliotheksbenutzung dienten, wurden ausgeweitet, um Nutzern Kenntnisse über Zugang, Bewertung und Nutzung von Informationen aus einer Vielzahl an gedruckten und nicht-gedruckten Quellen sowohl innerhalb als auch außerhalb der Bibliothek zu vermitteln. 121 Der Carnegie Foundation Report on Coleges stelte bereits 1986 fest: The quality of a college is measured by the resources for learning on the campus and the extent to which students become independent, self-directed learners. 122 Insbesondere für Studienanfänger und Studierende im Grundstudium wird die Aussage getroffen, dass diese mindestens so viel Zeit in der Bibliothek wie in ihren Unterrichtsveranstaltungen verbringen sollen. Die Kenntnisse zur Nutzung der Informationsressourcen innerhalb wie außerhalb der Bibliothek sollen ihnen dabei wissenschaftliche Bibliothekare vermitteln wurde auf einem Symposium konstatiert, dass Studierende durch aktivierende Lernformen zu selbstbestimmten und unabhängigen Lernenden werden sollten und dass diesen, damit sie dieses Ziel erreichen, Informationskompetenz vermittelt werden soll. 123 Information Literacy wird im Hochschulwesen der USA nicht als Aufgabe gesehen, die alleinig im Verantwortungsbereich der Hochschulbibliothek liegt, sondern sie ist Aufgabe der gesamten Hochschule. Zur Verbreitung dieser Sichtweise haben Akkreditierungsagenturen durch die Aufnahme von Information Literacy in den Kriterienkatalog zur Evaluation von Hochschulen beigetragen. 124 Zur Entwicklung und konzeptualen Evolution hat darüber hinaus der Austausch und die Zusammenarbeit mit Vereinigungen und Verbänden aus dem Bildungsbereich beigetragen, die Information Literacy ebenfalls eine hohe Bedeutung zumessen. 125 Mit dem Institute for Information Literacy (IIL) wurde 1997 in den USA eine zentrale Einrichtung gegründet, die Einzelpersonen und Institutionen dabei unterstützen soll, Konzepte für Information Literacy der eigenen Hochschule einzuführen, weiterzuentwickeln und zu lehren. 121 vgl. EISENBERG/LOWE/SPITZER 2004, S Prologue and Major Recommendations of Carnegie Foundation s Report on Coleges 1986, S. 21. Zitiert in: EISENBERG/LOWE/SPITZER 2004, S vgl. EISENBERG/LOWE/SPITZER 2004, S vgl. EISENBERG/LOWE/SPITZER 2004, S Vgl. EISENBERG/LOWE/SPITZER 2004, S. 31. So z.b. mit der American Association of Higher Education, der National Education (AAHE), der National Education Association (NEA), der Association for Supervision an Curriculum Development (ASCD) und dem National Council for the Social Studies (NCSS). 35

44 4. Die Entwicklung in den USA und Deutschland Im Einzelnen ist es Aufgabe des ILL Bibliothekare für die Lehre von Information Literacy weiterzubilden, Bibliothekare und sonstige in die Lehre involvierte Personen bei der Entwicklung und Einbindung von IL-Konzepten zu unterstützen sowie Kooperationen zwischen Bildungseinrichtungen zu initiieren und zu fördern, um Information Literacy in den Lehrplänen fest zu verankern. Konkrete praktische Hilfestellungen sollen dabei Erstschulungen für Bibliothekare, Best-Practice-Beispiele, Hilfe bei der Suche nach Kooperationspartnern und die Bereitstellung von Online-Materialien zum Thema sein. Seit 2003 bietet das ILL unter den Titeln Librarian as Teacher und Librarian as Program Developer zwei Arbeitspapiere zum Thema Die Entwicklung in Deutschland Volksbildner und völkische Büchereipolitik Die Meinung, dass Bibliotheken auch pädagogische Aufgaben wahrnehmen sollten, vertrat in Deutschland der Theologe und Pädagoge Heinrich Stephani ( ) bereits Ende des 18. Jahrhunderts. Sein 1805 veröfentlichtes System der öfentlichen Erziehung sah neben Schulen und Kirchen auch Bibliotheken als Orte der physischen, ästhetischen, intellektuellen und praktischen Erziehung des Staatsbürgers. Diese Idee der Volkspädagogik, die von Anfang an auf öffentlich zugängliche Volksbibliotheken ausgerichtet war, wurde Gegenstand des so genannten Richtungsstreits im deutschen öffentlichen Bibliothekswesen Anfang des 20. Jahrhunderts. Paul Ladewigs Vorstellung einer liberalen Einheitsbücherei, die der Unterhaltung wie wissenschaftlichen Arbeit ihrer Leser gleichermaßen dient, stand die erzieherische Volksbücherei Walter Hofmanns gegenüber, in der der Bibliothekar als Volksbildner den in idealisierte Typengruppen eingeordneten Lesern vorschreibt, was sie zu lesen haben. Hofmanns so genannte Leipziger Richtung propagierte aber nicht nur die Bevormundung der Leserschaft, sondern auch die Förderung einer kleinen gebildeten Elite, die als Multiplikatoren anschließend das breite Volk im Sinne der herrschenden Bildungsidee indoktrinieren sollte. Diese Fokussierung auf eine begrenzte Zielgruppe unterscheidet das frühe deutsche Volksbüchereiwesen der sich schließlich im Richtungsstreit durchsetzenden Leipziger Richtung Hofmanns, von den seit Mitte des 19. Jahrhunderts im angelsächsischen Raum vermehrt entstehenden Public Libraries, die für ale sozialen Klassen offen standen. 127 Statt eine breit angelegte Literaturversorgung für das Volk zu schaffen, wurde stat dessen einer völkischen Büchereipolitik der Boden bereitet, den das Dritte Reich durch entsprechende Verwaltungsakte nur noch zu bestellen brauchte EISENBERG/LOWE/SPITZER 2004, S ; s. außerdem die Website des ILL unter < [Zugriff am ] 127 vgl. JOCHUM 2003a, S ; insbes. S u. S JOCHUM 2003a, S

45 4. Die Entwicklung in den USA und Deutschland JOCHUM stellt weiterhin fest, dass der von den öfentlichen Bibliotheken entwickelte Ansatz, durch ihre pädagogische Bibliotheksarbeit einen Beitrag zur kulturelen Selbstbehauptung des eigenen Volkes [ ] zu leisten, [ ] sich während des Driten Reiches mühelos zu einer politischen Lenkung des Lesers im Sinne des Nationalsozialismus umfunktionieren [ließ]. 129 Diese kurze historische Einführung mag auch als Erklärung dafür herhalten, warum pädagogische Arbeit in deutschen Bibliotheken immer noch auf Vorbehalte stößt Benutzerforschung ab den 1970er Jahren als Grundlage für Benutzerschulungen Während empirische Untersuchungen der Benutzerforschung für Bibliotheken in den angelsächsischen Ländern bereits seit den 1930er Jahren durchgeführt wurden, begann man in Deutschland mit diesbezüglichen Überlegungen erst nach dem 2. Weltkrieg. In der DDR wurden erste Untersuchungen während der sechziger Jahre durchgeführt, in der Bundesrepublik setzte die Diskussion Ende der sechziger Jahre ein. 130 In den siebziger Jahren führten dann Bildungsreformen und gesamtgesellschaftliche Demokratiebewegungen zu einer stärkeren Service- und Nutzerorientierung. Sichtbare Zeichen hierfür waren die Öffnung der Magazine sowie die Erweiterung der Freihandbereiche. Um diese Bestände selbstständig nutzen zu können, waren Kenntnisse über Nutzungs- und Zugangsbedingungen erforderlich, die besonders in großen Bibliotheken im Rahmen geplanter Benutzerschulungen vermittelt wurden. 131 Ab den siebziger Jahren begann auch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) mit der Förderung der Benutzerforschung und der Finanzierung größerer überregionaler Projekte. Jedoch beschränkten sich die in diesem Zusammenhang durchgeführten Untersuchungen auf die Bibliotheksbenutzung vor Ort und befassten sich fast ausschließlich mit der allgemeinen Bibliothekseinführung, d.h. mit Katalogen, Ausleihe, Lesesälen, Bibliographien, technischen Diensten, Fernleihe und Benutzungsordnung. 132 Viele der inhaltlichen und didaktischen Mängel konventioneller Benutzerschulungen werden bereits in den Untersuchungsergebnissen dieser Studien 133 beim Namen genannt. Insbesondere die folgende, ungekürzt wiedergegebene Passage, analysiert die Situation prägnant: Die vorliegende Untersuchung kommt (in Übereinstimmung mit Ergebnissen von Bibliotheksbefragungen) zu dem Schluß, daß die gegenwärtige Praxis der Benutzerschulung nicht 129 JOCHUM 2003a, S vgl. NEUBAUER 1979, S vgl. HOMANN 2001b, S vgl. LUX/SÜHL-STROHMENGER 2004, S Dies sind: NEUBAUER, Karl Wilhelm (Hg.): Benutzerverhalten an deutschen Hochschulen. Ergebnisse einer mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft durchgeführten Untersuchung. München und SAUPPE, Eberhard; Hartmut MÜLLER u. Rolf WESTERMANN: Benutzerschulung in Hochschulbibliotheken. Ergebnisse einer von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Grundlagenuntersuchung. München

46 4. Die Entwicklung in den USA und Deutschland durch eine wissenschaftliche Theorie gestützt wird. Zur Zeit [d.h. Ende der 1970er Jahre, Anm. d. Verf.] wird Benutzerschulung pragmatisch und aus Sicht der Bibliotheken betrieben, ohne daß die curricularen Grundlagen reflektiert und die Bedarfsstrukturen der einzuführenden Benutzer bekannt sind. Zweifellos ist dies eine Hauptursache für die nachgewiesene relativ geringe Effektivität der Benutzerschulung. Hieraus kann abgeleitet werden, daß Benutzerschulung nur dann effektiver gestaltet werden kann, wenn die Zielgruppen der Benutzerschulung ermittelt und gegeneinander abgegrenzt und die jeweiligen Lernziele definiert werden. 134 Während kommunale Bibliotheken nach 1945 nicht selten eng mit den Volkshochschulen oder auch mit den örtlichen Schulen verbunden waren, sahen die wissenschaftlichen Bibliotheken ihre Aufgabe fast ausschließlich in der Literaturversorgung der Studierenden und Wissenschaftler und boten oft nur bei entsprechender Nachfrage Bibliotheksführungen und Einweisungen in die Nutzung ihrer Kataloge an. 135 Die Notwendigkeit, die Aktivitäten im Bereich der Benutzerschulungen zu verstärken und zu verbessern, wurde in der erhöhten Komplexität der Organisation und dem differenzierten Leistungsangebot von Hochschulbibliotheken, der gestiegenen Anzahl der Bibliotheksbesucher überhaupt sowie der Verantwortlichkeit für eine effektivere Nutzung der Einrichtungen und Bestände seitens der Bibliothek gesehen. 136 Ein großer Teil der in den o.g. Studien abgegebenen Empfehlungen und gestellten Forderungen ist durchaus auch noch für die heutige Situation von Relevanz. Insbesondere bei SAUPPE et al ist auf über 20 Seiten ein ganzer Katalog von Leitsätzen und Empfehlungen für die weitere Entwicklung der Benutzerschulung in Hochschulbibliotheken zu finden. 137 Deutlich wird darauf hingewiesen, dass für Benutzerschulungen geworben werden muss. Einerseits natürlich bei den Bibliotheksbenutzern, von denen viele über das Angebot an Einführungsveranstaltungen nicht informiert sind. 138 Aber auch die Leitung der Bibliothek muss überzeugt werden, um die erforderlichen organisatorischen, personellen und finanziellen Voraussetzungen sicher zu stellen und auch die Hochschullehrer müssen für eine mögliche Kooperation gewonnen werden. 139 Schon 1979/80 werden studienfachbezogene, in die Lehrveranstaltungen integrierte Schulungsveranstaltungen als wirksamste und effektivste Form betrachtet, da hier fachliche Bezüge hergestellt werden können sowie die speziellen Informations- und Literaturbedürfnisse der Teilnehmer und die fachspezifischen Besonderheiten berücksichtigt werden können. 140 In 134 NEUBAUER 1979, S vgl. LUX/SÜHL-STROHMENGER 2004, S vgl. SAUPPE/MÜLLER/WESTERMANN 1980, S vgl. SAUPPE/MÜLLER/WESTERMANN 1980, S vgl. NEUBAUER 1979, S. 73 u. SAUPPE/MÜLLER/WESTERMANN 1980, S vgl. NEUBAUER 1979, S. 75 u. SAUPPE/MÜLLER/WESTERMANN 1980, S vgl. NEUBAUER 1979, S. 74, u. SAUPPE/MÜLLER/WESTERMANN 1980, S

47 4. Die Entwicklung in den USA und Deutschland diesem Zusammenhang wird deutlich gemacht, dass Benutzerschulung als mehrstufiger Prozess betrachtet werden muss. Zum einen, um die Teilnehmer nicht mit zu vielen Einzelheiten zu überfordern und zum anderen, um den Stoff dann zu vermitteln, wenn ihn die Teilnehmer auch wirklich brauchen. 141 Die Einbeziehung der Fachreferenten in den Schulungsbetrieb wird befürwortet, da sie aufgrund ihrer fachwissenschaftlichen Qualifikation geeignete Partner für die Hochschullehrer bei der Vorbereitung und Durchführung von Schulungsprogrammen, die in den Studienbetrieb integriert sind, seien. 142 Hinsichtlich der Lehrbefähigung von Bibliothekaren wird konstatiert, dass die Lehre für sie oft eine ungewohnte, ungelernte und ungeliebte 143 Funktion sei und es persönlichen Engagements sowie pädagogischer Eignung bedürfe, um Benutzerschulungen durchzuführen. SAUPPE et al empfehlen daher: Zur Heranbildung von Nachwuchskräften, die für Aufgaben der Benutzerschulung qualifiziert sind, ist es geboten, die Benutzerschulung in das Studienprogramm der bibliothekarischen Ausbildungsstäten zu übernehmen. 144 Der Lernende wird auch in diesen Studien schon als gleichberechtigter Partner und nicht als Objekt für die Wissensvermittlung betrachet. Teilnehmer sollen aus eigener Motivation in eine Schulung kommen, aktiv daran teilnehmen und ihren Lernfortschritt während des Lernvorgangs kontrollieren können. Die im Rahmen der Untersuchung erfassten Schulungen liefen größtenteils in Form von Bibliotheksführungen oder non-personal mittels gedruckter Materialien ab; nur in ca. der Hälfte der über eine Fragebogenaktion erfassten Bibliotheken wurden Vorlesungen, Übungen oder Vorträge eingesetzt. Empfohlen wurde dann auch die Erprobung neuer, zielgruppenorientierter Schulungen mit adäquatem Medieneinsatz und vorher festgelegten Lernzielen. 145 Die Folgerungen aus dem DFG-Projekt Benutzerschulung von Hochschulbibliotheken aus dem Jahr 1980 sehen die Notwendigkeit für Schulungsveranstaltungen nicht nur am Anfang des Studiums, sondern über die gesamte Ausbildung hinweg. Bibliothekskenntnisse werden als Voraussetzung für ein erfolgreiches und beschleunigtes Studium betrachtet. Darüber hinaus wird auch die Bedeutung von Schlüsselqualifikationen in Zusammenhang mit Weiterbildung und Erwachsenenbildung angesprochen. Es wird angeregt, Benutzerschulungen nicht nur als kurzfristige Notmaßnahme gegen bibliothekarische und universitäre Dysfunktionalitäten 146 zu planen, sondern auch als Weiterbildungsmaßnahme. Auch selbstständiges und selbstbestimmtes Lernen findet bereits Berücksichtigung und soll in Formen der Selbstunterweisung nicht nur Lernende autonom machen, sondern der Bib- 141 vgl. NEUBAUER 1979, S u. SAUPPE/MÜLLER/WESTERMANN 1980, S vgl. SAUPPE/MÜLLER/WESTERMANN 1980, S SAUPPE/MÜLLER/WESTERMANN 1980, S SAUPPE/MÜLLER/WESTERMANN 1980, S vgl. SAUPPE/MÜLLER/WESTERMANN 1980, S. 16, , SAUPPE/MÜLLER/WESTERMANN 1980, S. 95; s. hierzu außerdem S

48 4. Die Entwicklung in den USA und Deutschland liothek auch Personalkosten sparen. 147 Freilich war der Stand der Technik Ende der siebziger bzw. Anfang der achtziger Jahre ein anderer. So werden nicht Online-Tutorials oder Virtuelle Rundgänge als nicht-personale Formen der Benutzerschulung hervorgehoben, sondern gedruckte Anweisungen und Tonbildschauen, also Diashows mit parallel abgespielten, vertonten Erläuterungen. Sie dienten v.a. der Einführung in die Bibliotheksbenutzung sowie der Unterweisung zum Gebrauch von Katalogen, Bibliographien, Referateblättern und Nachschlagewerken. 148 Die Probleme waren also bekannt und beim Namen genannt, es änderte sich aber vorerst wenig Reduzierung der Aktivitäten, Neubeginn und Einrichtung von Informationsvermittlungsstellen in den achtziger und neunziger Jahren Trotz der geschilderten, eigentlich wegweisenden, Ergebnisse der DFG-Projektstudien wurden nur wenige der Vorschläge und Forderungen realisiert. Im weiteren Verlauf der achtziger Jahre richteten sich die Energien fast aller Bibliotheken auf die Rationalisierung ihrer Geschäftsgänge mittels EDV. Da außerdem Personalressourcen für den Bereich Benutzerschulung fehlten, keine Weiterbildungen für Bibliothekare im pädagogischen Bereich angeboten wurden sowie die Themen Bildung und Schule gesellschaftlich und politisch eher negativ bewertet wurden, reduzierten sich die Aktivitäten der Bibliotheken. Ende der neunziger Jahre kam es, als Reaktion auf den neu hinzukommenden Betreuungsbedarf durch digitale Medien und elektronische Bibliothekskataloge (OPACs), zu neuen Initiativen. EDV-Arbeitsplätze mit flexiblen Zugangsmöglichkeiten zu Katalogen, Datenbanken und Nachschlagewerken erhöhten die Attraktivität der Bibliotheken. Viele bibliographische Informationsmittel wurden erst in Form ihrer elektronischen Varianten intensiver genutzt. Die von Informatikern prognostizierte Reduzierung von Beratungs- und Betreuungsbedarf durch die scheinbar vereinfachte Bedienbarkeit, z.b. durch grafische Bedienoberflächen, kehrte sich ins Gegenteil um. Die vielfältigen Suchmöglichkeiten machten die neuen Informationsmittel so komplex, dass der Zeitaufwand für Beratung und Unterstützung stark anstieg. Hauptsächlich aufgrund dieser Entwicklung wurden die Benutzerschulungen ausgeweitet. Die einzelnen Veranstaltungen waren einerseits pragmatisch orientiert, da sie eine direkte Reaktion auf den Bedarf infolge neuer elektronischer Informationssysteme und nicht in ein pädagogisches Gesamtkonzept eingeordnet waren. Da sich die Schulungen auf ein konkre- 147 SAUPPE/MÜLLER/WESTERMANN 1980, S Vgl. SAUPPE/MÜLLER/WESTERMANN 1980, S. 21. Das der Tonbildschau, als Form der Benutzerschulung Ende der siebziger bzw. Anfang der achtziger Jahre viel Aufmerksamkeit gewidmet wurde, zeigt ein Blick in das Register bei SAUPPE/MÜLLER/WESTERMANN, das auf nicht weniger als 26 Fundstellen verweist. 40

