Prävention häuslicher Gewalt beginnt in der Schwangerschaft
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- Monika Heinrich
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1 Prävention häuslicher Gewalt beginnt in der Schwangerschaft 1. Dezember 2016 Fachtagung: Häusliche Gewalt früher sehen. Einladung des Landespräventionsrates Niedersachsen. Hannover Dr. Wilfried Kratzsch, ltd. Oberarzt i.r. des Kinderneurologischen Zentrums, Sana Klinikum Düsseldorf, Stiftung Deutsches Forum Kinderzukunft
2 Begrifflichkeit Häusliche Gewalt = Partnerschaftsgewalt = familiäre Gewalt
3 Gliederung Zahlen zur häuslichen Gewalt Häusliche (familiäre) Gewalt bedeutet Partnerschaftsgewalt und Gewalt an Kindern Akteure im Netzwerk häuslicher Gewalt und Rolle der Ärzteschaft Auswirkungen auf die Gesundheit bei Müttern und Kindern Bedeutung der Schwangerschaft und Frühe Kindheit für das Auftreten familiärer Gewalt Welche Risikogruppen gibt es? Hinweise auf Gefährdungen KinderZUKUNFT NRW ein Modell zur Früherkennung und frühen Unterstützung Ausblick: Häusliche Gewalt ein Querschnittsthema
4 Zahlen In Düsseldorf werden pro Jahr > 1000 Fälle häuslicher Gewalt bei der Polizei gemeldet, Verweis an die Frauenberatungsstelle; in 1/3 der Fälle Meldung an das Jugendamt 600 Fälle Beratungen durch die Frauenberatungsstelle bzw. Verweis an Frauenhäuser pro Jahr Keine Angaben zum Alter der betroffenen Kinder Kreis Mettmann: 2015 Meldung von 600 Fällen an die Polizei, in 2/3 der Fälle Weiterleitung an das Jugendamt: darunter 50 Kinder im Säuglingsalter, 100 Kinder bis 3 Jahren alt Statistiken zu Fällen in ärztlichen Praxen liegen in der Regel nicht vor.
5 Prävalenzstudie zur Häuslichen Gewalt in der BRD im Auftrage des Bundesfamilienministeriums > Interviews (Schröttle, 2004) Jede 4. Frau im Alter ab 16 Jahren ist im Laufe ihres Lebens von Gewalt betroffen 42% der gewaltbetroffenen Frauen haben psychische Gewalt erlebt, z.b. Einschüchterung, Verleumdungen, Drohungen, Psychoterror. Körperliche Gewalt durch aktuellen oder früheren Partner (25 %) Sexualisierte Gewalt (13%) Häufig kombiniert Wenn Kinder einbezogen: Auslöser der Partnerschafts-Gewalt in 20 % der Fälle Geburt, in 10 % Schwangerschaft Schichtenunabhängig (allerdings unterschiedliche Gewaltformen)
6 Familiäre Gewalt = Gewalt an Kindern Häusliche (familiäre) Gewalt bedeutet Partnerschaftsgewalt und Gewalt an Kinder (als Augenzeugen und in 50 Prozent der Fälle selbst betroffen) Bedeutung des Themas häusliche Gewalt für Frauen- und Kinderärzte? Häusliche Gewalt (Partnerschaftsgewalt) sollte ein Schwerpunktthema der Pädiatrie in der BRD sein, wenn Kinder im Haushalt leben abuse of women is a pediatric issue (American Academy of Pediatrics)
7 Aktuelles Netzwerk Intervention häuslicher Gewalt Polizei Frauenberatungsstelle Jugendhilfe Schwangeren-Beratungsstelle Weitere Stellen Rechtsmedizin Ärzte selten, gar nicht vertreten
8 Rolle der Ärzteschaft in der Konfrontation mit häuslicher Gewalt in Notfallambulanzen (Chirurgie, Frauenklinik, Kinderklinik, allgemein) bei stationärer Behandlung (z.b. in Frauenklinik) Opferschutzambulanz (Rechtsmedizin) in Praxen selten Erkennen häuslicher Gewalt Es gibt nur wenige Städte, in denen es Zahlen zur häuslichen Gewalt gibt, die in ärztlichen Praxen und Geburtskliniken erkannt werden. In Mülheim an der Ruhr beraten Familienhebammen in 10 Prozent von rund 100 Fällen Familien mit häuslicher Gewalt, d.h. eine Familie pro Monat, Zuweisungen v.a. von Schwangeren-beratungsstellen
9 Auswirkungen auf Mütter Psychosomatische Beschwerden (Schlaf-, Kopf-, Magendarmstörungen) Psychische Erkrankungen: Depressionen, Ängste, Panik-Attacken, posttraumatische Belastungsstörungen (Flashbacks, Vermeidungsverhalten, erhöhtes Erregungsniveau) Schwere körperliche Verletzungen, dauerhafte körperliche Behinderungen Gesundheitsgefährdende Bewältigungsstrategien (Alkohol, Nikotin, Medikament, illegale Drogen) Soziale Isolation Schwangerschaftskomplikationen, Fehl- und Frühgeburten Suizidale Absichten
