Wissenswert. Vor der Präsidentschaftswahl Die USA im Blick die Gesellschaft der Religionen. von Timo Fuchs (Mitarbeit: Sabine Müller)
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- Margarethe Arnold
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1 Hessischer Rundfunk hr2-kultur Redaktion: Heike Ließmann Wissenswert Vor der Präsidentschaftswahl Die USA im Blick die Gesellschaft der Religionen Regie: Timo Fuchs Sprecher: von Timo Fuchs (Mitarbeit: Sabine Müller) Sendung: , Uhr, hr2-kultur Copyright Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Der Empfänger darf es nur zu privaten Zwecken benutzen. Jede andere Verwendung (z.b. Mitteilung, Vortrag oder Aufführung in der Öffentlichkeit, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verteilung oder Zurverfügungstellung in elektronischen Medien, Übersetzung) ist nur mit Zustimmung des Autors/der Autoren zulässig. Die Verwendung zu Rundfunkzwecken bedarf der Genehmigung des Hessischen Rundfunks.
2 (Atmo, God bless, Jubel) Auf dem Parteitag der Republikaner in Florida Ende August bricht Jubel aus, als Mitt Romney offiziell als Kandidat gekrönt ist. 120-tausend Luftballons in rot-weiß-blau fallen von der Hallendecke, Konfettikanonen pusten, begeisterte Delegierte sprechen Lobeshymnen auf Romney in Mikrophone: (Collage, begeisterte Delegierte Tampa) Die Inszenierung ist perfekt, aber sie kann nur mühsam verdecken, dass es in der Partei brodelt. Vielen Republikanern an der Basis ist Mitt Romney längst nicht radikal genug: (Phllip Payne, Romney flip flopper) Phillip Payne, ein junger Delegierter aus Texas, traut Romney nicht über den Weg. Der sei ein Flip Flopper, ändere ständig seine Ansichten. Zum Beispiel in moralischen Fragen, die ganz wichtig seien für konservative Christen wie ihn. Payne muss gar nicht explizit sagen, welche moralischen Fragen er meint, es ist klar, dass um Themen wie Abtreibung oder Homo-Ehe geht, in denen sich Romney früher mal sehr viel liberaler gab: (Phillip Payne, will not vote for Romney) Auf die Frage, ob er am 6. November Romney wählen wird, antwortet Philip Payne erst nur, es sei doch egal, wie er abstimme, denn im konservativen Texas habe Romney sowieso die Mehrheit sicher. Dann schaut er sich misstrauisch um und flüstert: Nein, ich werde ihn nicht wählen. Die Mehrheit der Romney-Skeptiker wird letztlich aber doch für ihn stimmen und wenn es nur aus einem Grund ist: weil sie Amtsinhaber Obama so sehr verabscheuen: (Stuart Skrill) Mr. Obama setzt sich über unsere Verfassung und unsere Gesetze hinweg, beschwert sich Stuart Skrill, ein verbitterter Rentner aus Vermont. Das ist wie in Deutschland unter Hitler, langsam aber sicher werden unsere Rechte beschnitten. (Atmo Charlotte, 4 more years) Eine Woche später auf dem Parteitag der Demokraten in North Carolina: Obama- Fans fordern lautstark vier weitere Jahre im Weißen Haus. Aber jenseits der üblichen Gesänge merkt man vielen hier an, dass der überschwängliche Enthusiasmus von 2008 verflogen ist: Seite 2
3 (Delegierte Maria, Charlotte) Die junge Maria ist als Delegierte des Bundesstaats Washington hier. Sie sagt, die Erwartungen seien einfach zu hoch gewesen, die habe Obama gar nicht erfüllen können. Aber sie ist schon enttäuscht, dass zum Beispiel sein Versprechen gebrochen hat, das Gefangenenlager Guantanamo zu schließen. Insgesamt habe der Präsident in einer schwierigen Zeit aber einen guten Job gemacht, meint Maria. Bei vielen anderen, die ihn 2008 gewählt haben, muss Barack Obama aber noch Überzeugungsarbeit leisten: (Unentschiedene Wählerin Carol Storch) Carol Storch aus Pennsylvania hat vor vier Jahren Obama gewählt, aber sie ist enttäuscht von ihm und überlegt, ob sie dem Republikaner Mitt Romney ihre Stimme gibt: (Mann, don t know) Auch der Afro-Amerikaner Daniel aus North Carolina hat sich noch nicht entschieden. Daniel ist eine Ausnahmeerscheinung, denn für die meisten Afro- Amerikaner steht längst fest: Sie werden wieder Obama wählen. Und wenn es nur deshalb ist, weil die Alternative Mitt Romney für sie einfach keine Option ist. Denn der Republikaner hat völlig andere Vorstellungen davon, wie es mit diesem Land weitergehen soll. Im Kern des US-Wahlkampfs steht vor allem ein Thema: OT TV-Sender: Jobs, jobs, jobs, jobs, jobs. You can t say it enough. Die Arbeitslosenrate ist mit rund 8 Prozent noch immer hoch für die