49 4. Die Entwicklung in den USA und Deutschland tes Informationsobjekt wie Datenbank oder OPAC konzentrierten, waren sie zudem objektorientiert. Die in sich abgeschlossenen Schulungseinheiten dauerten meist nur ein bis zwei Stunden, basierten auf Handbüchern und bedurften kaum Vorbereitungszeit. Da aber immer neue e- lektronische Informationsmittel hinzukamen, waren die Schulungen schon bald personell und zeitlich nicht mehr in dem nachgefragten Maß durchführbar. Dazu kamen Nachteile wie geringes Motivationspotenzial oder fehlende inhaltlich-konzeptionelle Abstimmung zwischen den einzelnen Veranstaltungen. Die stark objektbezogenen Schulungsveranstaltungen boten nur wenig Raum für fachliche Bezüge oder persönliche Bedürfnisse der Teilnehmer. 149 Aktivierende Lernmethoden oder die Vermittlung von Fähigkeiten, die ein selbstbestimmtes Lernen und eine durchdachte, reflektierte Informationssuche ermöglichen, fehlten völlig. Die Hilfestellung der Bibliothekare erstreckte sich bei den neu eingeführten Datenbanksystemen, da ungeschulte Benutzer diese kaum bedienen konnten, oft nicht nur auf Beratung, sondern auch auf die Informationssuche selbst. Da außerdem bald auch kommerzielle Kunden Interesse an den per Retrieval erzielbaren Daten zeigten, führte man Anfang bis Mitte der neunziger Jahre in Bibliotheken, aber auch in Verbänden, Vereinen und der Privatwirtschaft, die Informationsvermittlungsstellen (IVS) ein. Hauptzweck dieser Einrichtungen war und ist 150 die Durchführung von kostenpflichtigen Literatur-, Patent- oder Faktenrecherchen in internationalen Datenbanken. Die Informationsvermittlungsstellen in den Bibliotheken wurden u.a. gegründet, um die Auskunfts-Bibliothekare zu entlasten aber auch, um eine klare mediale Grenze zur Bibliothek selbst zu ziehen: Denn während die Bibliothek sich in der Regel auf den konventionellen Bereich (Printmedien, Microformen, u.ä.) beschränkt, werden hier [in der Informationsvermittlungsstelle, Anm. d. Verf.] mit Hilfe von Computern Informationen aus Datenbanken eingeholt Von der Benutzerschulung zur Vermittlung von Informationskompetenz Während die Einbindung von Hochschulbibliotheken in die Lehre in den USA und anderen angelsächsischen Ländern schon seit den 1960er Jahren üblich ist und das Konzept der Information Literacy seit Mitte der Siebziger Jahre entwickelt und umgesetzt wird, knüpfen deutsche Hochschulbibliotheken erst in den letzten Jahren an die Aktivitäten der siebziger und achtziger Jahre an und orientierten sich an Bibliotheken aus Ländern mit Vorbildcharak- 149 vgl. HOMANN 2001b, S Von der nach wie vor bestehenden Bedeutung dieser Institutionen für die Bibliotheks- und Informationslandschaft zeugt die weiterhin vom Fraunhofer-Institut für Integrierte Publikations- und Informationssysteme (IPSI) in Darmstadt gepflegte Liste von Informationsvermittlungsstellen in Deutschland unter < [Zugriff am ]. 151 PÖRZGEN/SCHREIBER 1993, S. 8 41

50 4. Die Entwicklung in den USA und Deutschland ter wie eben den USA aber auch Großbritannien, Australien oder den skandinavischen Staaten. Die Nachteile der mit geringem organisatorischem und personellem Aufwand durchgeführten Veranstaltungstypen wurden durch das wachsende digitale Informationsangebot immer deutlicher sichtbar. Die kurzfristig angelegte, objektzentrierte Wissensvermittlung konnte mit der Vielfalt digitaler Informationsquellen nicht mehr mithalten. Zudem waren die Teilnehmer durch mangelhaften Praxisbezug, geringe Eigenleistung und hohe Redundanz meist wenig motiviert, so dass die Schulungen unattraktiv wurden. 152 SCHMIDTMAIER formuliert 1992: Wenn wir weiterhin Fehler in der Nutzerschulung machen sie nicht den Bedürfnissen der Nutzer wirklich anpassen und die Inhalte mit zu vielen Informationen überfrachten, werden die Angriffe nicht verstummen. 153 Das deutet darauf hin, dass es Anfang der neunziger Jahre in Deutschland wiederum kritische Stimmen gab. SCHMIDMAIER führt in seinem Aufsatz weiter an, dass die alternativen Wege der Benutzerschulung und ihre Praxis in den USA und England schon seit Anfang der achtziger Jahre bekannt sind. 154 Auch an diesem Beispiel wird also deutlich: Bibliothekare, die auf die Mängel der bisher praktizierten Benutzerschulungen hin- und auf Alternativen aus dem anglo-amerikanischen Raum verwiesen, gab es in Deutschland. Allein sie waren lange einsame Rufer in der Wüste. Bei der didaktisch-methodischen Konzeption neuer Veranstaltungen zur Vermittlung von Informationskompetenz ab Mitte der neunziger Jahre konnte jedoch auch auf Erkenntnisse aus Erhebungen zu Benutzerverhalten und Benutzerschulungen in den siebziger und achtziger Jahren zurückgegriffen werden, die Zielgruppenorientierung, Fach- bzw. Praxisbezug sowie die Berücksichtigung von Techniken des wissenschaftlichen Arbeitens innerhalb von Bibliothekseinführungen eindeutig positiv beurteilten. 155 Anders als bei den Bemühungen der Vergangenheit, als die Anstöße vorwiegend von externen Institutionen wie der DFG kamen, ging die Initiative in den neunziger Jahren zunehmend von den Bibliotheken, im Besonderen vom Engagement einzelner Bibliothekare, aus. Den entscheidenden Schub erhielten diese noch vereinzelten Bestrebungen durch die im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung durchgeführte SteFi-Studie vgl. LAZARUS 2002, S SCHMIDMAIER 1992, S vgl. SCHMIDMAIER 1992, S vgl. LUX/SÜHL-STROHMENGER 2004, S Vgl. LUX/SÜHL-STROHMENGER 2004, S Als Vorreiter der Entwicklung in Deutschland sind insbesondere zu nennen: Detlev DANNENBERG (Bibliothek der FH Hamburg), Thomas HAPKE (Bibliothek der TU Harburg), Benno HOMANN (UB Heidelberg) und Wilfried SÜHL-STROHMENGER (UB Freiburg). 42

51 4. Die Entwicklung in den USA und Deutschland Die skizzierte Entwicklung in Deutschland lässt sich gut an den Ergebnissen einer Recherche in der Datenbank INFODATA nachvollziehen. 157 Für den Suchbegrif Benutzerschulung 158 lassen sich über einen Zeitraum von 32 Jahren (1974 bis 2005) insgesamt 63 Dokumente ermitteln. Das Thema war Ende der 1970er bis Anfang der 1980er Jahre, durch die beschriebene Zunahme der Nutzer- und Serviceorientierung in diesem Zeitraum, für die Bibliotheken von Interesse und wurde daher auch in der Fachliteratur behandelt, um danach so gut wie ganz aus dem Fokus der Bibliothekswissenschaft zu verschwinden. In den sechs Jahren von 1977 bis 1982 erscheinen alleine 36 der 63 Publikationen, also durchschnittlich sechs pro Jahr, danach in 22 Jahren gerade noch 27, also im Schnitt nur noch eine Veröffentlichung im Jahr Information Literacy OR Informationskompetenz ; Sprache: DE Benutzerschulung ; Sprache: DE Abbildung 3: In der Datenbank INFODATA am erfasste deutschsprachige Publikationen zu den Themen "Informationskompetenz" / "Information Literacy" und "Benutzerschulung" im chronologischen Vergleich Für die Suchbegrife Informationskompetenz bzw. Information Literacy ergibt sich ein ganz anderes Bild. 159 Der erste deutschsprachige Titel, der oben zitierte Aufsatz von SCHIDTMAIER, ist erst für 1992 nachgewiesen. 160 Das nächste Dokument, auf das der an- 157 Der Zugriff auf die auch unter dem Namen IDAT bekannten Datenbank erfolgte am von der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf über den Host FIZ Technik. Datenbankproduzent ist das Informationszentrum für Informationswissenschaft und -praxis der Fachhochschule Potsdam; verzeichnet werden Aufsätze aus Fachzeitschriften, Konferenzberichte, Forschungsberichte und Monographien; 65% der Quellen sind englisch, 30% deutschsprachig (vgl. < [Zugriff am ]). 158 Alle-Felder-Suche, Suchstring: Benutzerschulung, Sprache: Deutsch. 159 Alle-Felder-Suche, Suchstring: Information Literacy OR Informationskompetenz, Sprache: Deutsch. 160 Dies ist: SCHMIDMAIER, Dieter: Von der Benutzerschulung zur Information Literacy : ein Überblick. In: Innovation for Information. 43

52 4. Die Entwicklung in den USA und Deutschland gegebene Suchstring passt, datiert aus dem Jahr 1995 und bis zur darauf folgenden diesbezüglichen Publikation dauert es noch einmal vier Jahre. Dann, im Jahr 2001, schnellt die Anzahl der in INFODATA nachgewiesenen Veröffentlichungen von vier (2000) auf 20 in die Höhe. 95 % (= 139 der 146) der ermittelbaren deutschsprachigen Dokumente für die genannten Suchbegriffe im Zeitraum zwischen 1974 und 2005, sind in den fünf Jahren von 2001 bis 2005 erschienen. Der bisherige Höhepunkt liegt bei 46 Treffern im Jahr Die Vielzahl ab dem Jahr 2001 erscheinender Publikationen korrespondiert mit der Veröffentlichung einer ganzen Reihe von Studien, die sich mit den Themen Bildung, Lernen, Informationsversorgung und Informationskompetenz beschäftigen und insbesondere die Bibliotheken zu mehr Aktivität in diesen Bereichen auffordern Pläne und Programme in Deutschland Eine Reihe von hochschul- und bibliothekspolitischen Untersuchungen, Empfehlungen und Initiativen beschäftigen sich mit der Situation und der künftigen Entwicklung von Hochschulbibliotheken, von denen hier nur die wichtigsten vorgestellt werden sollen Bibliotheken 93 Als pragmatische Fortschreibung des Bibliotheksplan 1973 nach der Wiedervereinigung wurde Bibliotheken 93 von der damaligen Bundesvereinigung Deutscher Bibliotheksverbände (BDB) 161 erarbeitet. Dieses Positionspapier weist Bibliotheken unterschiedlichen Typs und unterschiedlicher Größe ihre jeweilige Position im Netz eines Gesamtsystems der Literaturversorgung in Deutschland zu und ist noch heute Grundlage der Zusammenarbeit. In Kapitel von Bibliotheken 93 wird auf die Notwendigkeit von Angeboten zur Benutzerschulung, besonders für große Bibliotheken mit einem differenzierten Medienangebot, hingewiesen. Als maßgeblicher Auslöser für das Schulungsbedürfnis wird der auch in Bibliotheken zu dieser Zeit vermehrte Einsatz von EDV genannt. Explizit für Hochschulbibliotheken wird unter Punkt 9.4 gefordert, dass Bibliothekare die Studierenden während des Studiums mit den jeweiligen Informationsmitteln ihres Faches vertraut machen Die SteFi-Studie 2001 Die im Juni 2001 veröffentlichte SteFi-Studie 163 wurde im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) von der Sozialforschungsstelle Dortmund in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für angewandte Unternehmensforschung und Sozialstatistik (GAUS) erstellt und ist die bislang fundierteste Untersuchung zur Informations- und Medien- 161 Die Bundesvereinigung Deutscher Bibliotheksverbände (BDB) als Dachverband aller bibliothekarischen Verbände fusionierte 2004 mit der Deutschen Gesellschaft für Information (DGI) zur Bundesvereinigung Deutscher Bibliotheks- und Informationsverbände (BID). 162 vgl. BDB 1994, S. 10 u KLATT et al SteFi steht für Studieren mit elektronischer Fachinformation 44

53 4. Die Entwicklung in den USA und Deutschland kompetenz neueren Datums in Deutschland. 164 In einer breit angelegten Untersuchung wurden Dekanate, Studierende und Hochschullehrende im Hinblick auf die Nutzung elektronischer wissenschaftlicher Information in der Hochschulausbildung befragt. Kernaussage der Studie ist zum einen, dass die Informationskompetenz an deutschen Hochschulen sowohl bei Lehrenden als auch bei Studierenden unzureichend ist und dass zum anderen eine verbindliche curriculare Verankerung dieser Schlüsselfähigkeit in Deutschland bislang nicht stattgefunden hat. 165 Die Kenntnisse zur zielgerichteten Nutzung elektronischer wissenschaftlicher Informationsmittel sowohl von Studierenden (80 %) als auch von Lehrenden (68 %) sind dabei selektiv durch Trial and Eror selbst angeeignet. Nur 16 % der Studierenden und 13 % der Lehrenden gaben an, die notwendigen Kenntnisse durch das Personal der Hochschulbibliothek bzw. auf andere systematische Art und Weise erworben zu haben. Wissenschaftliche Informationen werden von beiden Gruppen zunehmend über elektronische Kanäle gesucht, wobei die Benutzung von Suchmaschinen im Internet bevorzugt wird. Verlässlichere und qualitativ hochwertigere Formen der Suche nach elektronischen Informationen werden demgegenüber vernachlässigt; nur 6 % der Studierenden nutzen fachbezogene Online-Datenbanken. Dies wird kritisch hervorgehoben: Studierende und Dozent/innen verschenken durch ihre vorwiegend autodidaktisch erworbenen Kompetenzen in Bezug auf die Nutzung elektronischer wissenschaftlicher Informationen offenbar die Chance des gezielten Zugangs zu systematischer, fachspezifischer, relevanter, bewerteter wissenschaftlicher Information zugunsten globaler, leicht zugänglicher, unübersichtlicher und zufallsanfälliger Informationswege unter denen die kommerziellen Suchmaschinen des Internets eine herausgehobene Rolle spielen. 166 Zwar sind 90 % der befragten Lehrenden der Meinung, dass es notwendig sei, Studierende mit der Nutzung elektronischer wissenschaftlicher Information vertraut zu machen, aber nur ein Drittel hält es für notwendig, dies in den eigenen Lehrveranstaltungen zu thematisieren. Immerhin ein Drittel der Hochschullehrer ist der Auffassung, dass dies die Hochschulbibliothek übernehmen sollte. 167 Umgekehrt haben nur 11 % der Studierenden die erforderlichen Kenntnisse im Rahmen von normalen Lehrveranstaltungen erworben und schätzen auch lediglich 24 % der Lehrenden als kompetent im Umgang mit elektronischen Informationsmitteln ein, sehen aber Hochschullehrer und Fakultäten in der Pflicht, die Vermittlung von Infor- 164 LUX/SÜHL-STROHMENGER 2004, S vgl. KLATT 2001, S KLATT 2001, S KLATT 2001, S

54 4. Die Entwicklung in den USA und Deutschland mationskompetenz stärker in bestehende Lehrveranstaltungen zu integrieren bzw. Einführungsveranstaltungen und Tutorien hierfür anzubieten. Als Haupthemmnisse in der Nutzung elektronischer wissenschaftlicher Information durch die Studierenden, sehen Studierende selbst und Lehrende gleichermaßen die Unübersichtlichkeit des Angebots sowie die Schwierigkeit, die Qualität der recherchierten Informationen zu bewerten. Dazu kommt noch die Einschätzung, dass die Studierenden von den Dozenten zu wenig motiviert werden, elektronische Fachinformationen für ihr Studium gezielt zu nutzen, die beide Gruppen (!) teilen. 168 Als wichtigste Ansatzpunkte für die Verbesserung der Vermittlung von Informationskompetenz an deutschen Hochschulen, fordert die SteFi-Studie eine stärkere Verankerung der Thematik in Lehrveranstaltungen und im Rahmen von Tutorien sowie die Bereitstellung geprüfter, anforderungsgerechter Schulungsangebote und Onlinetools. Die Untersuchung weist dabei explizit Bibliotheken als Akteure aus, die in Kooperation mit Rechen-, Medienzentren und Fachbereichen durch geeignete Dienstleistungen die Kompetenzen der Studierenden verbessern sollen. Gleichzeitig wird moniert, dass die Universitätsbibliotheken nicht hinreichend an den Lehrbetrieb angebunden sind. 169 Die präsentierten Ergebnisse warfen in Bezug auf die Vermittlung von Informationskompetenz ein ähnlich schlechtes Bild auf die deutschen Hochschulen wie die PISA-Studie bezüglich der Vermittlung von Lesefähigkeit sowie mathematisch-naturwissenschaftlicher Grundbildung auf die deutschen Schulen. Auch wenn die Tendenz zu erwarten war, sorgte das Ausmaß der dokumentierten Ergebnisse doch für Überraschung in der Fachwelt. 170 Als beispielhaft für die Entwicklung praxisnaher Angebote, speziell auch für Selbststudium und E-Learning sowie für die erfolgreiche Kooperation von Rechenzentren, Fachbereichen, Verwaltungen und Bibliotheken, werden die Hochschulen in den USA und Skandinavien genannt. 171 LAZARUS merkt dazu an: Legt man die mehr als 15-jährigen Erfahrungen in den USA zugrunde, ist es an den Hochschulbibliotheken, die Entwicklung im Sinne der SteFi-Studie voranzutreiben und die notwendige hochschulpolitische Unterstützung einzufordern vgl. KLATT 2001, S , vgl. KLATT 2001, S vgl. LAZARUS 2002, S vgl. KLATT 2001, S LAZARUS 2002,

55 4. Die Entwicklung in den USA und Deutschland Die Empfehlungen zur digitalen Informationsversorgung durch Hochschulbibliotheken des Wissenschaftsrates 2001 Die Kernbefunde der SteFi-Studie sind in die im selben Jahr erschienenen Empfehlungen des Wissenschaftsrates zur digitalen Informationsversorgung durch Hochschulbibliotheken eingeflossen. In seiner Bestandsaufnahme kritisiert der Wissenschaftsrat, dass die Hochschulen sich in den Bereichen digitale Informationsversorgung, E-Learning und mediengestützte Lehre bisher zu wenig profiliert haben: Der Wissenschaftsrat stelt fest, daß die Hochschulbibliotheken sich noch nicht hinreichend zu Zentren der Versorgung mit digitalen Informationen und Publikationen entwickelt haben und die Lehrenden und Lernenden mit entsprechenden Schulungen und Dienstleistungen nicht in ausreichendem Maße unterstützen. 173 Die Vermitlung von Kompetenz zur methodischen Informationsgewinnung wird als entscheidende Schlüsselqualifikation für den Arbeitsmarkt hervorgehoben, die in der Hochschullehre bislang zu wenig berücksichtigt worden sei. Die Hochschulbibliothek wird als Teil der Bildungsinstitution Hochschule betrachtet und soll vor allem ihre Kompetenzen im Umgang mit den Neuen Medien in die Lehre einbringen. 174 Nach Überzeugung des Wissenschaftsrates wird die Leistungsfähigkeit von Hochschulbibliotheken in Zukunft noch stärker nach dem Grad der Nutzerorientierung beurteilt. Dabei soll einerseits nach Nutzergruppen wie wissenschaftlich allgemein interessierte Nutzer, Studierende oder Wissenschaftler unterschieden und andererseits das individuelle Informationsbedürfnis jedes Einzelnen noch mehr berücksichtigt werden. 175 Die Hochschulbibliothek soll lokaler Knotenpunkt in einer zunehmend dislozierten Informationsumgebung werden und als Hybridbibliothek neben gedruckten auch digitale Publikationen vorhalten. Zu traditionelen Aufgaben wie Sammeln, Bewahren und Nachweisen treten neue Aufgaben, wobei vor allem die Qualifizierung und Beratung der Nutzer und Autoren betont wird. Bezugnehmend auf die Ergebnisse der SteFi-Studie wird postuliert, die Vermittlung von Informationskompetenz künftig in die Lehrveranstaltungen der Hochschule zu integrieren bzw. um sie herum zu organisieren, damit diese Fähigkeit in Zukunft nicht autodidaktisch, sondern systematisch und an den Studieninhalten orientiert erworben werden kann. Ausdrücklich wird die Bibliothek als Einrichtung erwähnt, die neben den Fachwissenschaftlern Informationsund Medienkompetenz vermitteln soll: 173 WISSENSCHAFTSRAT 2001, S vgl. WISSENSCHAFTSRAT 2001, S vgl. WISSENSCHAFTSRAT 2001, u.29 47

