Fall 6: Aktivische Finanzinstrumente. Wirtschaftsprüfungsseminar Kritischer Vergleich der Rechnungslegung nach IFRS und GoB Wintersemester 2005/06
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1 UNIVERSITÄT MANNHEIM Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftsprüfung Fall 6: Aktivische Finanzinstrumente Wirtschaftsprüfungsseminar Kritischer Vergleich der Rechnungslegung nach IFRS und GoB Wintersemester 2005/06
2 2 I. Problemstellung Bilanzierung der 2-jährigen Wandelanleihe als Finanzinstrument nach IAS 39: unproblematische Ansatzkriterien Probleme vielmehr Wandeloption könnte sich als trennungspflichtiges eingebettetes Derivat qualifizieren Frage nach Kategorisierung (und entsprechender Bewertung) beider Komponenten: Wahlrecht oder Verpflichtung?
3 3 Übersicht I. Problemstellung II. Ansatz 1. Definitionskriterien 2. Ansatzkriterien 3. Abgrenzung originärer und derivativer Finanzinstrumente III. Bewertung 1. Kategorisierung 2. Bewertungskonsequenzen IV. Vergleich mit GoB V. Thesenförmige Zusammenfassung
4 4 II. Ansatz 1. Definitionskriterien Finanzinstrument (IAS 32.11) Vertrag gleichzeitig finanzieller Vermögenswert und finanzielle Verbindlichkeit/ Eigenkapital Finanzieller Vermögenswert (IAS 32.11) Geldmittel oder gehaltenes Eigenkapitalinstrument eines anderen Unternehmens oder vertragliches Recht auf Erhalt/vorteilhaften Tausch von finanziellen Vermögenswerten Finanzielle Verbindlichkeit (IAS 32.11) vertragliche Verpflichtung zur Abgabe/nachteiligem Tausch von Geldmitteln oder vertragliche Verpflichtung (kein EK-Charakter) zur Ausgabe von Eigenkapital
5 5 2. Ansatzkriterien Ansatzkriterium = Vertragsabschluss (IAS 39.14) kein Wahrscheinlichkeitskriterium kein Kriterium der verlässlichen Bewertung 3. Abgrenzung derivativer und originärer Finanzinstrumente Sinn und Zweck: für Derivate gelten andere Bewertungsvorschriften als für originäre Finanzinstrumente Derivate können in einem eigentlich originären Basisinstrument eingebettet (IAS 39.10) sein, dieses Instrument wird als strukturiertes Produkt bezeichnet bei Trennungspflicht sind Derivat und Basisinstrument als zwei eigene Vermögenswerte in der Bilanz anzusetzen und in der Folge zu bewerten Prüfung des Finanzinstruments nach den Definitionskriterien eines Derivats, ggf. Prüfung einer Trennungspflicht
6 6 3. Abgrenzung derivativer und originärer Finanzinstrumente derivatives Finanzinstrument (IAS 39.9) Wertveränderung in Folge der Änderung einer bestimmten Variable (Zinssatz, Aktienkurs o. ä.), keine oder relativ geringe Anschaffungsauszahlung und Begleichung zu späterem Zeitpunkt Trennungspflicht (IAS 39.11) eng verbundene wirtschaftliche Merkmale und Risiken, eingebettetes Derivat erfüllt die Definitionskriterien eines Derivats und keine Fair-Value-Bewertung des Basisinstruments Konkretisierung der engen Verbundenheit wirtschaftlicher Merkmale und Risiken anhand Einzelfallbeschreibung (IAS 39.AG30 39.AG33, IG Abt. C)
7 7 III. Bewertung 1. Kategorisierung vier mögliche Kategorien Fair-Value-Kategorie verpflichtend für eingebettetes Derivat Wahlrecht für Basisvertrag (da Derivat eingebettet) Verpflichtung für Basisvertrag bei Handelszweck held to maturity Voraussetzungen: Basisvertrag mit fester Laufzeit und festen oder bestimmbaren Zahlungen, keine loans and receivables, Halteabsicht bis LZ-Ende keine vorzeitige Umwandlung möglich, bei Halteabsicht daher Wahlrecht für Basisvertrag loans and receivables Voraussetzungen: feste oder bestimmbare Zahlungen, kein aktiver Markt, kein Handelszweck aktiver Markt (typischerweise) bei Industrieanleihen gegeben keine mögliche Kategorie available for sale Residualkategorie für Basisvertrag grds. Wahlrecht
8 8 2. Bewertungskonsequenzen eingebettetes Derivat: grundsätzlich erfolgswirksam zum Fair Value Basisvertrag: Fair-Value-Kategorie (Wahlrecht): erfolgswirksam zum Fair Value held to maturity (Wahlrecht, falls Halteabsicht): fortgeführte Anschaffungskosten, Verteilung des Disagios nach Effektivzinsmethode available for sale (Wahlrecht): erfolgsneutral zum Fair Value
9 9 IV. Vergleich mit GoB Wandelanleihen im Meinungsstreit Krumnow/Sprißler: Grundsatz einheitlicher Bilanzierung strukturierter Produkte las h.m.; fragwürdig, da unter Verweis auf fehlende Einzelverwertbarkeit IDW/Scharpf: Trennungspflicht unter bestimmten Voraussetzungen; fragwürdig, da unter Verweis auf true and fair view Prahl/Naumann: grds. separater Ansatz und getrennte Bewertung, da Saldierung Realisations- und ImparitätsP verletzt Bewertung nach strengem oder gemildertem NiederstwertP, d.h. im Gegensatz zu IAS 39 ist eine erfolgswirksame Zuschreibung über die Anschaffungskosten vor Veräußerung grds. ausgeschlossen
10 10 V. Thesenförmige Zusammenfassung (1) Der Ansatz eines finanziellen Vermögenswertes richtet sich nach dem Vertragsabschluss, aus dem RK bekannte Ansatzkriterien (Wahrscheinlichkeit, Verlässlichkeit) existieren nicht. (2) Die Bewertung finanzieller Vermögenswerte setzt die Unterscheidung zwischen originären und derivativen Finanzinstrumenten voraus. Strukturierte Produkte sind auf trennungspflichtige, eingebettete Derivate zu prüfen. (3) Bei Wandelanleihen besteht eine Trennungspflicht: Festverzinsliche Anleihe und Aktienkaufoption sind getrennt zu bewerten, das Derivat dabei ausnahmslos erfolgswirksam zum Fair Value, für die Anleihe besteht ein Kategorisierungswahlrecht. (4) Nach GoB besteht nach den Gewinnermittlungsprinzipien grds. eine Trennungspflicht strukturierter Produkte, erfolgswirksame Zuschreibungen von Finanzinstrumenten sind ausgeschlossen.
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