USA, vor der Finanzkrise lag sie bei 5 Prozent. Ob es also um Verteidigungs- oder Energiepolitik geht, am Ende versprechen beide Kandidaten dabei vor allem Arbeitsplätze. Darüber hinaus will Barack Obama im Wahlkampf zeigen, dass er der Präsident für eine gerechtere Gesellschaft ist. FARE SHARE / TWO PLANS Deshalb fordert er, dass die Reichen mehr Steuern zahlen und Studienplätze billiger werden. Außerdem sorgte er vor kurzem für Freudentränen mit einer Regelung, die es Kindern von illegalen Einwanderern erlaubt, unter bestimmten Voraussetzungen der drohenden Abschiebung zu entgehen. OT Einwanderer - Freude Genauso sprach sich der Präsident mitten im Wahlkampf erstmals klar dafür aus, dass auch homosexuellen Paaren die Eheschließung nicht verwehrt werden dürfe. Obama verspricht den Wählern ein gerechteres Zusammenleben. Mitt Romneys Vision dagegen zeigt ein Amerika, in dem der Einzelne wieder mehr für sich selbst herausholen kann. Deshalb verspricht der Republikaner Seite 3
4 Steuererleichterungen in Höhe von 4 Billionen Dollar. Schließlich glaube doch wohl niemand, dass Steuererhöhungen der Wirtschaft helfen... OT Ronmney Gleichzeitig plant Romney auch noch weniger Geld aufzunehmen, also die Staatschulden zu senken, die genau wie im vergangenen Jahr kurz davor stehen, die gesetzlich festgelegte Obergrenze zu durchstoßen. Das Thema ist ihm so wichtig, dass er den radikalen Schuldenkritiker Paul Ryan zu seinem Vizekandidaten gemacht hat. Die Schulden müssen runter, warnt der die nächste Krise haben wir schon vor Augen. OT Ryan debt starring us in the eye Ein Thema allerdings ließen beide Kandidaten am Ende völlig unter den Tisch fallen. Die Religion. Eigentlich erstaunlich, dass Barack Obama und Mitt Romney so einen großen Bogen darum machen - der Glaube ist in den USA doch ein populäres Thema. Umso riskanter für die Kandidaten denn beide haben in diesem Bereich ein negatives Image. Sie verstecken es vor einer Gesellschaft, deren Beziehung zu Gott den Grundstein ihrer Geschichte bildet. OT Founed on Religion (hate Jesus Clip) Religiöse Flüchtlinge gründeten diese Nationen und diese Kultur wirkt bis heute nach. Mit Religion verbinden die Amerikaner mehr als den Kirchgang. Viele fühlen sich einfach zugehörig zu ihrer Kirche, und das tragen sie so selbstverständlich vor sich her, wie sie sich auch als Sport-Fans zu den L.A. Lakers oder den Denver Broncos bekennen. Ganz entscheidend ist dabei, dass schon in den Kolonien in Amerikas nicht eine einzige Religion die Menschen dominierte. Und deshalb herrscht auch heute zumindest grundsätzlich ein Verständnis für die Gleichheiwertigkeit der Glaubensrichtungen. Um die 500 Religionsgemeinschaften gibt es in den USA, ein Extrem findet sich im New Yorker Stadtteil Queens man läuft an rund 150 christlichen Kirchen vorbei, es gibt etwa 30 buddhistische und einige Hindu-Tempel, mehrere Synagogen, Moscheen, Einrichtungen der Sikhs, der Taoisten und der Falun-Gong-Sekte. Die Trennung von Kirche und Staat bedeutet in den USA nicht, dass Thema aus der Politik heraus bleiben soll. Ganz genau wird beobachtet, ob der Präsident sonntags auch in die Kirche geht und eine Ansprache an die Bevölkerung kann das Staatsoberhaupt auf keinen Fall ohne die Worte beenden: God bless you. And God bless the United States of America. Seite 4
5 Und dennoch wurde das Thema in diesem Wahlkampf schnell zu einem ganz heißen Eisen. Anfang des Jahres begannen die unerwartet harten und langen Vorwahlen, bei denen die republikanischen Rivalen um die Nominierung ihrer Partei kämpften. Mit allen Mitteln. Früh kristallisierte sich der ehemalige Gouverneur Mitt Romney als Haupt-Gegner heraus und seine Konkurrenten erkannten, dass der Glaube des Mormonen geeignet war, um die Zweifel an ihm zu verstärken. Mormonism is not Christianity, it s a cult Das Mormonentum ist ein Kult, warnte der katholische Pastor Robert Jefferson aus Texas, der den Kandidaten Rick Perry unterstützte. Es gehöre nicht zum Christentum. Romney möge moralisch in Ordnung sein, er sei aber kein Christ. Romney no Christ. Und die Wähler wurden skeptisch. Es wurde darüber geredet, dass Mormonen mit mehreren Frauen gleichzeitig verheiratet können, obwohl dass heute kaum noch der Fall ist. Aber die Vorurteile warfen die Frage auf soll jemand aus diesem Kreis wirklich als Präsident für andere Religionen sprechen? Romney