56 4. Die Entwicklung in den USA und Deutschland Der Verbesserung der Nutzerkompetenz (information literacy) muß die Bibliothek in Kooperation mit anderen Einrichtungen der Hochschule durch das aktive Angebot geeigneter Benutzerschulungen verstärkt Rechnung tragen. 176 Inhaltlich sollen die Veranstaltungen Navigations- und Recherchestrategien, Hilfen zum digitalen Publizieren sowie die Gegenüberstellung von Vor- und Nachteilen einzelner Informationsmittel umfassen. Dabei wird der dienstleistungsorientierten Nutzerbetreuung ein erhöhter Personalbedarf eingeräumt, der durch bibliotheksinterne Umschichtungen vom bestands- in den nutzerorientierten Bereich gedeckt werden soll. Die notwendigen Kenntnisse in Informationstechnologie und -ressourcen sollen Bibliotheksmitarbeitern auf Fort- und Weiterbildungen, dem bibliothekarischen Nachwuchs jedoch bereits in der Ausbildung, vermittelt werden. 177 Der Hinweis auf die ebenfalls notwendige didaktische Qualifizierung fehlt. Betont wird darüber hinaus die Notwendigkeit von Kooperationen zwischen Hochschulbibliotheken und anderen Informationsanbietern sowie innerhalb der Hochschule zwischen Bibliotheken, Rechenzentren und Medienzentren Das Strategische Positionspapier Informationen vernetzen Wissenaktivieren des BMBF 2002 Im September 2002 wurde, wiederum vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, das strategische Positionspapier Informationen vernetzen Wissen aktivieren veröfentlicht, das Aussagen über die Zukunft der wissenschaftlichen Information in Deutschland enthält. Wissenschaftliche Information wird als Schlüsselressource für den Standort Deutschland bezeichnet sowie als Motor für Innovationen und als Faktor für den Konkurrenzkampf Deutschlands im globalen Markt eingeschätzt. 179 Dabei könnten die zur Verfügung stehenden Informationen nur dann effizient genutzt werden, so das Papier, wenn die Nutzer den Umgang mit den neuen Informationssystemen beherrschten. Um dies zu gewährleisten, wird Informationskompetenz ausdrücklich als wissenschafts- und bildungspolitisches Ziel hervorgehoben: Informationskompetenz, also die Fähigkeit, sich methodisch und kritisch zu informieren, muss wie Lesen, Schreiben und Rechnen als Basisqualifikation einer modernen Gesellschaft gelten. Die Förderung der Informationskompetenz muss stärker als bisher im Bildungssystem verankert werden WISSENSCHAFTSRAT 2001, S vgl. WISSENSCHAFTSRAT 2001, S. 18, u vgl. WISSENSCHAFTSRAT 2001, S vgl. BMBF 2002, S BMBF 2002, S.3 48

57 4. Die Entwicklung in den USA und Deutschland Die neue Rolle der Hochschulbibliotheken sowie der Bibliotheken an Forschungseinrichtungen wird im Wissensmanagement gesehen, wobei hierunter in erster Linie die Koordination der internen und externen Informationsressourcen verstanden wird. Der Abbau von Nutzungshemmnissen sowie der Aufbau durchgängiger Versorgungsketten soll durch Kooperationen von Bibliotheken, Rechen- und Medienzentren erreicht werden Die Initiative des Vereins Deutscher Bibliothekare (VdB) 2002 Ebenfals aus dem Jahr 2002 datiert die Initiative Vermitlung von Studienfertigkeiten im elektronischen Zeitalter des Vereins Deutscher Bibliothekare (VdB), die als Reaktion des Berufsverbandes auf die o.g. Kritik des Wissenschaftsrates zu verstehen ist. Die Maßnahmen zur Stärkung der Informationskompetenz der Studierenden werden als Neuausrichtung der schon bestehenden aber seitens der Hochschullehrer nicht genügend zur Kenntnis genommenen Schulungsaktivitäten der Bibliotheken bezeichnet. Die vom Wissenschaftsrat geforderte systematische Einbindung der Hochschulbibliotheken in den Lehrbetrieb wird vom VdB durchaus als Stärkung der Position der Bibliotheken wahrgenommen, nur müsse dies budgetäre, organisatorische und strukturelle Verbesserungen für diese zur Folge haben. Als konkrete Maßnahme wird die Schulung künftiger Lehrer als Multiplikatoren vorgeschlagen, die im Gegensatz zur Kompetenzvermittlung für (alle) Oberstufenschüler die personellen Kapazitäten der Bibliotheken nicht deutlich übersteigen würde. Weiterhin wird eine Abstimmung mit dem Deutschen Hochschulverband angeregt, um den Weg für Kooperationen zwischen Bibliothekaren und Dozenten in einzelnen Hochschulen zu ebnen. 182 Daran anknüpfend wurde 2003 ein Vertrag zwischen den beiden genannten Verbänden über eine Initiative zur Erlangung von Informationskompetenz an deutschen Universitäten geschlossen. Hierin wird die Bedeutung der Informationskompetenz als unabdingbarer Teil der Studierfähigkeit aller Studierenden hervorgehoben und die Absicht zur Förderung lokaler Initiativen an den Hochschulen bekräftigt Der PISA-Schock als Katalysator für die Entwicklung in Deutschland Die vom BMBF in Auftrag gegebene SteFi-Studie kann mit ihren Ergebnissen als maßgeblicher Ausgangspunkt für die Entwicklung von Maßnahmen zur Vermittlung von Informationskompetenz in den deutschen Hochschulen betrachtet werden. Alle anderen Papiere und Erklärungen knüpfen daran an, bekräftigen bzw. präzisieren die dort postulierten Ergebnisse und Maßnahmenvorschläge. 181 vgl. BMBF 2002, S VDB vgl. Vertrag zwischen VDB und Hochschulverband: < [Zugriff am ] 49

58 4. Die Entwicklung in den USA und Deutschland Zu den selben Befunden, wie die SteFi-Studie kam allerdings schon die 1990 veröffentliche Studie Nutzung elektronischer Fachinformation an Hochschulen (sog. Gewiplan-Studie ), die von einer Vorgängerinstitution des BMBF, dem Bundesministeriums für Forschung und Technologie (BMFT) 184, in Auftrag gegeben wurde. Darin heißt es: Die Studierenden solen im Rahmen ihrer Ausbildung ebenso in die Möglichkeiten der Nutzung elektronischer Fachinformation eingewiesen werden, wie sie traditionell in die sachgerechte Benutzung wissenschaftlicher Literatur eingeführt werden. Aufklärung und Information über das System der elektronischen Informationsversorgung mit praktischer Einführung, Ü- bungszeiten in den Datenbanken und die Nutzung von CD-ROMs sollten daher zu einem festen Bestandteil der wissenschaftlichen Ausbildung an den Hochschulen werden. Besondere Aufmerksamkeit ist auch der Weiterentwicklung didaktischen Materials für Lehrende und Lernende zu widmen. 185 Die Ergebnisse fanden damals, abgesehen von einigen wenigen engagierten Bibliothekaren und Hochschullehrern, keine Beachtung und verschwanden sehr schnell in der Schublade. 186 Mit einiger Sicherheit darf man davon ausgehen, dass auch die im Juni 2001 veröffentlichte SteFi-Studie weniger Beachtung gefunden hätte, wären nicht im Dezember des selben Jahres die Ergebnisse der im Auftrag der Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD) durchgeführten ländervergleichenden Schulstudie Programme forinternational Student Assessment (sog. PISA-Studie ) der Öfentlichkeit vorgestelt worden. Die Untersuchung zeigte einerseits die Schwächen des deutschen Bildungssystems auf den Gebieten Mathematik, Naturwissenschaft und Lesefähigkeit auf. Andererseits half sie aber auch, ein anderes Bildungsverständnis, im Sinne fächerübergreifender Kompetenzen ( Literacy ), sowie den Ansatz des selbstbestimmten Lernens zu entwickeln und einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen. 187 In gewisser Weise war PISA also ein Glücksfall für die Bibliotheken, da Bildung durch die Studie wieder zu einem Thema mit hoher Aufmerksamkeit geworden ist und für Institutionen die Möglichkeit besteht, sich in diesem Bereich zu profilieren und zu etablieren. 188 Als Konsequenz des schlechten Abschneidens deutscher Schüler bei der PISA-Studie verabschiedete die Kultusministerkonferenz der Länder 2003 und 2004 fächerbezogene Bil- 184 Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie wurde 1994 durch Zusammenlegung des Bundesministeriums für Bildung und Wissenschaft mit dem Bundesministerium für Forschung und Technologie gebildet und 1998 in Bundesministerium für Bildung und Forschung umbenannt. 185 Nutzung elektronischer Fachinformation in Hochschulen. Im Auftrag des Bundesministeriums für Forschung und Technologie. Kurzfassung, Frankfurt a. M. 1990, S. 15f. Zitiert in: LANKENAU 2002, S vgl. LANKENAU 2002, S vgl. LUX/SÜHL-STROHMENGER 2004, S vgl. HASIEWICZ 2005, S. 243 u. LUX/SÜHL-STROHMENGER 2004, S

59 4. Die Entwicklung in den USA und Deutschland dungsstandards für die Primarstufe sowie die Jahrgangsstufen 9 und mit bundesweiter Gültigkeit. Darin wird z.b. festgelegt, dass Schüler der 10. Klasse über einen umfangreichen Wortschatz verfügen, Informationen aus Lexika und Zeitungen sinnvoll nutzen sollen und ihre Referate frei vortragen können. PISA-Studie und SteFi-Studie zusammen genommen zeigen, dass Informationskompetenz nicht erst im Studium, sondern bereits in der Schule vermittelt werden muss. 190 Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die SteFi-Studie und die Empfehlungen des Wissenschaftsrates die Notwendigkeit der Vermittlung von Informationskompetenz anerkennen und Bibliotheken in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle, sowohl für die schulische als auch für die akademische Bildung, zugewiesen wird. Dieser Trend wurde durch die Ergebnisse der PISA-Studie wesentlich verstärkt und in die öffentliche Debatte transportiert. 4.3 Modelle zur Vermittlung von Informationskompetenz in den USA und Deutschland Mit der Evolution des Information-Literacy-Konzepts wurde in den USA die Notwendigkeit einer empirischen und widerspruchsfreien Fundierung erkannt, auf die alle weiteren Aktivitäten aufbauen können. Die ab Ende der 1980er Jahre entwickelten Modelle waren (und sind) sowohl für die inhaltliche als auch für die methodische Gestaltung bibliothekarischer Schulungskonzepte eine wertvolle Hilfe. Die beiden wichtigsten anglo-amerikanischen Modelle sind die Big6 Skils von EISENBERG und BERKOWITZ und der Information Searching Process (ISP) von KUHLTHAU. 191 Während das Dynamische Model der Informationskompetenz nach HOMANN auf den angloamerikanischen Modelen aufsetzt, ist das Konzept der Bibliothekspädagogik von SCHULTKA umfassender Big6 Skills von EISENBERG/BERKOWITZ Michael D. EISENBERG ist Direktor der Information School, einer bibliothekarischen Ausbildungseinrichtung an der University of Washington in Seattle, Robert E. BERKOWITZ ist Dozent an der School of Information Studies der Syracuse University. Das von ihnen entwickelte Modell ist das wahrscheinlich am weitesten verbreitete und ist geprägt durch die übersichtliche Untergliederung des Informationsprozesses in sechs Schritte, die zum (eingetragenen!) Markenzeichen dieses Ansatzes wurde. 189 vgl. Kultusministerkonferenz: < [Zugriff am ] 190 vgl. dazu auch Kapitel vgl. EISENBERG/LOWE/SPITZER 2004, S

60 4. Die Entwicklung in den USA und Deutschland 1. Task Definition Bestimmung des Informationsdefizits und der benötigten Informationen 2. Information Seeking Strategies Ermittlung aller in Frage kommender und Auswahl der inhaltlich hochwertigsten Informationsmittel 3. Location and Access Ermittlung der Zugangsmodalitäten einzelner Informationsmittel und Zugriff auf die Informationen 4. Use of Information inwertsetzen und exzerpieren der relevanten Informationen 5. Synthesis Zusammenstellung und Aufbereitung der in unterschiedlichen Quellen gefundenen Information 6. Evaluation Beurteilung des Endproduktes (der Effektivität) und des Suchprozesses (der Effizienz) Abbildung 4: Big6 Skills (Quelle: < [Zugriff am ]) EISENBERG und BERKOWITZ wollen ihr Modell sowohl als Prozess als auch als Menge grundlegender und für alle Bereiche des Lebens notweniger Fähigkeiten verstanden wissen. Wesentliches Ziel bei Schulungen, die auf diesem Modell beruhen, ist es, eine der Fragestellung angemessene Problemlösungsstrategie entwickeln und durchführen zu können. Die Big6 Skills sind dabei Fähigkeiten, die einzeln erlernt und geübt werden können. Der Durchlauf aller sechs Phasen in der vorgegeben linearen Reihenfolge ist also nicht zwingend notwendig, wird aber empfohlen. Big6 Skills möchte ein Bezugssystem für alle Stufen des Bildungssystems, vom Grundschüler bis zum Berufsanfänger, zur Behebung von Informationsdefiziten bieten. 192 Das Modell basiert auf empirischen Ergebnissen, die durch die Befragung von Probanden über ihre Suchstrategien gewonnen wurden sowie auf damit zusammenhängende Erfahrungen und Überlegungen. Dabei fanden die Forscher heraus, dass die Big6-Strategie oft intuitiv eingesetzt wird, ohne dass die Suchenden von dem Modell wissen. 193 Im Zentrum des Modells steht die Erfassung kognitiver Aspekte im Rahmen des Informationsprozesses, um operationalisierbare Ziele herausarbeiten und in die Schulungsplanung übernehmen zu können. Dazu gehört z.b. die Erfassung potenzieller Informationsquellen in Phase drei Der Information Searching Process (ISP) nach KUHLTHAU Carol C. KUHLTHAU hat bedeutende Pionierarbeit in der Erforschung der Zusammenhänge zwischen Bibliothek, Information Literacy und Lernerfolg in Schule bzw. Studium geleistet. Die Professorin für Bibliotheks- und Informationswissenschaft an der US-amerikanischen Rutgers University in New Brunswick (New Jersey) betont in ihrem 1987 erschienenen Buch Information Skils for an Information Society: A Review of Research vor alem die Bedeutung von Library Media Programs, durch die Information Literacy Eingang in die Lehrpläne erhalten soll, sowie von Informationstechnologie, die Zugang zu den Informationsressourcen verschaffen soll, die bedeutsam für schulisches Lernen sind vgl. Big6: < [Zugriff am ] u. OECHTERING 2005, S vgl. EISENBERG/LOWE/SPITZER 2004, S vgl. HOMANN 2001a, S vgl. EISENBERG/LOWE/SPITZER 2004, S. 18, 47 52

61 4. Die Entwicklung in den USA und Deutschland Zentrale Aussage ihrer durch eine Serie empirischer Studien zum Informations- Suchverhalten von Schülern und Studenten gewonnenen Ergebnisse: Information Literacy ist kein isoliertes Bündel von Fähigkeiten, sondern vielmehr eine Lernmethode ist. Im Rahmen ihrer Untersuchungen, in denen sie die Informationssuche in Bibliotheken aus der Benutzerperspektive untersuchte, erkannte KUHLTHAU wiederkehrende Erfahrungsmuster, die sie zur Grundlage der einzelnen Phasen ihres Modells machte. Phase Maßnahme Gefühle beim Informationssuchenden 1. Initiation Erkennen des Informationsbedarfs Unsicherheit, Besorgnis 2. Selection Bestimmung des Themengebietes kurzzeitiger Optimismus, Ängstlichkeit 3. Exploration Verschaffen eines Überblicks zu dem Konfusion, Unsicherheit, Zweifel Thema 4. Formulation Fokussierung des Themas auf Basis des abnehmende Unsicherheit, wachsende Zuversicht gewonnenen Überblicks 5. Collection Sammeln sachdienlicher Informationen weiter wachsende Zuversicht, abklingende Unsicherheit, Interesse für Details 6. Closure Beendigung des Suchprozesses; Verwertung der gefundenen Informationen Erleichterung, je nach Suchergebnis Befriedigung oder Enttäuschung Abbildung 5: Information Searching Process (nach KUHLTHAU 2004, S ) Im Mittelpunkt des sechsstufigen Modells steht die Bestimmung des Informationsbedarfs, der die ersten vier Phasen einnimmt. Die einzelnen Phasen sind dabei nicht als starre lineare, sondern als rekursive Abfolge zu verstehen, d.h. eine einzelne Phase oder auch der ganze Prozess sind wiederholbar. Damit erfasst ISP einen bedeutenden Aspekt realer Informationsprozesse. 196 Ein bedeutendes Merkmal des ISP-Modells ist die Berücksichtigung nicht nur kognitiver, sondern auch emotionaler Faktoren, die von hoher Bedeutung für die Ableitung von Vermittlungsstrategien sind. In jeder Phase dominieren bestimmte Gefühle wie Ungewissheit, Optimismus, Konfusion oder Zufriedenheit und es bestehen Wechselwirkungen zwischen dem Prozess der Informationssuche und den Gefühlen des Informationssuchenden. KUHLTHAU stellte fest, dass Benutzer von Bibliotheken oder Informationssystemen, die zu einem eng gefassten Thema recherchieren, insbesondere zu Beginn des Suchprozesses Schwierigkeiten haben. Gerade wenn die Informationssuche mit viel Elan begonnen wurde und sich ein Anfangserfolg einstellte, kommen oft nach kurzer Zeit Verwirrung und Unsicherheit auf. Dies ist insbesondere bei Schülern und Studenten zu beobachten, die ein vorgegebenes Thema für ein Referat oder eine Hausarbeit zu bearbeiten haben. Obwohl nicht feststellbar, ist nach Meinung von KUHLTHAU davon auszugehen, dass eine signifikante Anzahl von Informationssuchenden bald nach Beginn des Suchprozesses aufgibt, weil sie sich unsicher und nicht ausreichend kompetent fühlt. Für die bibliothekarische Arbeit bedeutet dies, bei Schulungen 196 vgl. HOMANN 2000b, S

62 4. Die Entwicklung in den USA und Deutschland und Auskünften stärker auf die Informationssuchenden einzugehen und auf emotionale Signale zu achten, die Unsicherheit oder Frustration ausdrücken. 197 KUHLTHAU führte Langzeitstudien über verschiedenen Stufen des US-amerikanischen Bildungssystems hinweg durch und bewies die Anwendbarkeit ihres Modells auf verschiedene Alters- und Lernstufen. 198 Durch die Rekursivität der Phasen und die Einbeziehung emotionaler Faktoren ist ISP im Vergleich zu den Big6 Skills erheblich komplexer Das Dynamische Modell der Informationskompetenz (DYMIK) nach HOMANN Das Dynamische Modell der Informationskompetenz (DYMIK) von Benno HOMANN, Fachreferent an der UB Heidelberg, baut auf den beiden anglo-amerikanischen Modellen der Information Literacy auf. 199 Auch HOMANN legt in seinem Modell zugrunde, dass rationale Handlungsalternativen bei Informationssuchenden zu Emotionen wie Unsicherheit oder Überforderung führen können. Dieses subjektive Problem lasse sich durch zusätzliche Informationen beseitigen. Dabei gliedert sich das Modell in fünf Phasen, wobei in jeder Phase bestimmte Fähigkeiten oder Kenntnisse benötigt werden. 200 Phase Aufgabe Benötigte Fähigkeiten 1. Informationsbedarf Festlegung inhaltlicher Anforderungen und Rahmenbedingungen (z.b. Begriffspräzisierung, zeitliche oder finanzielle Grenzen) Kognitive und sozialkommunikative Fähigkeiten, Brainstorming, Mind-Mapping 2. Informationsquellen Ermittlung potenzieller Informationsanbieter und Informationstypen Kenntnisse über die Informationsund Medientypen der Bibliothek 3. Informationszugang Zugriff auf die einzelnen Informationen Technische Kenntnisse, Fähigkeiten im Umgang mit Suchinstrumenten 4. Informationserfassung Inhaltliche Erschließung und Bearbeitung einer gefundenen Information 5. Informationsbewertung Evaluation der Ergebnisse in Bezug auf formulierten Informationsbedarf und Ziele Abbildung 6: DYMIK (nach HOMANN 2000b, S u. 2001a, S ) Methodische Fähigkeiten, wie Textanalyse, Textbearbeitung; Handhabung von Software Um der Dynamik von Informationsprozessen Ausdruck zu verleihen, ordnet HOMANN die einzelnen Phasen in einem Schaubild (s. Abb. 7) zirkular an ( Informationszirkel ). Die gestrichelten Pfeile sollen dabei die rekursiven Beziehungen zwischen den einzelnen Phasen verdeutlichen. Oft, so HOMANN, führe der Informationsprozess nicht sofort zu einem eindeutigen Ergebnis, vielmehr machten auftretende Probleme die Wiederholung vorangegangener Phasen notwendig, z.b. wenn in Phase 2 festgestellt wird, dass das Thema und die relevan- 197 vgl. KUHLTHAU 2004, S vgl. KUHLTHAU 2004, S vgl. HOMANN 2000b, S u. 2001a, S vgl. HOMANN 2001a, S

