3.3 Verfügungsrechtliche Theorie des Unternehmens. Prof. Theresia Theurl Theorie der Unternehmung
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- Jobst Berg
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1 3.3 Verfügungsrechtliche Theorie des Unternehmens 230
2 Ausgangssituation (Kapitel 1.5.) Das Unternehmen als unvollständiger Vertrag Eine Partei erhält die Entscheidungsbefugnis (Verfügungsrecht, Residuum an Verfügungsrechten) Es geht nicht um Gerechtigkeit, sondern um Effizienz Spezifische Investitionen im Fokus Suche nach optimalen Kontrollstrukturen Allokation der Verfügungsrechte beeinflusst Verhandlungsmacht und Aufteilung der Kooperationsüberschüsse und Investitionsanreize Schlussfolgerungen für Integration in Unternehmen 231
3 Das Modell von Hart und Moore (1990)* Fortführung des Grossman-Hart-Moore-Zugangs zu Unternehmen Vgl. Kapitel 1.5) *Hart, Oliver; Moore, John (1990), Property Rights and the Nature of the Firm, in: Journal of Political Economy, Vol 98, S
4 Argumentationsrahmen Akteure (Personen, Unternehmen) arbeiten zusammen (Koalition, Kooperation, gemeinsame Produktion) Durch die Zusammenarbeit entsteht ein Kooperationsüberschuss (Kooperationsrente) Zur Erzielung des Kooperationsüberschusses sind beziehungsspezifische Investitionen erforderlich, die Kosten verursachen. 233
5 Annahmen des Modells: Kosten und Überschüsse sse A1 Kostenaxiom Die Kosten beziehungsspezifischer Investitionen steigen bei höherem Investitionsniveau. Der marginale Kostenanstieg nimmt mit höheren Investitionsniveaus zu. Werden nur sehr geringe Investitionen getätigt, so sind die Kosten der nächsten Einheit (Grenzkosten) annährend Null Wird annährend ein maximales Niveau beziehungsspezifischer Investitionen gewählt, so wachsen die Kosten weiterer Investitionen (Grenzkosten) über alle Grenzen. A2 Überschussaxiom I Die Kooperationsüberschüsse steigen durch beziehungsspezifische Investitionen der Teilnehmer der Koalition (Akteure). Der marginale Anstieg der Kooperationsüberschüsse nimmt mit höheren Investitionsniveaus zu. Besteht keine Koalition, so werden auch keine Koalitionsüberschüsse erwirtschaftet (keine Zusammenarbeit). 234
6 Annahmen des Modells: Kosten und Überschüssesse A1 und A2 stellen sicher, dass die optimale Wahl der beziehungsspezifischen Investitionen immer eine innere Lösung hat, und durch die Bedingungen erster Ordnung eindeutig charakterisiert ist. Es existieren also optimale Investitionsniveaus in Abhängigkeit von Kosten und Überschüssen. 235
7 Annahmen des Modells: Überschüsse sse und Investitionen A3 Überschussaxiom II Der Kooperationsüberschuss fällt nie, wenn ein Teilnehmer beziehungsspezifisch investiert (keine negativen Ergebnisse spezifischer Investitionen). Wenn ein Akteur nicht einer bestimmten Koalition angehört, so haben seine beziehungsspezifischen Investitionen keinen Wert für diese Kooperation. Die Investition eines Akteurs wirkt sich nur auf seine eigene Produktivität und nicht (!) auf die der Assets aus, somit erhöht sich nur der Wert der Koalition, in der der Akteur Mitglied ist. A4 Komplementäre Investitionen Eine marginale Erhöhung der Investition des Akteurs j erhöht die Grenzproduktivität von Akteur i (beide in der Kooperation) Investitionen sind hinsichtlich der Grenzproduktivität komplementär 236
8 Annahmen des Modells: Superadditivität A5 Superadditivitätsaxiom I Durch den Zusammenschluss von zwei unterschiedlichen (disjunkten bzw. elementfremden) Koalitionen ist die gesamte Kooperationsrente mindestens so groß wie die Summe der Überschüsse vor dem Zusammenschluss. Der gesamte Überschuss wird in der großen Koalition, die alle Assets kontrolliert, maximiert. A6 Superadditivitätsaxiom II Die Grenzproduktivität der Investitionen steigt mit der Anzahl der Akteure und Wirtschaftsgüter in der Koalition. Die beiden Axiome zur Superadditivität (A5 und A6) fordern also, dass die gesamten Erträge und die marginalen Erträge positiv korreliert sind, wenn die Koalition größer oder die Menge der kontrollierten Assets größer wird. 237
