7. Gemeingefährliche Mittel*
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- Hede Beckenbauer
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1 7. Gemeingefährliche Mittel* a) gemeingefährlich ist ein Mittel, das wegen seiner Unbeherrschbarkeit eine Mehrzahl von Menschen an Leib und Leben gefährden kann. Mehrzahl gleichzeitig möglicher Verletzten erforderlich, s. BGHSt 38, 353. Auf die konkrete Situation kommt es an (s. BGH NStZ-RR 2010, 373 Steinwürfe in Autobahn). b) Auch bei Gefahr für Leib (so die h.m., str.) c) Unterlassen: nach h.m. nicht möglich, Einsatz fehlt (BGHSt 34, 13, 14) d) Individualisierte Mehrfachtötungen, z.b. Amokfahrt, Geisterfahrt (P) BGH NStZ 2006, 167; 503. * Stand: ; neu: Folien 14, 16
2 8. Ermöglichungs- und Verdeckungsabsicht a) Allgemeine Probleme eine andere Straftat = Verbrechen oder Vergehen, OWiG reicht nicht aus. = ansehensrührige Tat reicht nicht aus (BGH NStZ 1997, 81: SM-Praktiken; niedrige Beweggründe liegen aber nahe) um eine andere Straftat zu = subjektive Vorstellung des Täters maßgeblich (BGHSt 11, 226) Kehrseite: mangelnde Kenntnis der Strafbarkeit schließt das Merkmal aus, s. BGH NStZ 1998, 352 (353). eine andere Straftat = kann auch eine Tat eines Anderen sein (BGHSt 9, 180)
3 8. Ermöglichungs- und Verdeckungsabsicht a) Allgemeine Probleme (P) Eventualvorsatz Bsp.: bedingt vorsätzliches Würgen eines Opfers, um Wohnung auszuberauben (BGHSt 39, 159). Frühere Rspr.: gerade der Todeserfolg müsse das Mittel für die angestrebten Erfolge sein (BGHSt 23, 176, 194). Heutige Rspr.: ein Bezug zur Tötungshandlung reicht aus; der Tod muss nicht notwendiges Mittel der Ermöglichung bzw. der Verdeckung sein (BGHSt 39, 159; 41, 358). - beim Unterlassen gleiches Problem
4 8. Ermöglichungs- und Verdeckungsabsicht b) Ermöglichungsabsicht Z.B.: Raub; Versicherungsbetrug (BGH NStZ 1998, 352) Tötung muss nicht die andere Straftat erst möglich machen; Zweck der Erleichterung genügt (BGHSt 39, 159, 161).
5 8. Ermöglichungs- und Verdeckungsabsicht c) Verdeckungsabsicht In Verdeckungsabsicht tötet sowohl, wer die Vortat überhaupt, als auch, wer lediglich die eigene Tätherrschaft verbergen will, die den Strafverfolgungsbehörden nach seiner Vorstellung bisher nicht bekannt ist (BGH NJW 1988, 2682). Qualifikationsgrund: Verknüpfung von Unrecht mit weiterem Unrecht (BGHSt 41, 8, 9) Grundsätzliche Problematik: Selbstbegünstigungsmotiv regelmäßig entlastend. Lösungsvorschläge: Typenkorrektur, Rechtsfolgenlösung, restriktive Auslegung
6 8. Ermöglichungs- und Verdeckungsabsicht c) Verdeckungsabsicht Verdecken von Tat oder Täter (BGHSt 56, 239, 244 f.) Hinweis: Entscheidung ist zgl. lesenswerte Zusammenfassung der Hauptfragen der Verdeckungsabsicht. Eine von den Verfolgungsorganen bereits entdeckte Tat kann man nicht mehr verdecken wollen, wenn man dies weiß. Genauer: Verdeckungsabsicht möglich, bis die Tat in einem die Strafverfolgung sicherstellenden Umfang aufgedeckt worden ist (BGHSt 50, 11, 14). Absicht, sich der Festnahme zu entziehen: (-); möglicherweise niedriger Beweggrund.
7 8. Ermöglichungs- und Verdeckungsabsicht c) Verdeckungsabsicht andere Straftat (P) - lediglich die Vollendung des bereits begonnenen Tötungsversuchs reicht nicht, es sei denn, eine Zäsur ist gegeben (BGH NStZ 1985, 167; NStZ 1992, 127). Beg.: allein das Hinzutreten der Verdeckungsabsicht macht aus den bereits begangenen Einzelakten noch keine andere Straftat. - bei einer ohne Tötungsvorsatz begangenen Vortat, z.b. einer Körperverletzung, ist eine Zäsur nicht erforderlich. Andere Straftat liegt immer vor. - bei Unterlassungsdelikten ist nicht einmal eine Zäsur ausreichend; die Unterlassung, vom vorausgegangenen Tötungsversuch zurückzutreten, begründet keinen Verdeckungsmord (BGH NJW 2003, 1060).
8 c) Verdeckungsabsicht Vermeiden außerstrafrechtlicher Konsequenzen (P), z.b. Privatrache: nach h.m. ausreichend (BGHSt 41, 8; s.a. BGH NStZ 1999, 615).
9 III. Weitere Fragen 1. Unterlassung 2. Bedingter Vorsatz 3. Motivbündel 4. Akzessorietätslockerungen 5. Aufbaufragen
10 III. Weitere Fragen 1. Unterlassung Mordmerkmale der 1. und 3. Gruppe: grds. möglich. Mordmerkmale der 2. Gruppe: - gemeingefährliche Mittel (-), kein Einsatz, s.o. - Heimtücke, Grausamkeit, grds. möglich; an die Entsprechungsklausel ( 13 S. 1 HS. 2 StGB) denken.