63 4. Die Entwicklung in den USA und Deutschland ten Begriffe noch nicht eindeutig geklärt sind oder wenn in Phase 3 festgestellt wird, dass die konsultierten Informationsquellen nicht ausreichend Ergebnisse liefern. 201 Themen Begriffe Relevanz Zeit Strategie Info-Bedarf Institutionen Ergebnis Info Bewertung Problem Handeln Ratio Emotio Info Quellen Info-Typen Bearbeitung Inhaltl. Erfassung Info Nutzung Info Zugang Zugangsmodus Nutzungsmodus Abbildung 7: Informationszirkel im DYMIK nach HOMANN (Quelle: HOMANN 2001a, S. 556) An der UB Heidelberg wird DYMIK zum einen eingesetzt, um sich durch einen Perspektivwechsel über den tatsächlichen Informationsbedarf der Schulungsteilnehmer klar zu werden. Es wird nicht mehr das vermittelt, was der Bibliothekar für notwendig hält, sondern dass, was der Informationssuchende zum Erreichen eines bestimmten Ziels benötigt. Auch hinsichtlich des Inhalts bietet DYMIK die Möglichkeit zur Differenzierung. So werden von der UB Heidelberg vordringlich die Phasen Informationsquelen und Informationszugang innerhalb eigener Kurse abgedeckt, während die anderen Inhalte der weiteren Phasen durch andere Institutionen wie Rechenzentrum oder Fakultät geschult werden. Für die Strukturierung einer solchen Kooperation zwischen verschiedenen Einrichtungen wird das Modell ebenfalls in Heidelberg eingesetzt. 202 HOMANN sowie OECHTERING sehen Unterschiede von DYMIK zu den angloamerikanischen Modelen in der Betonung des dynamischen Aspektes, durch die Fokussierung des individuelen Handelns mit seinen emotionalen und rationalen Komponenten, in der Benutzung deutschsprachiger Termini 203 sowie in der Rekursivität der einzelnen Pha- 201 vgl. HOMANN 2000b, S. 203 u. 2001a, S vgl. HOMANN 2000b, S u. 2001a, S HOMANN 2001b, S. 6 55

64 4. Die Entwicklung in den USA und Deutschland sen. 204 Die Betonung der Individualität von Informationsprozessen, die Rekursivität der Prozessphasen und die Einbeziehung emotionaler Komponenten werden jedoch schon bei KUHLTHAUs 13 Jahre früher publizierten Information Searching Process berücksichtigt. Sicherlich hat HOMANN aber durch DYMIK auf die Notwendigkeit einer theoretischen Fundierung bei Konzepten zur Vermittlung von Informationskompetenz hingewiesen und durch die vorgenommene Visualisierung die Komplexität von Informationsprozessen auf ein überschaubares Maß reduziert, so dass es möglich wird, das Modell als didaktisches und methodisches Instrument einzusetzen. Durch die skizzierte Struktur bietet sich DYMIK gut für die Modularisierung eines Gesamtkonzeptes zur Vermittlung von Informationskompetenz an Standards zur Vermittlung der Informationskompetenz Im Rahmen der Überarbeitung der nationalen Richtlinien für School Media Programs wurden 1998 in den USA die Information Literacy Standards for Student Learning von der American Association of School Librarians (AASL) und der Association of Educational Communications and Technology (AECT) entwickelt. Die drei Kategorien Information Literacy, Selbstbestimmtes Lernen und Soziale Verantwortung gliedern sich in jeweils drei Standards und insgesamt 29 Indikatoren. Dabei sind die Kategorien als Themengebiete, die Standards als Lernziele und die Indikatoren als praktische Umsetzung der Lernziele zu verstehen. 205 Im Hochschulbereich sind die im Jahr 2000 von der Association of College and Research Libraries (ACRL) veröfentlichten Information Literacy Competency Standards for Higher Education Ausgangspunkt für die Arbeit der einzelnen Universitäten, Coleges sowie weiterer Einrichtungen der Higher Education in den USA. Ihr Ziel ist die Implementierung von Konzepten der Information Literacy in die Curricula von Hochschulen, wobei die Standards als Empfehlungen zu verstehen sind, die an die Rahmenbedingungen der jeweiligen Hochschule und des Studienfaches anzupassen sind. Die Information Literacy Standards for Higher Education knüpfen bewusst an die Information Literacy Standards for Student Learning an, damit eine kontinuierliche Entwicklung von Information Literacy auf allen Ebenen des Bildungssystems erfolgt. Ferner basieren die Standards der ACRL, obwohl sie sich, verglichen mit dem Information Power-Programm, an Studierende und somit an eine ältere Zielgruppe mit anderen Informationsbedürfnissen richten, doch auf denselben Prinzipien OECHTERING 2005, S AASL In pädagogischer Hinsicht orientieren sich die Standards an Undergraduates, also an Studierenden vor dem ersten Abschluss (nach klassischem deutschen Studienmodell vergleichbar mit Studierenden im Grundstudium). Vgl. ACRL 2000, S

65 4. Die Entwicklung in den USA und Deutschland Ebenfals von der ACRL entwickelt wurde die 2001 veröfentlichte Dokumentation Objectives for Information Literacy Instruction: A Model Statement. Das Dokument unterstreicht die Bedeutung von Information Literacy, nicht nur für Hochschulbibliotheken, sondern für den ganzen Hochschulbereich, und bietet Lehrenden Handlungsempfehlungen für individuelle Lernziele in unterschiedlichen Lernumgebungen. Die Objectives for Information Literacy Instruction und die Information Literacy Standards for Higher Education bieten Wissenschaftlichen Bibliotheken einen konkreten Handlungsrahmen für Maßnahmen zur Vermittlung von Information Literacy sowie Grundlagen für die Zusammenarbeit mit den Fakultäten bzw. Fachbereichen der Hochschule. Die beiden Papiere haben maßgeblich zur Standardisierung von Information Literacy im US-amerikanischen Hochschulbereich beigetragen. 207 Benno HOMANN hat die amerikanischen Standards der ACRL 2002 ins Deutsche übertragen 208 und damit die Debatte über die Notwendigkeit von Modellen und Standards als Grundlage für die Vermittlung von Informationskompetenz an Hochschulen hier zu Lande angeregt. Die fünf Standards sind in HOMANNs Übersetzung nachfolgend wiedergegeben: Der informationskompetente Student 1. bestimmt Art und Umfang der benötigten Informationen, 2. verschafft sich effizienten und effektiven Zugang zu den benötigten Informationen, 3. evaluiert Informationen und seine Quellen kritisch und integriert die ausgewählten Informationen in sein Wissen und sein Wertsystem, 4. nützt Informationen effektiv sowohl als Individuum als auch als Gruppenmitglied, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen, 5. versteht viele der ökonomischen, rechtlichen und sozialen Streitfragen, die mit der Nutzung von Informationen zusammenhängen und er hat Zugang und nutzt die Informationen in einer ethischen und legalen Weise. 209 Die fünf Einzelstandards gliedern sich in jeweils drei bis sieben Leistungsindikatoren, die wiederum anhand von Einzelmaßnahmen für die praktische Durchführung bewertet werden können. So sol der Leistungsindikator 2.2 der informationskompetente Student konstruiert und implementiert efektiv gestaltete Suchstrategien u.a. mit der Maßnahme b) identifiziert Stichworte, Synonyme und verwandte Begrife zu der benötigten Information oder das Lernziel 3.1 der informationskompetente Student erfasst aus den gesammelten Informationen 207 vgl. EISENBERG/LOWE/SPITZER 2004, S HOMANN 2002a 209 HOMANN 2002a, S

66 4. Die Entwicklung in den USA und Deutschland die Haupthesen u.a. mit der Maßnahme b) formuliert den Textinhalt mit eigenen Worten und wählt die passenden Daten aus ereicht werden. 210 Anknüpfend an HOMANNs Übersetzung der ACRL-Standards und als Orientierungs- und Planungshilfe für Hochschulbibliotheken hat die nordrhein-westfälische AG Informationskompetenz im Rahmen eines Workshops einen Katalog von Anforderungen erarbeitet, die an Veranstaltungen zur Vermittlung von Informationskompetenz zu stellen sind. In diesem Papier werden Empfehlungen bezüglich des Gesamtschulungskonzepts der Bibliothek, Kenntnissen und Verhalten des Dozenten, Anforderungen an Räumlichkeiten und Infrastruktur sowie zu Vorbereitung und Marketing der Veranstaltungen getroffen. 212 SCHNEIDER fordert in diesem Zusammenhang, dass ähnliche Lernziele, wie sie die ACRL- Standards für Studierende definieren, in Deutschland auch für Schüler unterschiedlicher Jahrgangsstufen formuliert werden sollten, um dem alters- und bedürfnisgerechten Informationsverhalten gerecht werden zu können. Die Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz seien nur als erster Schritt in die richtige Richtung zu werten Das Konzept der Bibliothekspädagogik nach SCHULTKA Weit umfassender als die bisher vorgestellten Konzepte sind die Überlegungen von Holger SCHULTKA, Bibliothekar an der Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt/Gotha, die auf die Idee einer Bibliothekspädagogik abzielen. Dabei ist die Bibliothekspädagogik weniger ein Modell, dessen einzelne theoretische Schritte in die Praxis umgesetzt werden sollen, sondern ein umfassendes pädagogisches Konzept für das edukative Vorgehen in Bibliotheken. 214 SCHULTKA sieht die Bibliothekspädagogik als Professionalisierung der herkömmlichen Benutzerschulung, unter der die unterschiedlichen Bildungsaktivitäten einer Bibliothek zusammengefasst werden können. Vorbild sind dabei Theater und Museen, die ihre pädagogischen Bemühungen seit den 1960er Jahren weiterentwickelt und professionalisiert haben. Museums- und Theaterpädagogen stimulieren Lernaktivitäten, bereiten Veranstaltungen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene vor und führen diese durch. Hier, an der Schnittstelle von Kultur und Bildung, sieht SCHULTKA auch die Bibliotheken angesiedelt, die neben Museums- und Theaterpädagogik zur driten Säule werden solen. 210 HOMANN 2002a, S. 631 u Eine eingehendere Auseinandersetzung mit den Aufgaben und Tätigkeiten der AG Informationskompetenz folgt in Kapitel NILGES/REESSING-FIDORRA/VOGT vgl. SCHNEIDER 2005, S vgl. SCHULTKA 2002, S

67 4. Die Entwicklung in den USA und Deutschland Im Bildungsbereich sollen Bibliotheken die primären Bildungsträger Schule und Hochschule mit ihren Lehrangeboten ergänzen und sich an der Ausbildung von Lese-, Schreib- Medienund Informationskompetenz beteiligen. Dies stellt einen deutlichen Unterschied zu den bisher vorgestellten Modellen dar, bei denen es vordringlich um die Vermittlung von Informationskompetenz geht. 215 Die Aufgaben einer Bibliothekspädagogik sind sehr umfassend und reichen von der Erarbeitung von Lehr- und Lernmaterialien über die Organisation von Events in der Bibliothek oder der Vorstellung der Buchberufe bis hin zur Einführung in die Benutzung der Bibliothek oder Angeboten zur Lernunterstützung. 216 In den bisher vorgestellten Modellen standen Schüler und vor allem Studierende als Zielgruppen bibliothekarischer Lehraktivitäten im Fokus und die potenziellen Institutionen für diese Aktivitäten waren in erster Linie Hochschulbibliotheken. SCHULTKA möchte alle Bibliothekstypen in die bibliothekspädagogische Arbeit eingebunden sehen und alle relevanten Zielgruppen (Schüler, Auszubildende, Studierende, Arbeitende, Senioren und weitere speziele Soziogruppen ) mit den Angeboten ansprechen. Da dieses Ziel das Leistungsvermögen einzelner Einrichtungen übersteigt, regt SCHULTKA vor allem Kooperationen mit anderen Bibliotheken sowie anderen Bildungsträgern wie Elternhaus, Kindergarten, Schule, Hochschule oder Volkshochschule an. Ferner soll jede Bibliothek aus den sechs Richtungen Fortbildung (zertifiziert), Untericht (für Schüler und Auszubildende), Lehrveranstaltungen (für Studierende), Edutainment (Lernen in der Freizeit), Selbst-Lernen und Erleben einen Entwicklungsschwerpunkt für die eigene edukative Arbeit auswählen. Bibliothekspädagogik agiert grenzüberschreitend und enthält, je nach Erfordernis, sowohl Elemente der Pädagogik des Kindes sowie der Erwachsenenpädagogik. Sie versucht, sowohl die realen öffentlichen Bibliotheksräume als auch die virtuellen, also das Internetangebot der Bibliothek, unter dem Aspekt des Lernens zu gestalten. 217 Das pädagogische Angebot wird als zentraler Bestandteil der bibliothekarischen Dienstleistungen betrachtet, der nicht nebenbei, sondern hauptsächlich und von speziell ausgebildetem Personal erledigt wird. 218 Dem Leitbild der Bibliothekspädagogik verbunden fühlen sich die innerhalb der thüringischen AG Benutzerschulung kooperierenden Bibliotheken. 219 SCHULTKA wendet sich gegen den Begrif Schulung, weil er darin das klassische Rolenbild Lehrer Schüler erkennt, dass bei Teilnehmern unangenehme Erinnerungen hervorrufe. 220 An anderer Stelle äußert er sein Erstaunen darüber, dass der Begrif Bibliothekspäda- 215 vgl. SCHULTKA 2002, S u. 2005, S vgl. SCHULTKA 2002, S vgl. SCHULTKA 2002, S. 1498, 1505 u. 2005, S vgl. AG Benutzerschulung Thüringen 2003, S vgl. hierzu auch Kapitel vgl. SCHULTKA 2002, S

68 4. Die Entwicklung in den USA und Deutschland gogik bisher kaum Anwendung finde. 221 Letzteres liegt sicherlich einerseits an dem Umfang der Konzeption, der von den Bibliotheken viel Koordinierungsaufwand mit anderen Institutionen, umfangreiche Kenntnisse bzw. Schulungen des eigenen Personals sowie erhebliche Ressourcen erfordert. Dass der Begriff Assoziationen an die Idee der Volkspädagogik weckt, in der der Bibliothekar als Volksbildner die Leser bevormundetet und nur mit guten Büchern versorgt, erleichtert andererseits nicht unbedingt die Akzeptanz und Verbreitung dieses Konzeptes. Die Schwäche von SCHULTKAs Bibliothekspädagogik wird v.a. darin gesehen, dass dem Bibliothekar bei Schüler- oder Studierendenseminaren nur eine propädeutische Rolle zukommt und der Lernort Bibliothek somit zu einem austauschbaren institutionellem Behälter wird Zur Bedeutung der Modelle Ein Modell der Informationskompetenz ist von zentraler Bedeutung für die Entwicklung einer Gesamtkonzeption zur Vermittlung von Informationskompetenz und bildet nicht nur die Grundlage für eine systematische wissenschaftliche Analyse, sondern dient auch der Ermittlung von Zielen, Inhalten und Methoden einer Teaching Library. 223 Die Modelle Big6 Skills, ISP und DYMIK gehen alle davon aus, dass Informationskompetenz nicht durch singuläre Ereignisse erreicht wird, sondern durch miteinander in Verbindung stehende Vorgänge, die die Art und Weise beinhalten, wie man Informationen wahrnimmt und einsetzt. 224 Die drei Modelle zerlegen die Informationssuche in einzelne Schritte und machen den Prozess so für Lehrende und Lernende gleichermaßen nachvollziehbar und verständlich. Der Lernende rückt bei den Modellen in den Mittelpunkt, die so die Grundlage für subjektorientierte Kurse bilden, die sich von den objektorientierten Benutzerschulungen klassischer Prägung, in denen oft einzelne Informationsmittel im Mittelpunkt stehen, deutlich unterscheiden. Dabei nutzen die Bibliotheken die Phasenfolge der Modelle bisher primär zur Konzeption eines Gesamtangebots an Kursen und weniger zur Gliederung und Gestaltung einzelner Seminare. OECHTERING führt aus, dass eine Modularisierung sowohl nach Lernobjekten (OPAC, Datenbanken, Literaturverwaltung) oder Zielgruppen (z.b. Erstsemester, Examenskandidaten, Tutoren) als auch nach Kompetenzen möglich ist. Insbesondere die Modularisierung nach Kompetenzen bzw. prozesshafte Modularisierung, in deren Rahmen Studierende z.b. den Umgang mit einer Literaturdatenbank anhand eines realen, individuellen Informationsbedürfnisses üben können, wird durch die Modelle nachhaltig unterstützt, da 221 vgl. SCHULTKA 2002, S vgl. JOCHUM 2003b, S vgl. HOMANN 2000a, S vgl. EISENBERG/LOWE/SPITZER 2004, S

69 4. Die Entwicklung in den USA und Deutschland Lernende und Lehrende jederzeit die jeweilige Position im Informationsprozess bestimmen können. 225 Obwohl die Information Literacy Competency Standards for Higher Education nicht prozessorientiert angelegt sind, ähneln sie doch den Phasen von Big6 Skills, was nicht weiter verwunderlich ist, wenn man weiß, dass Michael D. EISENBERG an der Entwicklung beider Konstrukte wesentlich beteiligt war. 226 Diese Standards lassen sich als Rahmen für das Gesamtkonzept einer Teaching Library betrachten, das von jeder Hochschule individuell und zielgruppenorientiert entwickelt werden sollte. Die von Holger SCHULTKA vertretene Richtung der Bibliothekspädagogik stellt die edukative Arbeit von Bibliotheken in einen übergreifenden Kontext und sieht Bibliotheken aller Sparten als Akteure in Kultur und Bildung, die mit etablierten Institutionen zusammenarbeiten und deren Arbeit ergänzen. 4.4 Die USA und Deutschland im Vergleich Bereits die erste Phase in den siebziger Jahren, in der die Benutzerschulung stärker in den Vordergrund bibliothekarischen Interesses in Deutschland rückte, war durch entsprechende Aktivitäten und Publikationen aus dem angloamerikanischen Bibliothekswesen mitbeeinflusst. 227 In der DFG-finanzierten Grundlagenuntersuchung von 1980 werden bei den Benutzerschulungsprogrammen mit Vorbildcharakter wiederum Beispiele aus den USA genannt 228 und auch in den neueren deutschen Fachpublikationen werden immer wieder USamerikanische Beispiele angeführt. 229 Welche Faktoren aber sind für die deutlich günstigere Entwicklung in den Vereinigten Staaten verantwortlich? Auf Basis der bisherigen Gegenüberstellung in diesem Kapitel und einiger zusätzlich berücksichtigter Rahmenbedingungen werden die Gründe für die Unterschiede im Folgenden herausgearbeitet. Politisches System Sowohl Deutschland als auch die USA sind Föderalstaaten, in denen die Bundesländer bzw. Bundesstaaten die Bildungs- und Kulturpolitik ausgestalten und damit wesentlich für die Entwicklung v.a. des Hochschulbibliothekswesens verantwortlich sind. Beide Länder haben kein nationales Bibliotheksgesetz, das den Unterhalt von Bibliotheken als Pflichtaufgabe für Gliedstaaten bzw. Kommunen festschreibt. Trotzdem gibt es Unterschiede: In den USA hat der Gesamtstaat im Rahmen mehrerer nationaler Pläne die politische Notwendigkeit betont, 225 vgl. HOMANN 2001b, S. 4 u. OECHTERING 2005, S vgl. ACRL 2000, S vgl. LUX/SÜHL-STROHMENGER 2004, S vgl. SAUPPE/MÜLLER/WESTERMANN 1980, S. 17, 44-45, So z.b. bei LAZARUS 2002, LUX/SÜHL-STROHMENGER 2004 oder SÜHL-STROHMENGER

70 4. Die Entwicklung in den USA und Deutschland das Bibliothekswesen zentral zu koordinieren. 230 Darüber hinaus existiert mit der National Commission on Libraries and Information Science (NCLIS) in Washington DC eine unabhängige Einrichtung zur Beratung von Exekutive und Legislative bei der nationalen Bibliotheksund Informationspolitik, deren Direktorium der Direktor der Library of Congress und 14 weitere Mitglieder bilden. 231 Das politische System der USA ermöglicht also die Einflussnahme des Gesamtstaates auf das ganze öffentlich finanzierte Bibliothekswesen, während dies in Deutschland, bis auf wenige Ausnahmen, im Verantwortungsbereich der Bundesländer und Kommunen liegt. Die flächenhafte Durchsetzung von Standards trifft damit in den Vereinigten Staaten auf wesentlich günstigere politische Rahmenbedingungen. Staatliche Förderprogramme Durch die Entwicklung der Geselschaft zu einer Learning Society einerseits und der wachsenden Bildungskluft andererseits, stehen Bildung und Erziehung derzeit in den USA stark im nationalen Fokus des Interesses. Im Jahr 2002 erließ Präsident Bush mit dem No Child Left Behind Act ein vor alem auf die Bildungs- und Lernförderung abzielendes Gesetz, das den Schulen eine größere Verantwortung bei der Verbesserung der Schülerleistungen überträgt und ihnen dafür Bundesmittel zur Verfügung stellt. 232 Das amerikanische Bildungsministerium stärkt im Rahmen seines Programms Improving Literacy through School Libraries (LSL) die Rolle von Schulbibliotheken und stellte zur Förderung von Lese- und Informationskompetenz an Schulen für das Jahr 2005 ein Finanzvolumen von 19,5 Mio. US$ zur Verfügung. 233 Derartige staatliche Programme gibt es in Deutschland bisher nicht. Initiativen wie Schulen ans Netz oder Notebook-University widmen sich rein der Förderung der technischen Informationsinfrastruktur. Vermittlung von Informationskompetenz in der Schule In den USA wurde frühzeitig erkannt, dass die Grundlage für Informationskompetenz bereits in der Schule und nicht erst in der Berufsausbildung oder Hochschule gelegt werden muss. So wurde mit Information Power: Guidelines for School Library Media Programs 1988 ein Leitfaden vorgestellt, dessen oberstes Ziel die effektive Nutzung von Informationen für Schüler und Lehrer ist. Schulbibliothekaren kommt hierbei als School Library Media Specialists eine Schlüsselrolle als Lehrer, Lehrpartner, Informationsspezialist und Unterrichtsgestalter zu. Auch wenn es inzwischen hoffnungsvolle Ansätze gibt, wird die Vermittlung von Informa- 230 So durch den National Plan for Libraries von 1935, den National Plan for Public Library Service von 1948 und seine Forschreibung A Planning Process for Public Libraries aus dem Jahr vgl. SIMON 1988, S vgl. Wikipedia: < [Zugriff am ] 233 vgl. U.S. Department of Education: < [Zugriff am ] 62