9 Erste Folgerung: First Best Maximaler Kooperationsüberschuss zum Zeitpunkt 1: durch die große Koalition aufgrund der Superadditivität Gesellschaftlicher Überschuss: Kooperationsüberschuss Investitionskosten der Akteure Maximaler gesellschaftlicher Überschuss: Grenzertrag für Koalition = Grenzkosten spezifischer Investitionen für Akteure (für alle Akteure) 238
10 Annahmen des Modells: Zeitstruktur Prüfe wie ein Akteur seine spezifischen Investitionen im Zeitpunkt 0 wählt, wenn er Verhandlungen um den Koalitionsüberschuss im Zeitpunkt 1 antizipiert. 0 1 t Eigentum der Assets wird festgelegt Akteure wählen das Niveau ihrer beziehungsspezifischen Investitionen Aufteilung des Überschusses unter den Mitgliedern der Koalition Auszahlungen 239
11 Vertragliche Annahmen des Modells: V1: Es wird angenommen, dass der Akteur (die Koalition) nach einfachem Mehrheitswahlrecht über die Verwendung der Assets entscheiden kann. Eigentumsrechte werden im Zeitpunkt 0 definiert und vertraglich zugeordnet. Eine Koalition kontrolliert ein Asset genau dann, wenn die in der Koalition enthaltenen Unternehmen mehr als die Hälfte der Anteile an dem Asset halten. V2: Die beziehungsspezifischen Investitionen werden von allen Akteuren beobachtet, sind aber gegenüber den Gerichten nicht nachweisbar. Es können keine Verträge zur Vereinbarung der Investitionen geschlossen werden. V3: Verträge zum Zeitpunkt 0 über die verbindliche Aufteilung des Kooperationsüberschusses zum Zeitpunkt 1 sind nicht möglich. Es wird zum Zeitpunkt 1 zu Verhandlungen über die Aufteilung des Überschusses kommen. 240
12 Vertragliche Annahmen des Modells: V4: Der Anteil eines Akteurs an dem Koalitionsüberschuss zum Zeitpunkt 1 wird durch Verhandlungen festgelegt (Shapley Wert). Shapley Wert: Welche Auszahlungen erhalten die Akteure in Abhängigkeit von der Koalitionsfunktion. Symmetrie: Gleiche Auszahlungen für Akteure mit gleichem Beitrag zum Kooperationsüberschuss. Die Verhandlungslösung erfüllt folgende Axiome: Null- oder Dummy Spieler: Auszahlung von 0 für Akteure, die den Wert keiner Koalition durch ihren Beitrag verändern. Effizienz: Die Summe aller Auszahlungen entspricht dem Kooperationsüberschuss. Additivität: Die Summe von zwei Kooperationsüberschüssen entspricht der Summe der Aufteilung auf die Akteure. 241
13 Investitionsentscheidung Jeder Akteur versucht seinen Anteil an dem Koalitionsüberschuss abzüglich seiner Investitionskosten zu maximieren. Im Gleichgewicht gilt: Individuelles Optimum: Grenzanteil an der Kooperationsrente = Grenzkosten der Investition für Akteure (Gegeben: Erwartung über die Investitionen aller anderen Akteure) Maximaler gesellschaftliche Überschuss (Gesellschaftliches Optimum, Optimum der Koalition): Grenzertrag für Koalition = Grenzkosten spezifischer Investition aller Akteure 242
14 Investitionsentscheidung Beachte: A6: Superadditivitätsaxiom der marginalen Erträge (steigende Grenzproduktivität)! Folgerung: Gegeben, alle Akteure investieren optimal im Sinne des gesellschaftlichen Optimums, dann hätte jeder Akteur einen Anreiz zu unterinvestieren. Wenn ein Akteur aber unterinvestiert, dann werden die anderen Akteure auch weniger investieren da die Investitionen komplementär sind (vgl. A4). Begründung: Individuelle Investition erhöht Grenzproduktivität der anderen Faktoren (Externalität). Wird bei der eigenen Investitionsentscheidung nicht berücksichtigt. Ein Teil seines Beitrages wird über Verhandlungen umverteilt. 243
15 Investitionsentscheidung Insgesamt: Für jede Eigentumsstruktur liegt Unterinvestition vor, d.h. im eindeutigen Nash Gleichgewicht gilt: Bei gegebenen Investitionen der anderen Akteure ist der Anreiz zu investieren geringer. Ein Teil der Produktivität durch die Investition fällt bei anderen Akteuren an und wird nicht berücksichtigt. 244
16 First-Best Best-Situation spezifischer Investitionen (Individuelles = gesellschaftliches Optimum Grenzanteil am Koalitionsüberschuss = Grenzertrag für Koalition = Grenzkosten der Investition (für alle Akteure) Einem Akteur wird die vollständige Verhandlungsmacht zugewiesen, indem er alle Eigentumsrechte aller Assets der Koalition erhält. Er wird die gesellschaftlich optimale Investition durchführen. (Berücksichtigung aller Produktivitäten, Internalisierung des gesamten Effekts) Er kann sich die gesamte Kooperationsrente aneignen Problem: Mehr als 1 Akteur Externalität Unterinvestition Mit der Anzahl der Akteure steigt das Externalitätenproblem 245