10 Auswirkungen auf Kinder Frühgeburt im Säuglingsalter neurologisch auffällig Fütter- und Ess-Störungen, Entwicklungsstörungen Depressionen Angststörungen Alkoholmissbrauch aggressives, dissoziales Verhalten Straftaten Kinder, die in Frauenhäuser leben, sind bis zu 60 % verhaltensauffällig (Kindler) Wiederholung in der nächsten Generation
11 Folgen von Gewalt und Stress während der Schwangerschaft Bleibende Schäden bei Kleinkindern und heranwachsenden Kindern und Jugendlichen epigenetische Veränderungen (molekulargenetische Untersuchungen) nachweisbare hirnorganische Veränderungen (MRT-Untersuchungen) Schwangere noch anfälliger bei traumatisierten Kindheitserlebnissen
12 Bedeutung von Schwangerschaft und Geburt für das Auftreten Partnerschafts-Gewalt Auslöser körperlicher/ häuslicher Gewalt In 10% der Fälle bei Eintritt einer Schwangerschaft in 20% der Fälle bei Geburt des Kindes, wenn Schwangerschaft unerwünscht und Kind nichtgewollt sind häufig mit Einzug in gemeinsame Wohnung nimmt mit Dauer an Häufigkeit und Intensität zu Trennungssituationen sind besonders gefährlich (wiederholte Todesfälle)
13 Risikogruppen familiärer Gewalt Ungewollte Schwangerschaft in der Vorgeschichte Gewalterfahrung in der Kindheit Häufung von psychosozialen Risikofaktoren erhöhen das Gefährdungsrisiko Mangelnde Vorsorge während der Schwangerschaft
14 Hinweise auf Bestehen häuslicher Gewalt Mangelnde Vorsorge, Arztwechsel Frauen kommen spät in die Notfall-Ambulanz bei Verletzungen Schutzbehauptungen Änderungen im Verhalten der Frauen (Frauenarzt) Ängste vor der Geburt, Entbindung Mütter berichten selten von sich aus Klagen über psychosomatische Beschwerden (Hausarzt) Interaktion Mutter-Kind ändert sich (Kinder- und Jugendarzt, U-Untersuchungen) Zunehmende Überforderungen
15 Beispiel Präventionsmodell KinderZUKUNFT NRW, Laufzeit über 5 Jahre an 10 Standorten in NRW 20. SSW bis 38.SSW Geburt U3 bis U7a ambulant Frauenkliniken Kinderklinik ambulant Hebamme Familienhebamme Schwangerenberatungsstelle Frauenarzt / MFA Jugendhilfe Screening Koordinator, Lotse Clearing Eingehendes Gespräch Überleitung Kinder- u. Jugendarzt/MFA Hebamme Familienhebamme, FGKiKP Schwangerenberatungsstelle Jugendhilfe Gesundheitsamt
16 Vorgehen im Präventionsmodell KinderZUKUNFT Screeningverfahren hat sich bewährt, Mütter in der Geburtsklinik offen und geschützt Bericht über Konflikte in der Familie, Überforderungen, ggf. schwierige eigene Kindheit, Gewalt in der Partnerschaft Anbindung an Familienhebammen, Familienkinderkrankenschwestern Niederschwelliger Hausbesuch: Beobachtung, Beratung, Unterstützung, Ggf. Kontakt zur Jugendhilfe Kooperation im Netzwerk
17 Vorgehen im Präventionsmodell KinderZUKUNFT Screeningverfahren hat sich bewährt, Mütter in der Geburtsklinik offen und geschützt Bericht über Konflikte in der Familie, Überforderungen, ggf. schwierige eigene Kindheit, Gewalt in der Partnerschaft Anbindung an Familienhebammen, Familienkinderkrankenschwestern Niederschwelliger Hausbesuch: Beobachtung, Beratung, Unterstützung, Ggf. Kontakt zur Jugendhilfe Kooperation im Netzwerk, z.b. Familienhebammen Kinder-und Jugendärzte Koordinator Frühe Hilfen am Jugendamt
18 Kasuistik zur Rolle einer Familienhebamme bei häuslicher Gewalt Familienhebamme übernimmt junge Mutter aus der Geburtsklinik Mutter lebt mit Partner zusammen, der Drogen einnimmt, häufiger Konflikte mehrmonatige regelmäßige Hausbesuche Beratung (kein Streit in Gegenwart des Säuglings) beim Füttern Handynutzung, Fütterprobleme, Nahrungsverweigerung nach Gewalteskalation Zuflucht bei eigener Mutter Termin im Jugendamt Aufforderung, dass Vater Beratung im Landeskrankenhaus für Psychiatrie annimmt
19 Fazit Früherkennung möglich Niederschwelliges Angebot Früher Hilfen Präventions-Netzwerk häuslicher Gewalt nutzen Rolle der Familienkinderkrankenschwester und Familienhebamme Grenzen: Kindeswohlgefährdung Sensibilisierung der Ärzteschaft, Weiter- und Fortbildung Häusliche (familiäre) Gewalt ein Querschnittsthema: des Gesundheitswesen, der Jugendhilfe, Schwangerenberatungsstelle, Frauenberatungsstelle, Polizei und weitere Stellen
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