71 4. Die Entwicklung in den USA und Deutschland tionskompetenz in deutschen Schulen sowie der Auf- und Ausbau von Schulbibliotheken bisher zu wenig gefördert. 234 Formulierung von Standards Die Information Literacy Standards for Student Learning und die Information Literacy Standards for Higher Education bieten Schulen und Institutionen der höheren Bildung in den USA einen Handlungsrahmen, der landesweit Anwendung findet. Solche Standards fehlen in Deutschland bisher. Dieses Defizit wird in den Maßnahmenvorschlägen der SteFi-Studie explizit benannt. 235 Die Übersetzung der Information Literacy Standards for Higher Education durch Benno HOMANN hat zwar die Debatte in Deutschland angeregt, eine vollständige Ü- bernahme der angloamerikanischen Standards kommt aber wegen der unterschiedlichen Rahmenbedingungen des Hochschulstudiums nicht in Betracht. Im Hinblick auf die Harmonisierung der Studiengänge im Rahmen des Bologna-Prozesses sollten die Standardisierungsbemühungen auch nicht auf Deutschland beschränkt bleiben, sondern auf den EU- Raum bezogen werden. 236 Implementierung von Modellen Grundlage für die o.g. Standards bilden die Modelle Information Searching Process von KUHLTHAU und Big6 Skills von EISENBERG und BERKOWITZ, die wiederum auf empirischen Erhebungen beruhen. Originär deutsche Modelle, die als Grundlage für die Praxis der Vermittlung von Informationskompetenz dienen können, gibt es bisher nicht. Das DYMIK von HOMANN beruht im Wesentlichen auf den beiden amerikanischen Modellen und SCHULT- KAs Bibliothekspädagogik geht einen anderen Weg. Einrichtung einer zentralen Clearingstelle Das Institute for Information Literacy (ILL) der Association of College and Research Libraries fungiert als zentrale Clearingstelle für Information-Literacy-Bemühungen an Hochschulen in den USA. Das IIL soll Einzelpersonen und Institutionen dabei unterstützen, Information Literacy in das gesamte Spektrum der Ausbildung zu integrieren und widmet sich vor allem der Weiterbildung für Bibliothekare in diesem Bereich. Eine solche Institution existiert in Deutschland bisher nicht. Das Deutsche Bibliotheksinstitut (DBI) in Berlin, das eine solche Aufgabe 234 Positive Ansätze in Deutschland sind z.b. die Initiative Bildungspartner NRW, die die Zusammenarbeit von Schulen und öffentlichen Bibliotheken, unter Einbeziehung von Schulbibliotheken und kommunalen Medienzentren, fördern will (s. < [Zugrif am ]) oder das Internetangebot Leseforum Bayern Leseförderung und Schulbibliotheken des Bayerischen Staatsministerium für Untericht und Kultus, das u.a. Informationen zu Aufbau, Betrieb und Kooperation von Schulbibliotheken bereit hält (s. < [Zugriff am ]). 235 KLATT 2001, S vgl. LUX/SÜHL-STROHMENGER 2004, S

72 4. Die Entwicklung in den USA und Deutschland hätte übernehmen können und bei dem Anfang der achtziger Jahre eine überregionale Clearingstelle für Benutzerschulung eingerichtet werden sollte 237, wurde 1999 abgewickelt. Kooperation mit anderen Berufssparten In den USA wurden schon früh andere Berufsgruppen in die konzeptionelle Entwicklung von Information Literacy einbezogen. Die American Association of School Librarians erarbeitete 1988 Information Power zusammen mit der Association für Educational Communications and Technology und bereits bei der Gründungsveranstaltung des National Forum on Information Literacy 1989 waren Institutionen aus dem Bereich Bildung und Erziehung dabei. Demgegenüber ist Zusammenarbeit vor allem mit der Hochschuldidaktik in Deutschland noch schwach ausgeprägt. Anregend könnte sich darüber hinaus in diesem Zusammenhang die Zusammenarbeit mit Schulen und anderen lokalen Bildungseinrichtungen erweisen. 238 Information Literacy als Akkreditierungskriterium Akkreditierungsagenturen haben in den letzten Jahren in den USA durch die Aufnahme von Information Literacy als Positivkriterium für die Evaluation von Bildungseinrichtungen dazu beigetragen, die Bedeutung des Konzepts innerhalb der Hochschulbildung zu erhöhen. Dabei bieten Agenturen wie die Middle States Commission on Higher Education oder die Western Association of Schools and Colleges (WASC) auch ihre Hilfe für der Implementierung von Programmen zur Vermittlung von Information Literacy in die Lehrpläne an. 239 In Deutschland ist Informationskompetenz kein Kriterium für die Akkreditierung der neuen Bachelor- und Masterstudiengänge. Die Kultusministerkonferenz hat zwar für die Bachelor- Studiengänge berufsfeldbezogene Qualifikationen als verpflichtende Inhalte festgelegt, die Interpretation und Ausgestaltung des Begriffs bleibt aber den einzelnen Hochschulen überlassen. Der für die Akkreditierung von Akkreditierungsagenturen zuständige Akkreditierungsrat führt nicht einmal die berufsfeldbezogenen Qualifikationen als Mindestkriterium für die konsekutiven Studiengänge auf und spricht nur von Berufsbefähigung im Algemeinen, die erreicht werden soll. 240 Position der Bibliotheken innerhalb der Hochschulen Die aktive Beteiligung der Bibliotheken an der Hochschulausbildung hat insbesondere im angelsächsischen Raum bereits eine längere Tradition. 241 So müssen in den USA Lernende im Laufe ihrer Schul- und Hochschullaufbahn drei bis vier Seminare der jeweiligen Bibliothek 237 vgl. SAUPPE/MÜLLER/WESTERMANN 1980, S vgl. LUX/SÜHL-STROHMENGER 2004, S vgl. EISENBERG/LOWE/SPITZER 2004, S vgl. [Zugriff am ] 241 vgl. SCHOLLE 2005, S

73 4. Die Entwicklung in den USA und Deutschland besucht haben. 242 Dem Ziel einer nahtlosen Lernkultur,also einem engen Zusammenwirken von Bibliothek, Lehrpersonal und Studierenden auf dem Campus, wie SÜHL- STROHMENGER es beschreibt, sind die Hochschulen in den USA auch deshalb schon weit näher, weil die Bibliotheken dort die Mitte des Campus bilden. 243 Zudem müssen in Deutschland Bibliotheken vielfach erst Kooperationen mit in der Vergangenheit oft isoliert voneinander agierenden Einrichtungen der Hochschulen initiieren oder ganz neue Organisationsformen eingehen, um Informationskompetenz im Sinne einer Teaching Library vermitteln zu können. Zusammenfassung HOMANN konstatierte im Jahr 2000 einen Entwicklungsrückstand im Vergleich zu den anglo-amerikanischen Bibliotheken von etwa einem Jahrzehnt. 244 Nach den hier gezogenen Vergleichen lässt sich nur schwerlich der Eindruck gewinnen, dass sich dieser Rückstand deutlich verringert hat. Vor allem die besseren Rahmenbedingungen wie z.b. die zentralen staatlichen Förderprogramme oder die bessere Aufstellung und Vernetzung von Bibliotheken und Bibliothekaren sind Gründe für die günstigere Entwicklung in den USA. In den USA gibt es zwar durchaus auch kritische Stimmen wie OWUSU-ANSAH, der beklagt, wie schlecht auch Bibliothekare in den USA in didaktischer Hinsicht darauf vorbereitet sind, als Lehrende aktiv zu werden 245, insgesamt aber liefert die folgende Aussage eine realistische Einschätzung der Lage in den Vereinigten Staaten: Higher Education institutions are wel on their way to including information literacy competencies as a graduation requirement, while academic librarians and faculty members work together to make this a reality. 246 Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass in Deutschland viel Zeit mit der Diskussion verloren wurde, ob in Bibliotheken gelehrt werden soll und erst in den letzten Jahren erste Schritte in diese Richtung unternommen wurden, während im angelsächsischen Raum und in Skandinavien kein Zweifel darüber bestand, dass Bibliothekare Lehraufgaben übernehmen solen und bereits über das Wie gesprochen wurde. Die zeitlich unterschiedliche Entwicklung des Themas Informationskompetenz bzw. Information Literacy in Deutschland und den USA lässt sich wiederum anhand der Ergebnisse eines 242 vgl. DANNENBERG 2000, S vgl. SÜHL-STROHMENGER 2003, S HOMANN 2000a, S vgl. OWUSU-ANSAH 2005, S EISENBERG/LOWE/SPITZER 2004, S

74 4. Die Entwicklung in den USA und Deutschland Datenbank-Retrievals in INFODATA veranschaulichen. 247 Abb. 8 veranschaulicht, dass die erste englischsprachige Publikation zum Thema Information Literacy in der Datenbank bereits für das Jahr 1974 nachgewiesen ist. Es ist der in Kapitel 4.1 bereits erwähnte Pinonier-Text von ZURKOWSKI. Das Thema wird in den folgenden Jahren in der angelsächsischen Fachwelt immer wieder in einzelnen Beiträgen aufgegriffen und hat eine erste kleine Spitze im Jahr 1986, als in den USA der Carnegie Foundation Report on Colleges veröffentlicht wird. Die Anzahl der in INFODATA erfassten einschlägigen Dokumente pendelt auf niedrigem Niveau, um dann 1996 in die Höhe zu schnellen und 1997, dem Jahr der Gründung des Institute for Information Literacy, eine zweite, schon deutlichere Spitze aufzuweisen. Von 2000, als die Information Literacy Standards for Higher E- ducation verabschiedet werden, bis 2001 verdoppelt sich die Anzahl der englischsprachigen Veröffentlichungen nahezu, um dann wieder um ein Drittel zurückzugehen. Die sprunghaft angestiegene Bedeutung des Themas für die Fachwelt in Deutschland wird durch die Tatsache belegt, dass der Anstieg der Treffermenge für die deutschsprachigen Dokumente steiler und der erreichte Spitzenwert höher ausfällt, als bei den englischsprachigen (46 in 2005 zu 27 in 2001). In den fünf Jahren von 2001 bis 2005 erscheint zwar auch in der angelsächsischen Fachpresse mit 98 Beiträgen eine hohe Anzahl; dies ist jedoch nur gut die Hälfte aller 170 in INFODATA erfassten englischsprachigen Publikationen. In Deutschland erscheinen im selben Zeitraum mehr als 95 % aller Beiträge zum Thema Informationskompetenz Information Literacy OR Informationskompetenz ; Sprache: DE Information Literacy ; Sprache: EN Abbildung 8: In der Datenbank INFODATA am erfasste deutsch- und englischsprachige Publikationen zum Thema "Informationskompetenz" / "Information Literacy" im chronologischen Vergleich 247 Alle-Felder-Suche, Suchstring: Information Literacy, Sprache: Englisch. Suchstring und Ergebnisse für die deutschsprachigen Publikationen zum Thema sind dieselben, wie in Abb

75 4. Die Entwicklung in den USA und Deutschland Die Ergebnisse dieser Datenbank-Analyse zeigen deutlich die starke Betriebsamkeit, die nach den verschiedenen offiziellen Verlautbarungen zum Thema allen voran die SteFi- Studie in Deutschland ausgebrochen ist. Viele Veröffentlichungen sind allerdings, wie in der Einführung dieser Arbeit bereits erwähnt, reine Wasserstandsmeldungen aus einzelnen Bibliotheken. Im anschließenden Kapitel soll analysiert werden, wo die Vor- und Nachteile, die Risiken und vor allem auch die Chancen für Bibliotheken liegen, Veranstaltungen zur Vermittlung von Informationskompetenz in ihr Dienstleistungsportfolio aufzunehmen und beständig weiterzuentwickeln. 67

76 5. Vermittlung von Informationskompetenz als Aufgabenfeld für Hochschulbibliotheken in Deutschland: Eine branchenbezogene Potenzialanalyse 5. Vermittlung von Informationskompetenz als Aufgabenfeld für Hochschulbibliotheken in Deutschland: Eine branchenbezogene Potenzialanalyse 5.1 Die SWOT-Analyse als Werkzeug Die SWOT-Analyse ist ein Instrument im betriebswirtschaftlichen Controlling und dient dort strategischen Untersuchungen der Ausgangssituation vor dem Einsatz von Planungsinstrumenten. 248 Die Methode kann zur Beurteilung von Konkurrenten innerhalb einer Wettbewerbssituation, zur Analyse einer Branche in Bezug auf eine bestimmte Marktsituation oder Neuerung, wie auch zur Bearbeitung einzelner Fragen innerhalb eines Unternehmens eingesetzt werden. Die Buchstaben des Akronyms stehen dabei für Strengths (Stärken), Weaknesses (Schwächen), Opportunities (Chancen, Möglichkeiten) und Threats (Risiken, Bedrohungen). Die SWOT-Analyse gliedert sich in eine auf unternehmensinternen Faktoren basierende Stärken- Schwächen-Analyse sowie in eine auf externe Faktoren bezogene Chancen-Risiko-Analyse. Der SWOT-Analyse liegt die Überlegung zu Grunde, dass nur Unternehmen, die ihre Stärken und Schwächen kennen und sie auf die Chancen und Risiken der Märkte abstimmen, im Wettbewerb bestehen können. 249 Im vorliegenden Fall wird die SWOT-Analyse als branchenbezogene Potenzialanalyse dazu eingesetzt, das Bibliothekswesen, insbesondere Hochschulbibliotheken, als Wirtschaftssegment im Hinblick auf ihre Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit als Anbieter von Veranstaltungen zur Vermittlung von Informationskompetenz zu untersuchen. Diese bibliothekswissenschaftlich nicht unbedingt gängige Herangehensweise erscheint aufgrund der knapper werdenden Ressourcen von Bibliotheken, der damit verbundenen Notwendigkeit zur verstärkten betriebswirtschaftlichen Planung sowie zur Konzentration auf Kernkompetenzen, als auch angesichts des für die Zukunft zu erwartenden verstärkten Konkurrenzkampfs mit anderen Informationsanbietern als angemessen. 5.2 Stärken Was sind die Kompetenzen der Bibliotheken, die diese für die Aufgabe Vermitlung von Informationskompetenz prädestinieren? 248 vgl. ZIEGENBEIN 2002, S vgl. SPRAUL/OESER 2004, S

77 5. Vermittlung von Informationskompetenz als Aufgabenfeld für Hochschulbibliotheken in Deutschland: Eine branchenbezogene Potenzialanalyse Vorhandene Ressourcen und Infrastruktur Bibliotheken stellen mit ihren erheblichen Informations- und Medienressourcen ein enormes Potenzial für die Bildung dar. Dadurch sind sie prädestiniert als Orte für selbstgesteuertes wie für unterstütztes Lernen. 250 Sie befinden sich quasi im Zentrum der Informationen, stellen Medien physisch zur Verfügung oder bieten Zugriff auf digitale Informationen, die auf weltweit verteilten Datenträgen gespeichert sind. Die Vermittlung des effizienten Umgangs mit Informationen muss deshalb konsequenterweise eine zentrale Aufgabe der Bibliotheken sein. 251 Zumindest potenziell haben Bibliotheken ferner die Möglichkeit, für Einzelne oder Gruppen geeignete Räumlichkeiten zum Lernen zur Verfügung zu stellen, die zudem über die notwendige Infrastruktur flexibel gruppierbare Möbel, Internet-Zugang, Visualisierungsmöglichkeiten (Tafel, Flip-Chart, Beamer) verfügen. Durch den Ausbau der vorhandenen Service-Infrastruktur können insbesondere Hochschulbibliotheken ihre Aufenthaltsqualität steigern und zu funktionalen Zentren der jeweiligen Universität oder Fachhochschule werden. Hierzu gehören z.b. PC-Arbeitsplätze mit zeitgemäßen Leistungsmerkmalen und mit den Standard-Softwareprogrammen ausgestattet, Schließfächer in ausreichender Zahl, verlängert Öffnungszeiten oder eine Cafeteria im Gebäude. Fachliche Qualifikation des Personals Bibliothekare sind Informationsspezialisten und besitzen methodisches Expertenwissen im Umgang mit großen Informationsmengen sowie Erfahrungen, Medien zu erfassen, zu selektieren und inhaltlich sowie formal zu erschließen. Sie sind vertraut im Umgang mit komplexen Informationssystemen und können diese effizient nutzen. Durch die Fachreferenten verfügen Universitätsbibliotheken außerdem über Expertenkenntnisse zur Lösung fachwissenschaftlicher Informationsprobleme. 252 DANNENBERG plädiert dafür, vor allem die beim Bibliothekspersonal vorhandene Erfahrung an der Schnitstele zwischen Mensch und Datenmeer in den Vordergrund zu stelen und deutlich zu machen, dass Bibliothekare fähig sind, den gestiegenen Bedarf im Bereich der Informationskompetenz auszufüllen. 253 Erfahrung in der Benutzerschulung Bibliotheken sind seit über 2000 Jahren Teil des Bildungswesens, wenn auch nur an einigen Stellen in die formalen Strukturen eingebunden. Sie sind die beständigsten und flexibelsten Einrichtungen für das Lernen und Vorläufer der Universitäten. 254 Lernen und Bildung finden 250 vgl. HOMANN 2000a, S vgl. SCHNEIDER 2005, S vgl. HOMANN 2000a, S vgl. DANNENBERG 2000, S vgl. BUNDY 2005, S

78 5. Vermittlung von Informationskompetenz als Aufgabenfeld für Hochschulbibliotheken in Deutschland: Eine branchenbezogene Potenzialanalyse in einer Bibliothek zwangsläufig überall statt neben Unterhaltung und Kommunikation. 255 Benutzerschulungen haben zwar in deutschen Bibliotheken keine so lange Tradition wie in den USA aber die mittlerweile jährigen Erfahrungen bilden trotz aller aufgezeigten Mängel (vgl. Kap. 4), doch eine wichtige Grundlage, auf der zeitgemäße Konzepte der Vermittlung von Informationskompetenz aufsetzen können. Die Hauptveränderung für Bibliothekare besteht dabei darin, dass sie nicht länger Pförtner des Wissens, sondern aktive Teilnehmer am Lernprozess sind. 5.3 Schwächen Was sind interne Hemmnisse, die die Durchführung dieser Aufgabe an Bibliotheken erschweren? Interne Strukturen nicht auf die Aufgabe ausgerichtet Die mangelnde Kundenorientierung ist nach wie vor ein Defizit vieler Dienstleistungen, die in deutschen Bibliotheken offeriert werden. Die Bedürfnisse der Kunden sind in der Regel noch zu wenig erforscht, Veränderungen und Anpassungen brauchen oft lange. Dabei werden sich Bibliotheken in Zukunft noch stärker daran messen lassen müssen, ob ihre Aktivitäten von den Nutzern angenommen werden. Nicht mehr die Größe des Bestandes oder die Exzellenz einer Sammlung wird für Bibliotheken strategischer Erfolgsfaktor sein, sondern die Akzeptanz durch den Kunden. 256 Insbesondere Veranstaltungen zur Vermittlung von Informationskompetenz bedürfen einer flexiblen Planung sowie Inhalte, die je nach Zielgruppe, tatsächlicher Zusammensetzung und individuellen Bedürfnissen der Teilnehmer zusammengestellt werden sollten. Die Schulungsangebote müssen intensiv beworben werden, zum einen, um von den Kunden überhaupt wahrgenommen zu werden und zum anderen, um die Bedeutung der dort vermittelten Kenntnisse und Fähigkeiten für den weiteren Bildungsprozess zu betonen. Hierfür sind in noch stärkerem Maße Marketingmaßnahmen seitens der Bibliotheken erforderlich, für die ein Gesamtkonzept erarbeitet werden sollte. Um Schulungsveranstaltungen eine hohe Priorität einzuräumen, muss die Bibliothek zudem u.u. ihr gesamtes Dienstleistungsportfolio überdenken und neu strukturieren. In diesem Zuge sollte über die Formulierung strategischer Ziele, z.b. in Form eines Bibliotheksentwicklungsplans, eines Bibliotheksleitbildes oder eines Mission Statements nachgedacht werden. 255 vgl. LUX/SÜHL-STROHMENGER 2004, S vgl. LOSSAU 2005, S