17 Zwischenergebnis Für jede Eigentumsstruktur liegt in einer Koalition Unterinvestition vor. Suche nach einem Second Best: Allokation von Kontrollrechten (Verfügungsrechten) 246
18 Yacht Beispiel: Rahmenbedingungen Dienstleistung: Kreuzfahrt mit Gourmetessen Akteur 1: Kapitän Akteur 2: Chefkoch Akteur 3: Millionär Es gibt nur ein Asset: eine Luxusyacht Wer sollte die Yacht besitzen? 247
19 Yacht Beispiel: 0 1 t Eigentum an der Yacht wird festgelegt Agent 2 (Chefkoch) kann spezifisch investieren (Vorbereitung des speziellen Menüs) Erbringung der Dienstleistung und Aufteilung des Überschusses Auszahlungen Kosten für die Investition des Chefkochs: C 1 = 100 Die Investition erhöht die υ = 240 Zahlungsbereitschaft des Millionärs: Nur eine vergleichbare Yacht Es gibt viele potenzielle Kapitäne Es gibt nur einen Millionär Investition ist beziehungsspezifisch verzichtbarer Akteur unverzichtbarer Akteur 248
20 Folgerung: Der Millionär wird als Einziger immer gebraucht, da er der Abnehmer der Leistung ist. Der Koch wird immer gebraucht, weil er investieren muss. Der Kapitän kann ausgetauscht werden, falls ihm nicht die Yacht gehört 249
21 Optimale Allokation Eigentümer der Yacht Wer wird benötigt Symmetrische Aufteilung Investition? Kapitän hat die Yacht Kapitän; Chefkoch; Millionär 80 für jeden Chefkoch investiert nicht (80 < 100) Chefkoch hat die Yacht Koch und Millionär werden benötigt 120 für jeden Chefkoch investiert (120 > 240) Millionär hat die Yacht Koch und Millionär werden benötigt 120 für jeden Chefkoch investiert (120 > 240) Chefkoch oder Millionär sollten die Verfügungsrechte an der Yacht besitzen 250
22 Konsequenzen Kontrollstrukturen (Allokation der Verfügungsrechte) sind wichtig für: die Höhe der spezifischen Investitionen den Koalitionsüberschuss 251
23 Ausgewählte Ergebnisse: Wenn nur ein Akteur eine spezifische Investition tätigen muss, dann sollten ihm alle Assets gehören. Ein Akteur, der entbehrlich ist und keine Investition tätigt, sollte keine Kontrollrechte besitzen. Ist ein Akteur unverzichtbar für ein Asset, so sollte dieser Akteur das Asset besitzen. Wenn zwei oder mehr Assets komplementär sind, dann sollten sie gemeinsam kontrolliert werden. 252
24 Weitere Ergebnisse: Kein Vetorecht über ein Asset von mehr als einem Akteur Eine Schlüsselgruppe sollte durch einfache Mehrheitsbestimmung ein Asset kontrollieren Ökonomische Unabhängigkeit bedeutet unabhängige Kontrolle Falls ein Asset, das für Akteur 1 wesentlich ist, von Akteur 2 kontrolliert wird, so steigert es die Anreize von Akteur 1, wenn Akteur 2 alle Assets kontrolliert. 253
25 Fazit Integration oder Nicht-Integration? Abhängig von der relativen Wichtigkeit der spezifischen Investitionen der Akteure! 254
26 Fazit Erster formaler Ansatz zur Vor- und Nachteile der Integration werden in einem einheitlichen Modell betrachtet Optimale Kontrollstrukturen werden definiert Grenzen der Unternehmung werden deutlicher Weiterführende Literatur: Brynjolfsson, E. (1994): wissensbasierter Ansatz DeMeza, D./ Lockwood, B. (1998): Prozess der Nachverhandlung Hart, O./ Holmström, B. (2002): Anwendung auf große Firmen 255
27 Literatur Weiterführende Literatur: BRYNJOLFSON, E. (1994), Information Assets, Technology, and Organization, in Management Science, Vol. 40, No. 12, S wissensbasierter Ansatz. DE MEZA/LOCKWOOD (1998), Does Asset Ownership Always Motivate Managers? Outside Options and the Property Rights Theory of the Firm, in: The Quarterly Journal of Economics, Vol.113, S Prozess der Nachverhandlungen. GROSSMAN/HART (1986), The Costs and Benefits of Ownership: A Theory of Vertical and Lateral Integration, in: The Journal of Political Economy, Vol. 94, No. 4, S HART/HOLMSTRÖM (2002), A Theory of Firm Scope, MIT Department of Economics Working Paper No Anwendung auf große Firmen. HART/MOORE (1988), Incomplete Contracts and Renegociation, in: Econometrica, Vol. 56, No. 4, S HART/MOORE (1990), Property Rights and the Nature of the Firm, in: Journal of Political Economy, Vol. 98, S
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