11 III. Weitere Fragen 2. Bedingter Vorsatz grds. mit allen Mordmerkmalen kompatibel, außer mit der Mordlust (BGH MDR 1974, 547) bei Verdeckungs- oder Ermöglichungsabsicht besondere Diskussion, s.o.
12 III. Weitere Fragen 3. Motivbündel - besondere Motivation bzw. Absicht muss bewusstseinsdominant sein, der Tat ihr Gepräge geben Bsp.: BGH NStZ 2005, 332: Täter tötet seinen Erpresser, der droht, seine illegalen Geschäfte der Polizei zu offenbaren: Bündel von Hass, Rache, Sorge um die eigene Existenz und Verdeckungsabsicht; NStZ- RR 2007, 111
13 III. Weitere Fragen 4. Akzessorietätslockerungen (P) Hinweis: äußerst klausurrelevant! a) Das Problem Mordmerkmale der 2. Gruppe: tatbezogen, d.h. allgemeine Teilnahmeregeln. Mordmerkmale der 1. und 3. Gruppe, täterbezogen, d.h. 28 I, II StGB (oder sogar 29). Welche Vorschrift aber?
14 III. Weitere Fragen 4. Akzessorietätslockerungen (P) b) Die zwei wichtigsten Positionen - Rspr.: Mord als aliud zum Totschlag, 28 I StGB - h.l.: Mord als Qualifikation zum Totschlag, 28 II StGB Konkret: nach der Lit. macht sich jeder Beteiligte nach der Vorschrift strafbar, deren Merkmale er selber verwirklicht. Wer täterbezogene Mordmerkmale selber aufweist (d.h. selber aus Habgier oder in Verdeckungsabsicht handelt), macht sich also wegen Mordes bzw. Teilnahme am Mord strafbar; wer dies nicht tut, macht sich wegen Totschlags bzw. Teilnahme am Totschlag strafbar; und dies unabhängig davon, wie sich die anderen strafbar machen.
15 4. Akzessorietätslockerungen (P) c) Präzisierungen bzw. Verkomplizierungen der Ansicht der Rspr. An sich, drei Ungereimtheiten: - täterbezogenes Merkmal nur beim Teilnehmer: Teilnahme am Totschlag; - täterbezogenes Merkmal nur beim Haupttäter: Teilnahme am Mord? - Teilnehmer verwirklicht ein anderes täterbezogenes Mordmerkmal als der Haupttäter: Strafmilderung gem. 28 I, 49 I StGB? Die Rspr. verhilft sich durch ad hoc Korrekturen: - die erste Ungereimtheit wird hingenommen. - die zweite korrigiert man dadurch, dass verlangt wird, dass der Teilnehmer das Mordmerkmal beim Haupttäter kennt - die dritte korrigiert man dadurch, dass bei gekreuzten Mordmerkmalen es nicht zur Anwendung von 28 I StGB kommt (BGHSt 23, 39).
16 4. Akzessorietätslockerungen (P) d) Mittäterschaft Im Erg. ist man sich einig: wegen gemeinschaftlich begangenen Mordes macht sich nur strafbar, wer selber ein tatbezogenes Mordmerkmal verwirklicht. Konstruktion aber str. - Rspr.: Mittäterschaft ist auch zwischen Straftatbeständen, die in einem aliud-verhältnis zueinander stehen, möglich (BGHSt 36, 231). - Lit.: überwiegend wird 28 II StGB herangezogen. - Wohl dürfte das aber entbehrlich sein, da es bei 28 StGB um Akzessorietätslockerungen geht; die Mittäterschaft hat aber nichts mit dem Akzessorietätsgedanken zu tun, sondern ist eine Form täterschaftlicher Tatbestandsverwirklichung.
17 5. Aufbaufragen a) insb. zwei Möglichkeiten zum Aufbau des Mordtatbestands I. Objektiver Tatbestand II. Subjektiver Tatbestand III. Mordmerkmale 1. Merkmale der 1. Gruppe 2. Merkmale der 2. Gruppe 3. Merkmale der 3. Gruppe IV. Rechtswidrigkeit I. Objektiver Tatbestand 1. Erfolg 4. Mordmerkmale der 2. Gruppe II. Subjektiver Tatbestand 1. Vorsatz 2. Mordmerkmale der 1. und 3. Gruppe III. Rechtswidrigkeit
18 5. Aufbaufragen b) Verhältnis von Totschlag und Mord im Zweifel: getrennt prüfen, zuerst 212, dann 211 StGB. vor allem dann, wenn ein Mordmerkmal zu prüfen ist, das abgelehnt werden soll; und wenn es mehrere Beteiligte gibt, so dass sich Probleme der Akzessorietätslockerung ergeben können. And. (d.h. direkt mit 211 anfangen) vor allem in 3 Konstellationen: Sachlage ist einfach, Mordmerkmale liegen unzweifelhaft vor; Mordmerkmale liegen vor, aber die Tat wird gerechtfertigt sein (denn hier würde eine Prüfung des Totschlags, der ebenfalls gerechtfertigt wäre, einer späteren Prüfung des Mordes jeden Sinn nehmen); Versuch.
19 5. Aufbaufragen c) Probleme der Akzessorietätslockerung: Vorschlag A. Strafbarkeit von Haupttäter H gem. 212 I StGB B. Strafbarkeit von H gem. 212 I, 211 StGB C. Strafbarkeit von Teilnehmer T gem. 212 I, 26 (bzw. 27) StGB D. Strafbarkeit von T gem. 212 I, 211, 26 (bzw. 27) StGB Hier wäre das Problem zu erörtern.
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