79 5. Vermittlung von Informationskompetenz als Aufgabenfeld für Hochschulbibliotheken in Deutschland: Eine branchenbezogene Potenzialanalyse Fehlende Personalressourcen Ein weiteres Problem für Bibliotheken auf dem Weg zur Teaching Library sind die notwendigen Personalkapazitäten, die für die arbeitsintensiveren Schulungsaufgaben erforderlich sind. Nicht nur die erhöhte Zahl von Veranstaltungen, auch die intensivere Vor- und Nachbereitung der Kurse erfordern zusätzliche Personalstunden, die bei der dauerhaft schlechten Haushaltssituation der öffentlichen Hand in absehbarer Zeit wohl nicht durch Neueinstellungen zu bekommen sind. Vielmehr muss, wie oben angedeutet, eine Neubestimmung der Prioritäten vorgenommen und Personal in anderen Bereichen freigesetzt werden. Dies kann z.b. durch Automatisierung von bisher personalgebundenen Tätigkeiten wie Ausleihe und Rückgabe von Medien oder Bearbeitung von Fernleihen geschehen. Sollten die Veranstaltungen an der betreffenden Hochschule als fester Bestandteil der Curricula verpflichtend für die Studierenden zumindest der neuen Bachelor-Studiengänge werden, ist die Bibliothek jedoch mit einem erheblichen Kapazitätsproblem konfrontiert, das wohl nur durch eine Kombination von Präsenzveranstaltungen mit EDV-gestützten Selbstlerneinheiten oder Multiplikatorenschulungen zu lösen sein wird. Mangelnde pädagogisch-didaktische Kompetenz der Mitarbeiter Viele Bibliothekare reagieren nicht nur deshalb verhalten, wenn sie mit der Idee einer Teaching Library konfrontiert werden, weil die notwendigen Personalressourcen fehlen, sondern auch, weil bei den zuständigen Mitarbeitern oft die dafür erforderlichen pädagogischen Fähigkeiten nicht vorhanden sind. 257 Oder, wie LANKENAU formuliert: Bevor Bibliothekare zu teaching librarians werden, müssen sie zu learning librarians werden [Hervorh. in anderer Form im Orig., Anm. D. Verf.]. 258 Damit Hochschulbibliotheken den Erwartungen einer verstärkten Beteiligung an Lehr- und Lernprozessen gerecht werden können, bedarf es einer fundierten pädagogisch-didaktischen Qualifizierung und Fortbildung des Bibliothekspersonals. Dazu gehören neben den Grundlagen des Lehrens und Lernens, die Planung und Analyse des Unterrichts, der Einsatz aktivierender Lehr- Lern-Methoden, Präsentationstraining, ein angemessener Medieneinsatz, die Grundlagen der Kommunikation sowie ein kontinuierlicher kollegialer Austausch und eine fortlaufende Evaluation der Veranstaltungen. 259 ROCKENBACH weist darauf hin, dass eine der wichtigsten Aufgaben des Schulungspersonals ist, zunächst ein Problembewusstsein über die vorhandenen Kenntnislücken bei den Kursteilnehmern zu schaffen. 260 Auch und besonders dieser Punkt bedarf einer speziellen Qualifikation, die auch psychologische Elemente enthalten sollte. 257 vgl. SCHNEIDER 2005, S LANKENAU 2002, S vgl. LUX/SÜHL-STROHMENGER 2004, S. 46 u. SÜHL-STROHMENGER 2003, S vgl. ROCKENBACH 2003, S

80 5. Vermittlung von Informationskompetenz als Aufgabenfeld für Hochschulbibliotheken in Deutschland: Eine branchenbezogene Potenzialanalyse 5.4 Chancen und Möglichkeiten Welche äußeren Faktoren begünstigen momentan die Integration der Aufgabe Vermitlung von Informationskompetenz in das bibliothekarische Dienstleistungsportfolio? Aktuelle Bildungsdiskussion Der Zeitpunkt Veranstaltungen zur Vermittlung von Informationskompetenz zu integrieren ist momentan vor allem deshalb günstig, weil die Bildung nach langer Zeit wieder in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses gerückt ist. Noch vor wenigen Jahren hatte der im Deutschland des 19. Jh. entstandenen Bildungsbegriff hierzulande keinen guten Ruf und insbesondere die als spießig und knöchern dargestelten Figuren des Bildungsphilisters und des Bildungsbürgers ordnete man gern den scheinbar toten Sammlungen verstaubter Bibliotheken zu. 261 Das neu entstandene Interesse ist in erster Linie auf die PISA-Studie und die darin aufgedeckten Missstände im Schulbereich zurückzuführen. Die SteFi-Studie und andere Untersuchungen haben vergleichbare Defizite für die Hochschulen aufgezeigt und die Bibliotheken als Institutionen identifiziert, die hier Abhilfe schaffen können und sollen. Bologna-Prozess Die europaweite Umstellung der Studiengänge auf die konsekutive Bachelor-Master-Struktur an den Hochschulen im Rahmen des Bologna-Prozesses schafft für die Bibliotheken eine Situation für die Integration eigener Veranstaltungen in die Curricula, wie sie günstiger wohl nicht noch einmal sein wird. Durch die deutlich bessere Vergleichbarkeit der Studienangebote wird die Konkurrenz der Hochschulen bei bestimmten Studiengängen zunehmen, weshalb auch die Rahmenbedingungen des Studiums vor Ort wichtiger werden und die Serviceangebote der zentralen Einrichtungen, wie Bibliotheken, zur Bewertung der Angebote und für Hochschulrankings Berücksichtigung finden werden. Weiter wachsende Informationsflut, unübersichtliches Angebot an Informationsmitteln Die weiter zunehmende Informationsflut und die verwirrende Anzahl von Informationsmitteln werden auch in Zukunft Schulungsbedarf erzeugen und eröffnen Bibliotheken zudem ein weiteres Arbeitsfeld: Die Erstellung strukturierter Sammlungen von Informationsmitteln, die unter einer einheitlichen Oberfläche den Zugriff auf eine Vielzahl hochwertiger Informationsressourcen ermöglichen. 261 vgl. STEIERWALD 2005, S

81 5. Vermittlung von Informationskompetenz als Aufgabenfeld für Hochschulbibliotheken in Deutschland: Eine branchenbezogene Potenzialanalyse 5.5 Risiken und Bedrohungen Was sind externe Faktoren, die eine Übernahme von Angeboten zur Vermittlung von Informationskompetenz als bibliothekarische Kernaufgabe weniger günstig erscheinen lassen? Wo liegen mutmaßliche Risiken für Bibliotheken? Unzureichende Wahrnehmung von Bibliotheken durch Politik und Öffentlichkeit Die Wahrnehmung von Bibliotheken innerhalb der Hochschule und in der Öffentlichkeit überhaupt, die im letzten Abschnit unter Chancen behandelt wurde, kann ebenso als Bedrohung und Hindernis der Aufgabe Vermitlung von Informationskompetenz betrachtet werden. Bisher war diese Wahrnehmung unzureichend ausgeprägt; die gesellschaftliche Anerkennung von Bibliotheken durch Politik, Öffentlichkeit und Wirtschaft gering. Es mangelt an politischem Bewusstsein hinsichtlich der Funktionen von Bibliotheken und an Vertrauen in die Leistungsfähigkeit des deutschen Bibliothekswesens seitens der Politik. Spätestens nach PISA 2000 häte man mit einem nationalen Marshalplan zur Förderung von Bibliothekseinrichtungen in Schulen und Kommunen reagieren müssen, um der Bildungsmisere entgegenzuwirken, so SEEFELDT. 262 Die Außenwahrnehmung von Bibliotheken als Anbieter von Schulungen ist nach wie vor unzureichend ausgeprägt, wofür einerseits das sich mancherorts wandelnde Image von Bibliotheken und andererseits das verbesserungswürdige Marketing verantwortlich sind. Mangelndes Problembewusstsein bei Hochschullehrern und Studierenden Die Ergebnisse der SteFi-Studie haben gezeigt, dass sowohl Studierende wie Hochschullehrer vielfach den eigenen Schulungsbedarf nicht erkennen und sich mit aus Internet- Suchmaschinen gewonnenen Informationen gut versorgt sehen. Dazu kommt, dass Informationskompetenz mit neuen fachlichen Inhalten und interdisziplinären Aspekten um die Zeitressourcen der Studierenden konkurriert, die durch die verschulten und gestrafften konsekutiven Studiengänge knapper geworden sind. 263 Wenn also bibliothekarische Schulungsangebote nicht verpflichtend in die Curricula integriert werden, müssen Hochschulbibliotheken stärkere Anreize schaffen, damit v.a. Studenten daran interessiert sind, die Lernangebote freiwillig wahrzunehmen. Ein weiteres Problem liegt in der Haltung der Hochschullehrenden, die den Absichten der Bibliothek, in verstärkten Umfang auch Lehrveranstaltungen durchzuführen, nicht immer sonderlich zustimmend gegenüber stehen, da sie die Lehre als eigene Domäne betrachten. 264 Auf der anderen Seite hat wiederum die SteFi-Studie verdeutlicht, dass Hochschulleh- 262 vgl. SEEFELDT 2005, S vgl. LAZARUS 2002, S vgl. LUX/SÜHL-STROHMENGER 2004, S

82 5. Vermittlung von Informationskompetenz als Aufgabenfeld für Hochschulbibliotheken in Deutschland: Eine branchenbezogene Potenzialanalyse rende sich nicht in der Pflicht sehen, ihren Studierenden einen professionelleren Umgang mit Fachinformationen zu vermitteln. Wer aber soll es dann tun? Konkurrenz durch andere Berufsgruppen und Dienstleister Wer sol denn Informationskompetenz vermiteln? [ ] Wer wenn nicht wir?,fragt DAN- NENBERG, um daran warnend anzuschließen: Wir solten uns aber beeilen, ehe andere Berufsgruppen unser Feld für sich belegen. 265 Bibliothekare sind zwar für dieses Aufgabe prädestiniert aber auch andere Berufsgruppen oder Einrichtungen können das bestehende Vakuum der Lehre im fachgerechten Umgang mit Informationsressourcen füllen. Dazu gehören Pädagogen und Didaktiker, Informatiker, Medienspezialisten oder Weiterbildungseinrichtungen, wie Volkshochschulen und private Institute. Bibliotheken sollten sich also bei der Suche nach Vorbildern nicht nur an ihresgleichen orientieren, sondern wachsamen Blickes die Entwicklung in anderen Bereichen verfolgen. Zur Konkurrenz zählt aber auch das Internet als omnipräsente Informationsmaschine. Anregungen können sich Bibliotheken bei Internet-Dienstleistern wie Google oder ebay holen, die u.a. deshalb so erfolgreich sind, weil sie das Kundenverhalten genau einschätzen und die Angebote zielgenau auf die Bedürfnisse ihrer Kunden abstimmen. Von der Konkurrenz zu lernen, kann also für Bibliotheken auch heißen, von Suchmaschinen zu lernen. So beruht die Übernahme einer einzeiligen Suchmaske in inzwischen viele Bibliothekskataloge auf Erkenntnissen von Suchmaschinenbetreibern, die erkannt haben, dass 99 % der Benutzer ihre Suchanfragen am liebsten in solch eine Searchbox eingeben. 266 Zunehmende Dislozierung der Informationsressourcen Durch die Digitalisierung von Medien und die weltweite Vernetzung reduziert sich die Abhängigkeit Informationssuchender von lokalen Bibliotheken. Deren bisherige Hauptfunktion, Bücher zu erwerben und ihren Kunden vor Ort bereitzustellen, verliert zunehmend an Bedeutung. 267 Die Gefahr, der entgegengewirkt werden muss, ist, dass durch die raum-zeitliche Emanzipation in der Informationsbeschaffung die Bedeutung von Bibliotheken als lokaler Nexus für Wissen und Bildung schwindet. Hier sind die Bibliotheken gefordert, ihre Stärken, wie etwa der Hybridcharakter ihrer Medienkollektion oder die Möglichkeit, fachliche Hilfe in Rahmen eines persönlichen Gesprächs in Anspruch nehmen zu können, weiter zu verbessern. Ferner sollten Lernorte mit entspannter und angenehmer Lernatmosphäre geschaffen werden, die Aufenthaltsqualität bieten und die Benutzer gerne aufsuchen. 265 DANNENBERG 2000, S LOSSAU 2005, S u vgl. HOMANN 2000a, S

83 5. Vermittlung von Informationskompetenz als Aufgabenfeld für Hochschulbibliotheken in Deutschland: Eine branchenbezogene Potenzialanalyse 5.6 Abschließende Bewertung Mit ihren erheblichen Medienressourcen und den Bibliothekaren als Informationsspezialisten mit Erfahrungen in Benutzerschulungen stellen Bibliotheken ein enormes Potenzial für Bildung dar. Allerdings müssen die internen Strukturen an die neuen Aufgaben in der Lehre angepasst werden. Insbesondere müssen die knappen Personalressourcen gezielt eingesetzt und die Mitarbeiter in Inhalt, Technik und Didaktik geschult und kontinuierlich weitergebildet werden. Durch die momentan günstigen Rahmenbedingungen bietet sich den Bibliotheken die seltene Möglichkeit, sich innerhalb der Hochschule aber auch in der gesamten Öffentlichkeit stärker als bisher ins Bewusstsein und ins Gespräch zu bringen. Mit der Vermittlung von Informationskompetenz können die Bibliotheken eine neue Aufgabe als Teaching Library für sich definieren, mit der sie wirksam gegenüber immer wieder aufkommenden Rufen argumentieren können, sie seien überflüssig und überholt. Sie können eine Neupositionierung innerhalb einer sich wandelnden Bildungslandschaft vornehmen und eine weitere Legitimation ihres Handelns gegenüber ihren Unterhaltsträgern bieten. Die Chance zu einer nachhaltigen Verbesserung des Bildungssystems beizutragen ist da, sie muss durch die Bibliotheken nur genutzt werden. Und sie muss bald und entschlossen genutzt werden, damit sich nicht andere Berufsgruppen und Einrichtungen der Aufgabe annehmen. Die folgende Untersuchung soll, nebst der vorangestellten Erläuterung ihrer methodischen Konzeption, einen Beitrag zur Standortbestimmung der Hochschulbibliotheken in Nordrhein- Westfalen auf ihrem Weg zur Teaching Library leisten. 75

84 6. Methodisches Vorgehen im Rahmen der empirischen Untersuchung 6. Methodisches Vorgehen im Rahmen der empirischen Untersuchung Der Status quo zur Vermittlung von Informationskompetenz an Hochschulbibliotheken in Nordrhein-Westfalen wird anhand von 16 Bibliothekswebsites untersucht. Im Folgenden werden die Wahl des Untersuchungsgegenstands, das Verfahren sowie die zugrundegelegten Bewertungskriterien erläutert. 6.1 Der Untersuchungsgegenstand: Internetauftritte von Hochschulbibliotheken Für die Untersuchung wurden insgesamt 16 Websites nordrhein-westfälischer Hoch- und Fachhochschulbibliotheken herangezogen. Dazu gehören die Internetauftritte der Bibliotheken aller zwölf staatlichen Hochschulen ohne die Fernuniversität Hagen und die Deutsche Sporthochschule Köln. Zusätzlich wurden die Websites der Bibliotheken der vier nach Studierendenzahlen im Wintersemester 2004/2005 größten Fachhochschulen im Bundesland Köln (mit den Abteilungen Köln und Gummersbach), Niederrhein (mit den Abteilungen Krefeld und Mönchengladbach), Münster (mit den Abteilungen Münster und Steinfurt) sowie Dortmund ausgewählt. 268 Die Untersuchung der Bibliothekswebsites gliedert sich in zwei Teile. Analysiert wird zum einen die allgemeine Benutzerfreundlichkeit der Internet-Auftritte auf Basis von Usability- Kriterien, die einschlägiger Literatur entnommen und im Hinblick auf den Untersuchungsgegenstand angepasst wurden. Zum anderen werden, auf Grundlage der Darstellung im Internet, Konzept und Organisation von Lernangeboten der betreffenden Bibliotheken einer kritischen Analyse unterzogen. Dies geschieht auf der Basis auf den bisher in dieser Arbeit getroffenen Aussagen. Ergänzend zu den Angaben auf der Website wurden im Rahmen einer -Befragung weitere Informationen zum Veranstaltungsangebot erhoben Funktion und Stellenwert der Websites von Bibliotheken Die eigene Website erfüllt für Bibliotheken im Wesentlichen zwei Funktionen: Sie bietet die Möglichkeit zur Vermittlung lokaler Serviceleistungen an eine breite Öffentlichkeit und stellt eine Plattform für elektronische Dienste dar. Um Resonanz auf ihre Lernangebote zu erhalten, ist es notwendig und wichtig für Bibliotheken, an geeigneten Stellen rechtzeitig auf die Veranstaltungen hinzuweisen und die Angebote zu bewerben. Dazu bieten sich, neben anderen Formen, auch Websites als Werbeträger an. Online-Werbemittel unterscheiden sich von klassischen Werbemitteln dahingehend, dass die im Rahmen der Informationsübertragung zu überbrückende räumliche Distanz global sein 268 vgl. Ministerium für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie des Landes Nordrhein-Westfalen: < [Zugriff am ] 76

85 6. Methodisches Vorgehen im Rahmen der empirischen Untersuchung kann und die Kommunikation zwischen Sender und Empfänger interaktiv und in Echtzeit erfolgen kann. Ferner wird Online-Werbung eine sehr große Reichweite bei gleichzeitig hoher Zielgenauigkeit zugesprochen. 269 Weitere zentrale Eigenschaften von Werbeformen im WWW sind Multimedialität (Einbindung von visuellen, Audio- und audiovisuellen Elementen), Hypertextualität (Verknüpfung von Text und Multimedia-Elementen mittels Hyperlinks) und die Möglichkeit zur schnellen Aktualisierung. Diese Eigenschaften machen den Internetauftritt zum i.d.r. wichtigsten Medium für die Außendarstellung von Hochschulbibliotheken. Die Entscheidung für den Untersuchungsgegenstand im Hinblick auf die Beantwortung der Forschungsfragen dieser Arbeit fußt somit auf der folgenden Hypothesenkette: Hypothese 1: Die Internetpräsenz ist mittlerweile das wichtigste Medium zur Außendarstellung von Hochschulbibliotheken. Hypothese 2: Bedeutende Dienstleistungen und Termine von Hochschulbibliotheken werden über die Website publik gemacht. Hypothese 3: Angebote zur Vermittlung von Informationskompetenz stellen bedeutende Dienstleistungen und Termine von Hochschulbibliotheken dar. Zu beachten ist wie wiederholt schon für andere Werbeformen belegt, dass die Werbeform Website als Signal für hohe Produkt- bzw. Dienstleistungsqualität fungieren kann. D.h., ein professionell gestalteter Internetauftritt kann bei den Website-Besuchern auch eine hohe Professionalität bei den angebotenen Dienleistungen der Bibliothek implizieren. Andersherum kann eine Website mit uneinheitlichem Design und mangelhafter Aktualität Besucher an der Vertrauenswürdigkeit der Angebote zweifeln lassen. 270 Auf Grundlage dieser Aussagen lassen sich die Benutzerfreundlichkeit der Websites und die Angaben zu den Veranstaltungsangeboten nur schwerlich von einander trennen Die heuristische Evaluation als Technik für die Untersuchung von Websites Um ihre Produkte den Nutzerbedürfnissen und -wünschen anzupassen, wurden in der Software-Industrie bereits in den achtziger Jahren Techniken und Methoden des Usability Engineerings 271 entwickelt, die jedoch langwierig und kostenintensiv waren. Da die Evaluation der Benutzerfreundlichkeit ihrer Produkte und Dienstleistungen aber auch für kleinere Firmen wichtig ist, die über keinen großen Finanzrahmen verfügen, entwickelte Konrad Nielsen mit seinem Discount Usability Engeneering Approach eine kostengünstigere und schneler zu 269 vgl. BAMBAUER 2003, S vgl. BAMBAUER 2002, S. 51 u. SCHULZ 2002, S Usability soll in diesem Zusammenhang als Benutzerfreundlichkeit verstanden werden. 77

