Grosse Messe (1739) für Bach und Luther

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Marielies Bergmann
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1 Grosse Messe (1739) für Bach und Luther eine Transkription für Barockorchester und Gesang nach dem Dritten Teil der Clavierübung von J.S. Bach von Wouter Dekoninck

2 Dritter Teil der Clavierübung Wir schreiben das Jahr In Leipzig jagt eine Festlichkeit die andere. 1539, genau 200 Jahre zuvor hielt Martin Luther hier in der Thomaskirche eine seiner bedeutendsten Predigten. J.S. Bach, der Thomaskantor, hegt für Luthers Auffassungen eine grenzenlose Bewunderung. Er hat in seiner Bibliothek eine ganze Reihe der theologischen Werke Luthers stehen, häufig mit persönlichen Anmerkungen. Nicht zufällig veröffentlicht Bach 1739 seinen Dritten Teil der Clavierübung für Orgel: Der Sammelband mit Choralvorspielen ist eine Synthese aus theologischen und musikalischen Themen Luthers Luther komponierte auch selbst, was viele nicht wissen. Er enthält eine lutherische Messe (Kyrie, Gloria), ein dreifaches lutherisches Glaubensbekenntnis (anhand der 10 Gebote, eines Credos und des Vaterunsers), zwei Sakramente (Taufe und Abendmahl) und die Beichte. Das Ganze wird umschlossen von einem monumentalen, festlichen Vorspiel (Präludium) am Anfang des Werkes und einer Tripelfuge zum Abschluss. Der Dritte Teil der Clavierübung enthält zudem auch eine Synthese aus frühen europäischen Stilelementen und solchen aus Bachs Zeiten: stile antico (Anlehnung an die Polyphonie aus dem 16. Jahrhundert und an Frescobaldis Fiori Musicali) und stile moderno. Dieses Alternieren finden wir auch in der h-moll-messe wieder. Bach greift auch französische Stilelemente auf (französische Ouvertüre, style galant und Kompositionsstil für Orgel von Nicolas de Grigny), lässt durch die Doppelpedal-Technik Einflüsse der norddeutschen Orgelschule erkennen, wobei beide Füße des Organisten eine eigenständige Stimme spielen (Buxtehude, Weckmann ), und schließlich Einflüsse der süddeutschen Orgelschule in den als Choralvorspiel manualiter gespielten Fughettas (Pachelbel). Schließlich zieht sich durch die Komposition als weiterer roter Faden die für Bach typische Zahlensymbolik hindurch: Das Werk ist voller symbolischer Zahlen aus der Bibel. Die Zahl drei verweist auf die göttliche Dreifaltigkeit (Vater, Sohn und Heiliger Geist). Darum geht es im ersten Glaubensartikel des Augsburger Bekenntnisses (Lutheraner glauben an die göttliche Dreifaltigkeit), und nicht von ungefähr haben das Eingangspräludium und die Schlussfuge jeweils drei Themen.

3 Grosse Messe (1739) für Bach und Luther Von allen Clavierübungen Bachs (man denke auch an das Italienische Konzert und die Goldbergvariationen) ist der Dritte Teil beim großen Publikum am wenigsten bekannt. Nur Organisten schöpfen sporadisch aus dem Werk, um einzelne Teile davon auf ihr Konzertprogramm zu setzen. Wouter Dekoninck hat sich zur Aufgabe gemacht, den inhaltlichen und musikalischen Reichtum des Dritter Teils der Clavierübung für ein großes Publikum von heute zugänglich zu machen, wohl aber in der authentischen Sprache Bachs. Hierzu schrieb er die Orgelpartitur für die Klangwelt des Bachorchesters um, holte die ursprünglichen lutherschen Choraltexte wieder hervor und schuf anhand von Text und Musik die Gesangspartien. Das Ergebnis ist eine monumentale deutsche Messe für Gesang und Bachorchester, die den Namen Grosse Messe (1739) für Bach und Luther trägt. Das Werk ist bisher noch nicht zur Aufführung gekommen. Die Orchesterbesetzung besteht aus Streichern (Viola d amore und Viola da gamba wurden hinzugefügt), Querflöten, Oboen (Oboe d amore, Oboe da caccia zusätzlich), Fagotte, Trompeten, Pauken, Zinken, Posaunen und Orgel. Der Transkription im Geiste der musikalischen Sprache von J.S. Bach ging zwangsläufig eine eingehende Studie voraus: Wouter Dekoninck untersuchte an erster Stelle den Dritten Teil der Clavierübung selbst, seine Vielzahl an Stilen, aber auch zahllose Kantaten, Messen, Instrumentalwerke und Transkriptionen Bachs, um alle Eigenarten bei der Orchestrierung, der Vertonung, dem Einsatz der Instrumente mit allen Möglichkeiten und Grenzen bis ins Detail zu ergründen. Dann vertiefte er sich in die Person Luthers, die ein wesentlicher Schlüssel ist, um eine tiefere Einsicht in den Aufbau des Werks und die innere Geisteshaltung zu gewinnen, mit der Bach dieses Werk geschrieben hat. Der Titel Grosse Messe (1739) für Bach und Luther trägt diesen Namen zum einem, weil das Werk Teile enthält, die zu einer Messe gehören, aber auch weil der Dritter Teil der Clavierübung im Laufe der Zeit den Beinamen Deutsche Messe oder Orgelmesse bekam. Der Titel verweist des Weiteren auf die Hohe oder h-moll-messe aufgrund einiger deutlicher Übereinstimmungen. So greift die h-moll-messe auch auf den stile antico und den stile moderno zurück und kennt einen ebenso großartigen Aufbau, was Umfang und Instrumentarium anbelangt. Ein auffallender Unterschied besteht darin, dass die Grosse Messe (1739) für Bach und Luther auf Chorälen von Luther aufbaut und die dazugehörenden Choraltexte verwendet. So geht jedes Teil zurück auf einen Choral, der zum lutherischen Ordinarium oder Katechismus gehört. Dies erklärt sogleich, warum Dekoninck für diese Messe die deutsche Sprache gewählt hat, während Bachs anderen Messen auf Lateinisch sind. Einerseits ging Bach sehr streng vor, indem er jeden Teil mit einem Cantus firmus (Eingangspräludium und Schlusschor ausgenommen) ausstattete, andererseits sorgen die sich abwechselnden unterschiedlichen Stilformen und Techniken für vielseitige und