reagierte zunächst noch mit logischen Argumenten er glaube an Jesus wie viele andere, das habe doch nichts mit der Qualifikation für das Präsidentenamt zu tun Romney Danach aber schwieg sein Wahlkampfteam das Thema bestmöglich tot. Barack Obama seinerseits ist braver Protestant. Als Kind ging er auf eine katholische Schule. Arbeitete später in einer katholischen Gemeinde, geht regelmäßig in die Kirche. Als Präsidentschaftskandidat sprach er sogar inbrünstig davon, wie ihn Gottes Wort erreichte und er sein Leben nun dem göttlichen Wirken widmen möchte. Obama Trotzdem hält sich das Gerücht, Obama sei heimlich ein Moslem. Dieser abwegige Gedanke wurde zusammen mit der Aufregung um seinen zweiten Vornamen Hussein - in die Öffentlichkeit gebracht. Konservative Medien ritten mit Genuss darauf herum und schufen eine Assoziation zum ehemaligen irakischen Machthaber Sadam Hussein und der Bedrohung durch islamistischen Terror. Außerdem verfolgt Obama die massive Kritik an seinem früheren Gemeindepfarrer Jeremie Wright. Der griff die USA selbst in seinen Predigten mit starken Worten an, für den Terror, den sie in die Welt brächten und die Unterdrückung der schwarzen Bevölkerung. God damn America Gott verdamme Amerika davon musste sich der Präsident distanzieren. Das Thema Relgion ist auch für Obama ein Minenfeld. Gleichzeitig bleibt es ein wichtiges Thema für viele Wähler. Nach einer Umfrage unter protestantischen Pastoren würde die Mehrheit eher dem Katholiken Romney die Stimme geben als dem Protestanten Obama. Auch die 52jährige Janet Schmittgen aus Ohio zieht ihre Konsequenzen: Sie bricht mit einer lebenslangen Tradition: Die Demokraten bekommen wählt sie nicht mehr. Die religiöse Freiheit gehört zu unseren Grundrechten, erklärte sie der Zeitung Ohio Dispatch. Und wir brauchen auch die Freiheit, die Religion auszuüben, wenn wir anderen Menschen helfen. Janet Schmittgen hat bereits in mehreren medizinischen Einrichtungen der katholischen Kirchen gearbeitet. Wie viele religiöse Amerikaner nahm sie Obama übel, dass er ursprünglich auch solchen kirchlichen Seite 5
6 Trägern vorschreiben wollte, die Kosten für die Verhütungsmittel ihrer Mitarbeiterinnen zu übernehmen. Das geht vielen gegen ihre Überzeugung. Freiheit der Religion bedeutet für sie, dass sich der Staat kein Mitspracherecht hat, bei allem, was den Glauben berührt. Gospel Musik Die Kirchen ihrerseits springen häufig dort ein, wo in anderen Ländern der Staat in der Verantwortung steht. Zu sehen ist das in kleinen Gemeinden genau wie in den riesigen Mega-Churches mit bis zu Besuchern und mehr - pro Messe. Altehrwürdiger Gemäuer haben diese Gotteshäuser nicht, in der Regel sind es schlichte Kasten-Bauten. Darin aber spielt sich ein reges Gemeindeleben ab, das den Mitgliedern Kinderbetreuung bietet, Versorgung und Beistand für kranke Angehörige und es werden sogar Helfer organisiert, die den Mitgliedern das Kochen zuhause abnehmen, wenn ein Neugeborenes alle Aufmerksamkeit beansprucht. Und für die Kindererziehung gibt es Workshops in der Kirche. Amerika bleibt ein Land der Extreme, was die Religion angeht. Von großen Gemeinden, in denen Latinos, Schwarze und Weiße zusammen beten, reicht das Spektrum bis zu fundamentalen Christen, die durch Koranverbrennungen provozieren und schließlich bis zu den Aussteigern. Immer mehr junge US-Bürger wenden sich ab vom Glauben. So wird es für US-Politiker immer schwieriger abzusehen, welche religiösen Botschaften ankommen. Im heißen Kopf-an-Kopf-Rennen wenige Tage vor der Präsidentschaftswahl 2012 wird es für Obama und Romney nun grundsätzlich schwer, die Wähler zu erreichen, mit welcher Botschaft auch immer. Sie suchen nach den letzten unentschiedenen Amerikanern. Doch egal wie viele Millionen sie noch in Werbespots und Telefonanrufe pumpen, nach 9 Monaten Wahlkampf schalten viele einfach ab. Die letzten Meter werden also Knochenarbeit für die Wahlkämpfer. Doch die letzten unentschiedenen Wähler sind nur noch schwer zu erreichen. Es könne ohnehin keiner von beiden Kandidaten etwas bewegen, sagt eine unentschiedene Wählerin aus Ohio im New York Times Interview. Der US-Präsident habe gar keine Macht mehr, weil der Kongress ihn dauernd blockiere. Bei den Unentschiedenen Wählern geht es also auch um die Politikverdrossenen. MUSIK Seite 6
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