86 6. Methodisches Vorgehen im Rahmen der empirischen Untersuchung realisierende Methode, die auch auf Websites anwendbar ist. Obwohl dieser Ansatz nicht mit streng wissenschaftlichen Methoden vergleichbar ist und keine statistisch signifikanten Aussagen zulässt, bietet er aufgrund seiner Einfachheit doch den großen Vorteil der Praxistauglichkeit. 272 Nielsens Methodik basiert u.a. auf der Evaluation anhand von Heuristiken, die für die Website-Untersuchung im vorliegenden Fall zum Einsatz kommt. Die heuristische Evaluation ist eine Inspektionsmethode, die nicht von Test-Personen, sondern von Experten durchgeführt wird, die eine Zusammenstellung bewährter Usability-Kriterien auf die zu untersuchende Website anwenden. 273 Für die Evaluation zur Benutzerfreundlichkeit der im Internet präsentierten bibliothekarischen Angebote zur Vermittlung von Informationskompetenz wurden die Ten Usability Heuristics von Jakob NIELSEN 274 als Grundlage für einen Kriterienkatalog herangezogen und im Hinblick auf den Untersuchungsgegenstand angepasst und verändert. 6.2 Kriterien für eine benutzerfreundliche Website-Gestaltung Hinsichtlich der technischen Erfordernisse sollte vor allem auf eine durchgehende Erreichbarkeit der Website sowie eine intuitive Bedienbarkeit, auch für unerfahrene Benutzer, Wert gelegt werden. 275 Ferner sollte die Darstellung mit den gängigen Browsern ohne Einschränkung möglich sein. Ein wesentliches Ergebnis der SteFi-Studie ist, dass die überwiegende Mehrheit der Studierenden Probleme und Hemmnisse zur effektiveren Nutzung elektronischer Informationsquellen v.a. in einem unübersichtlichen, unstrukturierten Gesamtangebot sehen. 276 Auch eine sorgfältig gepflegte Bibliothekswebsite ist für die Studierenden nur ein weiterer Teil einer vielschichtigen und fragmentierten digitalen Informations- und Lernumgebung. In vielen Fällen reduziert sich die Aufmerksamkeit der Nutzer auf Online-Katalog und Benutzerkonto; weitere Angebote werden nur selten wahrgenommen. 277 Umso wichtiger ist deshalb eine Website mit einer klaren, übersichtlichen Struktur und einer konsistenten Navigation. Die Eingangsseite sollte leicht überschaubar sein und die für Nutzer attraktiven Informationen und Dienstleistungen herausstellen. Weniger bedeutsame Inhalte 272 vgl. NIELSEN 1994a 273 In Deutschland hat sich Prof. Ursula Schmitz von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, Department Information, intensiv mit der Anwendung von Usability Kriterien auf Internetauftritte von Bibliotheken beschäftigt (s. < [Zugriff am ]). 274 vgl. NIELSEN 1994b 275 vgl. LOSSAU 2005, S KLATT et al 2001, S vgl. LAZARUS 2002, S

87 6. Methodisches Vorgehen im Rahmen der empirischen Untersuchung sollten dagegen auf einer tieferen Ebene angesiedelt sein. 278 Auf eine tiefe Navigation mit zu vielen Hierarchieebenen sollte zugunsten der Übersichtlichkeit verzichtet werden 279, eine Hierarchieebene sollte minimal vier und maximal neun Elemente enthalten. 280 Von hoher Bedeutung für den Website-Besucher ist, stets zu wissen, wo er sich befindet. Zum einen sollte daher immer deutlich sein, dass sich der User noch innerhalb des Angebots der Bibliothek befindet. Den Wiedererkennungswert können eine einheitliche Farb- und Schriftwahl sowie grafische Gestaltungselemente wie das Logo der Bibliothek wesentlich steigern. Umgekehrt sollte auf grelle Farben, Hintergrundbilder, animierte Grafiken oder Textticker, die User irritieren und ablenken, beim Websitedesign verzichtet werden. Auch das Anzeigen externer Websites im selben Browserfenster oder sogar im Frame der Bibliothekswebsite verwirrt den Besucher, der oft gar nicht merkt, dass er den Internetauftritt der Bibliothek verlassen hat. 281 Zum anderen muss dem User mit einem Blick klar sein, an welcher Stelle er sich innerhalb der Website befindet. Dies kann durch das Hervorheben der aktuellen Position innerhalb der Navigation ( Highlighting ) oder die Angabe der verlinkten Oberkategorien der aktuellen Seite als Pfad ( Breadcrumbs ) sehr gut ereicht werden. 282 Die Elemente der globalen Navigation sollten auf jeder Unterseite des Internetauftritts stringent an derselben Stelle platziert werden. Von jeder Seite des Internetauftritts aus muss eine Verlinkung zur Startseite bestehen. Idealerweise bettet man diesen Link in das Logo der Bibliothek, das in der linken oberen Ecke der Seite eingefügt wird. Das Hauptnavigationsmenü sollte in Leistenform am linken Rand der Website angeordnet werden. Um schnell zu einer anderen Stelle des Internetangebots zu gelangen, sollten zusätzliche Navigationshilfen wie Site Map (Verzeichnisbaum), Suchfunktion und Index ( A-Z ) angeboten werden. Diese Orientierungselemente sollten sich am oberen Bildrand befinden. 283 Informationen internetgerecht aufbereiten heißt, Texte zu erstellen, die kurz, prägnant und schnell erfassbar sind. Kein Text sollte so lang sein, dass User beim Lesen mehr als zweimal scrollen müssen. Weiterführende Informationen können dabei über Hyperlinks implementiert werden. Da Texte zu 80 % nur auf relevante Informationen hin überflogen und nicht wirklich gelesen werden, kommt zudem prägnant formulierten Überschriften und Gliederungspunkten 278 vgl. HUTZLER 2002, S vgl. SCHULZ 2002, S vgl. DILTHEY (< [Zugriff am ]) 281 vgl. SCHULZ 2002, S u. THISSEN 2002, S vgl. GÖHNER 2005, S vgl. GÖHNER 2005, S. 234; HUTZLER 2002, S u. THISSEN 2002, S

88 6. Methodisches Vorgehen im Rahmen der empirischen Untersuchung eine hohe Bedeutung zu. 284 Längere Texte werden zum Lesen vielfach ausgedruckt und sollten deshalb im druckfreundlichen PDF-Format angeboten werden. 285 Animationen, Töne und Filme sollten nur sehr selten und dann gezielt eingesetzt werden, um die Website nicht zu überfrachten. 286 Als Visualisierung von Informationen, können Grafiken zum besseren und schnellern Verständnis von Sachverhalten beitragen. Auch diese Multimedia-Elemente sollten jedoch überlegt und außerdem in der optimalen Auflösung verwendet werden, um unnötige Ladezeiten und eine Reizüberflutung der Rezipienten zu vermeiden. Die erfolgreiche Präsentation bibliothekarischer Informationsangebote im Internet, insbesondere von Veranstaltungsankündigungen, ist wesentlich abhängig von der Aktualität der Inhalte, da veraltete Webseiten für den Besucher rasch an Attraktivität verlieren. Ein hoher inhaltlicher Standard bedingt daher eine ständige Pflege und Aktualisierung des Angebots. 287 Auf jeder einzelnen Seite des Internetauftritts sollten der Bearbeitungsstand sowie der zuständige Bearbeiter vermerkt sein. Benutzer sollten außerdem die Möglichkeit haben, aktuelle Informationen zu erhalten, ohne innerhalb des Internetangebots die betreffenden Webseiten separat aufrufen zu müssen. Dies kann in Form von regelmäßig oder bedarfsweise versendeten -Newslettern oder durch einen RSS-Feed 288 erfolgen. Darüber hinaus sollte stets ein Ansprechpartner für inhaltliche Rückfragen zu den einzelnen präsentierten Dienstleistungsangeboten der Bibliothek angegeben sein. Oftmals sind bei Internetauftritten nur anonyme -Adressen, wie angegeben, bei denen die Zuständigkeiten für Außenstehende nicht transparent sind. 289 Um Feedback zur fortwährenden Verbesserung des Internetangebots zu sammeln und um für Veranstaltungsangebote eine Online-Anmeldung zu ermöglichen, bietet sich zusätzlich der Einsatz von Web-Formularen an. Viele Bibliotheken erzeugen in ihrem Internetauftritt Distanz zwischen sich und ihren Nutzern, da die Texte abstrakt geschrieben sind und die Websitebesucher nicht persönlich angesprochen werden. 290 Der Webauftritt sollte vielmehr die Neugier der Besucher sowie insgesamt positive Emotionen wecken und so die Verweildauer erhöhen und die User zu einem erneuten Besuch der Website bzw. der (realen) Bibliothek animieren vgl. HUTZLER 2002, S u. SCHULZ 2002, S vgl. HOMANN 2002b, S u. THISSEN 2002, S vgl. THISSEN 2002, S vgl. HOMANN 2002b u. HUTZLER 2002, S RSS ist die Abkürzung für Realy Simple Syndication und stelt eine Technologie dar, mit der sich Internet- Benutzer über neue Meldungen auf einer Website informieren können. Dabei werden die Inhalte zentral und automatisch auf die Endgeräte der Abonnenten geladen und können dort verwaltet und archiviert werden. RSS- Feeds sind nicht auf reine Text-Inhalte beschränkt, sondern werden auch für andere Medien-Formate (Ton, Video) verwendet. Vgl. dazu Wikipedia: < [Zugriff am ]. 289 vgl. SCHULZ 2002, S vgl. SCHULZ 2002, S. 225 u. THISSEN 2002, S vgl. BAMBAUER 2003, S. 34 u. THISSEN 2002, S

89 6. Methodisches Vorgehen im Rahmen der empirischen Untersuchung LOSSAU fordert darüber hinaus, dass die Internetauftritte von Wissenschaftlichen Bibliotheken die Garantie für ein Erfolgserlebnis bieten solen. 292 Dies bedeutet in erster Linie, dass der User möglichst schnell das findet, was er sucht. Um die Nutzung der Website auch Menschen mit Behinderung zu ermöglichen, sollte auf eine barrierefreie Gestaltung Wert gelegt werden. Insbesondere sollten für Nicht-Text- Elemente, wie Bilder, Plug-In-Dateien oder Flash-Filme, Text-Äquivalente bereitgestellt werden. Hörbehinderte können so den Inhalt von Audio-Dateien als Text lesen; Sehbehinderte können beispielsweise Navigationsbuttons trotzdem verstehen und benutzen, da ihnen der Text mittels einer entsprechenden PC-Ausstattung vorgelesen werden kann. Ferner sollte z.b. berücksichtigt werden, dass 10 % der männlichen Bevölkerung unter einer Rot-Grün- Schwäche leiden. Diese Farbkombination sowie schwache Kontraste zwischen Vorder- und Hintergrund sollten deshalb vermieden werden. 293 Da für das Kriterium Barrierefreiheit insgesamt eine aufwendige Analyse des Seitenquelltextes vorgenommen werden müsste, wurde es in der folgenden Untersuchung nicht berücksichtigt. 6.3 Konzeptionelle und organisatorische Kriterien für Lernangebote von Bibliotheken Grundlegend, nicht nur für die Darstellung von Lernangeboten, sondern für die Gestaltung des gesamten im Internet präsentierten Dienstleistungsprofils einer Bibliothek, ist die Festlegung, welches Klientel damit in erster Linie erreicht werden soll. Die zur Verfügung gestellten Informationen sollten adressatenbezogen aufbereitet sein und die Zielgruppen konkret ansprechen. 294 Wie im bisherigen Verlauf der Arbeit geschildert, ist ein wesentliches Merkmal herkömmlicher Angebote zur Benutzerschulung, die Ausrichtung an Objekten, wie Datenbanken, Bibliographien oder Bibliothekskatalogen. Die Lehrangebote einer Teaching Library sollten sich jedoch stark an den verschiedenen Zielgruppen orientieren, also subjektorientiert sein. Hauptzielgruppe von Hochschulbibliotheken sind ohne jede Frage die Studierenden der eigenen Hochschule. Dies sollte zum einen bei der Ausgestaltung des Angebots bedacht werden. So sollten die Veranstaltungen auf die Fakultäten und Studiengänge der Hochschule ausgerichtet sein und zusätzlich noch nach Abschnitten der akademischen Ausbildung wie Propädeutikum, Grundstudium, Hauptstudium, Promotionsvorbereitung oder Schwierigkeitsgraden untergliedert sein. Die in dieser Form differenzierten Veranstaltungen sollten eigen- 292 vgl. LOSSAU 2005, S vgl. DILTHEY (< [Zugriff am ]), Punkt vgl. HOMANN 2002b, S

90 6. Methodisches Vorgehen im Rahmen der empirischen Untersuchung ständig sein aber aufeinander aufbauen (hierarchische Modularisierung). Diese Struktur sollte auf der Website erkennbar sein. Zum anderen sollte die Hauptzielgruppe auch im Hinblick auf Gestaltung und Betextung der Seiten zu Informationskompetenz-Angeboten berücksichtigt werden. 295 Studierende sind in der Regel zwischen 20 und 30 Jahre alt und mit dem Internet als Medium vertraut. Die Sprache sollte deshalb flott und modern aber trotzdem verständlich sein. Eine informationstechnische Bevormundung durch langatmige Erklärungen allgemeinen Internetvokabulars sollte vermieden werden. Da der Fachjargon für viele Besucher unverständlich ist, sollten zudem möglichst keine Abkürzungen oder bibliothekarische Fachtermini verwendet werden; zumindest sollten diese aber kurz erklärt werden. 296 Als sprachliches Mittel, um User direkt anzusprechen, eignet sich nach Ansicht des Verfassers das aus der Bewerbungspraxis bekannte Schlüssel-Schloss-Prinzip. Das Schloss ist hierbei ein in einer Frage formuliertes persönliches Defizit, das der Website-Besucher möglicherweise beheben möchte: Sie suchen Literatur für das Fach Geographie und wissen nicht wie und wo? Die Bibliothek liefert den passenden Schlüssel : Unser Kurs Literatursuche für Geographen und Geowissenschaftler macht Sie mit den wichtigsten Recherchewerkzeugen des Faches vertraut. Insbesondere bei Studierenden der neuen konsekutiven Studiengänge ist ferner davon auszugehen, dass sie einen dichten Stundenplan, eine hohe Arbeitsbelastung und infolgedessen wenig Zeit haben. Die Informationen sollten deshalb möglichst komprimiert aber eingängig dargestellt werden. Für ein tiefer gehendes Informationsbedürfnis bietet es sich an, eine zusätzliche Version zum Ausdrucken bereitzustellen. Neben der angesprochenen Zielgruppe sollte die Darstellung des jeweiligen Lernangebots weitere grundlegende Informationen enthalten. Dazu gehören neben Inhalt, Termin(en), Dauer und Ort v.a. die Lernziele der Veranstaltung. Falls zu diesen Punkten im Online- Vorlesungsverzeichnis der Hochschule informiert wird, sollte zumindest ein Link an der betreffenden Stelle der Bibliotheks-Website platziert werden. Potenzielle Teilnehmer wird interessieren, welche Rolle sie in dem Kurs einnehmen sollen (ob als Zuhörer oder aktiv Beteiligte) und ob das Gelernte unmittelbar praktisch nachvollzogen werden kann. Für die Studierenden ist ferner relevant, ob es sich um Pflicht-, Wahlpflicht- oder freiwillige Veranstaltungen handelt und ob bzw. in welcher Form ein Leistungsnachweis erbracht werden muss (curriculare Einbindung). Aus Sicht einer Bibliothek die sich dauerhaft in der Lehre etablieren will, sind solche regelmäßig stattfindenden Veranstaltungen, die fest in das Dienstleistungsportfolio der Bibliothek integriert sind, in einer adäquaten Anzahl von Studienangeboten zu verankern. 295 Zur Bedeutung zielgruppenspezifischer Ansprache vgl. BAMBAUER 2003, S. 28 u. THISSEN 2002, S vgl. HUTZLER 2002, S

91 6. Methodisches Vorgehen im Rahmen der empirischen Untersuchung Wünschenswert sind außerdem Angaben zum Seminarleiter sowie dessen Lehrerfahrung und pädagogischer Qualifikation. Lehrperson können neben Diplomkräften und Fachreferenten auch externe Dozenten sein, ebenso ist ein Einsatz mehrerer Lehrpersonen in einem Kurs möglich. Von Interesse ist ferner, ob und inwieweit eine Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen stattfindet. Hochschulintern ist eine Kooperation mit Rechen- bzw. Medienzentrum oder der Hochschuldidaktik denkbar; potenzielle externe Kooperationspartner sind Öffentliche Bibliotheken, Schulen oder Weiterbildungseinrichtungen. Zur Flexibilisierung des Lernens, zur Unterstützung, Vor- und Nachbereitung von Präsenzveranstaltungen sowie zur Entlastung des Personals gewinnen Selbstlern-Angebote, die über das Internet bereitgestellt werden, zunehmend an Bedeutung. Internetgerecht aufbereitete Basisinformationen sowie Merkbläter zum Ausdrucken können die Erstversorgung übernehmen. Um dezidierte Kenntnisse für einzelne Zielgruppen zu vermitteln, sollte jedoch auf Online-Tutorials mit interaktiven Elementen, die auf die jeweilige Bibliothek zugeschnitten sind und darüber hinaus alle Aspekte von Informationskompetenz berücksichtigen, zurückgegriffen werden. Zur Kernaufgabe Vermitlung von Informationskompetenz klar bekennen können sich Hochschulbibliotheken in ihrem Leitbild falls eines aufgestellt wurde. Als zentrale Einheit ihrer Hochschule sollten sie sich bemühen, Informationskompetenz in alle relevanten Gremien und Zielverhandlungen der Hochschule einzubringen. Der in Frageform formulierte vollständige Kriterienkatalog befindet sich im Anhang dieser Arbeit. Die nachfolgende Typisierung orientiert sich am Idealbild der Teaching Library. 6.4 Einordnung der Bibliotheken hinsichtlich ihrer Lernangebote 1. Teaching Library Anknüpfend an Kapitel 2.4 kann die Teaching Library als die heute maßgebliche organisatorisch-konzeptionelle Form für bibliothekarische Lernangebote angesehen werden. Von den sieben Hauptkriterien, die eine Teaching Library charakterisieren 297, werden drei als konstitutiv betrachtet: Die Entwicklung eines Gesamtkonzept worunter hier in erster Linie ein modular-hierarchischer Aufbau, angepasst an die verschiedenen Nutzergruppen der Bibliothek, verstanden werden soll, die formal-verbindliche Integration der Veranstaltungen in die 297 vgl. Kap. 2.4 bzw. SCHNEIDER 2005, S

92 6. Methodisches Vorgehen im Rahmen der empirischen Untersuchung jeweiligen Curricula sowie als wichtige didaktische Erkenntnis die Subjekt- bzw. Zielgruppenorientierung der Lernangebote. Ebenfalls als bedeutsam, wenn auch als nicht so zentral wie die vorgenannten Kriterien, werden die Möglichkeit zur praktischen Erprobung des Erlernten für die Teilnehmer sowie die Bereitstellung von Selbstlernmaterialien zur Ermöglichung eines eigenverantwortlichen Lernens als weitere wichtige didaktische Elemente erachtet. Eine Leistungserhebung des gelehrten Stoffes ist zwar aus pädagogisch-didaktischer Sicht sinnvoll, wird aber gerade bei nicht-curricular verankerten Angeboten den zeitlichen und organisatorischen Rahmen sprengen und potenzielle Interessenten abschrecken. Die Qualifizierung des bibliothekarischen Lehrpersonals und die Frage, inwieweit die Bibliotheken ihre Veranstaltungen zur Vermittlung von Informationskompetenz regelmäßig und unter kontrollierten Bedingungen evaluieren, wurden wegen des begrenzten Umfangs der Arbeit nicht untersucht. Als inzwischen ubiquitär wird die Bereitstellung von geeigneten Schulungsräumen betrachtet, auch wenn hier sicherlich Unterschiede bezüglich der Anzahl der Räumlichkeiten, ihrer Ausstattung und Auslastung zu berücksichtigen sind. Kriterien für eine Teaching Library: Zentrale Kriterien modular-hierarchischer Aufbau der Angebote curriculare Einbindung Zielgruppenorientierung Nachgeordnete Kriterien praktische Anwendung des Gelernten Bereitstellung von Selbstlernmaterialien Leistungserhebung des gelehrten Stoffes Eine Teaching Library, wie sie für die folgende Untersuchung definiert ist, bietet ihren Kunden Lehrangebote, keine Schulungen und weist alle drei zentralen Kriterien sowie die drei nachgeordneten Kriterien auf. 2. Bibliothek auf dem Weg zur Teaching Library Eine Bibliothek, die sich auf den Weg zu einer Teaching Library befindet, bietet ihren Kunden ebenfalls Lehrangebote, weist bereits einige der vorgenannten Kriterien auf und ist in der Entwicklung begriffen. 3. Aktiv schulende Bibliothek Eine aktiv schulende Bibliothek bietet regelmäßig von sich aus Veranstaltungen an. In erster Linie sind dies jedoch Führungen und objektorientierte Schulungen. 84