4 abwechslungsreiche Messe. W. Dekoninck brachte auch einige Sinfoniae in diese Messe ein, die auf den Choral hinweisen und dem Ganzen Frische verleihen. Dieser Aufbau zeichnet die Grosse Messe als Gegenstück aus und verschafft dem Werk eine eigene Identität, die es von der h-moll Messe unterscheidet. Auf diese Weise nimmt die Grosse Messe (1739) für Bach und Luther im Bachschen Werk und in seinem Genre eine besondere Stellung ein: Sie ist genau wie die h-moll Messe, die Johannespassion oder die Mathäuspassion auf ihre Art einmalig, und eben das macht sie so faszinierend.

5 WOUTER DEKONINCK, Organist, Cembalist und Improvisator, spielt auf Konzerten im In- und Ausland, unter anderem auf diversen internationalen Musikfestspielen. Er ist Hauptorganist an der Löwener St.-Gertrudkirche mit der historischen Pencelerorgel (1714) und Seele, Begründer und künstlerischer Leiter von Hildebrandt Consort, des Internationalen Orgelfestivals Sankt Gertrud (Löwen) und der Konzertreihe Bach in Löwen. Vokal- und Instrumentalensembles bitten ihn gerne als Solist und Continuo- Spieler zu Gast. Er kreiert mit seinen Transkriptionen ein außergewöhnliches, vom Publikum sehr geschätztes Repertoire insbesondere für Orgel und Barockorchester. Die Grosse Messe stützt sich auf ein meisterhaftes, gründliches Studium der kompositorischen Eigenarten des ursprünglichen Komponisten und bietet Musikern und Publikum den Genuss eines proaktiven, unbekannten, frischen und faszinierenden Repertoires. HILDEBRANDT CONSORT, benannt nach dem von J.S. Bach sehr gerühmten Orgelbauer, steht unter der künstlerischen Leitung des Begründers Wouter Dekonincks. Das Ensemble hat sich auf die Interpretation von Repertoires und Transkriptionen für Orgel und Barockorchester spezialisiert. Dieses Ensemble versteht sich wie kein anderes auf die Metamorphose, so wie die alten Meister sie verstanden. Die leidenschaftlichen Musiker schaffen Violin- bis hin zu Orgelkonzerten neu, verzaubern Klaviersuiten in Orchestersuiten (mit oder ohne Orgelsolo) und interpretieren Präludien und Fugen mit Barockorchester. Besonders geschätzte und immer noch weitergeführte Produktionen sind The Art of Transcription: J. S. Bach und The Spirit of Handel bringt das Ensemble die Grosse Messe 1739 für Bach und Luther, eine Transkription von J.S. Bachs Drittem Teil der Clavierübung, ein monumentales Orgelwerk, das Wouter Dekoninck in die Klangwelt des Bachschen Barockorchesters mit Gesang übertrug. Hildebrandt Consort spielt in internationalen Konzertsälen und bei Orgelfestspielen, live für Radio und Fernsehen, in Kulturzentren, vor dem Flämischen Parlament und arbeitete 2014 mit De Nieuwe Snaar zusammen. KONTAKT Wouter Dekoninck +32 (0) Übersetzung: Doris Grollmann Kein Teil des Textes darf ohne schriftliche Genehmigung des Hildebrandt Consorts oder der Übersetzerin bearbeitet werden.

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