93 6. Methodisches Vorgehen im Rahmen der empirischen Untersuchung 4. Passiv schulende Bibliothek Eine passiv schulende Bibliothek bietet, hauptsächlich nur bei entsprechender Nachfrage, Führungen und primär objektorientierte Schulungen an. 5. Nicht lehrende oder schulende Bibliothek Eine nicht lehrende oder schulende Bibliothek bietet weder Lehrveranstaltungen noch Schulungen an. 6.5 Kritische Reflexion methodischer Schwächen Grundsätzlich bedingt die Evaluation der Internetpräsenzen durch nur eine Person, trotz der offengelegten Evaluationskriterien, eine subjektive Wahrnehmung der Benutzerfreundlichkeit. Zu berücksichtigen ist, dass die in die Untersuchung einbezogenen Bibliotheken nicht uneingeschränkt miteinander vergleichbar sind. So fehlen im Vergleich zu Universitätsbibliotheken an den meisten Fachhochschulbibliotheken die Fachreferenten als Experten für die Informationsressourcen der von ihnen betreuten Fächer, und an Fachhochschulen existiert der wissenschaftliche Mittelbau, der an Universitäten als Multiplikator fungieren kann, i.d.r. nicht. Als potenzielle Vorteile von Fachhochschulbibliotheken kann man die oft schlankere Struktur sowie die an Fachhochschulen, im Vergleich zu Universitäten, vielfach niedrigeren Studentenzahlen nennen. Gleichwohl wird in der fachlichen Debatte meist nicht zwischen Universitäten und Fachhochschulen unterschieden und LAZARUS geht davon aus, dass sich die Anforderungen an Konzepte, Organisation und Inhalte von Veranstaltungen zur Vermittlung von Informationskompetenz innerhalb der beiden Institutionsformen nicht wesentlich unterscheiden. 298 Bei den Universitätsbibliotheken ist in solche mit zweischichtigem (z.b. Bonn, Köln, Münster) und jene mit einschichtigem Bibliothekssystem (z.b. Bielefeld, Düsseldorf oder Wuppertal) zu unterscheiden. Hinsichtlich der Organisation von Lernangeboten kann davon ausgegangen werden, dass in zweischichtigen Systemen die einzelnen Seminar-, Instituts- oder Fakultätsbibliotheken aufgrund ihres teilautonomen Status mitunter eigene Veranstaltungen anbieten und ein einheitliches Gesamtkonzept für die Universität damit tendenziell erschwert wird. Ferner sind die zweischichtig organisierten Universitätsbibliotheken weniger in die administrative Infrastruktur der Hochschule eingebunden. In diesem Zusammenhang sei auf den unterschiedlichen Stand bei der Umsetzung eines einheitlichen Bibliothekssystems ( funktionale Einschichtigkeit ) hingewiesen. 298 vgl. LAZARUS 2002, S

94 6. Methodisches Vorgehen im Rahmen der empirischen Untersuchung Darüber hinaus ist zu beachten, dass Bibliotheken möglicherweise nicht alle ihre Lehr- und Schulungsangebote im Internet präsentieren. Insbesondere in Seminare eingebundene Veranstaltungen zur Vermittlung von Informationskompetenz werden u.u. nicht auf der Website angekündigt, sondern im kommentierten Vorlesungsverzeichnis der Fakultät bzw. des Instituts. Auch Angaben zur curricularen Einbindung, zu Angeboten für Hochschulbeschäftigte sowie zu Kooperationen mit anderen Einrichtungen werden u.u. nicht im öffentlich zugänglichen Bereich des Internets publiziert. Um diese Punkte zu berücksichtigen, wurden alle in die Untersuchung einbezogenen Bibliotheken zusätzlich per zu diesen Themen befragt. 299 Trotz der offengelegten Defizite erscheint die aufgezeigte Methodik als geeignet, um mit für diese Arbeit angemessenem Aufwand aktuelle Daten über die Lernangebote einer ausreichend großen Zahl von Bibliotheken zu erheben. Ziel der Untersuchung ist nicht das Aufzeigen von Schwachpunkten im Angebot einzelner Bibliotheken, sondern ein Überblick zur Benutzerfreundlichkeit von Internetauftritten sowie zu den Lernangeboten nordrhein-westfälischer Hochschulbibliotheken. Die dabei geäußerte Kritik sollte konstruktiv und als Anregung zu Verbesserungen verstanden werden. Dem Verfasser ist ferner bewusst, dass sich die Lernangebote an vielen Hochschulbibliotheken derzeit im Aufbau befinden. Die abschließende Einstufung der Internet-Angebote im Rahmen eines Fazits entspricht daher einer Momentaufnahme. 299 Zu diesem Zweck konnte auf eine Liste von Ansprechpartnern in den Hochschulbibliotheken zurückgegriffen werden, die freundlicherweise von Frau König vom Hochschulbibliothekszentrum des Landes Nordrhein- Westfalen zur Verfügung gestellt wurde. 86

95 7. Status quo an nordrhein-westfälischen Hochschulbibliotheken: Ergebnisse der Website-Analyse 7. Status quo an nordrhein-westfälischen Hochschulbibliotheken: Ergebnisse der Website-Analyse Maßgeblich für die nachstehenden Ausführungen ist die Analyse der Websites hinsichtlich der genannten Usability-Kriterien sowie der konzeptionellen und organisatorischen Kriterien des dargestellten Lernangebots. Ergänzt wird die Vorstellung des jeweiligen Veranstaltungskonzepts durch die Informationen aus der -Befragung. Die Einordnung der Bibliotheken bezieht sich auf die in Kapitel 6.4 vorgestellte fünfstufige Einteilung der Bibliotheken hinsichtlich ihrer Lernangebote. 7.1 Universitätsbibliotheken Bibliothek der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen 300 Die Website der Bibliothek der RWTH Aachen ist übersichtlich gestaltet, bietet jedoch nur wenig grafische Elemente. Zur Aufteilung in die verschiedenen Bereiche werden Frames eingesetzt. Abbildung 9: Startseite des Internetauftritts der Bibliothek der RWTH Aachen am < 300 Streng genommen ist die RWTH Aachen, wie der Name schon sagt, eine Technische Hochschule und keine Universität. Da diese beiden Hochschulformen jedoch im Hochschulrahmengesetz gleichgestellt sind, bleibt dieser Aspekt hier unberücksichtigt (vgl. 1 HRG unter < [Zugriff am ]). 87

96 7. Status quo an nordrhein-westfälischen Hochschulbibliotheken: Ergebnisse der Website-Analyse Der Inhaltsbereich gliedert sich in eine horizontale Leiste mit Servicelinks (Öffnungszeiten, Anfahrt, Auskunft und Ansprechpartner), vier Bilder mit Außen- und Innenansichten der Bibliothek, die Anschrift sowie eine Rubrik Aktueles mit Nachrichten aus der Bibliothek. Am linken Rand befindet sich das Hauptmenü mit insgesamt acht Rubriken, die das Angebot der Bibliothek gut abbilden. Eine weitere Menüleiste am oberen Rand führt zu mutmaßlich oft genutzten Diensten und enthält einen Index. Oberhalb dessen befindet sich das Logo der RWTH Aachen mit Verlinkung zur Startseite der Universität sowie eine Suchfunktion. Links oben ist das Logo der Bibliothek mit eingebettetem Link zur Startseite platziert. Der erste Punkt des acht Bereiche umfassenden Hauptmenüs führt ebenfalls zur Startseite der Bibliothek und ist somit entbehrlich. Von der Hauptgliederungsebene gelangt man zu einer weiteren Gliederungsebene, die dann auf das jeweilige Angebot im Hauptframe (Inhaltsbereich) führt. Zur Verbesserung der Orientierung wird im Hauptmenü Highlighting eingesetzt. Links zu externen Informationen (Datenbanken) öffnen sich im selben Browserfenster. Abbildung 10: Webseite mit den Lernangeboten der Bibliothek der RWTH Aachen am < Die als Schulungsangebote betitelten Veranstaltungen der Bibliothek sind innerhalb des Internetauftritts gut auffindbar, die betreffende zentrale Seite ist über den Hauptmenüpunkt Service mit zwei Klicks ereichbar. Ale Texte, die das Schulungsangebot betrefen, sind durch aussagekräftige Überschriften untergliedert, jedoch nur mit recht knappen, stichwortartigen Informationen versehen. Informiert wird über Themen, Termine, Veranstaltungsort sowie Dauer der Veranstaltung. Die Kurse sind teilweise flot betitelt ( Richtig suchen - schnell 88

97 7. Status quo an nordrhein-westfälischen Hochschulbibliotheken: Ergebnisse der Website-Analyse finden, Vom Thema zur Literatur ),die Themen zum Teil ansprechend in Frageform formuliert. Einzelne Ansprechpartner werden, mit Ausnahme der fachbezogenen Literaturrecherche, für die Veranstaltungen nicht genannt; eine allgemeine Möglichkeit zum Feeback wird über das Briefsymbol rechts oben auf jeder Seite angeboten. Für die Kurse, die entweder wöchentlich, monatlich oder nach Vereinbarung angeboten werden, kann man sich terminbezogen mittels Webformular anmelden. Newsdienste (Newsletter, RSS-Feed) werden nicht offeriert und die Informationen zum Schulungsangebot der Bibliothek sind semesteraktuell (ca. zweieinhalb Monate alt). Das Veranstaltungsangebot gliedert sich in neun verschiedene Typen von Kursen, deren wesentliche Zielgruppe die Studierenden sind. Die Fachbezogene Literaturecherche ließe sich noch in die einzelnen Wissenschaftsfächer untergliedern. Spezielle Lerneinheiten gibt es außerdem für Fachwissenschaftler, ausländische Studierende, Schüler und Senioren. Eine ausgewiesene Modularisierung des Angebots liegt nicht vor, wohl aber sind die Veranstaltungen für die Studierenden in die Lernniveaus Einsteiger, Grundstudium und Hauptstudium differenziert. Hinweise auf praktische Übungen zur Vertiefung des Gelernten lassen sich nicht finden; Selbstlernmaterialien werden nicht angeboten. Weitere Kurse werden auf Anfrage auch für einzelne Institute oder Fachbereiche abgehalten. Curricular verankert sind die Lehrangebote bisher nicht, dies soll aber zumindest teilweise realisiert werden. Eine Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen findet nicht statt. 301 Im Unterschied zur Bibliothek besitzt die RWTH Aachen selbst ein Leitbild, in dem es heißt: Die RWTH vermitelt ihren Studierenden Schlüsselqualifikationen: Fähigkeit zum Erkennen und Durchschauen komplexer Probleme, [...] kritischer Umgang mit bewährten und neuen Erkenntnissen, Fähigkeit zu lebenslangem Lernen [.]. 302 Ohne sie konkret beim Namen zu nennen, enthält dieses Leitbild wichtige Elemente der Idee von Informationskompetenz. Fazit: Die Bibliothek der RWTH Aachen hat erste Schritte auf dem Weg zur Teaching Library unternommen. Eine Zielgruppenorientierung der Angebote ist bereits erkennbar, Modularisierung und curriculare Einbindung sollten vorangetrieben werden Universitätsbibliothek Bielefeld Zentraler Eye-Catcher des Webauftritts der Universitätsbibliothek Bielefeld ist das Suchfeld für den Online-Katalog der Bibliothek, das links oben im Hauptframe platziert ist. Der Inhaltsbereich bietet über 17 Menüpunkte, verteilt auf drei Rubriken, Zugriff auf personalisierte Dienstleistungen ( Meine Bibliothek ), weitere oft genutzte Dienste ( Schnelzugrif ) sowie 301 von Fr. Pinnen, Bibliothek der RWTH Aachen, vom vgl. RWTH Aachen: < [Zugriff am ] 89

98 7. Status quo an nordrhein-westfälischen Hochschulbibliotheken: Ergebnisse der Website-Analyse auf aktuele Meldungen aus der Bibliothek ( Aktueles ). Mit nur vier Bereichen ( Kataloge, Bibliothek digital, Benutzung & Service, Wir über uns ) ist das am linken Websiterand eingebaute Hauptmenü angenehm schlank gehalten. Neben den klassischen Servicelinks Index, Suchfunktion, Hilfe und dem Briefkasten, der die Möglichkeit zum Feedback per Webformular bietet, enthält die obere, horizontale Navigationsleiste auch einen Link zum Chat sowie zum englischsprachigen Internetauftritt der Bibliothek. Darüber ist in den Schriftzug der Bibliothek und die darunter gelegten Bilder der Link zur UB-Startseite implementiert. Durch die übersichtliche Menüführung mit nur einer weiteren Ebene sowie Breadcrumbs und Highlighting fällt die Orientierung auf der Website leicht; externe Links werden jedoch im selben Browserfenster geöffnet. Eingebundene Bilder, wie z.b. unter Benutzung & Service Lernen in der Bibliothek, lockern teilweise die Texte auf. Zur Information ihrer Benutzer bietet die Bibliothek einen Newsletter an. In der Rubrik Benutzung & Service werden neben Informationen zu Schulung & Beratung auch weitere Dienstleistungen der Bibliothek zum Thema Lernen vorgestellt. So erhält man detaillierte Informationen zur Suche im Internet, zur Lerninfrastruktur der Bibliothek (Räume, technisches Equipment, Semesterapparate) sowie zum E-Learning-Service der UB Bielefeld. Abbildung 11: Startseite des Internetauftritts der Universitätsbibliothek Bielefeld am < Das über zwei Klicks ereichbare Menü Schulung & Beratung bietet auf der zentralen Seite Zugriff auf einen Schulungskalender, der das aktuelle Gesamtangebot in chronologischer 90

99 7. Status quo an nordrhein-westfälischen Hochschulbibliotheken: Ergebnisse der Website-Analyse Reihenfolge auflistet, ein fachübergreifendes Schulungsprogramm, fachliche Schulungen, Selbstlernangebote ( Tutorials & Merkbläter ) sowie auf Informationen zu den Möglichkeiten zur individuellen Beratung. Die Vorstellung von Lehrveranstaltungen, Selbstlernmaterialien und Beratungsmöglichkeiten im Kontext einer übergreifenden Webseite ist dabei im Sinne der Vernetzung bibliothekseigener Dienstleistungsangebote ausdrücklich zu begrüßen. Zum Zeitpunkt der Untersuchung bot die Bibliothek Veranstaltungen zu fünf fachübergreifenden Themenbereichen an (Online-Katalog der UB, Internet-Angebot der Bibliothek, Digitale Bibliothek, Literaturliste, Internet-Recherche). Die Veranstaltungstitel sind griffig und ansprechend formuliert, wobei die Bezeichnung Metasuche, hinter der sich die Digitale Bibliothek verbirgt, auch nicht unbedingt aussagekräftiger als das Original ist. Alle Informationstexte geben Auskunft über Kursleitung, Termin, Treffpunkt, Inhalte, Zielgruppe und Anmeldemodalitäten. Jeder Kursleiter ist namentlich und mit Kontaktdaten aufgeführt, über die Räumlichkeiten kann man sich in einem Lageplan informieren. Zu einigen Kursen wird ein Merkblatt im PDF-Format zum Download angeboten, zum Kurs Suche im Internet auch eine Online- Präsentation. Abbildung 12: Webseite mit den Lernangeboten der Universitätsbibliothek Bielefeld am < Das fachliche Lehrangebot ist über eine Liste der einzelnen Wissenschaftsfächer zugänglich und gliedert sich jeweils in allgemeine Hinweise und Angebote nach Zielgruppen. Die Informationstexte sind weitgehend standardisiert und unterscheiden sich hauptsächlich in den Einführungen in die jeweiligen Fachdatenbanken. Eine Ausnahme bildet das im Vergleich zu 91

100 7. Status quo an nordrhein-westfälischen Hochschulbibliotheken: Ergebnisse der Website-Analyse den anderen Fächern umfassendere Kursangebot für fortgeschrittene Studierende der Rechtswissenschaften. Unter den allgemeinen Hinweisen wird bei allen Fächern auf die Einführung in die Benutzung der Fachbibliothek verwiesen, die nach Absprache mit dem zuständigen Fachreferenten erteilt wird. Als Zielgruppen werden Studienanfänger, fortgeschrittene Studierende/Examenskandidaten, Tutoren/Hilfskräfte, Wissenschaftler, sonstige Hochschulangehörige, Schüler und Externe unterschieden, für die verschiedene Veranstaltungen angeboten werden. Wissenschaftlern und Tutoren wird unter dem Titel Vermitlung von Informationskompetenz angeboten, Bibliothekare zu buchen und zur Vermitlung dieses Themas in Veranstaltungen einzubinden. Viele der fachbezogenen Kurse finden nicht zu festen Terminen statt, sondern nach Bedarf oder auf Anfrage. Diese Termine finden sich, wie alle anderen auch, im Schulungskalender, der die Veranstaltungen der UB Bielefeld in chronologischer Reihenfolge aufführt. Über das im Internet veröffentlichte Angebot hinaus vereinbaren Fachreferenten und Informationszentrum mit den Fakultäten gezielt Termine innerhalb von Lehrveranstaltungen für Tutoren, Examenskandidaten und Promovenden. In einigen Fachbereichen wie Geschichte, Linguistik und Literaturwissenschaft, Wirtschaftswissenschaften oder Soziologie existiert bereits eine Einbindung in regelmäßig stattfindende Lehrveranstaltungen. Deren curriculare Verankerung wird derzeit von zwei Fakultäten konkret geplant, weitere sollen folgen. Genaue Form und Ausgestaltung werden dabei von den Wünschen der einzelnen Fakultäten abhängen. Eine Kooperation besteht mit dem Arbeitsbereich Berufsorientierung und Schlüsselkompetenzen, mit dem u.a. kombinierte Schreib- und Rechercheworkshops veranstaltet werden. Zur didaktischen Fortbildung des schulenden Personals konnte das Interdisziplinäre Zentrum für Hochschuldidaktik (IZHD) gewonnen werden. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit fanden bisher eine Supervision und ein Kurs zum Kommunikationsverhalten in Präsentationssituationen statt. 303 Fazit: Das Veranstaltungsangebot der Universitätsbibliothek Bielefeld gefällt durch einige Besonderheiten, wie den Schulungskalender, die vielfältigen Selbstlernangebote oder die Extra-Seiten zur Internet-Suche. Ein Zielgruppenbezug ist erkennbar, eine Abfolge von Modulen weniger. Mit der geplanten Einbindung in die Studienpläne zweier Fakultäten wird die Bibliothek auf ihrem Weg zur Teaching Library ein weiteres Stück vorankommen von Fr. Herb, Universitätsbibliothek Bielefeld, vom

101 7. Status quo an nordrhein-westfälischen Hochschulbibliotheken: Ergebnisse der Website-Analyse Universitätsbibliothek Bochum Der Internetauftritt der Universitätsbibliothek Bochum bietet schon auf der Startseite eine Fülle von Informationsangeboten, die zwar übersichtlich strukturiert sind, aber durch ihre Anzahl und Dichte den erstmaligen Besucher überfordern. Abbildung 13: Startseite des Internetauftritts der Universitätsbibliothek Bochum am < Zum Zeitpunkt der Untersuchung waren in den fünf Rubriken des zentralen Inhaltsbereichs ( Kataloge, Aktuel, Service, Recherche und Wir über uns ) 37 Menüpunkte enthalten. Für so spezielle Rechercheinstrumente wie die Datenbank für digitale Dissertationen der Ruhr-Universität oder Informationen zu Projekten und Kooperationen der Bibliothek erscheint die Startseite des Internetauftritts als ein zu exponierter Platz. Was sich hinter dem Kürzel OPAC oder der Bezeichnung Zentralkatalog Monographien in der Rubrik Kataloge verbirgt, wird zudem wohl nur eingeweihten Nutzern klar sein. Die Websitenavigation ist nur teilweise nach den allgemein üblichen Konventionen gestaltet. Ganz oben links befindet sich ein fünf Punkte umfassendes Menü ( Starseite, Überblick, A-Z, Suche, Kontakt ), das zum Internet-Angebot der Universität gehört. Dies wird zwar durch die entsprechende Überschrift verdeutlicht, dennoch ist dies der Bereich, in dem man den Link zur Startseite der Bibliothek erwarten würde. In das Foto rechts daneben ist auf der Startseite ein Hyperlink eingebettet, der zum Zeitpunkt der Untersuchung jedoch eine Fehlermeldung hervoruft ( Fehler 403 Zugrif verweigert ). Auf den Unterseiten des Webauftritts ist das Bild lediglich Schmuck ohne Funktion. Der Link zur Startseite der Bibliothek ist 93

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